Fachbeitrag  Arbeitssicherheit  

Rutschgefahren und Stolperfallen vermeiden

Das Arbeiten auf Gerüsten oder an Maschinen kann schwerwiegende Gefährdungen bergen. Dennoch entstehen die meisten Arbeitsunfälle in Unternehmen aufgrund von Stolpern, Ausrutschen oder Stürzen. Über den Hintergrund sogenannter SRS-Unfälle und wie sich diese vermeiden lassen, darüber hat arbeitssicherheit.de mit Rolf Bußmann, Leiter der Stabsstelle Arbeitsumgebungsbedingungen der BGHM, gesprochen.



arbeitssicherheit.de: Herr Bußmann, bei Arbeitsunfällen denken viele an hohe Gerüste, schwere Lasten oder gefährliche Maschinen. Doch Ihre Statistik zeigt, dass die meisten Unfälle bei der Arbeit auf Stolpern, Rutschen oder Stürzen zurückzuführen sind. Warum?

Rolf Bußmann: SRS-Unfälle führen seit Jahren konstant die Liste der meldepflichtigen Arbeitsunfälle an. Von insgesamt rund 840.000 meldepflichtigen Arbeitsunfällen bundesweit im Jahr 2014 sind mehr als 171.000 auf SRS-Unfälle zurückzuführen ? also jeder fünfte Unfall. Während der Arbeit legen wir automatisch unsere Wege zurück: vom Schreibtisch zum Kopierer auf dem Flur, von der Produktionshalle in den Pausenraum oder vom Zimmer im oberen Stock hinunter in den Keller. Ein nasser Flur, eine Treppenstufe oder ein Kabel auf dem Boden können uns dabei schnell zu Fall bringen.

Gerade im Winter passiert es oft, dass sich auf Schotterparkplätzen Kuhlen oder Löcher bilden und dort Wasser gefriert ? eine typische Rutschfalle. Deshalb ist es wichtig, Vertiefungen im Bodenbelag dauerhaft zu verschließen und den Untergrund möglichst eben zu halten. Im Gebäude angekommen, lauert bereits das nächste Risiko, wenn nasse Schuhe auf glatte Böden wie zum Beispiel poliertem Marmor treffen. Hier hilft ein einfacher großer Fußabtreter, um das Risiko des Stürzens zu mindern. Auch wenn Fußböden gereinigt werden, sollte immer ein Hinweisschild aufgestellt werden. Eine weitere Ursache für Stürze im Betrieb sind Stolperkanten, die oft bei Neu- oder Anbauten im Gebäude entstehen. Gerade für neue Mitarbeiter stellen diese ein hohes Risiko dar, weil sie die üblichen Wege noch nicht kennen. Am besten ist es, wenn direkt in der Bauphase darauf geachtet wird, vorstehende Kanten zu vermeiden. Falls das nicht mehr möglich ist, müssen sie farblich kenntlich gemacht werden.

Was sind für Mitarbeiter und Arbeitgeber häufige Folgen von SRS-Unfällen?

Obwohl diese Unfälle zum Glück oft nur blaue Flecken zur Folge haben, können sie auch zu schwereren Verletzungen wie Sehnenzerrungen, Brüchen oder Schlimmerem führen. Für den Arbeitnehmer bedeuten sie außerdem Schmerzen und unter Umständen bleibende Gesundheitsschäden. Für Arbeitgeber gilt es deshalb, ein sicheres Arbeitsumfeld zu schaffen und Stolper- und Rutschgefahren auszuschließen. Auch wenn solche Unfälle zunächst nach etwas Banalem klingen: Fehlzeiten, auch durch Stolpern, Rutschen, Stürzen kosten Geld! Das sollte Unternehmern stets bewusst sein.

Inwiefern sollten Arbeitgeber Stolperfallen mit in die Gefährdungsbeurteilung einfließen lassen?

Der Unternehmer hat laut Arbeitsschutzgesetz die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Beschäftigten bei der Arbeit zu gewährleisten. Die Grundlage dafür ist eine aussagekräftige Gefährdungsbeurteilung. Der Unternehmer muss beispielsweise gezielt durch seinen Betrieb gehen und Stolperfallen ausfindig machen. Wie ist der technische Zustand von Böden und Treppen? Ist alles instand gesetzt und wird regelmäßig kontrolliert? Alle Aspekte der Beurteilung werden in Risikoklassen eingeteilt und Präventionsmaßnahmen festgelegt. Hierbei unterscheidet man zwischen Verhältnis- und Verhaltensprävention. Unter Verhältnisprävention fallen alle Maßnahmen, welche die Arbeitsplatzgestaltung, die Arbeitsstätte und ihre Umgebung, die Arbeitsmittel und die sonstige Arbeitsumwelt betreffen.

Zu welchen Maßnahmen raten Sie Unternehmen, um Unfälle zu vermeiden?

Beschäftigte tragen nicht nur durch die Wahl der richtigen Schutzschuhe dazu bei, Unfälle an ihrem Arbeitsplatz zu verhindern. Alles, was in diesem Zusammenhang das Verhalten des Einzelnen betrifft, fällt unter den Punkt Verhaltensprävention. Prinzipiell gilt: Stolperfallen und Rutschgefahren sollte man immer ernst nehmen. Gerade die Meldung von Beinahe-Unfällen kann dazu beitragen, schlimme zukünftige Unfälle mit langwierigen Folgen zu verhindern. Dazu müssen diese Meldungen gründlich analysiert und die Ursachen konsequent beseitigt werden.

Generell hilft schon eine gewisse Sensibilität für das Thema, um sich kompetent und verantwortungsvoll zu verhalten. Wer meint, auf Glatteis rennen zu müssen, bringt sich natürlich selbst in große Unfallgefahr. Auch sollte man immer nur vorgeschriebene Verkehrswege benutzen und keine abgesperrten Bereiche betreten. Wenn jemand zum Beispiel über eine Palette auf dem Boden steigt, weil das vermeintlich schneller geht und den Weg abkürzt, riskiert er, umzuknicken oder zu stürzen. Ordnung und Sauberkeit am Arbeitsplatz sind grundlegende Voraussetzungen für die Sicherheit im Betriebsalltag. Wenn etwas herunterfällt, hebe ich es auf, damit niemand darüber stolpert. Wer Flüssigkeit verschüttet, sollte sie sofort aufwischen. Das sind im Grunde alles ganz einfache Maßnahmen, die aber schlimme Unfälle verhindern können. Unternehmer sollten ihre Beschäftigten regelmäßig zum Thema SRS-Unfälle unterweisen und darauf achten, dass alle notwendigen Präventionsmaßnahmen umgesetzt und eingehalten werden.

Interview: Redaktion arbeitssicherheit.de (SL)
Foto: © mokee81 - Fotolia.com
Veröffentlichung: 03.2016


Arbeitsunfälle vorbeugen: Lesen Sie auch »Gefährdungsbeurteilungen sind ein Patentrezept, um Arbeitsunfälle vorzubeugen« >>

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