Fachbeitrag  Arbeitssicherheit  

Arbeitsschutzthemen im neuen Bundestag

Frau blickt durch Papierrolle.
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Auch wenn derzeit noch nicht mit absoluter Sicherheit vorhersehbar ist, ob die Bundesrepublik Deutschland in den kommenden vier Jahren mit den Farben einer „Ampel“ oder von „Jamaica“ regiert werden wird, lässt sich jedoch anhand der Wahlprogramme der derzeit dafür in Frage kommenden Parteien ein Bild davon zeichnen, welche Themen es auf die Tagesordnung des Deutschen Bundestages schaffen könnten. Ein Überblick.

Die Gewerkschaft ver.di hat, wie schon in 2017, auch im Jahr 2021 die Programme zur Bundestagwahl analysiert. Danach ergibt sich in alphabetischer Reihenfolge der Parteien folgendes Themenspektrum.

Arbeitsschutz bei mobilem Arbeiten, Homeoffice und Crowdworking

Bündnis 90/Die Grünen plädieren für ein Recht auf mobiles Arbeiten mit strikten Schutzkriterien sowie starkem Einfluss der betrieblichen Interessenvertretungen. Mobiles Arbeiten soll sowohl im Homeoffice wie im Co-Working-Space ermöglicht werden. Ein Wechsel muss freiwillig mit Rückkehrrecht erfolgen sowie mit ausreichend Zeit an einem Arbeitsplatz im Unternehmen verbunden sein.

CDU und CSU wollen durch flexibleres und mobiles Arbeiten mehr Freiräume schaffen, dabei aber gleichzeitig den Arbeits- und Gesundheitsschutz stärken. Durch Tarifvertragsrecht und Betriebsvereinbarungen soll möglichst vielen Menschen mobiles Arbeiten ermöglicht werden. Fehlentwicklungen bei neuen Arbeitsformen soll gesetzgeberisch begegnet werden. Mit Ausnahme der gefahrgeneigten Berufe soll statt der Tageshöchstarbeitszeit ein Übergang zur Wochenhöchstarbeitszeit vollzogen werden.

Die FDP will bei mobiler Arbeit und Homeoffice die Geltung des Arbeitsschutzgesetzes vor die der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) stellen, zumal der Arbeitgeber nicht für alle in der ArbStättV genannten Kriterien (z.B. Lichtverhältnisse am Arbeitsplatz) verantwortlich gemacht werden kann. Zudem soll die Möglichkeit gegeben werden, anlassbezogen Vereinbarungen über mobiles Arbeiten bzw. Homeoffice zu widerrufen.

Die SPD tritt für einen Rechtsanspruch auf mobiles Arbeiten ein, konkretisiert diesen aber noch dahingehend, dass bei einer fünf-Tage-Woche auf Wunsch der Beschäftigten mindestens 24 Tage pro Jahr mobil bzw. im Homeoffice verbracht werden dürfen. Die vollständige Erfassung der Arbeitszeit soll verbunden werden mit einem Recht auf Nichterreichbarkeitszeiten. Der Unfallversicherungsschutz soll erweitert werden. Die Freiwilligkeit der Beschäftigten soll aber stets Voraussetzung für die neuen Arbeitsformen sein.

Anti-Stress-Verordnung

Zu einer Anti-Stress-Verordnung verlautbaren sich nur die kleineren Parteien.

Bündnis 90/Die Grünen wollen den Arbeitsschutz stärken, damit er wirksam vor Stress, Burnout und Entgrenzung der Arbeit schützt.

Die FDP will durch eine bundesweite Aufklärungskampagne die Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen bewirken.

Gesunde Arbeitsplätze, Leistungsfähigkeit bis zur Rente

Zu den Themen Gesunde Arbeitsplätze und Leistungsfähigkeit bis zur Rente verhalten sich nur die Parteien der Großen Koalition.

CDU und CSU richten den Fokus auf medizinische und berufliche Rehabilitation, damit das tatsächliche Regelrenteneintrittsalter erreichbar wird.

Die SPD sieht die Aufwertung der Sozialen Arbeit als erreichbar an durch die Senkung der Arbeits- und Stressbelastung.

Ausweitung guter Arbeitsbedingungen auf weitere Beschäftigungsformen

Bündnis 90/Die Grünen plädieren für verbesserten Arbeits- und Gesundheitsschutz in Landwirtschaft und Fleischindustrie. Soziale Ungerechtigkeiten aus schlechter Bezahlung für harte körperliche Arbeit soll beendet werden.

CDU und CSU wollen, dass in EU-Handelsabkommen zunehmend die Prozessqualität einbezogen wird, d.h. Umwelt-, Tierwohl- und Arbeitsschutzstandards sollen Maßstäbe bei der Lebensmittelerzeugung sein.

Ähnliche Ansätze finden sich bei der SPD. Der Arbeitsschutz von Saison-Arbeitnehmern wird als dringend verbesserungsbedürftig angesehen. Prekären Arbeits- und Lebensbedingungen von Wanderarbeitnehmern wird der Kampf angesagt.

Fazit: Ungeachtet der Frage, wie sich die künftige Bundesregierung farblich zusammensetzt, bestehen in vielen Themenfelder große Schnittmengen. Da aber der Teufel oft im Detail steckt, bleibt abzuwarten, welches Bild der Koalitionsvertrag in naher Zukunft dann konkret bietet.

Stand: Oktober 2021

Quelle / Text: Dr. jur. Kurt Kreizberg

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