Fachbeitrag  PSA, Arbeitssicherheit  

Sonnenschutz zum Anziehen

Ein Interview zum Nutzen von UV-Schutzkleidung.
Foto: © sculpies - stock.adobe.com

Seit dem 21. April 2018 gehört UV-Schutzkleidung zur »Persönlichen Schutzausrüstung« und muss den Anforderungen der europäischen PSA-Verordnung EG 2016/425 erfüllen. Das haben wir zum Anlass genommen mit dem UV-Experten Markus Courtial, Gründer eines Unternehmens für UV-Schutzkleidung, über die Gefahren langer Sonneneinwirkung auf die Haut und den Nutzen von Sonnenschutz zum Anziehen zu sprechen.

arbeitssicherheit.de: Herr Courtial, nun beginnt die sonnenreiche Jahreszeit. Eigentlich sind Sonnenstrahlen ja etwas sehr Schönes. Warum ist für Outdoor-Worker ein guter UV-Schutz denn dann besonders wichtig?

Markus Courtial: Sonne ist in der Tat etwas sehr Schönes und für unseren Körper ja auch sehr wichtig – aber auch gefährlich. Laut der Deutschen Krebsstiftung ist die Sonne je nach Hauttyp lediglich für fünf bis 20 Minuten täglich gut verträglich und stärkt das Immunsystem (Vitamin D) in ausreichendem Maße. Danach nimmt die ungeschützte Haut Schaden. Sonnenbrand ist das bekannteste Zeichen dafür, doch auch ohne sichtbare Rötungen tanken wir unser persönliches UV-Konto mit jedem Sonnenbad immer weiter auf und die Haut »vergisst nicht«. Bei einer großen Belastung entsteht Hautkrebs. Hautkrebs ist momentan die Krebsart Nummer eins, sagt die Deutsche Krebsstiftung. Zudem lässt UV-Strahlung die Haut altern und schädigt das Erbgut – sagen führende Dermatologen.

Leider wird das Problem auch nicht kleiner, derzeit wächst die UV-Belastung Jahr für Jahr in Deutschland wurden jüngst UV-Stärken gemessen, wie in Australien vor zehn Jahren. Am und im Wasser steigt die UV-Strahlung durch Reflexion um bis zu 90 Prozent, selbst im Schatten ist man noch 50 Prozent der UV-Strahlung ausgesetzt. 

Da fällt der Schluss nicht schwer: Der Mensch braucht Schutz vor der UV-Strahlung. Das gilt vor allem für Menschen, die sich viel im Freien aufhalten. Diese Leute sollten geprüfte UV-Schutzkleidung tragen, und darauf achten, dass der UV-Schutzfaktor mindestens 50 beträgt.  

Welche gesundheitlichen »Schäden« bzw. Erkrankungen kann Sonnenstrahlung überhaupt verursachen?

Markus Courtial: Jeder kennt den Sonnenbrand, der die erste schmerzhafte Reaktion auf zu viel Sonne ist. Leider »vergisst« die Haut nie und speichert diese Schäden bis Hautkrebs entsteht (siehe auch Frage 1). 2016 stellte allein die Berufsgenossenschaft Bau fast 3.000 neue Fälle von weißem Hautkrebs fest. Das ist keine neue Entwicklung, denn diese Krebsart ist mittlerweile sogar als Berufskrankheit anerkannt.

Leider wird die »gesunde Bräune« immer noch als etwas Positives empfunden – aber das Gegenteil ist der Fall, Haut-Röte und -Bräune sind Alarmsignale unserer Haut. Und gerade im Arbeitsleben müssen wir uns schützen.

Gibt es Berufsgruppen, die besonders vorsichtig sein müssen?

Markus Courtial: Menschen, die aus beruflichen Gründen oft gar keine Wahl haben, als den ganzen Tag in der prallen Sonne zu arbeiten, müssen besonders vorsichtig sein. Sie riskieren ernsthafte gesundheitliche Beeinträchtigungen. So kommt es unter den betroffenen Berufsgruppen wie zum Beispiel Bauarbeitern, Dachdeckern, Müllmännern, Gärtnern oder auch Landwirten deutlich öfter zu Hautkrebserkrankungen als in allen anderen Berufsgruppen.

Reicht es aus, sich alle unbedeckten Körperpartien mit Sonnencreme einzucremen oder müssen weitere Schutzmaßnahmen ergriffen werden? Wenn ja, welche?

Markus Courtial: Sonnencremes auch mit einem hohen Schutzfaktor sind eine kurzfristige und unbequeme Lösung. Sie entfalten ihre Wirkung nur durch dickes Auftragen, ca. 20 bis 30 Milliliter für einen Erwachsenen pro einmal Eincremen. Sonnencremes mit chemische UV-Filter sind dazu schweißtreibend und heizen zusätzlich ein, denn sie wandeln die UV-Strahlung in Wärme. Solche mit mineralischem UV-Filter lassen sich nur sehr zäh aufzutragen und vermitteln ein klebriges Gefühl auf der Haut. Beide Arten ziehen oft Staub an und müssen häufig nachgecremt werden.

Normale T-Shirts, etwa aus Baumwolle, bieten lediglich einen UV-Lichtschutzfaktor (LSF) von zehn, nass sogar nur noch von drei und sind daher auch keine wirkliche Alternative.

Es ist viel besser richtige UV-Schutzkleidung zu tragen. Dort funktioniert der Schutz rein physikalisch und ganz ohne chemische Imprägnierung. Bei unseren Produkten wird das beispielsweise durch den Einsatz von sehr feinen Filamenten in Kombination mit einer speziellen Webtechnik erreicht. Mit dieser speziellen Webtechnik entsteht ein mehrlagiges und sehr dichtes Gewebe, welches über 98 Prozent der UVA- und UVB-Strahlung blockiert. Die UV-Strahlung kommt nicht bis zur Haut, dadurch entsteht ein angenehmes und luftiges Tragegefühl. Zudem sind diese T-Shirts auch für Allergiker bestens geeignet.

Wer muss sich um den ausreichenden UV-Schutz kümmern, der Beschäftigte oder der Arbeitgeber?

Markus Courtial: Mit dem 21. April 2018 gehört UV-Schutzbekleidung zur »Persönlichen Schutzausrüstung« (PSA) und muss die Anforderungen der europäischen PSA-Verordnung EG 2016/425 erfüllen. Das heißt, Produzenten und Lieferanten von Arbeitsschutzbekleidung mit UV-Schutz müssen die geltenden Normen EN ISO 13688:2013 und EN 13758-2:2003+A1:2006 bzw. AS/NZS 4399:1996 nach entsprechenden Spezifikationen erfüllen. Bereits seit 2015 ist der weiße Hautkrebs als Berufskrankheit anerkannt und Arbeitgeber sind verpflichtet, ihre betroffenen Mitarbeiter vor UV-Strahlung zu schützen und entsprechende Schutzarbeitskleidung anzubieten. Mit der Einstufung von UV-Schutzbekleidung als europäische PSA wurden nun auch die funktionellen und qualitativen Anforderungen an UV-Schutzkleidung und deren Auszeichnung definiert. 

Wie können Arbeitgeber ermitteln, welche UV-Schutzmaßnahmen sinnvoll sind?

Markus Courtial: Da diesem Bereich des UV-Schutzes in der Vergangenheit nicht wirklich Beachtung geschenkt worden ist, ist hier viel Aufklärungsarbeit gefordert und auch Arbeitgeber müssen sich proaktiv informieren. Wir empfehlen daher Unternehmen, Ämter und Stadtverwaltungen sich in diesem Bereich beraten zu lassen und individuelle, auf das jeweilige Unternehmen zugeschnittene Lösungen zu erarbeiten.

Übernimmt der Arbeitgeber die Kosten für die Schutzmaßnahmen?

Markus Courtial: Ab Mai 2018 sollten die Kosten von den Arbeitgebern übernommen werden. Die Berufsgenossenschaft Bau hat beispielsweise auch ein Prämienprogramm ins Leben gerufen. Das heißt konkret, dass ein Unternehmen als Mitglied der BG Bau einen Großteil der Kosten erstattet bekommt.

Sehr geehrter Herr Courtial, wir danken Ihnen für das Gespräch.

Markus Courtial gründete nach einem Australien-Aufenthalt im Jahr 2007 das Unternehmen IQ-UV, das Sonnenschutzkleidung produziert und vertreibt. Seit 2017 gehört auch Arbeitsschutzkleidung dazu, die durch stetige Kontrollen durch unabhängige Stellen wie TÜV oder OEKO-TEX überprüft werden.

Interview: Das Interview führte das Team von arbeitssicherheit.de

Hautkrebs: Lesen Sie auch »Achtung Outdoor-Worker: Hautkrebs erkennen und vermeiden!« >>

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