Fachbeitrag  Arbeitssicherheit  

Serie zum Arbeitsschutzgesetz: My home is my castle

Frau hält Hände schützend über Haus
Foto: © Jirapong - stock.adobe.com

Zum 1. Januar 2021 hat das Arbeitsschutzgesetz als Artikel 1 des Gesetzes zur Verbesserung des Vollzugs im Arbeitsschutz (kurz: Arbeitsschutzkontrollgesetz) eine Reform erfahren, die für die betriebliche Praxis neue Herausforderungen mit sich bringt. Zeit, sich das Arbeitsschutzkontrollgesetz mal genauer anzusehen. Im zweiten Teil unserer Serie geht es um die Frage, wer den Zutritt der Wohnung gestatten muss, wenn die Arbeitsschutzbehörde Kontrollen außerhalb der Geschäftszeiten durchführt – Arbeitgeber oder Arbeitnehmer.

So wie Arbeitsmediziner völlig berechtigt auf die Notwendigkeit hinweisen, betrieblichen Arbeitsschutz stets ganzheitlich mit seinen technischen, organisatorischen und personellen Rahmenbedingungen zu betrachten, muss auch das durch das Arbeitsschutzkontrollgesetz zum Jahresanfang novellierte Arbeitsschutzgesetz im Kontext aktueller Regelungen bewertet werden. Der Corona-Arbeitsschutzverordnung vom 21. Januar 2021 (verkündet im Bundesanzeiger vom 22. Januar 2021) mit ihren spezifischen Regelungen zum Home Office kommt dabei eine besondere rechtliche Bedeutung zu.

Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 GG)

Während wir in den Nachrichtensendungen erfahren, wie in den totalitären Nachfolgestaaten der UdSSR, Polizei und Geheimdienste recht - und rücksichtslos Wohnungen aufbrechen, ist Art 13 GG (Unverletzlichkeit der Wohnung) hierzulande ein sehr hohes Gut.

Im Arbeitsschutzgesetz, für das Mitte der 90er Jahre die Heimarbeit noch etwas völlig anderes war als das aktuelle Home Office, ergeben sich daraus aber weitergehende - noch offene - Rechtsfragen.

Gesundheitsschutz vor Wohnungsrecht?

Bisher galt (§ 22 Abs. 2 Satz 1 und 5 a.F. ArbSchG), dass Arbeitsstätten, soweit sie in Wohnungen angesiedelt waren, außerhalb der Betriebs- und Geschäftszeiten nur mit Zustimmung des Arbeitgebers von den Arbeitsschutzbehörden kontrolliert werden durften, es sei denn, es ging um die Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung.

Dieses Entscheidungsprimat des Arbeitgebers ist nunmehr – auch mit Blick auf die verstärkte Nutzung von Home Office sowie die objektive Werteordnung des Grundgesetzes – auf den eigentlichen Rechtsträger, den Benutzer (= Mieter) bzw. Nutzungsberechtigten (= Familienangehörige) übergegangen (§ 22 Abs. 5 Sätze 5 und 6 neue Fassung). Nunmehr ist die Zutrittsverweigerung des Wohnungsinhabers unbeachtlich, wenn – wie im alten Recht – dringende Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung im Raum stehen.

Neue Lage – altes Problem

Für den Unternehmer bedeutet diese Rechtsänderung „Steine statt Brot“. Zwar ist er aus dem Schneider, was die Entscheidung über den Wohnungszutritt anbelangt. Es bleibt aber seine Verantwortung für die Wohnung im Sinne des Arbeitsstättenrechts.

Mit der Frage, wie er seinem bei Home-Office-Arbeit eh schon begrenzten Einfluss bei der Nutzung von Arbeitsmitteln in der Wohnung gerecht werden soll, verbindet sich das Problem, wie er Corona-Gefahren, als „dringende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung“ aus einer Mitarbeiterwohnung fernhalten kann.

Dass die Homepage des BMAS bei „Fragen und Antworten zur Corona-Arbeitsschutzverordnung“ dieses drängende Problem bisher ausblendet, bedarf kurzfristig der Korrektur.

Im ersten Teil unserer Serie zum Arbeitsschutzkontrollgesetz geht es um die sogenannte Abstimmungsregelung >>

Im letzten Teil unserer Serie zum Arbeitsschutzkontrollgesetz geht es um die Pflichten der Arbeitgeber bei der Unterbringung von Beschäftigten in Gemeinschaftsunterkünften >>

Über den Autor

Dr. jur. Kurt Kreizberg

Dr. jur. Kurt Kreizberg
Rechtsanwalt in Solingen
seit 2013: Lehrbeauftragter für Arbeits- und Sozialrecht an der FOM Essen
seit 2016: Autor des Loseblatt-Kommentars (Carl Heymanns Verlag)
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