Fachbeitrag  Arbeitssicherheit  

Serie zum Arbeitsschutzgesetz: Vom Leben in der Gemeinschaftsunterkunft

Hände formen Dach über Papiermännchen
Foto: © Andrey Popov - stock.adobe.com

Zum 1. Januar 2021 hat das Arbeitsschutzgesetz als Artikel 1 des Gesetzes zur Verbesserung des Vollzugs im Arbeitsschutz (kurz: Arbeitsschutzkontrollgesetz) eine Reform erfahren, die für die betriebliche Praxis neue Herausforderungen mit sich bringt. Zeit, sich das Arbeitsschutzkontrollgesetz genauer anzusehen. Im dritten Teil unserer Serie geht es um Gemeinschaftsunterkünfte und um die Frage, welche Pflichten Arbeitgeber haben, wenn sie Beschäftigte in Selbige unterbringen.

Im Oktober 2020 wurde die Bundeswehr 65 Jahre alt. Wer als junger Rekrut in den Jahren bis 2011 –zumindest während der Grundausbildung – das besondere „Ambiente“ einer Gemeinschaftsunterkunft kennengelernt hat, der weiß: Gemeinschaftsunterkünfte sind etwas anderes als das „Hotel Adlon“ in Berlin oder die Präsidentensuite im „Ritz“ in Paris.

Spätestens seit der Corona-Berichterstattung des vergangenen Sommers hat sich hierzulande aber auch die Erkenntnis verbreitet, dass „Gemeinschaftsunterkünfte“ etwa in der fleischverarbeitenden Industrie ein korrekturbedürftiger Faktor im deutschen Arbeitsschutz waren und sind. Die mit Wirkung vom 1.1.2021 im Rahmen des Arbeitsschutzkontrollgesetzes novellierte Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) trägt dem nunmehr Rechnung.

Von der „Unterkunft“ zur „Gemeinschaftsunterkunft“

Während die „Unterkunft“ in der bis Ende 2020 geltenden ArbStättV nur als Begriff auftauchte (§ 2 Abs. 2 Nr. 2), der im Anhang 4.4 allenthalben eine Umschreibung erfuhr und erstmals unter Punkt 3.1 der Technischen Regel ASR A4.4 konkreter definiert wurde als „Räume, die den Beschäftigten zu Wohnzwecken in der Freizeit dienen, wozu dann auch Baracken, Wohncontainer, Wohnwagen und andere Raumzellen“ zählen, haben die „Gemeinschaftsunterkünfte“ im Rahmen der Novelle zum Arbeitsschutzkontrollgesetz gleich im ersten Anlauf den Sprung in die (nunmehr) 13 Begriffsbestimmungen der ArbStättV geschafft.

Nach § 2 Absatz 8 (neu) gilt seit dem 1.1.2021: Gemeinschaftsunterkünfte im Sinne dieser Verordnung sind Unterkünfte innerhalb oder außerhalb des Geländes eines Betriebes oder einer Baustelle, die

  1. den Beschäftigten durch den Arbeitgeber oder auf dessen Veranlassung durch Dritte entgeltlich oder unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden und
  2. von mehreren Beschäftigten und insgesamt von mindestens vier Personen gemeinschaftlich genutzt werden.

Pflichten der Arbeitgeber bei Gemeinschaftsunterkünften

An verschiedenen Stellen der ArbStättV erfahren die „Gemeinschaftsunterkünfte“ privilegierte Erwähnungen, was sie von den (normalen) Unterkünften abhebt.

Nach Anhang 4.4 Abs. 4 (neu) hat der Arbeitgeber im Falle einer Beschäftigtenunterbringung in Gemeinschaftsunterkünften eine Dokumentation zu fertigen unter Aufnahme der im Absatz 4 aufgelisteten Kriterien. Diese Dokumentation muss am Ort der Leistungserbringung (Betriebssitz) vorgehalten und nach dem Ende der Unterbringung noch weitere vier Wochen lang aufbewahrt werden.

Gemäß § 9 Nr. 4 a (neu) zählt es als Ordnungswidrigkeit, wenn der Arbeitgeber die Unterbringung von Beschäftigten in einer Gemeinschaftsunterkunft nicht korrekt dokumentiert, wobei sich der Maßstab für Dokumentation wiederum aus Anhang 4.4 Absatz 4 (neu) ergibt.

Im ersten Teil unserer Serie zum Arbeitsschutzkontrollgesetz ging es um die sogenannte Abstimmungsregelung >>

Im zweiten Teil unserer Serie zum Arbeitsschutzkontrollgesetz ging es um Homeoffice und die Unverletzlichkeit der Wohnung >>

Über den Autor

Dr. jur. Kurt Kreizberg

Dr. jur. Kurt Kreizberg
Rechtsanwalt in Solingen
seit 2013: Lehrbeauftragter für Arbeits- und Sozialrecht an der FOM Essen
seit 2016: Autor des Loseblatt-Kommentars (Carl Heymanns Verlag)
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