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Novelle beim Corona-Arbeitsschutz: vom Standard zur Regel

Der Sars-CoV-2-Arbeitsschutzstandard wurde reformiert.
Foto: © garrykillian - stock.adobe.com

Erschienen im vergangenen Jahr im April der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard und kurze Zeit später die SARS-CoV-Arbeitsschutzregel, erfolgte kürzlich eine teilweise Reform der Vorschriftenwerke. Am 22. Februar veröffentliche das BMAS eine Überarbeitung der beiden Rechtstexte. Vor allem das Kapitel zum Thema „Lüften“ wurde wesentlich erweitert und angepasst.

Nachdem Bundesarbeitsminister Heil Mitte April 2020 mittels eines zehn-Punkte-Programms den SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard publik gemacht hatte (GMBl. 2020, Seite 303), folgte exakt vier Monate später die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel (GMBl. 2020, Seite 484) des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS), die – deutlich kleinteiliger formuliert – in vielen Themenfeldern Bezug nahm auf den „Standard“ vom April des Jahres.

Aus zwei macht eins

Dieser Dualismus zweier ähnlicher Vorschriftenwerke ist nunmehr im Rahmen einer teilweisen Reform aufgelöst und geordnet worden. Im Februar machte das BMAS eine Novelle beider Rechtstexte bekannt (GMBl. Nr.11 vom 22.02.2021, S. 227), bei der

  • der Standard durch völlige Streichung aller Detailregelungen (Punkt 1 bis 17) „entkernt“ und auf seine grundsätzlichen Aussagen (Kapitel I bis III) reduziert wurde,
  • die Regel, von den nun entbehrlich gewordenen Rückverweisungen auf den Standard befreit, novelliert wurde in drei wichtigen Themenfeldern.

Neues bei der SARS-Regel

Eine der wesentlichen Änderungen in der Regel bezieht sich auf den Punkt „4.2.1 Arbeitsplatzgestaltung“. Im Kontext der Abtrennungen (etwa von Kassenarbeitsplätzen) wird die Bewegungsfläche neu bemessen, durch einen beidseitigen Sicherheitsaufschlag von je 30 Zentimetern. Außerhalb des Atembereichs sollen Öffnungen vorgesehen werden. Beide Seiten der Abtrennung sind arbeitstäglich zu reinigen (Absatz 5). Zudem darf der obere Rand der Abtrennungen die Mindesthöhe über dem Fußboden von 1,80 Meter (statt zwei Metern) zwischen sitzenden und gegenüberstehenden Personen (zum Bespiel zwischen Kassenpersonal und Kunden) und zwei Meter zwischen stehenden Personen (zum Beispiel Kunden) nicht unterschritten werden.

Darüber hinaus wurde das Kapitel „4.2.3 Lüftung“ im Rahmen der Novelle komplett erneuert.

Ausgehend (Abs. 1) von den bestehenden Regelungen (Anhang 3.6 der ArbStättV sowie ASR A3.6 „Lüftung“) werden in den nachfolgenden Absätzen zwei bis zehn folgende Themen angesprochen:

(2) Verstärkte Lüftung durch Lüftungshäufigkeit: Eine Ausdehnung der Lüftungsdauer oder durch die Erhöhung des Luftvolumenstroms wird empfohlen.

(3) Ermittlung der Raumluftqualität und Aerosolbelastung: Zur Ermittlung der Raumluftqualität soll der Co2-Wert herangezogen werden, unter Zuhilfenahme einfacher Messgeräte. Bei der Festlegung der Lüftungsintervalle werden Berechnungshilfen in Form von Apps wie dem BGN-Belüftungsrechner oder der IFA-CO2-App empfohlen.

(4) Intervall-Empfehlungen für freie Lüftung: Neu sind hier die Empfehlungen zum Querlüften. Hierbei sollen Kriterien wie die Außen- und Innentemperaturen sowie der vorherrschende Winddruck Berücksichtigung finden. Grundsätzlich soll die Lüftungsdauer von zehn Minuten im Sommer und drei Minuten im Winter nicht unterschritten werden. Als flankierende Maßnahme wird das zusätzliche Lüften durch Kippfenster genannt, „um ein zu starkes Ansteigen einer möglichen Konzentration virenbelasteter Aerosole in der Raumluft zu vermeiden.“

(5) Belüftung von Besprechungsräumen: Die Lüftung soll, zusätzlich zu den Vorgaben in Punkt vier, vor der Nutzung der Räume erfolgen, vor allem, wenn sich im Vorfeld dort Personen aufgehalten haben.

(6) Reinigungsvorgaben für raumlufttechnischen Anlagen (RLT-Anlagen): Der Einsatz von RLT-Anlagen gilt als infektionsmindernde Maßnahme – vorausgesetzt sie werden mit geeigneten Filtern betrieben, das sind „Schwebstofffilter der Klasse H13 oder H14 (HEPA-Filter) nach DIN EN 1822-1:2019 [10]. Zudem können auch Feinstaubfilter der Gruppe ISO ePM1 > 70 % (vormals F8) oder ISO ePM1> 80 % (vormals F9) die Konzentration virenbelasteter Aerosole reduzieren.“

(7) Besonderheiten beim Umluftbetrieb von RLT-Anlagen: Ist die Erhöhung der Außenluftzufuhr bei umluftbetriebenen Anlagen nicht möglich, ist eine Nachrüstung mit geeigneten Filtern erforderlich.

(8) Dauerbetrieb von RLT-Anlagen: Beim Einsatz von RLT-Anlagen soll der Betrieb während der Arbeitszeit dauerhaft fortgeführt werden. Ist dies nicht möglich, soll der Betrieb vor und nach der Nutzung der Räume um etwa zwei Stunden verlängert werden.

(9) Einsatz von Sekundärluftgeräten (z. B. Ventilatoren): Bei der Nutzung von Ventilatoren oder mobilen Heizgeräten muss die ausreichende Außenluftzufuhr gewährleistet sein, um die Aerosolkonzentration zu verringern. Vor dem Aufstellender Geräte muss eine Gefährdungsbeurteilung durchgeführt werden, um das „Anpusten“ anderer, im Raum befindlicher Personen zu vermeiden. Dabei müssen bestimmte Raumparameter berücksichtigt werden.

(10) Kombination von Sekundärluftgeräten mit anderen Lüftungsmaßnahmen unter Beachtung von Lärm (ASR A3.7) und Raumtemperatur (ASR A3.5): Der Betrieb von Sekundärluftgeräten ist gestattet, vorausgesetzt die Maßnahmen in Punkt eins bis neun werden zusätzlich durchgeführt bzw. angewendet.

Anpassung der Gruppengröße

Darüber hinaus gibt es noch eine wesentliche Änderung in der neuen Arbeitsschutzregel: Im Absatz 3 des Anhangs 4 „Unterkünfte“ wurde der Kreis der potenziell in Betracht kommenden Arbeitsplätze erweitert. Der Abschnitt legt fest, dass sofern Technologien wie Sortieranlagen, Erntemaschinen, Verwiege- und Verpackungsmaschinen und – neu hinzugekommen – Schalungs- und Bewehrungsarbeiten sowie Tunnelbohranlagen, das erforderlich machen, die Obergrenze der beschäftigten Personen auf bis zu 15 erhöht werden kann.

Quelle/Text: Redaktion arbeitssicherheit.de, Dr. jur. Kurt Kreizberg, BMAS

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