Fachbeitrag  Arbeitssicherheit, Gefahrstoffe  

Neue Biozid-Verordnung

Im Mai 2012 wurde die »Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten« verabschiedet; im Juli 2012 trat sie in Kraft. Seit dem 1. September 2013 ist die Anwendung verpflichtend. Das sind die Änderungen.


Biozide begegnen uns fast täglich, ohne dass uns dies immer bewusst ist. Desinfektionsmittel fallen ebenso darunter wie Rattengift oder Holzschutzmittel. In Deutschland gibt es über 30.000 Biozid-Produkte mit etwa 950 identifizierten Biozid-Wirkstoffen. Sie werden vor allem zur Bekämpfung von Schädlingen - beispielsweise Ratten und Insekten - Bakterien und Pilzen eingesetzt.

Biozide haben eine schädliche Wirkung und können Menschen, Umwelt und Tiere gefährden. Daher ist eine vorsichtige Handhabung im Umgang mit diesen Substanzen erforderlich: Sie dürfen nur nach behördlicher Zulassung verwendet werden. Es reicht also nicht eine bloße Anmeldung oder eine Prüfung nach dem Inverkehrbringen, sofern ein Produkt auffällig geworden ist. Die Zulassungsstelle für Biozide in Deutschland ist die Bundesstelle für Chemikalien der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA, Fachbereich 5).

Die Biozid-Verordnung gilt nicht für diejenigen Produkte und Waren, die in den Geltungsbereich anderer Rechtsvorschriften fallen, wie beispielsweise Arzneimittel, Kosmetika oder Spielzeug.

Regelung der Verwendung von Biozid-Produkten

Mit der am 1. September 2013 in Kraft getretenen Biozid-Verordnung treten unter anderem Änderungen bei Begriffen und beim Zulassungsverfahren in Kraft. Außerdem gibt es Neuerungen, die die Herstellung, den Umgang und den Handel mit Bioziden betreffen.

Artikel 17 der Biozid-Verordnung regelt ab sofort ausdrücklich die Verwendung von Biozid-Produkte.

Biozid-Produkte, die Nanomaterialien enthalten, müssen bei der Bewertung gesondert betrachtet werden. Die Nanomaterialien müssen genau benannt sein (Artikel 58 Biozid-Verordnung).

Sind Waren mit Bioziden behandelt, müssen sie gekennzeichnet werden. Die eingesetzten Biozid-Produkte müssen für den entsprechenden Zweck genehmigt worden sein (Artikel 58 Biozid-Verordnung). Ausgenommen von diesen Vorgaben sind nun Futter- und Lebensmittel, die als Repellent - Wirkstoff, den ein Organismus über den Geruchssinn wahrnimmt und diesen abschreckt - oder Lockmittel sowie Biozid-Produkte, die als Verarbeitungshilfsstoffe verwendet werden (Artikel 2 Biozid-Verordnung).

Auch weiterhin dürfen Biozid-Produkte nur Wirkstoffe enthalten, die in einer Positivliste aufgenommen worden sind. Diese Liste entspricht jedoch nicht mehr dem Anhang I und IA der - alten, überholten - Biozid-Richtlinie 98/8/EG, sondern wurde neu gefasst als Unionsliste der genehmigten Wirkstoffe. Die Kommission hält diese Liste auf dem neuesten Stand und macht sie in elektronischer Form der Öffentlichkeit zugängig.

Zulassung von Biozid-Produkten

Anträge auf eine Genehmigung von Wirkstoffen finden, wie bereits nach der vorherigen Richtlinie, auf Unionsebene statt (bei der Europäischen Chemikalienagentur - ECHA), die Zulassung der Biozid-Produkte erfolgt auf der Ebene der Mitgliedstaaten. Eine in einem Mitgliedstaat erfolgte Zulassung kann durch eine gegenseitige Anerkennung auf weitere Mitgliedstaaten ausgeweitet werden.

Mit der neuen Biozid-Verordnung können Antragsteller aber auch eine sogenannten »Unionszulassung« beantragen, so dass sie eine unionsweite Zulassung erhalten (können). Die Unionszulassung wird schrittweise eingeführt: Seit September 2013 ist sie für bestimmte Produktarten (wie beispielsweise Desinfektionsmittel) vorgesehen, ab Januar 2017 ist sie für weitere Produktarten (wie Insektizide) möglich und ab Januar 2020 für alle übrigen Produktarten.

Manche Produktarten sind jedoch ausdrücklich von der Unionszulassung ausgenommen, wie zum Beispiel die Produktarten für die Bekämpfung von Schadnagern und Vögeln sowie Antifoulingmittel (dies sind hoch wirksame Stoffe und Zubereitungen, die Aufwuchs durch Einzeller, Algen und kleine Tiere auf Schiffsrümpfen verhindern sollen).

Neufassung der Begrifflichkeiten

Der Begriff des Wirkstoffs wurde mit der neuen Biozid-Verordnung neu gefasst. Nun gelten auch vor Ort hergestellte Stoffe als Biozid-Wirkstoffe, während Schutzmittel für Lebens- und Futtermittel (die bisherige Produktart 20) nicht mehr darunter fallen.

Neu ist auch, dass Biozidprodukte mit krebserregenden, mutagenen, reproduktionsbeeinträchtigenden Substanzen (CMR), mit endokrinen Eigenschaften oder mit beständigen, bioakkumulativen und toxischen (PBT) Substanzen nicht mehr genehmigungsfähig sind. Sofern jedoch die Exposition geringfügig ist oder das Produkt gegen eine ernste Bedrohung für Mensch, Tier oder Umwelt eingesetzt wird, ermöglicht die neue Biozid-Verordnung eine sogenannte Rückausnahme, die jedoch nur für fünf Jahre Gültigkeit hat.

Es ist eine vergleichende Bewertung von Produkten und Substituenten vorgesehen, die dafür sorgen soll, dass die Verwendung eines Biozid-Wirkstoffs untersagt werden kann, wenn es für denselben Zweck ein zugelassenes Produkt mit einem geringeren Gesundheitsrisiko gibt.

Ein zusätzliches vereinfachtes Zulassungsverfahren ist vorgesehen für Biozid-Produkte mit günstigem Umwelt- und Gesundheitsprofil, deren Wirkstoffe in Anhang I der Biozid-Verordnung aufgenommen wurden, die keine bedenklichen Stoffe und/oder Nanomaterialien enthalten und deren Anwendung keine Persönliche Schutzausrüstung (PSA) erforderlich macht (Artikel 25 Biozid-Verordnung), wie beispielsweise Essigsäure oder Pfefferminzöl.

Text: Andrea Lentz
Foto: © fovito - Fotolia.com


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