Fachbeitrag  Arbeitssicherheit  

Corona und Homeoffice: Diese Kosten trägt der Chef

Welche Rechte und Pflichten entfallen im Homeoffice auf Arbeitgeber und Beschäftigte.
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Derzeit ordnen viele Arbeitgeber Homeoffice an. Kosten für Technik, Strom oder Internet gehen bei der Arbeit Zuhause schon mal zu Lasten der Beschäftigten. Aber was davon ist zulässig? Darüber haben wir mit Raphael Lugowski gesprochen. Er ist Fachanwalt für Arbeitsrecht bei der Kanzlei Pöppel Rechtsanwälte.

arbeitssicherheit.de: Homeoffice ist bei vielen Beschäftigten beliebt, aktuell in der Corona-Krise fast Standard. Inwiefern dürfen Chefs mobiles Arbeiten überhaupt anordnen?

Raphael Lugowski: Für die Anordnung von Homeoffice oder Mobiler Arbeit benötigen Arbeitgeber grundsätzlich eine vertragliche Grundlage. Arbeitgeber können von den Beschäftigten nicht verlangen, ihre Arbeitsleistung von zu Hause zu erbringen. Sie haben keine Verfügungsmacht über die privaten Räumlichkeiten der Beschäftigten. Grundsätzlich sind daher die Räumlichkeiten des Arbeitgebers der Ort, an dem die Arbeit zu erbringen ist. Den Büroarbeitsplatz hat daher der Arbeitgeber zu stellen.

Wie ist die aktuelle Rechtslage dazu?

Die Arbeit im Homeoffice bedarf einer näheren Vereinbarung mit den Beschäftigten. Daran dürfte auch die jüngste Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin nichts ändern, in der es um die amtsangemessene Beschäftigung einer Beamtin ging. Diese wurde vom Dienstherrn ins Homeoffice beordert und hat sich gegen diese Maßnahme im Eilverfahren zur Wehr gesetzt. Das Gericht entschied, dass diese Anordnung in der derzeitigen Ausnahmesituation zur Erfüllung der Fürsorgepflicht rechtens sei. Es bleibt abzuwarten, ob andere Gerichte sich dieser Auffassung anschließen werden. Aus Sicht des Arbeitsrechts sprechen gewichtige Argumente wie das fehlende Direktionsrecht des Arbeitgebers sowie die Unverletzlichkeit der Wohnung der Beschäftigten (Artikel 13 Grundgesetz) gegen eine einseitige Befugnis zur Anordnung von Homeoffice.

Manch einer arbeitet lieber im Betrieb vor Ort: Dürfen Mitarbeiter in Anbracht der aktuellen Lage dennoch das Büro aufsuchen?

Die Arbeit in den Büroräumlichkeiten des Arbeitgebers ist in der Regel der vertraglich festgelegte Betriebsort. Arbeitgeber haben daher grundsätzlich die Pflicht, einen entsprechenden Büroarbeitsplatz vorzuhalten. Allerdings ist der Arbeitgeber auch für den Arbeits- und Gesundheitsschutz verantwortlich. Er muss in der jetzigen Situation dafür Sorge tragen, dass die Infektionsrisiken soweit wie möglich minimiert werden. Wenn die Büroräumlichkeiten zu klein sind, kann im Einzelfall deren Nutzung problematisch sein. In diesen Fällen sind Arbeitgeber aufgrund ihrer Fürsorgepflicht verpflichtet, die Zahl der Büromitarbeiter zu verringern oder das Büro zu schließen. Umgekehrt haben Beschäftigte in diesen Konstellationen kein Recht darauf, ihre Arbeit in den Büroräumlichkeiten des Arbeitgebers zu verrichten. Entsprechendes gilt in den Fällen, in denen eine Behörde die Schließung eines Betriebes verfügt hat.

Welche Voraussetzungen muss der Arbeitgeber treffen, damit Mitarbeiter von Zuhause aus arbeiten können?

Damit die Beschäftigten von Zuhause aus arbeiten können, müssen Arbeitgeber zunächst einmal einen Homeoffice-Arbeitsplatz einrichten. Sie müssen wie im betrieblichen Büro das Mobiliar und sonstige Arbeitsmittel bereitstellen, die für die Erbringung der Arbeitsleistung notwendig sind. Ganz ungeachtet dessen bleibt der Arbeitgeber auch im Fall von Homeoffice für den Arbeits- und Gesundheitsschutz sowie für den Datenschutz verantwortlich. Er hat entsprechende Vorkehrungen zu treffen, damit die gesetzlichen Maßgaben eingehalten werden. Eigentlich müssten Arbeitgeber vor der Aufnahme von Homeoffice daher auch eine Gefährdungsbeurteilung vornehmen, um zu prüfen, ob sich aus der Arbeit von Zuhause konkrete Gefährdungen physischer oder psychischer Art ergeben.

Eine typische Gefährdung ist etwa die Verwendung von ungeeigneten Stühlen oder Tischen an Bildschirmarbeitsplätzen, die eine schlechte Sitzhaltung begünstigen auf Dauer zu Problemen im Bereich des Rückens führen. Auch die dauerhafte Verwendung eines Laptops ist ohne Ergänzung durch sinnvolles Equipment gesundheitlich bedenklich. Schließlich kann auch der eingeschränkte oder fehlende Kontakt zu Kollegen ebenfalls ein Problem darstellen. Die von Arbeitgebern zu beachtenden Vorgaben beim Homeoffice ergeben sich im Einzelnen aus der Arbeitsstättenverordnung und den Unfallverhütungsvorschriften der Berufsgenossenschaften.

Gelten diese Vorgaben auch bei Mobiler Arbeit?

Die Arbeitsstättenverordnung findet auf Mobiles Arbeiten keine Anwendung, da es bei dieser Arbeitsform keinen fest eingerichteten Bildschirmarbeitsplatz im Privatbereich des Beschäftigten gibt. Die Beschäftigten arbeiten hier zum Beispiel direkt beim Kunden oder von unterwegs außerhalb der Betriebsstätte, sind aber trotzdem durch mobile Endgeräte mit dem Betrieb verbunden. Hierbei handelt es sich nicht um Telearbeit im Sinne der Arbeitsstättenverordnung. Trotzdem ist der Arbeitgeber nach dem Arbeitsschutzgesetz auch hier verpflichtet, erforderliche Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit der Beschäftigten zu ergreifen. Das Fehlen eines fest eingerichteten Bildschirmarbeitsplatzes führt zu potenziell noch größeren Gesundheitsgefährdungen als das Homeoffice. Deshalb sind hier die Gefährdungsbeurteilung und die ordnungsgemäße Unterweisung von Beschäftigten noch bedeutsamer.

Inwiefern kann der Chef seine Beschäftigten verpflichten, private Endgeräte wie Laptop oder Mobiltelefon im Homeoffice zu nutzen?

Der Arbeitgeber kann von den Beschäftigten die Nutzung von privaten Endgeräten grundsätzlich nicht verlangen. Es bleibt bei dem Grundsatz, das Arbeitsmittel wie Laptop, Monitore, Tastaturen oder Smartphones vom Arbeitgeber zu stellen sind. Aber natürlich ist es möglich, dass sich die Arbeitsvertragsparteien auf die Nutzung der IT-Endgeräte von Beschäftigten verständigen. In diesen Fällen muss der Arbeitgeber den Schutz von Unternehmens- und Beschäftigtendaten und die Informationssicherheit durch geeignete technische und organisatorische Maßnahmen sicherstellen. Damit geht in der Regel ein erhöhter Administrationsaufwand durch die IT-Abteilung einher. So ist etwa der Zugang und Zugriff auf diese Daten gesondert zu beschränken und der Datentransfer zu verschlüsseln.

Die Technik muss funktionieren: Wenn Router oder Internet ausfallen, dürfen Mitarbeiter dann ihre Arbeit niederlegen?

Hier gilt das Gleiche wie am Arbeitsplatz in den Räumlichkeiten des Arbeitgebers: Das Betriebsrisiko, das heißt das Risiko eines Arbeitsausfalls aufgrund von Betriebsstörungen, trifft den Arbeitgeber. Wenn die IT nicht funktioniert, können Beschäftigte die Arbeit nicht verrichten. Sie müssen in diesem Fall den Arbeitgeber umgehend informieren. Der Arbeitgeber hat sodann die erforderlichen Maßnahmen zu veranlassen, damit die Arbeit fortgesetzt werden kann, zum Beispiel durch die Beauftragung eines Technikers. Beschäftigte müssen sich jedoch während der Arbeitszeit bereithalten. Unter Umständen könnten sie verpflichtet sein, ihre Arbeit in den Büroräumlichkeiten des Arbeitgebers fortzusetzen.

Strom- und Internetkosten laufen während der mobilen Arbeit auf Kosten der Beschäftigten: Können sie eine Erstattung vom Arbeitgeber verlangen?

Die Kosten des Homeoffice-Arbeitsplatzes sind vom Arbeitgeber zu tragen. Dies betrifft insbesondere die Kosten für die Miete oder die Telekommunikation. Werden die Kosten zunächst einmal von den Beschäftigten übernommen, haben sie gegen den Arbeitgeber einen entsprechenden Erstattungsanspruch für die getätigten erforderlichen Aufwendungen. Zulässig ist es jedoch, die Kosten des Homeoffice über eine pauschale monatliche Zahlung abzugelten. Diese muss sich aber an der Höhe der tatsächlich zu erwartenden monatlichen Aufwendungen der Beschäftigten orientieren. Wird den Beschäftigten lediglich die Möglichkeit eingeräumt, die Arbeit auch von zu Hause zu erbringen, scheidet ein Erstattungsanspruch hingegen grundsätzlich aus.

In welchen Fällen braucht es für mobiles Arbeiten oder Homeoffice Individual- oder Betriebsvereinbarungen und warum sind diese sinnvoll?

Für die Arbeit im Homeoffice oder im Mobile Office bedarf es stets einer Grundlage im Arbeitsvertrag. Ohne eine entsprechende Regelung kann der Arbeitgeber kein Homeoffice anordnen. Auf der anderen Seite haben Beschäftigte ohne vertragliche Grundlage kein Recht auf die Arbeit im Homeoffice. Empfehlenswert ist der Abschluss einer gesonderten Homeoffice-Vereinbarung, in der alle Eckpunkte der Arbeit von zu Hause geregelt werden. Sinnvoll sind insbesondere rechtliche Maßgaben zur Einrichtung und Ausstattung des Homeoffice-Arbeitsplatzes, zur Arbeitszeit im Homeoffice sowie zum Arbeits- und Gesundheitsschutz. Auch datenschutzrechtliche Bestimmungen sind ein zentraler Bestandteil solcher Vereinbarungen, da im Homeoffice die Gefahr höher ist, dass Dritte Kenntnis von sensiblen Unternehmensdaten verlangen. Den Beschäftigten werden in solchen Vereinbarungen daher regelmäßig erhöhte Sorgfaltspflichten auferlegt.

Wenn ein Betriebsrat eingerichtet ist, ist dieser vor Einführung von Homeoffice im Betrieb zu beteiligen. In der Regel dürften die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats gleich unter mehreren Gesichtspunkten berührt sein. Arbeitgeber und Betriebsrat müssen deshalb vorher eine Betriebsvereinbarung zum Homeoffice abschließen. Dort können dann mitbestimmungspflichtige Elemente wie zum Beispiel der Einsatz von Technischen Einrichtungen, das Verhalten im Homeoffice, die Lage der Arbeitszeit oder der Arbeits- und Gesundheitsschutz zu regeln sein. Vielfach enthalten solche Betriebsvereinbarungen auch freiwillige Regelungen, beispielsweise zu der Frage, welchen Voraussetzungen die Gewährung und der Widerruf von Homeoffice unterliegt.

Text: Redaktion arbeitssicherheit.de (SL)

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