DGUV Grundsatz 308-002 - Prüfung von Hebebühnen

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Abschnitt 3.2 - 3.2 Prüfungen vor der ersten Inbetriebnahme

3.2.1 Allgemeines

3.2.1.1
Die Prüfung vor der ersten Inbetriebnahme umfasst:

  • Vorprüfung

  • Bauprüfung und

  • Abnahmeprüfung

3.2.1.2
Vor-, Bau- und Abnahmeprüfungen werden vom Hersteller im Rahmen des Konformitätsbewertungsverfahrens nach Artikel 12 der Maschinenrichtlinie durchgeführt und durch die Konformitätserklärung nach Anhang II Buchstabe A der Maschinenrichtlinie bestätigt.

3.2.2 Vorprüfung

3.2.2.1
Bei der Vorprüfung stellt der oder die Sachverständige (siehe Teil 2, Abschnitt 2.1) fest, ob die Hebebühne so konstruiert und berechnet ist, dass eine bestimmungsgemäße Verwendung für die vorgesehene Nutzungsdauer ohne Gefährdung von Personen erfolgen kann.

Siehe hierzu z. B. die Abschnitte 1.1.2, 1.3.1, 1.3.2 und 4.1.2.3 des Anhanges I der Maschinenrichtlinie.

3.2.2.2
Der Hersteller erstellt prüffähige Unterlagen. Die Tragwerke sind im Ganzen und in ihren Teilen darzustellen. Die Einwirkungen der Antriebe auf die Tragwerke müssen erfasst sein. Abmessungen, Materialgüte, Schweißnähte sind anzugeben. Für alle tragenden Teile und für die Hebebühne als Ganzes sind Sicherheitsnachweise zu erbringen. Die Berechnungen müssen die Hebebühne in und außer Betrieb sowie alle möglichen Rüstzustände bei mastgeführten Kletterbühnen erfassen. Hierzu gehören auch die Montage und die Demontage.

3.2.2.3
Die Vorprüfung sollte umfassen:

  1. 1.

    Prüfung der Bemessung der Hebebühne hinsichtlich

    • Berechnungsverfahren

    • Werkstoffauswahl

    • Standsicherheitsnachweis

    • gegebenenfalls Angabe der abzuleitenden Kräfte

  2. 2.

    Prüfung der Konstruktionsunterlagen auf Einhaltung der grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen der Maschinenrichtlinie, angewendeter Normen und technischer Spezifikationen.

  3. 3.

    Prüfung der Ausführungszeichnungen auf Übereinstimmung mit den Berechnungsunterlagen.

    Die Zusammenstellungs- und Ausführungszeichnungen müssen enthalten:

    • Ansichten und Schnitte der tragenden Teile (Tragkonstruktion, Tragmittel, Lastaufnahmemittel, Fahrgestell, Abstützungen) einschließlich deren Verbindungen und der im Fehlerfalle tragenden Sicherheitseinrichtungen, Lage und Anordnung der Antriebsaggregate, der Triebwerke, Bremsen, Stellteile, Betriebs- und Sicherheitsschalter, Sicherheitseinrichtungen, ferner Lage und Anordnung von Zugangs- und Ladestellen, bei Hubarbeitsbühnen außerdem Lage und Anordnung der Isolation zwischen Arbeitsbühne und Hubeinrichtung sowie zwischen Hubeinrichtung und Fahrzeug bzw. fahrbarem Untergestell, sofern die Hubarbeitsbühne für Arbeiten an oder in der Nähe von ungeschützten aktiven Teilen elektrischer Anlagen bestimmt ist.

    • Richtige Wiedergabe der verwendeten Werkstoffe und Fertigungsverfahren, Vermeidung scharfer Übergänge im Werkstoff, Beurteilung der Schweißkonstruktion hinsichtlich Lage, Anordnung und Art der Schweißnähte, Schweißbarkeit der Werkstoffe, Schweißverfahren, Schweißelektroden und Schweißzusatzwerkstoffe.

  4. 4.

    Prüfung der Steuerungspläne (Elektrik, Hydraulik, Pneumatik).

3.2.2.4
Außer den Betriebszuständen für alle Rüstzustände sind bei Hebebühnen, die an ihrem jeweiligen Einsatzort auf- und abgebaut werden, Montage- und Demontagezustände zu berücksichtigen.

3.2.2.5
Der Festigkeits- und Standsicherheitsnachweis hat sich auf die tragenden Konstruktionsteile, die tragenden Triebwerksteile, z. B. Kolben, Zylinder, Druckleitungen, Getriebe, sowie auf die im Fehlerfalle (z. B. bei Ungleich-lauf, Seil-, Ketten-, Getriebe- oder Tragmutterbruch, Undichtigkeiten im Leitungssystem, Bruch der Isolatoren bei Hubarbeitsbühnen) tragenden Sicherheitseinrichtungen zu erstrecken.

3.2.2.6
Baugruppen oder Teile, für die die Herstellererklärung des Zulieferers vorliegt, müssen nicht erneut geprüft werden, lediglich ihre Eignung für den vorgesehenen Einsatz ist zu beurteilen. Hierzu gehören z. B. Bescheinigungen über das Fahrgestell, Seil- und Kettenatteste, Bescheinigungen über Kolben, Zylinder, elektrische, hydraulische und pneumatische Betriebsmittel, Isolatoren.

3.2.2.7
Der bzw. die Sachverständige hat die Verantwortung für die Richtigkeit der Lastannahmen und der Ausgangswerte sowie für die Vollständigkeit der Berechnungen. Die Richtigkeit des Rechenvorganges darf er unterstellen. Vergleichsrechnungen sind zu empfehlen.

3.2.2.8
Die Prüfung der Unterlagen ist zu bestätigen.

3.2.2.9
Die geprüften Unterlagen sind nach Abschluss der Vorprüfung beim Hersteller aufzubewahren. Die Maschinenrichtlinie schreibt dafür mindestens 10 Jahre nach Herstellung des letzten Exemplars vor, es empfiehlt sich aber, dies für die Lebensdauer der Hebebühne vorzusehen.

3.2.2.10
Die Bemessung der Befestigung, z. B. der Fundamente, ist hinsichtlich der Ableitung der auftretenden Kräfte zu prüfen. Diese Prüfung muss bauseitig durchgeführt werden und fällt allgemein nicht in die Verantwortung des Hebebühnenherstellers.

3.2.3 Bauprüfung

3.2.3.1
Bei der Bauprüfung überzeugt sich der bzw. die Sachverständige davon, dass die Qualitätskontrolle wirksam ist und stellt fest, ob die Hebebühne entsprechend den in der Vorprüfung geprüften Unterlagen gefertigt worden ist, z. B. hinsichtlich Einhaltung der Maße, der verwendeten elektrischen, hydraulischen und pneumatischen Betriebsmittel, der Lage und Anordnung von Tragmitteln, Schaltern, Sicherheitseinrichtungen.

3.2.3.2
Die Bauprüfung muss umfassen:

  1. 1.

    Prüfung der Übereinstimmung der Fertigung der Konstruktionsteile entsprechend den Regeln der Technik. Hierzu gehört auch die Feststellung, ob Aufzeichnungen und Unterlagen über zerstörungsfreie Prüfungen vorhanden sind.

  2. 2.

    Prüfung der Werksprüfzeugnisse oder vergleichbarer Bescheinigungen, der Stücklisten für Werkstoffe, Atteste.

3.2.3.3
Bauteile oder Baugruppen, die bereits einer Bauprüfung unterzogen worden sind oder für die eine Erklärung für den Einbau einer unvollständigen Maschine vorliegt, sowie bauartgeprüfte Bauteile oder Baugruppen, bedürfen keiner nochmaligen Bauprüfung.

3.2.4 Abnahmeprüfung

3.2.4.1
Die Abnahmeprüfung ist an der betriebsbereiten Hebebühne vorzunehmen. Dabei muss dafür gesorgt werden, dass bei der Prüfung Personen nicht einer vermeidbaren Gefahr ausgesetzt sind.

3.2.4.2
Nach Fertigstellung, Auf- oder Einbau stellt der bzw. die Sachverständige fest, ob die Hebebühne ordnungsgemäß gefertigt, aufgestellt oder befestigt ist, die vorgesehenen Nenn- und Prüflasten sicher aufgenommen und die daraus resultierenden Kräfte weitergeleitet werden können, die Hebebühne einwandfrei arbeitet und die Sicherheitseinrichtungen wirksam sind.

Siehe Abschnitt 4.1.3 des Anhanges I und Anhang VII Buchstabe A der Maschinenichtlinie.

3.2.4.3
Für die Abnahmeprüfung von Hebebühnen, die nicht betriebsbereit geliefert werden, gilt Abschnitt 4.2 des Teils 2 dieses DGUV Grundsatzes.

3.2.4.4
Die Abnahmeprüfung sollte umfassen:

  1. 1.

    Kontrolle der technischen Dokumentation; sie muss sich auf folgende Dokumentationen beziehen:

    • Prüfbuch mit Stammblatt und der Anlagen auf Vollständigkeit hinsichtlich der Eintragungen und Bescheinigungen sowie auf Übereinstimmung mit der ausgeführten Hebebühne;

    • Konformitätserklärung, gegebenenfalls Erklärung für den Einbau einer unvollständigen Maschine;

    • Betriebsanleitung einschließlich der Montage- und gegebenenfalls Demontageanleitung hinsichtlich Richtigkeit und Vollständigkeit;

    • Tragfähigkeitstabellen/-diagramme, Lastverteilung;

    • Steuerungspläne (Elektrik, Hydraulik, Pneumatik).

  2. 2.

    Prüfung der Hebebühne auf Einhaltung der grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen der Maschinenrichtlinie, angewendeter Normen und technischer Spezifikationen.

  3. 3.

    Prüfung der Eignung der Hebebühne für den vorgesehenen Einsatz.

  4. 4.

    Prüfung der Sicherheitseinrichtungen und -maßnahmen hinsichtlich Vollständigkeit, Eignung und Wirksamkeit.

  5. 5.

    Funktionsprüfung der Hebebühne.

  6. 6.

    Durchführung der Probebelastungen:

    • Statische und dynamische Prüfungen entsprechend Abschnitt 4.1.2.3 des Anhanges I der Maschinenrichtlinie;

    • Prüfungen nach Angaben des Herstellers entsprechend Abschnitt 4.4.2 Buchstabe e) des Anhanges I der Maschinenrichtlinie;

    • Prüfungen nach zutreffenden Normen (siehe Anhang 1);

    • Versuche mit der zulässigen Belastung und den für die Prüfungen vorgesehenen Überlasten.

    Zu prüfen sind insbesondere:

    • Die Einhaltung der höchstzulässigen betriebsmäßigen Senkgeschwindigkeit;

    • die Dichtheit hydraulischer und pneumatischer Hubwerke und Abstützungen. Über einen Zeitraum von 5 Minuten darf keine Lageveränderung feststellbar sein;

    • bei hydraulischen und pneumatischen Hebebühnen das Verhalten bei einem simulierten Leitungsbruch möglichst nahe an den Arbeitszylindern. Diese Prüfung kann entfallen, wenn sie bei der Bauprüfung nach Abschnitt 3.2.3 durchgeführt wurde und hierüber eine Bescheinigung der bzw. des betreffenden Sachverständigen vorliegt;

    • die Sicherung gegen Absinken bzw. zu schnelles Absinken des Lastaufnahmemittels und unbeabsichtigte Lageveränderung des Lastaufnahmemittels bei Hebebühnen mit mechanischem Triebwerk bzw. Seil- oder Kettenaufhängung für den Fall eines Seil-, Ketten-, Getriebe- oder Tragmutterbruches. Diese Prüfung kann entfallen, wenn sie bei der Bauprüfung nach Abschnitt 3.2.3 durchgeführt wurde und hierüber eine Bescheinigung der bzw. des betreffenden Sachverständigen vorliegt;

    • bei Hubarbeitsbühnen das Verhalten der Parallelführung für den Fall des Versagens der Antriebskraft oder der Steuerung, bei Undichtigkeiten im hydraulischen oder pneumatischen Leitungssystem oder bei Versagen eines tragenden Parallelführungselementes. Diese Prüfung kann entfallen, wenn sie bei der Bauprüfung nach Abschnitt 3.2.3 durchgeführt wurde und hierüber eine Bescheinigung der bzw. des betreffenden Sachverständigen vorliegt;

    • die Wirksamkeit der Gleichlaufeinrichtung bei Ausfall eines Antriebsmotors oder einer Phase, beim Blockieren eines Lastaufnahmemittels und bei ungleicher Belastung der einzelnen Tragmittel;

    • das Verhalten der Hebebühne beim Durchfahren aller betriebsmäßigen Stellungen, z. B. hinsichtlich auftretender Verformungen und deren Auswirkungen auf die sichere Lastaufnahme, den Lauf in Führungen, das Schleifen und Verkanten von Tragmitteln;

    • das sichere Abbremsen aus allen betriebsmäßigen Bewegungen des Lastaufnahmemittels;

    • die Haltekraft von Hubwerksbremsen. Über eine Zeitdauer von 10 Minuten darf kein Absinken feststellbar sein.

  7. 7.

    Mechanische Messungen

    • Messung der Hub- und Fahrgeschwindigkeiten, gegebenenfalls der Schwenkgeschwindigkeiten;

    • bei Hubladebühnen Messung der Neige-, Schließ- und Öffnungsgeschwindigkeiten.

  8. 8.

    Elektrische Messungen

  9. 9.

    Hydraulische und pneumatische Messungen

    • bei hydraulischen und pneumatischen Hebebühnen Bestimmung der Betriebsdrücke und des Ansprechdrucks der Druckbegrenzungsventile bei hydraulischen bzw. der Sicherheitsventile bei pneumatischen Hebebühnen.

  10. 10.

    Prüfung der ordnungsgemäßen Aufstellung

    • bei Hebebühnen, die mit Dübeln im Boden befestigt sind, Überprüfung der Dübelbefestigung, sofern diese ein tragendes Element hinsichtlich Festigkeit und Standsicherheit darstellt.

3.2.5 Nachweis der Prüfungen

3.2.5.1
Gemäß der Maschinenrichtlinie muss der Hersteller oder sein Bevollmächtigter, um die Übereinstimmung der Hebebühne mit den Bestimmungen der Maschinenrichtlinie sowie weiterer zutreffender Richtlinien zu bescheinigen, eine EG-Konformitätserklärung bzw. eine Erklärung für den Einbau einer unvollständigen Maschine nach Anhang IIAbschnitt 1 Buchstabe A bzw. Buchstabe B dieser Richtlinie ausstellen.

3.2.5.2
Verwendungsfertige Hebebühnen sind mit der CE-Kennzeichnung und ggf. Lärmkennzeichnung zu versehen.

3.2.5.3
Um die ordnungsgemäße Durchführung der wiederkehrenden Prüfungen zu gewährleisten, wird dem Hersteller empfohlen, ein Prüfbuch, z. B. "Prüfbuch für Hebebühnen" (DGUV Grundsatz 308-003), mitzuliefern.

Anmerkung: Das Prüfbuch muss kein reales Buch sein, EDV-Dateien sind ebenfalls zulässig.

Das Prüfbuch sollte enthalten:

  • EG-Konformitätserklärung, wenn zutreffend Erklärung für den Einbau von unvollständigen Maschinen,

  • gegebenenfalls Bescheinigung über die (EG-)Baumusterprüfung,

  • Stammblatt (Inhalt siehe Anhang 2),

  • Anlagen zum Prüfbuch (Inhalt siehe Anhang 3),

  • Werkszeugnis für Stahldrahtseile,

  • Werkszeugnis für Stahlgelenkketten,

  • Nachweis der Prüfung vor der ersten Inbetriebnahme,

  • Nachweis der Prüfung nach wesentlichen Änderungen,

  • Nachweis der regelmäßigen Prüfungen,

  • gegebenenfalls Nachweis weiterer freiwilliger Prüfungen.