Bringen Beschäftigte ein über den Arbeitgeber geleastes Jobrad zur alljährlichen Inspektion in eine Vertragswerkstatt, sind sie unfallversichert – auch außerhalb der Arbeitszeit. Das hat das Landessozialgerichtes (LSG) Baden-Württemberg entschieden.
Bei Jobrad-Modellen leasen Arbeitgeber Fahrräder und überlassen diese in Form einer Barlohnumwandlung ihren Angestellten. Diese dürfen die Räder für private Zwecke einschließlich des Arbeitsweges nutzen. Die eigenen Verpflichtungen gegenüber des Leasinggebers – wie regelmäßige Wartung – wird dabei auf den Beschäftigten übertragen. In diesem Zusammenhang musste das LSG Baden-Württemberg über den Unfallversicherungsschutz einer Arbeitnehmerin bei der Erfüllung einer dieser Verpflichtungen entscheiden.
Der Fall: Ein Arbeitgeber in Schwäbisch Gmünd hatte mit seiner Belegschaft ein Jobrad-Modell angeboten. In den Leasingverträgen mit dem Leasinggeber vereinbarte der Arbeitgeber zusätzlich eine besondere, alljährliche Wartung auf Kosten des Leasinggebers. Der Arbeitgeber verpflichtete teilnehmende Angestellte mit Überlassungsverträgen ausdrücklich, diese Jahreswartung durchführen zu lassen. Per E-Mail erinnerte das Unternehmen seine Beschäftigten an die Wartung und gab Werkstatt sowie Modalitäten zur Bezahlung der Wartung vor.
Eine Arbeitnehmerin, die das Jobrad-Modell nutzte, verunglückte nach Abholung des gewarteten Rades auf dem Weg von der Werkstatt nach Hause, als ein haltendes Auto die Fahrertür öffnete. Sie zog sich erhebliche Verletzungen am linken Knie zu. Die Berufsgenossenschaft erkannte keinen Arbeitsunfall an, weil es sich bei der Abholung des Rades um eine privatnützige Tätigkeit gehandelt habe.
Die Entscheidung: Das Sozialgericht (SG) Ulm teilte die Auffassung der Berufsgenossenschaft und wies die Klage ab. Das LSG Baden-Württemberg urteilte schließlich anders (Urteil vom 21.10.2021 – Az.: L 1 U 779/21). Die Richter stellten fest, dass der Unfall ein Arbeitsunfall war. Grundsätzlich sei die Nutzung eines Jobrades zwar privatnützig. Aber die besondere Jahreswartung stelle ausnahmsweise eine betriebsbezogene Verrichtung dar. Zumindest handele es sich mindestens um eine Verrichtung mit »gemischter Motivationslage«, bei der der Betriebsbezug die privaten Interessen des Beschäftigten überwiege. Mit der jährlichen Wartung habe der Arbeitgeber freiwillig eine zusätzliche Pflicht übernommen, die er durch vorformulierte Klauseln auf teilnehmende Angestellte übertragen hat. Auch wenn die Wartung außerhalb der regulären Arbeitszeit stattfand, sieht das Gericht einen Betriebsbezug. Dieser ergebe sich aus der E-Mail des Arbeitgebers, in der er zur Wartung aufforderte – mit konkreten Vorgaben zur Wartung und den Vereinbarungen über die Kostenübernahme.
Die Revision zum Bundessozialgericht (BSG) in Kassel ist zugelassen.
Quelle/Text: LSG Baden-Württemberg / Redaktion arbeitssicherheit.de (SL)
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