Fachbeitrag  Gefahrstoffe  

Europäische Kommission will »Ewigkeits-Chemikalien« verbieten

EU-Kommission will "Ewigkeits-Chemikalien" verbieten
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Fast jeder hat nahezu täglich Umgang mit ihnen. Sie begleiten uns, insbesondere im Arbeitsschutz auch in Gestalt von wasser-, öl- und schmutzabweisender Sicherheitsbekleidung. Ihr Nachteil: Sie sind in der Umwelt kaum abbaubar. Einige von ihnen reichern sich in der Umwelt und in Organismen an und wirken zudem gesundheitsschädigend. Die Rede ist von per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen, abgekürzt: »PFAS«. Die EU-Kommission bereitet derzeit ein Verbot dieser Substanzen vor. Der Widerstand der chemischen Industrie und der Hersteller verschiedenster Plastikartikel ist erwartungsgemäß schon vorprogrammiert. 

Was verbirgt sich hinter dem Kürzel »PFAS«? 

Den naturwissenschaftlichen Kontext erläuterte das Umwelt-Bundesamt (UBA) in einer Presseverlautbarung vom 28.Januar 2022 wie folgt: 

Nach der Perfluoroktansulfonsäure (PFOS) und der Perfluoroktansäure (PFOA) sind auch die Herstellung, die Verwendung und das Inverkehrbringen von perfluorierten Carbonsäuren mit 9-14 Kohlenstoffatomen (englisch abgekürzt: C9-C14-PFCA) in der Europäischen Union nach den Regularien von REACH beschränkt.  

Diese Beschränkung umfasst auch die Salze der C9-C14-PFCA sowie Stoffe, die zu diesen Carbonsäuren abgebaut oder umgebaut werden, sogenannte Vorläuferverbindungen.  

Werden C9-C14-PFCA, ihre Salze oder Vorläuferverbindungen als Bestandteil eines anderen Stoffs, in einem Gemisch oder Erzeugnis eingesetzt, gelten seit dem 25. Februar 2023 Grenzwerte von 25 ppb für C9-C14-PFCA und ihre Salze sowie 260 ppb für ihre Vorläuferverbindungen. 

Gibt es Ausnahmen? 

Laut UBA gelten für verschiedene Anwendungen, wie sie zum Beispiel in Arbeitsschutztextilien, in Medizinprodukten, in Halbleitern oder in Feuerlöschschäumen anzutreffen sind, längere Übergangsfristen.  

Detaillierte Informationen hierzu finden sich in der EU-Verordnung 2021/1297 vom 4. August 2021 sowie in der REACH-Verordnung, Anhang XVII Eintrag 68. 

Was macht diese Stoffe so gefährlich? 

Auch wenn viele Unternehmen der chemischen und der Plastik herstellenden Industrie bereits auf Alternativen umgestellt haben, können auch diese Alternativstoffe gefährlich sein, warnt das UBA. Durch die Mobilität dieser Stoffe können sie leicht Gewässer verunreinigen und sich über den Wasserkreislauf rasch in der Umwelt und schließlich über die Nahrungskette auch im menschlichen Organismus verteilen. 

Was passiert jetzt? 

Wie die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) in ihrem Pressedienst vom 7. Februar 2023 mitteilt, hat die für diesen Themenbereich zuständige Europäische Chemikalienagentur (ECHA) mit Sitz in Helsinki taggleich den Vorschlag für ein Verbot der Herstellung, der Verwendung und des Inverkehrbringens (einschließlich der Einfuhr) von mindestens 10.000 Per- und Polyfluoralkylsubstanzen (PFAS) veröffentlicht. 

Das vorgeschlagene Verbot wurde im Rahmen von REACH, der EU-Chemikalienverordnung von Behörden aus Deutschland, Dänemark, Schweden, den Niederlanden und dem Nicht-EU-Mitgliedsland Norwegen entwickelt. Ziel des Verbots ist es, die Freisetzung von PFAS in die Umwelt drastisch zu verringern. 

Wie soll es dann weitergehen? 

Am 22. März 2023 hat eine sechsmonatige Phase der öffentlichen Konsultation begonnen. Während dieses Zeitraums können interessierte Parteien, also vornehmlich die schon benannten Industriezweige, zusätzliche Informationen einreichen, um etwa die Aufnahme weiterer Ausnahmen in den Beschränkungsvorschlag der ECHA zu begründen.  

Die wissenschaftlichen Ausschüsse der ECHA sollen anschließend die bis dahin eingegangenen Informationen bei der Erstellung ihrer Stellungnahme berücksichtigen und bewerten. 

Was steht am Ende des Verfahrens? 

Voraussichtlich 2025 (zur Erinnerung: die nächsten Wahlen zum Europäischen Parlament finden im Mai 2024 statt) kann mit einer Entscheidung der dann ebenfalls neu bestellten EU-Kommission gerechnet werden.  

Sollte der PFAS-Beschränkungsvorschlag angenommen werden, wäre dies nach Einschätzung der BAuA eines der umfangreichsten Verbote chemischer Stoffe seit dem Inkrafttreten der REACH-Verordnung im Jahr 2007.  

Die Gefahren, die derzeit bereits vom Plastikmüll in Flüssen und Meeren ausgehen, könnten mithin in der Zukunft erheblich reduziert werden. 

Quelle/Text: Dr. jur. Kurt Kreizberg

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Über den Autor

Dr. jur. Kurt Kreizberg
Rechtsanwalt in Solingen
seit 2013: Lehrbeauftragter für Arbeits- und Sozialrecht an der FOM Essen
seit 2016: Autor des Loseblatt-Kommentars (Carl Heymanns Verlag)
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