Ob Schwerhörigkeit bei Orchestermusikern oder dauerhaft »taube« Hände bei Beschäftigten im Straßenbau - Lärm- und Vibrationsbelastungen am Arbeitsplatz können schwerwiegende Folgen bis hin zur Berufsunfähigkeit haben. Für einen Musiker etwa bedeutet es das Ende seiner beruflichen Laufbahn, wenn er bestimmte Frequenzen nicht mehr wahrnehmen kann, weil sein Gehör irreparabel geschädigt ist. Und ein Straßen-Bauarbeiter, der nicht mehr richtig zupacken kann, weil er unter Nervenschäden durch die Arbeit mit dem Presslufthammer leidet, muss umschulen
Arbeitsbedingten Gesundheitsschäden wie diesen gilt es so weit wie möglich vorzubeugen: Arbeitgeber sind aufgrund der »Verordnung zum Schutz der Beschäftigten vor Gefährdungen durch Lärm und Vibrationen« (kurz: Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung - LärmVibrationsArbSchV) verpflichtet, den Mitarbeitern zur Durchführung der Arbeitsaufgaben geeignete Geräte und Maschinen an die Hand zu geben. Zudem müssen sie dafür sorgen, dass die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten nicht gefährdet wird. Mit der Verordnung haben die Arbeitgeber verbindliche Aussagen erhalten, ab wann und wie Gesundheitsgefährdungen durch Lärm- und Vibrationseinwirkung in der Gefährdungsbeurteilung zu berücksichtigen sind.
Die rechtliche Grundlage des Lärm- und Vibrationsschutzes
1. Die Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung
Mit der Verordnung zum Schutz der Beschäftigten vor Gefährdungen durch Lärm und Vibrationen (kurz: LärmVibrationsArbSchV) vom 6.3.2007 hat der Gesetzgeber die EU-Arbeitsschutzrichtlinien über die Mindestvorschriften zum Schutz von Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer vor der Gefährdung durch physikalische Einwirkungen (Vibrationen - 2002/44/EG und Lärm - 2003/10/EG) in nationales Recht umgesetzt.
2. Die Internationale Übereinkunft C148
Gleichzeitig umgesetzt wurde zudem das „Übereinkommen über den Schutz der Arbeitnehmer gegen Berufsgefahren infolge von Luftverunreinigung, Lärm und Vibrationen an den Arbeitsplätzen (C 148)" der Internationalen Arbeitsorganisation (International Labour Organization - ILO), einer Sonderorganisation der Vereinten Nationen mit Sitz in Genf. Das Übereinkommen ist im Juli 1979 in Kraft getreten und wurde nach Angaben der ILO im November 1993 von Deutschland ratifiziert.
Auswirkungen andauernder Vibrationsbelastungen
Wirken Vibrationen über viele Jahre mit hoher Intensität ungeschützt auf den menschlichen Körper ein, zum Beispiel über die Fahrersitze mobiler Arbeitsmaschinen, wie Baustellen-Lastkraftwagen, land- und forstwirtschaftliche Schlepper, Forstmaschinen im Gelände, Erdbaumaschinen, Gabelstapler auf unebenen Fahrbahnen, kann dies zu chronischen Wirbelsäulenschäden führen. Vibrationseinwirkungen über handgeführte Arbeitsmaschinen, wie Presslufthammer oder Verdichter, können degenerative Knochen- und Gelenkschäden der oberen Extremitäten oder Durchblutungs- und Nervenschäden der Finger und Hände zur Folge haben.
Typische Symptome für akute Wirkungen von Hand-Arm-Schwingungen sind ein Taubheitsgefühl und Kribbeln bis Stechen in den Fingern, bleiche Finger und Verlust des Temperaturempfindens, schmerzende Durchblutungsstörungen, ausgelöst durch Kälte oder Feuchtigkeit, ein eingeschränkter Tastsinn, feinmotorische Leistungsbeeinträchtigung, Schmerzen in der Hand, dem Handgelenk oder auch Ellenbogen- und Schultergelenk sowie Nachlassen der Greifkraft. Diese Wirkungen treten zunächst nur direkt bei der Tätigkeit mit den Handmaschinen auf.
Auswirkungen dauerhafter Lärmbelastung
In die Gruppe der häufigsten Berufskrankheiten gehört zudem die arbeitsplatzbedingte Lärmschwerhörigkeit. Etwa vier Millionen Personen arbeiten in Bereichen, in denen gehörschädigender Lärm auftreten kann. Trotz Vorbeugung und technischem Fortschritt ist die lärmbedingte Schwerhörigkeit die am häufigsten anerkannte Berufskrankheit. Jährlich werden etwa 10.000 auf Lärm zurückführende Berufskrankheiten angezeigt. Rund die Hälfte wird von den gesetzlichen Unfallversicherungsträgern anerkannt. Diese wiederum führen zu 400 neuen Rentenzahlungen, die letztlich vom Arbeitgeber über die Mitgliedsbeiträge an die gesetzlichen Unfallversicherungsträger (Berufsgenossenschaft, Unfallkasse) finanziert werden. Die jährlichen Rentenzahlungen der gewerblichen Berufsgenossenschaften beziffern sich auf weit über 150 Mio. Euro im Jahr, teilt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales mit.
Umsetzung des Lärm- und Vibrationsschutzes im Betrieb
Die Arbeitgeber sind verpflichtet, die Gefährdungsbeurteilung nach der LärmVibrationsArbSchV durchzuführen und zu dokumentieren, wobei deren Anforderungen über die allgemeinen Festlegungen des ArbSchG hinausgehen. So sind bereits ab dem ersten Betroffenen, neben den möglichen und tatsächlichen Gefährdungen, die abgeleiteten Maßnahmen zur Vermeidung oder Minimierung der Gefährdung nach jeder relevanten Änderung der Arbeitsbedingungen, die dafür Verantwortlichen und gegebenenfalls die Umsetzungstermine anzugeben.
Vonseiten des Arbeitgebers sind die betroffenen Beschäftigten nicht nur zu unterrichten und zu unterweisen, sondern es sind ihnen auch arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen anzubieten, wenn bei Lärm die unteren Auslösewerte und bei Vibrationen die Auslösewerte überschritten werden. Erreichen die Lärmexpositionen die oberen Auslösewerte oder die mechanischen Schwingungen die Expositionsgrenzwerte, dann sind arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen Pflicht. Diese dürfen nur durchgeführt werden von einem Facharzt für Arbeitsmedizin oder einem Arzt, der die Zusatzbezeichnung »Betriebsmedizin« führt und der über die erforderliche Ausrüstung und die Fachkenntnis zur Früherkennung arbeitsbedingter Gesundheitsschäden verfügt.
Autor: Hans T. RosariusBei dem Beitrag handelt es sich um einen Auszug des im arbeitssicherheit.journal 3.10 erschienenen umfangreicheren Artikels. Sie interessiert der ganze Artikel? Hier in der Bibliothek anmelden und weiterlesen >>
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