Der Wechsel zu einem neuen Arbeitgeber ist, soviel darf zum juristischen Allgemeingut gerechnet werden, insofern immer risikobehaftet, als man dort nicht mehr auf den in vielen Berufsjahren im alten Unternehmen erworbenen, oft langjährigen Kündigungsschutz bauen darf, sondern erst einmal die Probezeit mit kurzer Kündigungsfrist überstehen muss.
Weniger bekannt ist, dass der gesetzliche Schutz bereits gravierende Lücken hat, noch bevor es überhaupt zum Arbeitgeberwechsel kommt – etwa bei einem Eignungstest für eine Anstellung im öffentlichen Dienst mit besonderen Anforderungen, wie sie zum Beispiel bei Feuerwehren und Rettungsdiensten üblich sind.
Ausgangsfälle
In den vergangenen Jahren hatten sich zum einen ein 27-jähriger Arbeitnehmer aus der Privatwirtschaft bei einer Berufsfeuerwehr in Nordrhein-Westfalen für die Aufnahme in ein Beamtenverhältnis beworben und dafür einen Einstellungs- und Eignungstest mit Sportprüfung absolviert, bei der er sich jedoch eine gravierende Schulterverletzung zuzog.
Schon einige Jahre zuvor hatte sich ein damals 35-jähriger Industrieschlosser für eine Stelle im Polizeivollzugsdienst des Landes Schleswig-Holstein beworben. Auch er hatte sich im Rahmen des Bewerbungsverfahrens einer Sportprüfung unterziehen müssen, bei der er sich einen Bruch des Mittelfußknochens zuzog.
Zwei Fälle, zwei Bundesländer, aber nur eine im Ergebnis stets gleiche Rechtslage.
Entscheidungen der Sozialgerichtsbarkeit
In beiden – fast anderthalb Jahrzehnte auseinanderliegenden Fällen – haben sowohl die jeweiligen Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein, als auch die anschließend angerufenen Sozialgerichte, die aus Arbeitnehmersicht naheliegende Frage, ob es sich bei den Verletzungen bei Sporttests zwecks Aufnahme in das Beamtenverhältnis von Polizei und Feuerwehr um Arbeitsunfälle im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung handele unisono verneint (Landessozialgericht Schleswig-Holstein vom 24.11.2008 – L 8 U 69/07 – und Sozialgericht Düsseldorf vom 05.02.2021 – S 14 U 1125/19-).
Rechtslage
Die für die verunglückten Bewerber jeweils enttäuschenden Urteile haben ihren systematischen Ursprung darin, dass die Unfallversicherungen für die Beschäftigten in der Privatwirtschaft (Berufsgenossenschaften) und die Unfallkassen der öffentlichen Hand, bildlich gesprochen, zwei in sich geschlossene Regelkreise darstellen, bei denen derjenige, der von einem (Privatwirtschaft) ins andere (Öffentlicher Dienst) System wechseln will, im juristischen Niemandsland steht.
So sichert zwar § 2 Abs. 1 Nr. 3 SGB VII solchen Personen den gesetzlichen Unfallversicherungsschutz zu, die sich Untersuchungen, Prüfungen oder ähnlichen Maßnahmen unterziehen, aber eben nur im Bereich der Privatwirtschaft.
Für Beamte, Richter und Soldaten gilt das SGB VII nicht, somit erst recht nicht für Personen, die Beamte etc. werden wollen.
Des Weiteren ist der einschlägigen Rechtsprechung zu entnehmen, dass Bewerbungen aus der Privatwirtschaft heraus in den öffentlichen Dienst der eigenwirtschaftlichen und damit letztlich der unversicherten Lebenssphäre des jeweiligen Stellenbewerbers zuzuordnen seien.
Auch wird an den betreffenden Stellen darauf hingewiesen, dass die gesetzliche Unfallversicherung nach dem SGB VII keinen Auffangtatbestand für Fälle vorhalte, in denen die öffentliche Hand Unfallversicherungsschutz versage.
Kurz und knapp: Die Unfallversicherung der öffentlichen Hand tritt nur für Beamte etc. ein und nicht für solche, die es erst noch werden wollen. Wer beim Sprung vom einen ins andere System verunfallt, erleidet keinen Arbeitsunfall im Sinne der geltenden Rechtsordnung. Er landet vielmehr zwischen »Baum und Borke«.
Lösung
Eine Lösung dieses ausgesprochen misslichen Problems könnte sich durch den Abschluss einer privaten Haftpflichtversicherung lösen lassen, die aber oftmals die Gewährung von Leistungen an bestimmte Vorversicherungszeiten bindet. Letztlich wird der Gesetzgeber aufgerufen sein, eine Regelung zu schaffen, die bei Fällen wie den vorstehend beschriebenen, zu gesellschaftlich befriedigenden Ergebnissen führt.
Quelle/Text: Dr. jur. Kurt Kreizberg
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