Fachbeitrag  Arbeitssicherheit, Erste Hilfe, PSA  

Rettung bei Arbeitsunfällen: Der Erste-Hilfe-Kasten genügt nicht

An schwer zugänglichen Arbeitsplätzen ist die Bergung Verunglückter eine besondere Herausforderung – vor allem, wenn aufgrund der Verletzungen ein besonders vorsichtiger Transport erforderlich ist. Faktoren wie Enge, Höhe, Dunkelheit oder austretende Gase bergen neue Gefahren. Rettungsübungen zeigen außerdem: In vielen Betrieben sind zwar geeignete technische Mittel für eine Bergung vorhanden, aber die Mitarbeiter wissen nicht, wie sie damit umgehen sollen.

 

Rettungsübung im Tiefkühllager

Was tun, wenn ein Mitarbeiter in 15 Meter Höhe bei minus 26 Grad Celsius eine verklemmte Palette richtet und dabei stürzt? Eine Großbäckerei aus Herne machte eine einschlägige Erfahrung: Thomas Real, Technischer Aufsichtsbeamter der BG Nahrungsmittel und Gaststätten (BGN) wollte sicherstellen, dass eine Rettung im Tiefkühllager des Betriebes problemlos abläuft. Dazu einer der Kollegen: »Wir haben nie richtig darüber nachgedacht, wie es sein würde, wenn tatsächlich mal einer von uns da oben abrutscht. Heute kann ich nur sagen: Zum Glück war noch nie was passiert. Die Regalfirma hatte uns zwar ein Rettungsgerät mitgeliefert, aber nicht erklärt, wie es funktioniert. Und von uns hat es auch keiner Mal ausprobiert oder damit geübt.« Seit das Team jeden Handgriff trainiert hat, ist es bestens auf den Ernstfall vorbereitet.

Geeignete Rettungsmittel bereitstellen

Laut BGV A5 »Erste Hilfe« muss der Unternehmer dafür sorgen, dass die erforderlichen Einrichtungen für die Rettung und Erste Hilfe zur Verfügung stehen. Dazu zählen neben Meldeeinrichtungen, Sanitätsräumen und Erste-Hilfe-Material auch Rettungsgeräte und Rettungstransportmittel. Außerdem müssen sachkundige Beschäftigte vor Ort sein, die im Umgang mit den Geräten geschult wurden. Dies gilt vor allem, wenn dabei besondere Kenntnisse erforderlich sind. Für die Rettung aus großen Höhen und Tiefen sind wiederholt Übungen abzuhalten.

Bei der Unterweisung berücksichtigen

Im Rahmen der betrieblichen Unterweisungen über Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz müssen Unternehmer auch über die Handhabung der vorhandenen Rettungsmittel informieren – vor der ersten Benutzung und nach Bedarf, mindestens jedoch einmal jährlich So verlangen es das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) und die BGV A1 „Grundsätze der Prävention».
Dabei muss der Arbeitgeber unter anderem auf die besonderen Anforderungen bei der Verwendung der einzelnen Ausrüstungsteile eingehen. Er ist verpflichtet, die bestimmungsgemäße Benutzung, die ordnungsgemäße Aufbewahrung und das Erkennen von Schäden zu erklären. Vorgeschrieben sind außerdem praktische Übungen mit der jeweiligen Ausrüstung.

Problematiken bei Rettungsmitteln kennen

Unterwiesene Mitarbeiter handeln sicherer und werden im Notfall gelassener reagieren, als Personen, die erst noch eine Gebrauchsanweisung studieren müssen. Außerdem kann die unüberlegte Verwendung einiger Rettungsmittel böse Folgen haben: Wenn zum Beispiel ein Mensch bewegungslos in einem Auffanggurt hängt, kann das Hängetrauma eintreten, ein potenziell lebensbedrohlicher Schockzustand. Laien unterschätzen dieses Phänomen häufig oder wissen gar nichts davon.

Nach dem Sturz in den Auffanggurt muss der Betroffene möglichst schnell aus der freihängenden Position befreit werden. »Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der öffentliche Rettungsdienst meist nicht über Einrichtungen und Personal für die Höhenrettung verfügt. Für eine schnelle Rettung muss deshalb der Unternehmer in der Regel selbst für Einrichtungen und Sachmittel sowie fachkundiges Personal zum Retten hängender/aufgefangener Personen sorgen«, erklärt der Fachausschuss »Erste Hilfe« der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung in einer Publikation zu diesem Thema.

Unterstützung von Profis

Im Idealfall sind speziell ausgebildete Rettungsprofis verfügbar. So mussten bei einem Unfall auf einer Großbaustelle in Münster, bei dem ein Bauarbeiter in die Tiefe stürzte und sich schwer verletzte, Höhenretter der Berufsfeuerwehr hinzugezogen werden. Mit einer speziellen Schleifkorbtrage, die an einem Baukran fixiert wurde, konnten Patient und Retter per Kranfahrt zum elf Meter höher stehenden Rettungswagen transportiert werden.

Doch selbst wenn es meist nur wenige Minuten dauert, bis professionelle Hilfe eintrifft: Je mehr die Ersthelfer tun können, desto größer sind oft die Chancen für den Verunglückten. Es spart wertvolle Zeit, wenn sie schon eine Bergung in die Wege leiten oder zumindest vorbereiten konnten.

Patentierte Lösung für enge Einstiege

Dampfbeheizte Zylinder in Papiermaschinen sowie Dampfkessel in Kraftwerken sind Behälter, die von Sachverständigen im Inneren untersucht werden müssen. Ein Einsteigen in diese Behälter kann aber auch im Rahmen von Instandhaltungs- oder Umbauarbeiten erforderlich sein. Für die beteiligten Personen besteht bei jedem Einstieg eine potenzielle Gefährdung: Wer in Behältnissen bei engsten Platzverhältnissen arbeiten muss, trägt ein hohes Risiko. Bei einem Arbeitsunfall ist die Rettung durch die kleinen Einstiegsöffnungen schwierig und zeitintensiv. Dabei zählt gerade jetzt oft jede Minute.

Der Druckmaschinenhersteller Voith hat sich dieser Problematik angenommen und zur Erhöhung der Arbeitssicherheit die Rettungsschale ProSafe entwickelt. Das speziell für den Einsatz unter besonders beengten Verhältnissen konzipierte Gerät ermöglicht die schnelle Rettung und den Abtransport verunglückter Personen - auch durch kleinste Einstiegsöffnungen und über steile Leitern und Treppen. Ihre besonderen Merkmale sind die schmale Breite in Ausführung von 370 und 390 Millimetern und die kurze variable Länge von 1200 bis 2000 Millimeter. Das patentierte Produkt ist TÜV-geprüft und wird von der Berufsgenossenschaft Papier mit Blick auf die Bestimmungen aus § 25(3) der BGV A1 „Grundsätze der Prävention" empfohlen.

Die Rettungsschale wurde ursprünglich für die Papierindustrie konzipiert, unter anderem für Einsätze in Trockenzylindern von Papier- und Kartonmaschinen oder Flotationszellen in der Altpapieraufbereitung. Sie kann aber überall dort verwendet werden, wo eine Rettung von Personen aus Behältern mit kleinen seitlichen Einstiegsöffnungen erforderlich sein kann, etwa bei Dampfkesseln oder Wärmetauschern. Nach Angaben des Herstellers hat sie sich deshalb auch in vielen anderen Industrien bewährt, wie beispielsweise in Schiffsbau, Bergbau, chemischer Industrie, Nahrungs- und Getränkeindustrie sowie der Kraftwerkstechnik.

Fazit: Die Möglichkeiten optimieren

Der Erste-Hilfe-Kasten an der Wand genügt nicht: Jeder Betrieb muss über die Notfallausrüstung verfügen, die zu den örtlichen Gegebenheiten passt. Vor allem bei schwer zugänglichen Arbeitsplätzen kommt Transportmitteln eine besondere Bedeutung zu. Sie entscheiden häufig über Leben, Tod und Folgeschäden.

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