Mit der Neuregelung erfährt das Mutterschutzrecht eine Ergänzung. Dabei geht es insbesondere um ergänzende Regelungen zur Gefährdungsbeurteilung. Ein Überblick.
Seit dem Inkrafttreten des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) im August 1996 kommt der Gefährdungsbeurteilung neben der Dokumentation von Gefährdungen und dazu getroffener Maßnahmen eine ebenso zentrale Rolle im betrieblichen Arbeitsschutz zu wie der Unterweisung und Unterrichtung der Beschäftigten.
Zahlreiche, dem ArbSchG nachgeordneten Arbeitsschutzverordnungen und auch technische Regeln haben diese Pflicht zur Gefährdungsbeurteilung themenspezifisch noch weiter ausdifferenziert. Den jüngsten Beitrag zu dieser Reihe bildet nunmehr die vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) auf der Basis von § 30 Mutterschutzgesetz bekannt gemachte Regel zur Gefährdungsbeurteilung (nachzulesen im Gemeinsamen Ministerialblatt (GMBl.) Nr. 39/2023 vom 8. August 2023, S. 818 ff.).
Ergänzende Regelungen zur Gefährdungsbeurteilung
Mit der aktuellen Neuregelung erfahren das Mutterschutzrecht wie auch das System der Gefährdungsbeurteilungen eine weitere Ergänzung, die »naturgemäß« auf die besonderen Rahmenbedingungen schwangerer Frauen und stillender Mütter zugeschnitten ist.
Die neue Regel firmiert nach einer vom Ministerium am 14. November 2023 im GMBl. Nr. 48/2023, S. 1052 bekannt gemachten Korrektur nicht mehr unter der Kurzbezeichnung: AfMu-Regel (MuSchR) »Gefährdungsbeurteilung« Nummer 10.1.23 sondern unter MuSchR Nummer 10.1.01, 2023. AfMu steht für Ausschuss für Mutterschutz.
Die AfMu–Regel »Gefährdungsbeurteilung« im Einzelnen
Dem Aufbau der Arbeitsstätten-Regeln (ASR) folgend, gliedert sich auch die AfMu-Regel in
- Zielsetzung,
- Begriffsbestimmungen,
- Verantwortung und allgemeine Grundpflichten zur Durchführung der mutterschutzrechtlichen Gefährdungsbeurteilung,
- Durchführung der mutterschutzrechtlichen Gefährdungsbeurteilung,
- Information und Unterweisung sowie
- Dokumentation.
Daraus wird bereits erkennbar, dass die neue Regel in ihrer Reichweite weit über den Rahmen des § 5 ArbSchG hinausgeht, wenn auch Unterweisung (§ 12 ArbSchG) und Dokumentation (§ 6 ArbSchG) mit abgedeckt werden.
Begriffsbestimmungen
In alphabetischer Reihenfolge umfasst das Kapitel 2 »Begriffsbestimmungen« die Definitionen zu den wesentlichen Elementen:
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Ärztliches Beschäftigungsverbot (Punkt 2.7)
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Betriebliches Beschäftigungsverbot (Punkt 2.6)
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Fachkunde (Punkt 2.5)
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Gefährdung (Punkt 2.1)
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Gefährdungsbeurteilung (Punkt 2.3)
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Unverantwortbare Gefährdung (Punkt 2.2)
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Stand der Technik (Punkt 2.4)
Sämtliche Definitionen richten sich an einschlägigen Vorbildern im bereits geltenden Recht aus. Dies gilt insbesondere auch für den aus § 9 Abs. 2 MuSchG abgeleiteten Maßstab der »unverantwortbaren Gefährdung«, der von dort wortgetreu übernommen wurde.
Durchführung der mutterschutzrechtlichen Gefährdungsbeurteilung
Zentrales Element ist die mutterschutzrechtliche Gefährdungsbeurteilung unter Punkt 4, die unter Punkt 2.3 lediglich mit der Überschrift »Gefährdungsbeurteilung« versehen, de facto aber bereits dort Sinn und Zweck einer mit dem Adjektiv »mutterschutzrechtlich« versehenen Gefährdungsbeurteilung darstellt.
Die Durchführung dieser besonderen Form der Gefährdungsbeurteilung vollzieht sich in zwei Stufen, deren Inhalte im Detail festgelegt sind in den Punkten:
1. Stufe
-
4.1 Festlegung von Arbeitsbereichen und Tätigkeiten
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4.2 Ermittlung von mutterschutzrelevanten Gefährdungen
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4.3 Beurteilung der mutterschutzrelevanten Gefährdungen
-
4.4 Ermittlung der Notwendigkeit zur Festlegung von erforderlichen Schutzmaßnahmen
2. Stufe
- 4.5 Festlegung und Durchführung von Schutzmaßnahmen und Gesprächsangebot
Zum besseren Verständnis der gesamten Abläufe hat der AfMu dem Wortlaut der neuen Regel im Anhang ein Schema angefügt, das die Abläufe noch einmal bildhaft darstellt.
Schema zum Ablauf der mutterschutzrechtlichen Gefährdungsbeurteilung bei Vorliegen einer unverantwortbaren Gefährdung