Fachbeitrag  Arbeitssicherheit  

Koordinatoren behalten den Überblick

Das Thema beschäftigt fast alle Branchen. Rund 90 Prozent der deutschen Unternehmen fordern externe Firmen für Spezialarbeiten an. Nach Statistiken der Berufsgenossenschaften verunfallen Mitarbeiter von Fremdfirmen im Durchschnitt dreimal häufiger als eigenes Personal.

Andere Firmen - andere Risiken

Problematisch ist der Einsatz auf unbekanntem Terrain: Während Mitarbeiter von Fremdfirmen mit den Arbeitsplätzen und Risiken auf dem eigenen Betriebsgelände vertraut sind, kann die gleiche Tätigkeit bei einem anderen Unternehmen auch mit ganz anderen Gefahren verbunden sein. Das kommt besonders zum Tragen, wenn beispielsweise kleinere Baufirmen oder Handwerksbetriebe auf dem Werksgelände großer Konzerne tätig werden, wo oft viele Gewerke nebeneinander operieren.

Mit dieser Problematik setzt man sich auch bei der TESIUM GmbH täglich auseinander. Das Unternehmen, als selbstständige Tochter der Symrise GmbH & Co. KG unter anderem für die Planung und Instandhaltung von Chemie- und Produktionsanlagen zuständig, ist selbst ein Experte in Sachen Arbeitssicherheit: Consulting-Leistungen für Sicherheitsmanagement, ? Umwelt- und Arbeitsschutz gehören zum Portfolio.

Kategorien von Fremdfirmen

Tesium beschäftigt derzeit 220 Mitarbeiter, die bei Bedarf auch durch externes Personal ergänzt werden. »Während unsere eigenen Mitarbeiter für Wartungsarbeiten und Reparaturen vor allem bei Anlagen unserer Muttergesellschaft verantwortlich sind, kommen bei Neuanlagen in der Regel auch Fremdfirmen zum Einsatz«, sagt Dr. Joachim Kochta, Leiter Sicherheit und Planung. Das habe den Vorteil, dass Auftragsspitzen mit zusätzlichen Fremdhandwerkern abgedeckt werden können.

Bei den Fremdfirmen unterscheiden viele Unternehmen grundsätzlich zwei Kategorien: Einerseits die »festen« Werksvertragsfirmen, die immer mit einem eigenen Stützpunkt auf dem Firmengelände vertreten sind oder regelmäßig beauftragt werden. Bei Tesium trifft dies zurzeit für etwa 40 bis 50 Mitarbeiter zu, die verschiedene Gewerke ausüben, etwa Rohrleitungsbau, Isolier- und Bauarbeiten. »Diese Mitarbeiter sind natürlich ganz anders im Unternehmen eingebunden als eine Firma von draußen, die man für einen Einzelauftrag beauftragt«, erklärt Hans Dick, leitende Fachkraft für Arbeitssicherheit. Das Unternehmen hat eine strikte Philosophie mit entsprechenden Maßnahmen auch für die Fremdfirmen entwickelt, die nur gelegentlich auf dem Werksgelände tätig werden, um eine umfassende Sicherheit zu gewährleisten.

Medien unterstützen die Unterweisung

»Die Arbeitssicherheit fängt schon an, bevor die Mitarbeiter ihren Spind zugewiesen bekommen«, betont Sicherheitsexperte Dick. »Sie müssen das vorgeschriebene Prozedere schon vor der Auftragserteilung verinnerlichen«. Deshalb erhält jede Partnerfirma eine Broschüre, in der die relevanten Sicherheitsvorschriften aufgeführt sind, die sie auf dem Gelände einzuhalten hat. Dazu gehören neben den Sicherheits- und Ordnungsvorschriften auch Hygienemaßnahmen, da in vielen Betrieben von Symrise Produkte für die Lebensmittelindustrie und Kosmetik hergestellt werden.

Wenn eine Firma den Zuschlag von Tesium erhalten hat, bekommen ihre Mitarbeiter vor dem ersten Einsatz noch einmal die wichtigsten Sicherheitsregeln in einem Video gezeigt. Die Fachkräfte für Arbeitssicherheit sorgen für die erforderliche Unterweisung der Fremdfirmen, wobei davon ausgegangen wird, dass das Personal mit den tätigkeitsbezogenen Gefahren an sich vertraut ist. »Es wäre schlimm, wenn man einer Fachfirma noch die Grundsätze der Arbeitsicherheit beibringen müsste, die der dort ausgeübte Beruf mit sich bringt«, sagt Dick.

Koordination ist alles

Nach der allgemeinen Sicherheitsunterweisung durch die jeweilige FaSi kommt eine Person ins Spiel, die bei Tesium dafür sorgt, dass jede Fremdfirma auf sichere Weise an ihrem Platz arbeiten kann, ohne mit anderen Firmen zu kollidieren: Ein Fremdfirmenkoordinator ist für die Einweisung der externen Mitarbeiter vor Ort zuständig. Das gilt für alle Gewerke, egal, ob es sich um Technische Zeichner, Elektromitarbeiter oder Schlosser handelt. »Bei der Menge an fremdem Personal, das hier ein und ausgeht, hat Koordination höchste Priorität. Jede Partnerfirma muss sich vor Aufnahme ihrer Tätigkeit bei dem Koordinator melden, der für sie zuständig ist«, sagt Dick.

Speziell für die Gewerke Metall, Elektrotechnik und Bau beschäftigt Tesium eigene Fremdfirmenkoordinatoren. Sie haben ihre Qualifikation durch entsprechende Aus- und Weiterbildung erlangt, etwa durch Seminare zum Koordinator, wie sie der TÜV und die Berufsgenossenschaften anbieten.

Zur Fremdfirmenkoordination gehört auch die Beauftragung, Beaufsichtigung und Abrechnung der Arbeiten. »Der Koordinator ist in Koordinations- und Sicherheitsfragen weisungsbefugt. Wenn sicherheitsrelevante Probleme auftreten, spricht er die zuständige Fachkraft für Arbeitssicherheit an, damit wir zusammen eine Lösung finden können«, ergänzt Dick.

Tätigkeiten aufeinander abstimmen

Dass Koordination ein wesentlicher Schlüssel für die Lösung der Fremdfirmen-Problematik ist, kann auch sein Kollege Peter Asche, als FaSi zuständig für den Bereich der chemischen Produktionen, bestätigen. »Wo verschiedenste Gewerke aufeinanderprallen, müssen alle Tätigkeiten aufeinander abgestimmt sein. Sonst steigt das Unfallrisiko«. Ein typischer Fall von Koordination am Bau sei zum Beispiel, dass bei Fassadenarbeiten nicht zugleich Tiefbauarbeiten in dem Bereich erfolgen dürfen, weil herabfallendes Material die Kollegen im Kellerschacht gefährden könnte. Bestimmte Kombinationen von Tätigkeiten erfordern auch zusätzliche Persönliche Schutzausrüstung, das betrifft unter anderem Arbeiten im Ex-Bereich oder in Behältern und Gruben. Bei Tesium gibt es klare Vorgaben. »Es dürfen zum Beispiel nicht verschiedene Gewerke ohne aufeinander abgestimmte Sicherheitsvorkehrungen durchgeführt werden«, sagt Asche.

Wenn Fremdfirmen sich quer stellen

Was aber passiert, wenn eine Partnerfirma ganz andere Vorstellungen bezüglich der Arbeitssicherheit mitbringt? »Wo Gesundheit und Sicherheit auf dem Spiel stehen, ist kein Raum für Kompromisse. Die Vorschriften, die auf unserem Gelände gelten, müssen eingehalten werden. In Bereichen mit Helmtragepflicht setzen eben Fremdfirmen wie Besucher einen Helm auf«, fügt Dr. Kochta hinzu. Bei geringfügigen Verstößen werde eine Ermahnung ausgesprochen. Es sei aber auch schon vorgekommen, dass Mitarbeiter ihre Sachen packen und das Werk verlassen mussten, ? etwa Vertreter eine Fremdfirma, die einen Lösemitteltank partout ohne Atemschutz von innen reinigen wollten. Auch alkoholisierte Fremdfirmenmitarbeiter schickt Tesium konsequent nach Hause. »Aber das sind Einzelfälle. Eher kommt es vor, dass eine Tätigkeit vorübergehend eingestellt wird und wir sagen: Bitte besorgt euch erst einmal die erforderliche PSA«.

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Christine Lendt

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