Fachbeitrag  Arbeitssicherheit  

ILO-Abkommen regelt Arbeitsschutz in der Landwirtschaft

Arbeitsschutz in der Landwirtschaft
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Ein Abkommen liefert Impulse für den landwirtschaftlichen Arbeitsschutz – und sorgt für gesetzliche Neuregelungen. Was genau ändert sich beim Arbeitsschutz in der Landwirtschaft? 

Wenn in jüngster Zeit in den Medien über die Landwirtschaft berichtet wurde, standen zumeist die steuerliche Subventionierung des in großen Mengen verbrauchten Dieseltreibstoffs, die umweltorientierten Vorgaben der europäischen Gülle-Verordnung, die Verwendung von Glyphosat bei Düngung und Aussaat sowie zuletzt Trecker-Demos vor dem Bundeskanzleramt und am Brandenburger Tor im Vordergrund.  

Einen neuen Impuls für den landwirtschaftlichen Arbeitsschutz in Deutschland soll nun die Umsetzung eines Abkommens der in Genf ansässigen Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) setzen. 

Unfallstatistik der Landwirtschaft 

Die Unfallstatistik der Landwirtschaft ist, wie die in Kassel ansässige Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) im Juli 2022 mitteilt, eher gemischt.  

Zwar war in 2021 die Zahl der Arbeits- und Wegeunfälle in der »Grünen Branche« erneut zurückgegangen. Gleichzeitig stieg jedoch die Zahl der tödlichen Unfälle um rund 10 Prozent. Die Zahl der Unfalltoten lag in 2021 bei 125, in 2020 waren es 113. Diese Negativentwicklung geht, wie den Erhebungen der SVLFG zu entnehmen ist, auf eine überdurchschnittlich negative Bilanz im Bereich »Großtierhaltung« zurück, wo binnen eines Jahres die Zahl tödlicher Unfälle um 25 Prozent anstieg (von 20 auf 25 Fälle). 

Geplante Gesetzgebung 

Unter der formellen Überschrift »Gesetz zu dem Übereinkommen Nr. 184 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) vom 21. Juni 2001 über den Arbeitsschutz in der Landwirtschaft« hat die Bundesregierung am 5. Juli 2023 ein Rechtssetzungsverfahren auf den Weg gebracht, das seinen Ursprung in einer seit mehreren Jahrzehnten schon bestehenden Übereinkunft hat. 

Das zugrunde liegende ILO-Übereinkommen Nr. 184 ist das erste internationale Instrument seiner Art, das umfassende Mindeststandards für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Landwirtschaft festlegt.  

Die bevorstehende Neuerung gibt Gelegenheit, sich einmal mit Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit in der »Grünen Branche« zu beschäftigen. 

Kernpunkte der gesetzlichen Neuregelung 

Das ILO-Übereinkommen Nr. 184 vom 21. Juni 2001, das im Maßstab eins zu eins in das neue Gesetz einfließt, ist das erste internationale Instrument, das umfassende Mindeststandards in Bezug auf die Sicherheit und den Gesundheitsschutz für Beschäftigte in der Landwirtschaft enthält. 

Das Übereinkommen (und damit auch das Gesetz) trifft besondere Regelungen zum Schutz von Zeit- und Saisonarbeitskräften, hinsichtlich junger Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Kontext mit gefährlicher Arbeit in der Landwirtschaft sowie zu besonderen Bedürfnissen von Arbeitnehmerinnen in Bezug auf den Mutterschutz. 

Neben Präventions- und Schutzmaßnahmen in Bezug auf den Arbeitsschutz (Sicherheit von Maschinen, Chemikalienmanagement, Bau und Instandhaltung landwirtschaftlicher Anlagen) enthält das Übereinkommen – gleich Gesetz – auch Regelungen zur Arbeitszeit sowie hinsichtlich der Einrichtung eines Systems der sozialen Sicherheit für den Fall von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten von Beschäftigten in der Landwirtschaft sowie Mindestanforderungen an Unterkünfte. 

Wie die Bundesregierung in den Erläuterungen zu ihrem Gesetzentwurf weiter mitteilt, sind im Rahmen der Ratifikation des Übereinkommens keine Ergänzungen des innerstaatlichen Rechts erforderlich. Das Gesetz gliedert sich wie auch das Übereinkommen Nr. 184 in vier Kapitel mit insgesamt 29 einzelnen Artikeln wie folgt: 

Die beiden Schwerpunkt-Kapitel III und IV lassen sich dabei unterscheiden nach sachbezogenen Kriterien und nach Personen bezogenen Maßnahmen, wie die abschließende Tabelle belegen mag:

Vorläufige Bewertung  

Auch wenn die Bundesregierung der Auffassung ist, dass sich aus dem Übereinkommen kein Handlungsbedarf für den nationalen Gesetzgeber ableite, zeigen die Entwicklungen der vergangenen fünf Jahre in Deutschland einen faktischen Handlungsbedarf im Arbeitsschutzvollzug. Die zum Beginn der Corona-Krise bekannt gewordenen Zustände bei der Unterbringung osteuropäischer Vertragsarbeiter in der westfälischen Schlachtindustrie sprechen dazu eine ebenso deutliche Sprache wie die nicht hinnehmbare Entwicklung tödlicher Unfälle in einem Wirtschaftsbereich mit nicht einmal mehr eine Million Beschäftigten. 

Quelle/Text: Dr. jur. Kurt Kreizberg

Arbeitsschutzkontrollgesetz: Lesen Sie auch »Die Mindestbesichtigungsquote bleibt das Ziel« >>

Über den Autor

Dr. jur. Kurt Kreizberg
Rechtsanwalt in Solingen
seit 2013: Lehrbeauftragter für Arbeits- und Sozialrecht an der FOM Essen
seit 2016: Autor des Loseblatt-Kommentars (Carl Heymanns Verlag)
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