Bei einer sogenannten »Workation« kombinieren Beschäftigte Arbeit mit Urlaub. Sie gehen ihrer Tätigkeit zeitweise aus der Ferne nach. Was erlauben die rechtlichen Rahmenbedingungen?
Von der Tourismusbranche wird er in den höchsten Tönen gepriesen: der Urlaub als die schönsten Wochen des Jahres. Der Arbeitgeber hat nach § 7 Absatz 2, letzter Satz des Bundesurlaubsgesetzes (BUrlG) darauf zu achten, dass seine Beschäftigten mindestens zwei Wochen Urlaub am Stück nehmen können, um sich durchgängig zu erholen. Zudem hat sich, auch forciert durch die Corona-Pandemie mit ihren Mobilitätseinschränkungen und Reiserestriktionen, neben dem Homeoffice eine weitere Form der betriebsfernen Berufstätigkeit etabliert: die »Workation«.
Der Begriff
Der Begriff »Workation« ist ein Kunstbegriff, abgeleitet aus den englischen Wortelementen »Work« (Arbeit) und »Vacation« (Urlaub).
Ungeachtet der Tatsache, dass ein Arbeitnehmer im Urlaub grundsätzlich nicht verpflichtet ist, Festnetzanrufe oder Handy-Telefonate seines Arbeitgebers anzunehmen, selbst wenn er im Display dessen Verbindungsdaten erkennt, oder gar auf E-Mails zu reagieren, möchten Beschäftigte dennoch, vielfach aus eigener Motivation, im Urlaub ein wenig arbeiten. Zumindest wenn ihnen danach zumute ist, insbesondere, wenn ein Tag mit starkem Wind und Regen geplanten Freiluft-Aktivitäten entgegensteht.
Auch die Möglichkeit, fernab der betrieblichen Hektik mal die »Seele baumeln zu lassen«, um kurz darauf eine zündende Idee, die dabei entstand, zu verschriftlichen, ist bei diesem Mix aus Arbeit und Urlaub denkbar und möglich.
Immerhin ein Viertel der jüngeren Beschäftigten (18 bis 24 Jahre) und im Durchschnitt jeder achte deutsche Arbeitnehmer kann sich, laut einer repräsentativen Umfrage des Versicherungsmanagers CLARK mit YouGov aus dem Mai 2022, einen solchen Mix für sich persönlich vorstellen.
Rechtliche Rahmenbedingungen
- Arbeitsrecht
Wer schon vor Urlaubsbeginn eine »Workation« plant und neben T-Shirt und Tourenkarten auch sein Tablet im Urlaubsgepäck verstauen will, ist gut beraten, mit dem Arbeitgeber entsprechendes zu vereinbaren, zumal »Workation“ auf Kreta nicht das Gleiche ist wie Homeoffice in Krefeld!
In einschlägigen Internetportalen wird zudem die Beantragung einer sogenannte A-1-Bescheinigung empfohlen, die – zumindest bei Urlaub innerhalb der Europäischen Union (EU) – neben der Fortgeltung des deutschen Arbeitsrechts auch die Bindung an die deutsche Sozialversicherung sicherstellt, was deutsche Arbeitgeber vor dem Zugriff der ausländischen Sozialversicherung genauso schützt, wie umgekehrt auch Leiharbeitnehmer aus der EU bei Tätigkeiten in Deutschland im Rahmen einer Entsendung im Verbund ihrer heimischen Sozialversicherung verbleiben.
Diese vom Arbeitgeber vorab zu beantragende A-1-Bescheinigung sollte der »Workation«-Tourist am Urlaubsort mitführen.
- Sozialversicherung
In puncto Sozialversicherung stehen die Dinge gut für deutsche Arbeitnehmer. Seit 2021 sehen die hiesigen Sozialversicherungsträger eine »Workation« als Entsendung an (also wie der Fall der hier tätigen Leiharbeitnehmern aus Osteuropa), womit gewährleistet ist, dass man auch während des Auslandsaufenthaltes innerhalb der EU sozialversichert ist.
Rechtsprobleme aus »Workation«, wie sie zuvor auftraten, gehören damit der Vergangenheit an.
Im Fall eines Falles, wenn man sich im EU-Ausland verletzt, muss der Beschäftigte über eine entsprechende Arbeitgeber-Bescheinigung glaubhaft machen, dass am Urlaubsort Pool und Computer eine Symbiose eingegangen sind und der frühmorgens schon mit dem Badehandtuch gesicherte Liegestuhl ein echter Arbeitsplatz war.
Da wiederum kann auch eine zuvor erlangte A-1-Bescheinigung als Indiz überaus dienlich sein. Die gesetzliche Unfallversicherung leistet nämlich nur, wenn es sich um einen Arbeitsunfall handelte. Auch in der gesetzlichen Krankenversicherung besteht bei Krankheit ein Anspruch auf die medizinisch notwendigen Leistungen.
- Zeitliche Grenzen
Kein Urlaub währt ewig. Diese bittere Wahrheit gilt, wenn auch großzügiger dimensioniert, für die »Workation«.
Damit insbesondere in der gesetzlichen Unfallversicherung die Work-Life-Balance nicht völlig aus dem Gleichgewicht gerät, muss der Anteil der im deutschen Inland übers Jahr hinweg verbrachten Arbeitszeit mindestens 25 Prozent betragen, was auf der Basis von üblicherweise 220 effektiven Arbeitstagen ein Volumen von 55 Tagen (gleich elf komplette Arbeitswochen) im Rahmen einer 5-Tage-Woche ausmacht.
- Besonderheiten außerhalb der EU
Vor dem Hintergrund der lediglich innerhalb der EU rechtlich gesicherten Arbeitnehmer-Freizügigkeit gilt es im Nicht-EU-Ausland noch die Notwendigkeit von Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigungen zu beachten.
Derart mit Dokumenten ausgestattet, ist es dann aber letztlich gleich, ob man auf Hawaii im betrieblichen Internet oder auf dem Wellenkamm am Strand surft.
Quelle/Text: Dr. jur. Kurt Kreizberg
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