DGUV Information 208-051 - Gefahren beim Öffnen und Entladen von Frachtcontainern

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Abschnitt 4.3 - 4.3 Gesundheitsgefahren

4.3.1 Begasungsmittel

Um die Verschleppung von Organismen beim Im- und Export von Gütern zu verhindern, werden bestimmte beladene Frachtcontainer entweder begast oder das Ladegut und die zur Ladungssicherung oder Verpackung verwendeten Hölzer werden hitzebehandelt. Hinweise auf eine Begasung und die Möglichkeit des Auftretens von Begasungsmitteln geben:

  • Beförderungspapiere

    (Frachtbrief, ATLAS-Anmeldung, Speditionsauftrag, Dokumentation von Begasungen, Hinweise auf entrichtete Begasungsgebühren oder Kosten für Freigabemessungen, Freigabebescheinigung)

  • Kennzeichnung des Frachtcontainers (kann beschädigt oder veraltet sein)

  • Außen oder innen abgeklebte Lüftungsschlitze am Frachtcontainer (Klebestreifen auch aus durchsichtigem Material!), verklebte Gummidichtungen der Türen, Schläuche in den Containeröffnungen

Begasungsmittel: siehe Anhang 3 "Gefahrstoffinformationen".

Auch wenn keine Hinweise auf eine Begasung oder das Auftreten von Industriechemikalien vorliegen, können gesundheitsgefährliche Gase und Dämpfe und eine Atemwegsbelastung beim Öffnen von Frachtcontainern nicht ausgeschlossen werden. Zweifel lassen sich durch eine Gefahrstoffmessung ausräumen. Gefahrstoffmessungen erfordern eine spezielle Fachkunde und eine geeignete messtechnische Ausstattung. Eine für alle denkbaren Gefahrstoff-Belastungssituationen bei Frachtcontainern geeignete Messtechnik steht nicht zur Verfügung (Anhang 6, "Messtechnische Überprüfung von Frachtcontainern").

Mit dem Geruchssinn lassen sich bestimmte Gase und Dämpfe wahrnehmen. Wer beim Öffnen eines Containers einen unangenehmen Geruch verspürt - z. B. Geruch nach faulen Eiern, stechenden Geruch oder Benzingeruch - muss Atemschutzmaßnahmen ergreifen.

Aber Achtung: Der Geruchssinn ist kein geeignetes Warnsystem vor Gesundheitsgefahren. Dies gilt, weil z. B.

  • nicht alle Stoffe mit dem Geruchssinn wahrnehmbar sind.

  • Geruchsschwellen, ab denen ein Geruch wahrgenommen wird, zu hoch sein können.

Viele Stoffe wie z. B. Methylbromid (Brommethan) und Sulfuryldifluorid sind entweder geruchlos oder werden im gefährdenden Konzentrationsbereich nicht wahrgenommen. So kann, trotz des Fehlens von Gerüchen, eine Gefährdung vorliegen.

Weitere Hinweise auf eine mögliche Begasung, die erst nach dem Öffnen erkennbar werden, liefern im Frachtcontainer befindliche Reste von Verpackungen für Begasungsmittel wie Tütchen/Beutel mit Granulat oder Pulver oder entleerte Druckgaspackungen (fremdsprachige Hinweise auf Gas, besondere Symbolik). Bei der Beseitigung solcher Verpackungsreste sind Vorkehrungen gegen Hautkontakt mit Substanzen zu treffen, z. B. durch Einsatz von Werkzeugen oder Tragen geeigneter Schutzhandschuhe.

Auch von im Exportland bereits als belüftet gekennzeichneten Frachtcontainern können noch Gefahren ausgehen, denn Ladegut und Verpackungen können nachgasen. Das Ausgasen einzeln in Folien verpackten Ladeguts kann trotz Belüftung mehrere Tage dauern. Auch das Nachgasen/Ausgasen beim Auspacken/Kommissionieren im Lager/am Arbeitsplatz ist möglich (Beschwerden von Beschäftigten sind z. B. Kopfschmerzen, Reizungen, Übelkeit).

Auch bei ausschließlicher Verwendung von Harthölzern oder thermisch behandelten Verpackungshölzern kann nicht sicher davon ausgegangen werden, dass keine Begasung erfolgt ist. Thermisch behandeltes Holz (ISPM-15 Stempel) bedeutet keine dauerhafte Sicherheit. Wiederverwendete thermisch behandelte Paletten können deshalb begast sein.

4.3.1.1 Maßnahmen beim Öffnen begaster Frachtcontainer

Die Vorgehensweise beim Öffnen begaster Frachtcontainer ist in Nr. 5.4.3 der TRGS 512 "Begasungen" beschrieben. Es ist nicht gestattet, begaste Frachtcontainer ohne Freigabebescheinigung zu öffnen oder zu betreten. Es besteht Lebensgefahr!

4.3.1.1.1 Begasungsmittel vorhanden

Hat die Gefährdungsbeurteilung durch Prüfung der Frachtpapiere, Sichtprüfung oder auch eine Gefahrstoffmessung ergeben, dass ein mit Begasungsmitteln belasteter Frachtcontainer vorliegt, sind zum Schutz der Beschäftigten und anderer Personen folgende Maßnahmen zu ergreifen:

  • Es ist ein Gefahrenbereich um die zu öffnende Containertür festzulegen und zu kennzeichnen.

  • Der Frachtcontainer darf nur unter Verwendung geeigneten Atemschutzes (siehe Tabelle 1 Anhang 3) geöffnet werden und ist zu belüften. Die Belüftungsdauer wird durch einen Sachkundigen nach TRGS 512 Nr. 4.3 festgelegt.

  • Nach Ablauf der Belüftungsphase ist vor der Freigabe zur Entladung sicherzustellen (Freimessung nach TRGS 512 Nr. 13.3), dass eine ggf. vorliegende Begasungsmittelrestkonzentration die Gesundheit der Beschäftigten nicht beeinträchtigt.

  • Wird ein mit Begasungsmitteln behandelter Frachtcontainer nach einer Freigabe nicht unmittelbar entladen, sondern wieder verschlossen, verliert die Freigabebescheinigung ihre Gültigkeit spätestens nach 24 Stunden.

  • Lässt sich aufgrund der Art des Ladegutes und seiner Stauung die Gefahrstoffkonzentration nicht durch Lüftung auf gesundheitlich unbedenkliche Werte senken, muss die Entladung unter geeignetem Atemschutz (s. Tabelle 1 in Anhang 3) vorgenommen werden. Das Ladegut muss in geöffneter Verpackung in geeigneten und gegen unbefugtes Betreten gesicherten Hallen so lange belüftet werden, bis die Beurteilungsmaßstäbe (Tabelle 1 in Anhang 2) unterschritten sind.

4.3.1.1.2 Begasungsmittel-Verdacht

Ein Verdacht auf das Vorhandensein von Begasungsmitteln in gesundheitsgefährlicher Konzentration kann sich auch erst beim Öffnen eines Frachtcontainers ergeben.

Hinweise auf eine Begasung können sein

  • außen oder innen verklebte Lüftungsschlitze,

  • Reste von Begasungsmitteln (z. B. Pulver, Beutel /s. Abbildung 3, Dosen, sog. Plates, Folien, Schläuche) oder

  • Gerüche, Reizungen, Übelkeit.

Der Frachtcontainer ist wieder zu verschließen und gegen unbefugtes Öffnen zu sichern. Die verantwortliche Person ist zu informieren; sie hat geeignete Maßnahmen wie bei begasten Frachtcontainern festzulegen.

Der Verdacht auf vorhandene Begasungsmittel lässt sich ggf. durch messtechnische Überprüfung bestätigen. Im Zweifelsfall ist wie mit begasten Frachtcontainern zu verfahren.

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Abb. 3
Beutel mit Begasungsmittelrückstand

4.3.2 Industriechemikalien

In der Luft von Frachtcontainern werden häufig weitere gasförmige Chemikalien in gelegentlich auch gesundheitlich bedenklicher Konzentration nachgewiesen, die überwiegend aus dem Ladegut ausdünsten. Welche Stoffe zu erwarten sind, hängt entscheidend vom Ladegut und seiner Verpackung ab. Nachgewiesen wurden u.a. Ammoniak, Benzol, Butadiene, 1,2-Dichlorethan, Kohlenstoffdioxid, Styrol, Schwefelwasserstoff, Toluol, Xylole, Aldehyde, Ester und Ketone.

Es ist von außen nicht erkennbar, ob ein Frachtcontainer mit Industriechemikalien belastet ist; hierfür besteht keine Kennzeichnungspflicht! Neben einer Gefahrstoffmessung ist zum Erkennen einer Belastung in erster Linie an Erfahrungen mit vergleichbarem Ladegut zu denken. Mögliche Emittenten sind insbesondere Anstriche, Kunststoffe, mit Schmierstoffen oder Korrosionsschutzmitteln behandeltes Ladegut.

Vor dem Öffnen und Entladen eines Frachtcontainers ist deshalb im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung nicht nur auf eine mögliche Belastung mit Begasungsmitteln, sondern auch auf eine Belastung mit Industriechemikalien zu achten. Dazu sollten folgende Fragen abgeprüft werden:

  • Handelt es sich um Ladegut, das potenziell mit Industriechemikalien belastet sein kann?

  • Ist auf dem Betriebsgelände in der Vergangenheit bereits identisches oder vergleichbares Ladegut eingetroffen?

  • Liegen Erfahrungen mit diesem Ladegut vor und wo können diese abgerufen werden?

  • Welche Schutzmaßnahmen wurden bei seiner Entladung ergriffen?

  • Stehen geeignete Messgeräte zur Verfügung oder ist eine fachliche Unterstützung für Messungen anzufordern?

4.3.2.1 Maßnahmen bei Vorhandensein von Industriechemikalien

Hat die Gefährdungsbeurteilung ergeben, dass ein mit Gasen und Dämpfen von Industriechemikalien belasteter Frachtcontainer vorliegt, sind zum Schutz der Beschäftigten und anderer Personen Maßnahmen in Anlehnung an die Vorgehensweise bei einer Belastung mit Begasungsmitteln zu ergreifen. Dies betrifft insbesondere die Festlegung eines Gefahrenbereichs, die Lüftung und das Tragen von Atemschutz. Vor dem Entladen soll durch Belüften sichergestellt sein, dass die Belastungen unterhalb der Beurteilungsmaßstäbe nach Anhang 3 Tabelle 2 liegen (siehe auch TRGS 512, Anlage 4, Tab. 2).

Bei Industriechemikalien entfallen Freigabebescheinigungen und der Sachkundenachweis gemäß TRGS 512.

4.3.3 Emissionen aus Naturprodukten

In der Luft von Frachtcontainern können auch gasförmige Chemikalien aus Naturprodukten in gelegentlich gesundheitlich bedenklicher Konzentration auftreten. Diese Stoffe sind in der Regel bereits unterhalb der üblichen Bestimmungsgrenzen und damit in sehr geringen Konzentrationen riechbar. Diese Geruchsstoffe stammen häufig aus ätherischen Ölen, Aroma- und Gewürzstoffen. Hierbei handelt es sich um leichtflüchtige organisch-chemische Substanzen natürlichen Ursprungs, die aus dem Ladegut in die Containerluft ausdünsten.

Tierische und pflanzliche Produkte können bei Zersetzung zu gefährlichen Konzentrationen von Gasen wie Schwefelwasserstoff oder Kohlenstoffdioxid führen.

Vor dem Öffnen und Entladen eines Frachtcontainers ist deshalb im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung auch auf eine mögliche Belastung durch Ausdünstungen von Naturprodukten zu achten. Dazu sollten folgende Fragen abgeprüft werden:

  • Ist auf dem Betriebsgelände in der Vergangenheit bereits identisches oder vergleichbares Ladegut eingetroffen?

  • Liegen Erfahrungen mit diesem Ladegut vor und wo können diese abgerufen werden?

  • Welche Schutzmaßnahmen wurden bei seiner Entladung ergriffen?

  • Stehen geeignete Messgeräte zur Verfügung oder ist eine fachliche Unterstützung für Messungen anzufordern?

4.3.3.1 Maßnahmen bei Vorhandensein von Emissionen aus Naturprodukten

Hat die Gefährdungsbeurteilung ergeben, dass ein mit Emissionen aus Naturprodukten belasteter Frachtcontainer vorliegt, sind zum Schutz der Beschäftigten und anderer Personen Maßnahmen in Anlehnung an die Vorgehensweise bei einer Belastung mit Begasungsmitteln zu ergreifen. Dies betrifft insbesondere die Festlegung eines Gefahrenbereichs, die Lüftung und das Tragen von Atemschutz. Vor dem Entladen soll durch Belüften sichergestellt sein, dass keine Gefährdungen durch Emissionen aus Naturprodukten auftreten.

Bei Emissionen aus Naturprodukten entfallen Freigabebescheinigungen oder der Sachkundenachweis gemäß TRGS 512.

4.3.4 Biologische Gefährdungen

Begasung und Hitzebehandlung töten die meisten Organismen ab, nicht aber Pilzsporen. Daher können sich während des Transports bei unzureichend getrockneten Hölzern und Materialien oder aber auch nach Eindringen von Wasser in den Frachtcontainer geeignete Lebensbedingungen u. a. für Schimmelpilze ergeben.

Schimmelpilze besiedeln unter bestimmten Bedingungen rasch das in den Frachtcontainern verwendete Holz und bilden Myzel und Sporen auf der Holzoberfläche. Ein fädiger oder watteartiger, i.d.R. weißer Bewuchs auf der Materialoberfläche, deutet auf einen Schimmelpilzbefall hin. Dabei handelt es sich um Pilzfäden (Hyphen) oder Pilzgeflecht (Myzel). Pilzsporen sind i.d.R. gefärbt, die befallenen Stellen sind dann z. B. mit einem grauen, grünen oder schwarzen, samtig aussehenden Belag überzogen.

4.3.4.1 Maßnahmen bei Auftreten von Schimmelpilzen

Die wichtigste Maßnahme zum Schutz vor mit Schimmelpilzen belastetem Ladegut in Frachtcontainern ist die Vermeidung von Feuchtigkeit. Deshalb sollten insbesondere die Lieferanten dazu angehalten werden, durch die Verwendung trockenen Holzes für Verpackung und Transportsicherung einen Pilzbefall zu vermeiden.

Wird beim Öffnen und Entladen von Frachtcontainern Schimmelpilzbefall festgestellt, ist zu ermitteln, wie mit dem belasteten Inhalt weiter verfahren werden kann. Darunter fällt auch die Prüfung der Verkehrsfähigkeit der Ware. Es sind Schutzmaßnahmen zu ergreifen, die die Aufnahme über die Atemwege, die Haut und auch über Nahrungsmittel verhindern.

Eine Übersicht der Maßnahmen zum Schutz vor Schimmelpilzbelastungen enthält Anhang 7.