DGUV Information 208-050 - Notfallmanagement beim Umschlag und innerbetrieblichen Transport von Gefahrgütern und gefährlichen Stoffen Eine Planungshilfe für Betriebe

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Abschnitt 5.2 - 5.2 Ermittlung

5.2.1 Produktaustritt erkennen und melden

Ein unbeabsichtigtes Austreten aus einem Gebinde kann z. B. vorkommen durch dessen Beschädigung während

  • des Transportes auf Fahrzeugen und Ladungsträgern, z. B. wegen mangelhafter Ladungssicherung, wegen schadhafter Ladungsträger (hervorstehende Nägel oder Ähnliches),

  • des Be- und Entladens, z. B. durch Flurförderzeuge,

  • des innerbetrieblichen Transportes, z. B. durch Herabfallen eines Gebindes.

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Abb. 2
Beschädigung eines Gebindes durch die Gabelzinken eines Flurförderzeuges

Anzeichen für ein mögliches Austreten können z. B. sein:

  • Ein Gebinde wird beim Umschlag angestoßen oder es fällt herab.

  • Es befindet sich eine unbekannte Verkrustung, Anhaftung, Flüssigkeit, Pulver oder Granulat am oder in unmittelbarer Nähe zum Gebinde.

  • Ein ungewöhnlicher Geruch wird wahrgenommen.

  • Eine Durchfeuchtung unbekannter Ursache einer Umverpackung wird festgestellt.

Wird der Austritt eines Produktes aus einem Gebinde vermutet oder festgestellt (sehen - riechen - hören), ist dies, sofern betrieblich nicht anders geregelt, sofort an die Notfallmanagerin bzw. den Notfallmanager zu melden, auch wenn keine Kennzeichnung hinsichtlich gefährlicher Stoffe und Güter zu erkennen ist.

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Abb. 3
Durchfeuchtung unbekannter Ursache einer Umverpackung

5.2.2 Erstmaßnahmen

Wichtig: Eigenschutz beachten!
Einatmen von und Hautkontakt zu den austretenden Produkten vermeiden!

Eigenmächtige Maßnahmen am Gebinde, die zu einem Kontakt führen (Kontaminationsgefahr), den Produktaustritt erhöhen oder das Produkt weiter verteilen (Kontaminationsverschleppung), dürfen weder von der Person, die einen Produktaustritt erkennt, noch von anderen Anwesenden vorgenommen werden.

Beispiele für Erstmaßnahmen sind:

  • Die Person, die den Produktaustritt erkennt, muss Anwesende in der unmittelbaren Umgebung warnen.

  • Der unmittelbare Austrittsbereich/Gefahrenbereich ist von allen unbefugten Anwesenden zu verlassen.

  • Den Gegenstand, durch den ein Gebinde beschädigt wurde, z. B. Gabelzinken von Staplern, andere Ladungsteile, nicht aus dem Gebinde entfernen.

  • Beschädigtes, ungesichertes Gebinde weder von Hand noch mit Flurförderzeugen transportieren.

  • Verteilung von ausgetretenem Produkt durch Personen, Flurförderzeuge oder Förderanlagen vermeiden: Pfützen von ausgetretenem Produkt weder betreten noch durchfahren, Förderanlagen sofort stillsetzen.

  • Bei staubförmigen Produkten Aufwirbelung vermeiden, z. B. Absperren, damit nicht am ausgetretenen Produkt vorbei- oder durchgefahren wird.

  • Wenn möglich, eine weithin sichtbare Kennzeichnung des Austrittsbereiches vornehmen, z. B. Flagge, Warnschild am Hubmast eines Gabelstaplers.

5.2.3 Erkundung

Sollte der Inhalt der Erstmeldung nicht ausreichen, um weitere Entscheidungen zur Abarbeitung des Notfalls richtig treffen zu können, muss die Notfallmanagerin bzw. der Notfallmanager zusätzliche Erkundungen durchführen oder durch eine Notfallhelferin oder einen Notfallhelfer veranlassen. Bei der Erkundung müssen persönliche Schutzausrüstungen, z. B. Schutzhandschuhe, Gesichtsschutz, Atemschutz, benutzt werden. Die Auswahl richtet sich nach dem möglicherweise ausgetretenen Produkt (siehe Gefährdungsbeurteilung und Inhalt der Erstmeldung). Aufgrund der Position oder Lage des Gebindes können die Kennzeichnungen so verdeckt sein, dass die Freilegung nicht ohne einen weiteren Produktaustritt vorgenommen werden kann. Dann müssen andere Quellen zur Erkundung herangezogen werden, z. B. das Beförderungspapier.

Folgende Kennzeichnungen sind für die weitere Bewertung der Lage von Bedeutung:

  • Gefahrzettel geben Hinweise auf die Gefahrgutklasse (Abb. 4).

  • Über die UN-Nummer (Abb. 4) lassen sich weitere Details aus dem Teil 3 ADR, Kapitel 2, Tabelle A, Verzeichnis der gefährlichen Güter - umgangssprachlich oft als "Stoffliste" bezeichnet - entnehmen.

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Abb. 4
Gefahrgutrechtliche Kennzeichnung: Gefahrzettel und UN-Nummer Beispiel Methanol

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Abb. 5
Gefahrstoffrechtliche Kennzeichnung Beispiel Methanol

  • Gefahrenpiktogramme geben einen ersten, leicht erkennbaren Hinweis auf die Gefahren, die von einem Stoff ausgehen können (Abb. 5).

  • Das Signalwort (GEFAHR oder ACHTUNG) ermöglicht eine erste Einschätzung des Risikos (Abb. 5).

  • Die H- und P-Sätze beinhalten die konkreten Gefahren- und Sicherheitshinweise (Abb. 5).

Es ist zu empfehlen, eine individuell auf den Betrieb zugeschnittene Erkundungscheckliste zu erstellen. Die Fragen sollten sich durch Ankreuzen beantworten lassen. Auf einem z. B. umseitig abgebildeten Hallenplan können erkundende Notfallhelfer bzw. Nothelferinnen die Position des betroffenen Gebindes einzeichnen. Diese Dokumentation kann auch für Einsatzkräfte oder für spätere Nacharbeiten hilfreich sein.

Ein Beispiel einer Erkundungscheckliste befindet sich im Anhang 3.