DGUV Information 203-039 - Umgang mit Lichtwellenleiter-Kommunikations-Systemen (LWKS)

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Abschnitt 3.4 - 3.4 Besondere Schutzmaßnahmen

3.4.1
Empfehlungen zur Kennzeichnung der Arbeitsbereiche

Laserbereiche sind grundsätzlich entsprechend TROS Laserstrahlung zu kennzeichnen. Zusätzlich kann es empfehlenswert sein, die Arbeitsbereiche am Zugang mit den Hinweisen auf die entsprechenden Gefährdungsgrade zu kennzeichnen.

Beispiel für Gefährdungsgrad 1M:

ccc_1315_as_12.jpg

Anmerkung:

Bei der Kennzeichnung von Bereichen mit Gefährdungsgrad 1M darf zusätzlich das Laserwarnschild angebracht sein.

Beispiel für Gefährdungsgrad 3B:

ccc_1315_as_13.jpg
ccc_1315_as_14.jpg

Abb. 8
Sicherheitskennzeichnung der Arbeitsbereiche je nach Gefährdungsgrad und Zugang

3.4.2
Schutzmaßnahmen bei Brandgefahr

Im Laserbereich, besonders in Nähe der Faserendfläche, dürfen keine brennbaren und keine entzündlichen Stoffe gelagert werden.

Biegeradien von LWL sind so einzuhalten, damit aus dem Mantel keine Laserstrahlung austreten kann und es dadurch zu keinen Bränden kommen kann.

3.4.3
Schutzmaßnahmen bei Explosionsgefahr

Aufgrund der extremen Leistungsdichte am Strahlaustritt von LWLKS muss oberhalb der Werte der Tabelle 4 in entsprechenden Umgebungen unter Umständen mit Explosionsgefährdungen gerechnet werden.

Bei Einsatz in derartigen Umgebungen ist die Leistung und Leistungsdichte so zu begrenzen, dass sie die explosionsfähige Atmosphäre nicht entzünden kann. Genauere Informationen für den Explosionsschutz in Gas- oder Dampf-Luft-Atmosphären sind in der DIN EN 60079-28:2016-04 "Explosionsgefährdete Bereiche - Teil 28: Schutz von Geräten und Übertragungssystemen, die mit optischer Strahlung arbeiten" und in der DGUV Regel 113-001 "Explosionsschutz-Regeln (EX-RL)" zu finden.

Beispielsweise sind die folgenden Strahlungsleistungen nicht als Zündquelle anzusehen, wenn angenommen wird, dass die Strahlung an einem Festkörper vollkommen absorbiert und in eine Erwärmung umgesetzt wird und so eine heiße Oberfläche erzeugt wird. Die in nachstehender Tabelle genannten Werte sind grobe Vereinfachungen mit großem Sicherheitsabstand. Bei geringerer Absorption oder guter Wärmeableitung an die Umgebung oder aber auch bei fehlendem Absorber sind auch höhere Leistungen ohne Entzündungen möglich.

Tabelle 4
Strahlungsleistungen, die keine Zündquelle darstellen (Quelle: TRGS 723 "Gefährliche explosionsfähige Gemische - Vermeidung der Entzündung gefährlicher explosionsfähiger Gemische" - Ausgabe Juli 2019)

ExplosionsgruppeI und IIAIIAIIBIICIIC
TemperaturklasseT1 - T3T4T1 - T4T1 - T4T5 - T6
Leistung [mW]15035353515
Bestrahlungsstärke [mW/mm2] (bei Flächen < 400 mm2)20  a5555

Bei Flächen > 30 mm2 gilt der 5 mW/mm2-Grenzwert, wenn sich brennbares Material (z. B. Kohlenstaub) im Strahl befinden kann.

Anmerkung:

Vorstellbar in diesem Zusammenhang ist auch die Bildung eines explosionsfähigen Gemisches bei Benutzung alkoholischer Reinigungsmittel z. B. für das Säubern von Steckerstirnflächen. Das Gemisch selbst ist zwar für die LWLKS-Strahlung transparent, kann aber möglicherweise durch ein absorbierendes Staubkorn zur Explosion gebracht werden.

3.4.4
Betrachten und Prüfen von Strahlaustrittstellen

Das Betrachten der Steckerendflächen bei Arbeiten an LWLKS ist nur dann erlaubt, wenn folgenden Bedingungen alle eingehalten werden,

  • der betreffende Laser ist außer Betrieb (z. B. durch Ziehen der Baugruppe),

  • der betreffende Laser ist gegen Wiedereinschalten gesichert (z. B. durch ein Hinweisschild),

  • einwandfrei festgestellt wurde, dass Leistungsfreiheit herrscht (z. B. mit einem optischen Leistungsmessgerät). Die Messzeit muss größer sein als eine ggf. vorhandene zyklische Wiedereinschaltzeit nach ALV.

Gefährdung beim Betrachten der Strahlaustrittstellen durch optische Instrumente

Lupen und Mikroskope können die Gefährdung durch Laserstrahlung erhöhen, insbesondere im Fall von Laserstrahlung aus Glasfaserenden und Steckverbindern. Zwei Fälle sind zu unterscheiden:

Wellenlängen kleiner als 1400 nm:

Laserstrahlung dieser Wellenlängen kann die empfindliche Netzhaut des Auges schädigen. Ohne Lupe ist eine Fokussierung auf der Netzhaut möglich, allerdings kann man davon ausgehen, dass durch den genormten kürzesten Adaptionsabstand von 100 mm ein größerer Teil der Laserstrahlung nicht in die Pupille einfällt. Mit einer Lupe kann dagegen die gesamte divergente Strahlung aus einem Lichtwellenleiter eingefangen und auf der Netzhaut des Auges punktförmig fokussiert werden.

ccc_1315_as_15.jpg

Abb. 9
Im vorliegenden Beispiel im Wellenlängenbereich unter 1400 nm wird ohne Lupe nur ein kleiner Teil der von einer Glasfaser abgestrahlten Leistung auf der Netzhaut fokussiert, während mit Lupe die gesamte abgestrahlte Leistung punktförmig auf die Netzhaut fallen kann.

Wellenlängen größer als 1400 nm:

Für solche Wellenlängen ist das menschliche Auge nicht transparent, die Strahlung wird direkt auf der Hornhaut des Auges absorbiert. Eine Lupe kann im Wellenlängenbereich >1400 nm die Strahlung auf der Hornhaut punktförmig fokussieren und einen Hornhautschaden verursachen.

Bei der Verwendung von Mikroskopen muss man je nach Wellenlänge auch zwei Fälle betrachten. Im Wellenlängenbereich <1400 nm wird das Netzhautbild durch ein Mikroskop stark vergrößert - das bewirkt eine großflächigere und damit ungefährlichere Verteilung der Strahlungsleistung auf der Netzhaut. Im Wellenlängenbereich >1400 nm kann ein Mikroskop die Gefährdung ebenfalls nicht erhöhen, weil die durch eine Lupe erzeugte punktförmige Abbildung auf der Hornhaut schon den schlimmsten Fall darstellt.

Wenn für das LWLKS der Gefährdungsgrad 1 festgelegt ist, dann ist die Betrachtung des Faserendes mit optischen Instrumenten kurzzeitig ohne Augengefährdung möglich (siehe Anmerkung), weil optische Instrumente durch die Messbedingungen für den Gefährdungsgrad 1 nachgebildet werden.

Anmerkung:

In jedem Fall ist eine Gefährdungsbeurteilung bezüglich der direkten Gefährdung durch die Laserstrahlung nötig, unter anderem deshalb, weil die dem Gefährdungsgrad 1 zugrundeliegenden GZS-Grenzwerte nicht immer identisch mit den Expositionsgrenzwerten (EGW) sind. Es ist generell nicht ratsam, in ein Faserende mit dem Gefährdungsgrad 1 hineinzuschauen, ggf. kann es zu einer Blendung kommen.

Beim Gefährdungsgrad 1M ist eine Augengefährdung durch optische Instrumente wahrscheinlich, weil die Messbedingungen nur das menschliche Auge ohne optische Instrumente nachbilden. Durch die oben beschriebene Wirkung zum Beispiel von Lupen werden in diesem Fall die Expositionsgrenzwerte überschritten.

Ähnliches wie für die Gefährdungsgrade 1 und 1M gilt auch für die Gefährdungsgrade 2 und 2M im sichtbaren Wellenlängenbereich. Ab dem Gefährdungsgrad 3R sind Strahlaustritte aus Glasfasern in jedem Fall gefährlich.

Wenn optische Instrumente (z. B. zur Begutachtung von Spleißen oder Stecker-Stirnflächen) für Faserenden unter Last verwendet werden sollen, müssen diese speziell ausgewählt (d. h. mit geeigneten Schutzfiltern versehen) werden.

Beispielsweise könnten zur Beobachtung indirekte Video-Mikroskope verwendet werden.

ccc_1315_as_16.jpg

Abb. 10
Im Wellenlängenbereich >1400 nm dringt die Strahlung nicht ins Auge ein, sondern wird auf der Hornhaut absorbiert. Ohne Lupe wird die Hornhaut großflächig bestrahlt. Eine Lupe sorgt unter Umständen für eine punktförmige (heiße) Abbildung auf der Hornhaut.

3.4.5
Messungen an Lichtwellenleiterverteilern und technischen Einrichtungen

Von angeschlossenen Messgeräten geht bei bestimmungsgemäßer Verwendung keine Gefährdung aus. Besondere Schutzmaßnahmen sind nicht vorzusehen. Auch hier ist aus Sicherheitsgründen ein direktes Blicken in den Strahl (Stecker mit Kupplung am Ende der Messleitung) zu unterlassen.

Muss das Messgerät nicht bestimmungsgemäß, zum Beispiel offen, verwendet werden, dann sind eventuell zusätzliche Schutzmaßnahmen (z. B. Tragen von Laser-Schutzbrillen nach DGUV Information 203-042 "Auswahl und Benutzung von Laser-Schutzbrillen, Laser-Justierbrillen und Laser-Schutzabschirmungen") vorzusehen.

Beim Messen des optischen Leistungssignals an Lichtwellenleiterverteilern oder an den übertragungstechnischen Einrichtungen wird durch Auftrennen von Verbindungen des Lichtwellenleiterübertragungssystems die Laserleistungsverringerung aktiviert, sofern das geschlossene LWLKS Laser der Laserklasse 3R, 3B oder 4 enthält. Um sicherzustellen, dass auch im ungünstigsten Fall keine Personengefährdung auftritt, ist sofort nach dem Auftrennen der optische Leistungsmesser an der zu messenden Stelle anzuschließen oder das offene Ende mit der Schutzkappe zu versehen.

Ein Betrachten der Steckerendflächen unter Laserleistung (direkter Blick in den Strahl) ist zu unterlassen. Danach kann die manuelle Lasereinschaltung aktiviert werden. Während der bewussten manuellen Lasereinschaltung darf der optische Leistungspegelmesser nicht entfernt werden.

Nach Beendigung der Messungen muss die manuelle Lasereinschaltung deaktiviert werden und die Steckverbindungen sind wieder ordnungsgemäß zu schließen.

3.4.6
Spleißarbeiten am Kabel

Für die Spleißgeräte an sich sind keine besonderen Sicherheitsbestimmungen zu beachten, da diese Geräte ohne oder nur mit geringer Strahlungsleistung der Laserklasse 1 oder 2 arbeiten.

Bei Spleißarbeiten am Kabel sind die Fasern am Spleißtisch so zu positionieren, dass von einem evtl. austretenden Strahl keine Gefährdung ausgehen kann (Personengefährdung, Brandgefahr). Eine ausreichende Beleuchtung des Arbeitsplatzes ist sicher zu stellen.

Bei planbaren Spleißarbeiten an Kabelanlagen sind grundsätzlich die Übertragungssysteme beidseitig an den Lichtwellenleiterverteilern bzw. Lichtwellenleiter-Hauptverteilern aufzutrennen.

3.4.7
Servicearbeiten an vermieteten oder unbekannten LWLKS ("Dark Fibre")

Werden Arbeiten an unbekannten Fasern mit unbekanntem Gefährdungsgrad durchgeführt, so ist von der höchsten anzutreffenden Leistung auszugehen und die Schutzmaßnahmen sind für den Gefährdungsgrad 4 auszuwählen und anzuwenden.

Anmerkung:

In der Regel muss im oben beschriebenen Fall im abgeschalteten Zustand gearbeitet werden.

3.4.8
Verwendung von Laser-Schutzbrillen

Grundsätzlich kommen persönliche Schutzmaßnahmen erst dann in Betracht, wenn weder durch technische noch durch organisatorische Maßnahmen die EGW eingehalten werden können.

Beim Arbeiten mit unbekannten, mit Laserenergie betriebenen LWLKS mit Verbindungsstücken und optischen Schnittstellen sind dafür geeignete Laser-Schutzbrillen zu tragen.

Im Telekommunikationsbereich beispielsweise sind in der Regel Laser-Schutzbrillen der Schutzstufe LB 3 (zwischen 900 nm und 2000 nm) bzw. LB 2 (zwischen 700 nm und 900 nm) ausreichend. Bei Laser-Schutzbrillen ist der Einsatzzweck zu berücksichtigen. Laser-Schutzbrillen zum Schutz der Augen sind nur für die kurzzeitige bzw. unbeabsichtigte Bestrahlung mit einer bestimmten Wellenlänge gedacht. Eine solche Laser-Schutzbrille schützt vor der direkten Laserstrahlung gemäß DIN EN 207:2017-05 "Persönlicher Augenschutz - Filter und Augenschutzgeräte gegen Laserstrahlung (Laserschutzbrillen)" maximal 5 s.

Entsprechend der PSA-Verordnung (EU) 2016/425 können die Hersteller von PSA eine maximale Nutzungsdauer bzw. ein Verfallsdatum für die PSA bestimmen und anbringen. Dies ist bei der Verwendung von Laser-Schutzbrillen und Laser-Justierbrillen zu beachten. Weiteres zur Auswahl und Benutzung von Laser-Schutzbrillen und Laser-Justierbrillen ist in der DGUV Information 203-042 "Auswahl und Benutzung von Laser-Schutzbrillen, Laser-Justierbrillen und Laser-Schutzabschirmungen" zu finden.

3.4.9
Sonstige Hinweise zu Schutzmaßnahmen

Bei unmittelbarer Betrachtung der Steckverbinder Endflächen (nach DIN EN 61300-3-35:2016-04 "Lichtwellenleiter Verbindungselemente und passive Bauteile - Grundlegende Prüf und Messverfahren - Teil 335: Untersuchungen und Messungen - Visuelle Inspektion von Lichtwellenleiter-Steckverbindern und Faser-Stub-Transceivern", Abschnitt 4.2 Verfahren A) wird ein Lichtmikroskop (Direktsicht Mikroskop) verwendet, bei dem das Objektiv ein erstes Bild erzeugt, das dann durch ein Okular vergrößert und unmittelbar in das Auge des Bedieners projiziert wird. Diese Lichtmikroskope müssen mit geeigneten Laserschutz-Filtern im entsprechenden Infrarotbereich ausgestattet sein, um versehentliche Augenverletzungen zu verhindern. Dies ist vor allem wichtig während der Sichtprüfung von Endflächen installierter Steckverbinder in Übertragungs- oder Installationsstrecken, wenn das ferne Ende der Verkabelung nicht unter Kontrolle der prüfenden Person ist. Soweit möglich, sollten bei derartigen Tätigkeiten die Laser abgeschaltet werden. Dies gilt vor allem auch beim Wechseln von Komponenten.

In aktiven Übertragungsstrecken sind keine Direktsicht-Mikroskope zu verwenden. Alternativ kann ein Videomikroskop verwendet werden (nach DIN EN 61300-3-35:2016-04 "Lichtwellenleiter Verbindungselemente und passive Bauteile - Grundlegende Prüf und Messverfahren - Teil 335: Untersuchungen und Messungen - Visuelle Inspektion von Lichtwellenleiter-Steckverbindern und Faser-Stub-Transceivern", Abs. 4.3 und 4.4 Verfahren B und C), bei dem das Bild auf einem Display angezeigt wird.

Nach Möglichkeit sollten LWLKS-Steckverbinder mit selbstschließenden Kappen und Kupplungen mit Klappenfunktion im Strahlengang benutzt werden.

ccc_1315_as_17.jpg

Abb. 11
Beispiel einer konstruktiven Schutzmaßnahme bei einer LWLKS-Steckverbindung in einem Patchfeld. Die Frontblende schützt u. a. gegen Strahlaustritt bei nicht belegten Ports.

Für Arbeiten an LWLKS oder Komponenten von LWLKS mit Strahlungsleistungen oberhalb der Expositionsgrenzwerte ist der Zutritt für Betriebsfremde (z. B. spielende Kinder) zu verhindern, bei Leistungen oberhalb der Laserklasse 1M dürfen nur unterwiesene Beschäftigte eingesetzt werden. Weiteres siehe Anhang 6.

Für Arbeitsplätze bzw. Tätigkeiten, bei denen Laserstrahlung zugänglich ist, muss eine Betriebsanweisung erstellt werden.

Im Laserbereich sollten sich nur Personen aufhalten, deren Aufenthalt dort nötig ist. Beim Einschalten eines Lasers der Laserklasse 3R, 3B oder 4 sind die im Laserbereich anwesenden Personen unmittelbar vorher zu verständigen.

Bei Entwicklungsarbeiten an Hochleistungssystemen (mit Einmodenfasern) mit Strahlungsleistungen größer als der Expositionsgrenzwert, ggf. unter Berücksichtigung von optisch sammelnden Instrumenten (siehe Abschnitt 2.2 und 2.3), ist ein Laserbereich zu definieren und einzurichten.