DGUV Information 209-200 - Absauganlagen Konzeption, Planung, Realisierung und Betrieb

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Abschnitt 3.6 - 3.6 Abluft/Zuluft

Luftströmungen in Absauganlagen werden nach ihrer Herkunft und Zielrichtung unterschieden. Die Definition der einzelnen Luftarten nach DIN EN 16798-3 beziehungsweise DGUV Regel 109-002 sind Abbildung 3.6.1 zu entnehmen und in Tabelle 3.6.1 definiert. Sie werden im Folgenden verwendet.

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Abb. 3.6.1
Luftarten

Tabelle 3.6.1
Luftarten

LuftartFarbeDefinition
AußenluftGrünUnbehandelte Luft, die von außen in die Anlage oder in eine Öffnung einströmt
ZuluftBlauDie gesamte dem Raum zuströmende Luft
AbluftGelbDie aus dem Raum abgeführte Luft ohne den Erfassungsluftstrom
UmluftOrangeDie Abluft, die in einer lufttechnischen Anlage als Zuluft wiederverwendet wird
FortluftBraunDie ins Freie abgeführte Luft
ErfassungsluftGelbLuftstrom, der über die Erfassungseinrichtung abgeführt wird, um luftfremde Stoffe aus dem Arbeitsbereich zu entfernen
Dieser Luftstrom wird auch als Rohluft bezeichnet.
Reinluftrückführung (Rückluft, zurückgeführte Luft)BlauErfassungsluftstrom, der nach Behandlung (Reinigung, Trocknung) dem selben Raum wieder zugeführt wird
Dieser Luftstrom wird auch als Reinluft bezeichnet.

Wichtig für den Betrieb von Absauganlagen sind die Luftarten Erfassungsluft, Rückluft und Zuluft.

Häufig werden Absauganlagen mit zurückgeführter Luft betrieben. Dieser Fall wird oft mit dem Umluft-Betrieb verwechselt. Der Umluft-Betrieb bezieht sich nur auf die Raumluft.

3.6.1 Erfassungsluft (Abluft)

Erfassungsluft ist bei Absauganlagen in der Regel der Luftvolumenstrom, der dem Raum durch die Anlage entnommen wird. Allgemein lüftungstechnisch betrachtet ist sie ein Teil der Abluft des Raums.

Entsprechend der Betriebsweise der Absauganlage wird der für die Erfassung und den Abtransport der Stoff- oder Wärmelasten notwendige Erfassungsluftstrom als Rückluft nach Reinigung wieder dem Raum zugeführt oder als Fortluft nach draußen abgegeben. Wird der Erfassungsluftstrom ins Freie geführt, muss zum Ausgleich der Raumluftbilanz ausreichend Außenluft zugeführt werden.

Auch Mischbetrieb (teilweise Rückluft, teilweise Fortluft) ist aus energetischen Gründen möglich.

3.6.2 Zuluft

Die Zuluft beinhaltet in der Regel Außenluft und kann auch aus Umluft (einer raumlufttechnischen Anlage) und Rückluft aus einer Absauganlage bestehen. Auch hier kann ein Mischbetrieb (teilweise Außenluft, teilweise Rückluft) gefahren werden.

Wird eine Absauganlage im Arbeitsbereich mit Fortluft betrieben, muss zum Ausgleich der Raumluftbilanz ausreichend Außenluft zugeführt werden. Diese muss - den äußeren Bedingungen entsprechend - gefiltert oder erwärmt werden. Bei Luftrückführung sind aus energetischen Gründen Maßnahmen zur Wärmerückgewinnung zu prüfen.

Strömt nicht ausreichend Luft nach, hat das unter Umständen Einfluss auf den Arbeitspunkt des Ventilators und damit auf den geförderten Volumenstrom der Anlage. Im Raum wird ein Unterdruck erzeugt. Dieser Unterdruck liegt zwischen typischerweise 50-100 Pa und maximal 300 Pa.

Sicht- und fühlbare Auswirkungen fehlender Zuluft oder des entstandenen Unterdrucks sind zum Beispiel schwer oder gar nicht mehr zu öffnende Türen und Sektional- oder Schnelllauftore, die sich in die Halle hinein wölben.

Die Höhe des erzeugten Unterdrucks und der Einfluss auf den von der Absauganlage geförderten Volumenstrom hängt ab von

  • der Leistung der Absauganlage (Kennlinie des Ventilators)

  • der Größe des Arbeitsraums (Größere Räume weisen in der Regel mehr Öffnungen und Undichtigkeiten auf als kleinere Räume)

  • der Dichtigkeit des Raums/des Gebäudes

Überschreitet der Erfassungsluftvolumenstrom im Fortluftbetrieb einen

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wird eine mechanische Nachströmung empfohlen. Neuere Gebäude, die der Energieeinsparverordnung entsprechen, sind wesentlich dichter als der Altbestand. Hier kann ein Einfluss auf den Arbeitspunkt der Anlage auch schon bei geringeren Volumenströmen auftreten als oben angeben.

Die Zuluft-Nachführung erfolgt über freie oder mechanische Nachströmung. Bei freier Nachströmung wird diese Luft als Infiltration bezeichnet.

3.6.2.1
Freie Nachströmung

Bei der freien Nachströmung strömt die Luft durch geeignete Öffnungen in den Gebäudewänden nach. Die zwangsläufig bei der Durchströmung der Zuluft-Flächen entstehenden Druckverluste müssen durch die Absauganlage aufgebracht werden.

Freie Nachströmung ist kostengünstig bei der Anschaffung. Die Zuluft wird nicht erwärmt oder gekühlt, hängt also direkt von den Witterungsbedingungen ab.

Freie Nachströmung ist auch stark abhängig von der Wärmelast und den vorhandenen Absauganlagen. Sie birgt die Gefahr von Zugluft, die durch Windeinfluss noch verstärkt werden kann und in der kalten Jahreszeit als besonders unangenehm empfunden wird.

Durch unkontrollierte freie Nachströmungen können Quer- und Störströmungen auftreten, die besonders bei offenen Erfassungselementen die Erfassung deutlich verschlechtern.

Fertigungshallen haben typischerweise eine natürliche Luftwechselrate von 0,25 bis 1 pro Stunde. Einfluss auf den Luftwechsel im Gebäude haben auch die dort stattfindenden Fertigungsprozesse und die Nutzung von Türen, Toren und Fenstern.

3.6.2.2
Mechanische Nachströmung

Wird die Außenluft mechanisch zugeführt, erfolgt ein witterungsunabhängiger Ausgleich der Raumluftbilanz. Die Zuluft kann thermodynamisch behandelt werden und mit den geeigneten Luftauslässen für eine sinnvolle Durchströmung des Raums sorgen. Im Gegensatz zur freien Nachströmung, die nur im Wand- und Deckenbereich möglich ist, kann die mechanisch zugeführte Zuluft an geeigneten Stellen im Raum - auch im Bodenbereich - zugeführt werden.

Entscheidend für die Qualität des Zuluft-Stroms sind die Luftdurchlassöffnungen. Grundsätzlich sind hier fünf Bauartgruppen zu unterscheiden:

Tabelle 3.6.2
Bauarten von Luftdurchlässen

LuftdurchlässeBauart
Strahl-Luftdurchlässeerzeugen einen oder mehrere runde, rechteckige oder ebene Freistrahlen in eine oder mehrere Richtungen. Der Geschwindigkeits- und Temperaturabbau im Strahl folgt den Gesetzen für Freistrahlen.g_bu_348_as_177.jpg
Radial-Luftdurchlässeerzeugen radiale Freistrahlen oder radiale Wandstrahlen; im Vergleich zum einfachen Freistrahl wird durch die radiale Strahlausbreitung ein schnellerer Geschwindigkeits- und Temperaturabbau erreicht. g_bu_348_as_178.jpg
Drall-Luftdurchlässeerzeugen mittels Drallscheiben oder Drallschaufeln mehrere, tangential austretende Freistrahlen mit hoher Turbulenz, wodurch eine schnelle Vermischung mit der umgebenden Luft erreicht wird. Bei verstellbaren Drall-Luftdurchlässen kann durch Verstellung der Drallscheiben oder -schaufeln die Ausbreitungscharakteristik der Einzelstrahlen in einem weiten Bereich verändert und der jeweils erforderlichen Luftbehandlungsfunktion (Heizen oder Kühlen) angepasst werden.g_bu_348_as_179.jpg
Luftdurchlässe für impulsarme Luftzufuhrsind großflächige Luftaustritte mit niedrigen Luftgeschwindigkeiten durch unbestimmte Austrittsgeometrie (Vliesmatten) oder durch kleine Einzelluftstrahlen (Lochblech), die zu einem schnellen Geschwindigkeitsabbau führen.g_bu_348_as_180.jpg
Textil-Luftdurchlässebestehen aus durchlässigem Textilmaterial, durch das die Luft mit geringer Geschwindigkeit über die gesamte Oberfläche austritt. So kann eine weitegehend zugfreie und gleichmäßige Verteilung der Luft erreicht werden.g_bu_348_as_181.jpg

Die Kenndaten der Luftdurchlassöffnungen, zum Beispiel die zulässigen Luftvolumenströme und die sich daraus ergebenden Luftgeschwindigkeiten vor den Öffnungen, sind den entsprechenden Datenblättern der Hersteller zu entnehmen.

3.6.2.3
Luftbedarf für die anwesenden Personen

Üblicherweise bestimmt der Luftvolumenstrom einer Absauganlage im Fortluftbetrieb den nachzuliefernden Außenluftvolumenstrom. Bei Volumenströmen aus Absauganlagen spricht man von Prozessluft.

In sehr seltenen Ausnahmefällen ist der Absaugvolumenstrom so gering, dass der Luftbedarf der im Raum anwesenden Personen zur bestimmenden Größe für die Lüftung wird. Das gleiche gilt auch für den reinen Rückluftbetrieb einer Absauganlage, wenn keine Zufuhr von Außenluft vorgesehen ist.

Empfohlene Auslegungsluftvolumenströme für diesen Fall sind nach DIN EN 16798-3 in Verbindung mit DIN EN 15251 ca. 40 m3/Person/h für leichte Tätigkeiten wie Büroarbeit. Für mittelschwere Tätigkeiten kann der dreifache Wert angesetzt werden. Bei schweren Tätigkeiten kann der Außenluftbedarf auf das Zehnfache ansteigen. Dieser Außenluftvolumenstrom dient zur Abfuhr der von den anwesenden Personen erzeugten CO2-Mengen. Aufgrund der in der Regel großen Hallenvolumina bezogen auf den Luftbedarf der Beschäftigten treten hier in der Praxis normalerweise keine Probleme auf.

3.6.2.4
Zugluft

Zugluft ist ein störender Luftzug, der zu einer lokalen Abkühlung insbesondere an unbekleideten Körperflächen führt. Zugluft kann sowohl durch freie Lüftung als auch durch Lüftungsanlagen hervorgerufen werden.

Die Arbeitsstättenverordnung, konkretisiert durch die Arbeitsstättenregel ASR A 3.6 "Lüftung", fordert, dass in Aufenthaltsbereichen keine unzumutbare Zuluft auftreten darf.

Das Empfinden von Zugluft ist abhängig von

  • Lufttemperatur

  • Luftgeschwindigkeit

  • Turbulenzgrad

  • Art der Tätigkeit (Aktivitätsgrad)

Zugluft wird individuell sehr unterschiedlich empfunden. Weiterhin werden Luftströmungen an verschiedenen Körperteilen sehr unterschiedlich wahrgenommen. Daher spielt auch die Bekleidung bei der Empfindung von Zugluft eine große Rolle. Weitergehende Informationen zur Bewertung von Zugluft stehen in der DIN EN ISO 7730.

Bei der Planung von Absauganlagen und der dazugehörigen Zuluft-Führungen und -Auslässe ist daher die Lage der Arbeitsplätze und anderer Aufenthaltsorte der Beschäftigten zu berücksichtigen.

3.6.2.5
Durchströmung des Raums

Die Anordnung von Zuluft-Öffnungen hat wesentlichen Einfluss auf die Durchströmung des Raums:

  • Es muss auf Vermeidung von Zugluft geachtet werden.

  • Bei der Verwendung von offenen und halboffenen Erfassungselementen müssen Querströmungen berücksichtigt werden, die durch die Zuluft verursacht werden können.

  • Es muss darauf geachtet werden, keine internen Lüftungskurzschlüsse zu erzeugen.

Die Durchströmung des Raums hängt von Art, Leistung und Anordnung der jeweiligen Absauganlagen ab (siehe Abschnitt 3.2: "Prinzipien der Erfassung und Konstruktion von Erfassungselementen").

3.6.3 Fortluft

Für viele Absauganwendungen ist die Fortluft die einzige wirtschaftliche umsetzbare Maßnahme zum Schutz der Beschäftigten vor Gefahrstoffbelastungen. Das gilt besonders bei gasförmigen Emissionen.

Die fortgeleiteten Stoffe stellen eine Belastung der Umwelt dar. Damit fällt der Fortluftbetrieb auch in den Geltungsbereich des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG). Das BImSchG dient der Umsetzung der Industrie-Emissions-Richtlinie 2010/75/EU. Die Industrie-Emissions-Richtlinie bildet EU-weit die Grundlage für die Genehmigung besonders umweltrelevanter Industrieanlagen.

Hinweis:

Die EU Kommission veröffentlich sogenannte BVT-Merkblätter (Beste verfügbare Techniken) zu verschiedenen Anwendungsfällen. Diese Merkblätter sind eines der Kriterien zur Bestimmung des Stands der Technik nach BImSchG.

Beispiele (nicht vollständig):

  • Abfallbehandlungsanlagen

  • Abfallverbrennungsanlagen

  • Abwasser- und Abgasbehandlung/-management in der chemischen Industrie

  • Eisen- und Stahlerzeugung

  • Energieeffizienz

  • Gießereien

  • Glasherstellung

  • Herstellung von Platten auf Holzbasis

  • Keramikindustrie

  • Lagerung gefährlicher Substanzen und staubender Güter

  • Nichteisenmetallindustrie

  • Oberflächenbehandlung unter Verwendung von organischen Lösemitteln

  • Oberflächenbehandlung von Metallen und Kunststoffen (Galvanik)

  • Stahlverarbeitung

  • Zellstoff- und Papierindustrie

Das Ziel des BImSchG ist der Schutz von Menschen, Tieren, Pflanzen, Boden, Wasser, Atmosphäre, Kultur- und sonstigen Sachgütern vor schädlichen Umwelteinflüssen sowie die Vermeidung und Verminderung schädlicher Umwelteinwirkungen durch Emissionen in Luft, Wasser und Boden.

Das BImSchG gilt unter anderem auch für die Errichtung und Betrieb von Anlagen.

Anlagen im Sinne des BImSchG sind:

  • Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen

  • Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen

Das BImSchG hat einen noch weiter gefassten Anwendungsbereich. Hier wird nur auf die relevanten Anlagen eingegangen.

Anlagen, die in besonderem Maße geeignet sind

  • schädliche Umwelteinwirkungen hervorzurufen,

  • die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft zu gefährden, erheblich zu benachteiligen oder erheblich zu belästigen

bedürfen einer Genehmigung.

Tabelle 3.6.3
Gruppen genehmigungsbedürftiger Anlagen (nach 4. BlmSchV, Anhang I)

GruppeKriterien für die Genehmigungsbedürftigkeit von Anlagen
1Wärmeerzeugung, Bergbau und Energie
2Steine und Erden, Glas, Keramik, Baustoffe
3Stahl, Eisen und sonstige Metalle einschließlich Verarbeitung
4Chemische Erzeugnisse, Arzneimittel, Mineralölraffination und Weiterverarbeitung
5Oberflächenbehandlung mit organischen Stoffen, Herstellung von bahnenförmigen Materialien aus Kunststoffen, sonstige Verarbeitung von Harzen und Kunststoffen
6Holz, Zellstoff
7Nahrungs-, Genuss- und Futtermittel, landwirtschaftliche Erzeugnisse
8Verwertung und Beseitigung von Abfällen und sonstigen Stoffen
9Lagerung, Be- und Entladen von Stoffen und Gemischen
10Sonstige Anlagen

Die Bundesregierung bestimmt mit der 4. BImSchV "Vierte Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen)" die Anlagen, die einer Genehmigung bedürfen. Diese genehmigungsbedürftigen Anlagen sind im Anhang I der 4. BImSchV aufgeführt.

Der Anhang I ist in 10 Gruppen aufgeteilt (siehe Tabelle 3.6.3 auf Seite 57). In diesen Gruppen finden sich die Kriterien für die Genehmigungsbedürftigkeit von Anlagen.

Die Genehmigung von genehmigungsbedürftigen Anlagen erfolgt durch die zuständigen staatlichen Arbeitsschutzstellen. Die frühzeitige Information dieser Stellen ist daher notwendig.

3.6.3.1
Pflichten der Betreiber genehmigungsbedürftiger Anlagen

Anlagen sind so zu betreiben, dass

  • schädliche Umwelteinwirkungen nicht hervorgerufen werden können,

  • Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen getroffen wird,

  • Abfälle vermieden werden oder nicht zur Beeinträchtigung der Allgemeinheit führen,

  • Energie sparsam und effizient verwendet wird.

Nach einer eventuellen Einstellung des Betriebs

  • dürfen keine schädlichen Umwelteinwirkungen hervorgerufen werden,

  • müssen vorhandene Abfälle ohne Beeinträchtigung des Allgemeinwohls beseitigt werden,

  • muss die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustands des Grundstücks gewährleistet sein.

3.6.3.2
Pflichten der Betreiber nicht genehmigungsbedürftiger Anlagen

Auch nicht genehmigungspflichtige Anlagen sind so zu betreiben, dass

  • schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind,

  • nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden,

  • die beim Betrieb der Anlagen entstehenden Abfälle ordnungsgemäß beseitigt werde können.

3.6.3.3
TA-Luft

Die Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft - TA Luft - ist die Erste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz. Sie konkretisiert nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts unbestimmte Rechtsbegriffe des BImSchG durch verbindliche Festlegungen und Vorgaben, um bundeseinheitlich einen gleichmäßigen und berechenbaren Gesetzesvollzug sicherzustellen. Damit kann die TA-Luft - im Gegensatz zu anderen Verwaltungsvorschriften - auch rechtliche Außenwirkung entfalten.

Die TA-Luft dient dem Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen und der Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen. Sie ist bei der Genehmigung genehmigungsbedürftiger Anlagen zu beachten.

Die TA-Luft soll nach ihrem Wortlaut auch für nicht genehmigungsbedürftige Anlagen Anwendung finden. Sie kann angewendet werden, um zu überprüfen, ob Betreiberpflichten nach § 22 BImSchG (Pflichten der Betreiber nicht genehmigungsbedürftiger Anlagen) erfüllt wurden.

Die Vorschriften des Kapitels 5 "Anforderungen zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen" der TA-Luft enthalten:

  • Emissionswerte, deren Überschreitung nach dem Stand der Technik vermeidbar ist,

  • emissionsbegrenzende Anforderungen, die dem Stand der Technik entsprechen,

  • sonstige Anforderungen zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen,

  • Verfahren zur Ermittlung der Emissionen und

  • Anforderungen zur Ableitung von Abgasen.

Die maximal zulässigen Emissionen sind im Kapitel 5 der TA-Luft aufgeführt und entsprechend dem Stand vom 24.Juli 2002 dem Anhang 8.5. zu entnehmen.

3.6.3.4
Schornsteine

Die Fortluft ist so abzuleiten, dass ein ungestörter Abtransport mit der freien Luftströmung ermöglicht wird. In der Regel ist eine Ableitung über Schornsteine erforderlich, deren Höhe vorbehaltlich besserer Erkenntnisse nach den Nummern 5.5.2 bis 5.5.4 der TA-Luft zu bestimmen ist.

3.6.4 Außenluft

Nach Arbeitsstättenverordnung haben alle Beschäftigten Anspruch auf gesundheitlich zuträgliche Atemluft in ausreichender Menge. In der Regel ist das Außenluftqualität.

3.6.4.1
Außenluftqualitäten

Die Beurteilung der Außenluftqualität erfolgt auf Basis der 39. BImSchV (Neununddreißigste Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes - Verordnung über Luftqualitätsstandards und Emissionshöchstmengen). Die in der Verordnung aufgeführten Immissionsgrenzwerte können zur Beurteilung der vorliegenden Außenluftqualität herangezogen werden. Sollte die Außenluft regelmäßig höher belastet sein, sind weitergehende Maßnahmen (z. B. Außenluftfilterung) zu prüfen.

In der folgenden Tabelle 3.6.4 sind die Grenzwerte der Stoffe aufgeführt, die für die Beurteilung der Außenluftqualität herangezogen werden.

Die Werte am jeweiligen Standort können über die Homepage des Umweltbundesamts (UBA) abgerufen werden.

3.6.4.2
Aussenluftfilterung

Nach DIN EN 16798-3 kann die Außenluft in drei Kategorien eingeteilt werden. Bei der Einteilung in diese Kategorien sollten nationale Normen oder Empfehlungen der WHO (Weltgesundheitsorganisation) herangezogen werden. In Deutschland ist das die 39. BImSchV.

Die Außenluft sollte entsprechend ihrer Kategorie gefiltert werden. Die Filterklassen können Tabelle 3.6.5 entnommen werden.

Üblicherweise ist der Einsatz von Staubfiltern ausreichend. Liegt eine hohe Konzentration an Gasen vor, muss ein Gasfilter (Aktivkohlefilter) und/oder ein chemisches Filter vorgesehen werden.

In vielen Fällen ist es auch sinnvoll, die Ansaugöffnung für die Außenluft in weniger belastete Bereiche zu verlegen.

Tabelle 3.6.4
Beispiele für Immissionsgrenzwerte (nach 39. BImSchV)

StoffImmissionsgrenzwertBewertung
Stickstoffdioxid NO240 µg/m3Über das Jahr gemittelt
Stickstoffoxide30 µg/m3Über das Jahr gemittelt
Partikel PM 1040 µg/m3Über das Jahr gemittelt
Partikel PM 2,525 µg/m3Über das Jahr gemittelt
Blei0,5 µg/m3Über das Jahr gemittelt
Benzol5 µg/m3Über das Jahr gemittelt
Kohlenmonoxid CO10 mg/m3Über das Jahr gemittelt
Bodennahes Ozon120 µg/m38 Stunden Mittelwert
Arsen6 ng/m3 in PM10 Über das Jahr gemittelt
Kadmium5 ng/m3 in PM10 Über das Jahr gemittelt
Nickel20 ng/m3 in PM10 Über das Jahr gemittelt
Benzo(a)pyren1 ng/m3 in PM10 Über das Jahr gemittelt

Tabelle 3.6.5
Außenluftfilterung (nach DIN EN 16798-3 *)

KategorieBeschreibungBeurteilungFilterklasse für Außenluftfilter
1Saubere Luft, die nur zeitweise staubbelastet ist (z. B. Pollen)Gilt, wenn alle nationalen Normen zur Qualität der Außenluft eingehalten sindF8
2Außenluft mit hoher Konzentration an Staub oder Feinstaub und/oder gasförmigen VerunreinigungenGilt, wenn die Verunreinigungskonzentration die Immissionsgrenzwerte um einen Faktor von bis zu 1,5 überschreitenM5+F8
3Außenluft mit sehr hoher Konzentration an gasförmigen Verunreinigungen und/oder Staub oder FeinstaubGilt, wenn die Verunreinigungskonzentration die Immissionsgrenzwerte um einen Faktor von mehr als 1,5 überschreitenF7+GF+F9

Anmerkung zu Tabelle 3.6.5:

*) Die Bezeichnungen M5, F7, F8, F9 und GF entstammen der seit Mitte 2018 zurückgezogenen Norm DIN EN 779, die seitdem durch die DIN EN ISO 16890 ersetzt wurde. Nach VDI 3803-4 "Raumlufttechnik, Geräteanforderungen - Luftfiltersysteme" lassen sich von der alten Filterklassifikation zur neuen Filterklassifikation folgende Entsprechungen ableiten (Prozentangaben entsprechen Abscheidegraden):

M5 ≈ ISO ePM1050%

F7 (mehrstufig) ≈ ISO ePM2,565%

oder

F7 (einstufig) ≈ ISO ePM150%

F9 ≈ ISO ePM180%

GF ≈ ISO Coarse 20-95% (in 5%-Schritten abgestuft)

3.6.5 Reinluftrückführung

Aus Gründen des ausgeglichenen Luft- und Wärmehaushalts wird abgesaugte und gereinigte Luft gerne in den Arbeitsbereich zurückgeführt.

Voraussetzung für die Reinluftrückführung ist die ausreichende Reinigung der belasteten Luft. Von einer ausreichenden Reinigung der Luft kann ausgegangen werden, wenn die einschlägigen Arbeitsplatzgrenzwerte (AGW) im Arbeitsbereich eingehalten werden. Für Spezialfälle (z. B. Holzstaub nach TRGS 553) gibt es spezielle Regelungen, die sich nicht allein auf den für Holzstaub definierten Expositionsbegrenzungswert, sondern auf den Reststaubgehalt beziehen.

Sollten keine Grenzwerte vorliegen, sind die Grundsätze der Gefahrstoffverordnung einzuhalten. Die Exposition der Beschäftigten ist auf ein Minimum zu reduzieren. Grundsätzlich ist die Hierarchie der Schutzmaßnahmen entsprechend der Gefahrstoffverordnung einzuhalten.

Ausnahmen gibt es bei krebserzeugenden, keimzellmutagenen und reproduktionstoxischen Stoffen (KMR-Stoffen) aufgrund des hohen Gefährdungspotentials und bei Gasen aufgrund der Abscheidung.

3.6.5.1
Luftrückführung bei KMR-Stoffen

Werden in einem Arbeitsbereich Tätigkeiten mit krebserzeugenden, keimzellmutagenen oder reproduktionstoxischen Gefahrstoffen der Kategorie 1 A oder 1B ausgeübt, darf die dort abgesaugte Luft nicht in den Arbeitsbereich zurückgeführt werden.

Ausnahmen sind zulässig für feste partikelförmige KMR-Stoffe (Stäube, Rauche). Für diese Stoffe ist die Luftrückführung ausschließlich bei Anwendung behördlich oder von den Unfallversicherungsträgern anerkannter Verfahren zulässig.

Die TRGS 560 enthält Festlegungen zur Luftrückführung bei KMR-Stäuben.

Sie müssen angewendet werden, wenn keine stoffspezifischen Regeln gelten. Anforderungen zur Luftrückführung werden in folgenden stoffspezifischen technischen Regeln beschrieben:

  • TRGS 517 "Tätigkeiten mit potenziell asbesthaltigen mineralischen Rohstoffen und daraus hergestellten Zubereitungen und Erzeugnissen"

  • TRGS 519 "Asbest: Abbruch-, Sanierungs- oder Instandhaltungsarbeiten"

  • TRGS 521 "Abbruch-, Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten mit alter Mineralwolle"

  • TRGS 528 "Schweißtechnische Arbeiten"

  • TRGS 553 "Holzstaub"

  • TRGS 554 "Abgase von Dieselmotoren"

  • TRGS 559 "Mineralischer Staub"

3.6.5.2
Luftrückführung bei gasförmigen Gefahrstoffen

Die Abscheidung gasförmiger Gefahrstoffe aus einem Luftvolumenstrom ist aufwändig. Die in der Regel eingesetzten Abscheider sind Partikelabscheider und deshalb nicht in der Lage Gase abzuscheiden.

Handelt es sich bei den gasförmigen Gefahrstoffen um KMR-Stoffe, ist die Luftrückführung verboten. Bei allen anderen Gasen muss eine mögliche Aufkonzentrierung im Arbeitsbereich vermieden werden.