TRGS 504 - TR Gefahrstoffe 504

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Abschnitt 3 TRGS 504 - Informationsermittlung und Gefährdungsbeurteilung (1)

Außer Kraft am 13. Dezember 2019 durch die Bek. vom 10. Oktober 2019 (GMBl S. 1330)

3.1
Ermittlung der stofflichen Eigenschaften (einschließlich der toxikologischen Bewertung)

(1) Die inhalative Aufnahme von Stäuben, die unter den Geltungsbereich des Allgemeinen Staubgrenzwertes fallen, kann zu unspezifischen Wirkungen auf die Atmungsorgane führen, wie z. B. Beeinträchtigung der Selbstreinigungsfähigkeit der Atemwege ("Atemwegs-Clearance") durch Überlastung, chronisch entzündlichen Veränderungen der Bronchialschleimhaut sowie obstruktiven Ventilationsstörungen (z. B. Asthma, chronische Bronchitis bzw. COPD).

(2) Solange keine anderen Erkenntnisse zur Löslichkeit von Stäuben vorliegen, ist die gesamte erfasste Staubfraktion als unlöslich zu bewerten. Der Arbeitgeber kann jedoch bei Bedarf im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung Verfahren festlegen, wie der lösliche Anteil ermittelt und bei der Beurteilung berücksichtigt werden soll. Dabei kann er sich an den in den Literaturstellen 33 bis 36 dieser TRGS beschriebenen Verfahren orientieren.

(3) Der Arbeitsplatzgrenzwert für die A-Staubfraktion in Höhe von 1,25 mg/m3 basiert auf einer mittleren Dichte von 2,5 g/cm3. Wenn an einem Arbeitsplatz Materialien besonders niedriger Dichte (z. B. Kunststoffe, Papier) oder besonders hoher Dichte (z. B. Metalle) verwendet werden, kann mit der Materialdichte umgerechnet werden. Dies ist in der Informationsermittlung festzulegen und in der Gefährdungsbeurteilung zu dokumentieren.

(4) Ein allgemein etabliertes Verfahren zur Bestimmung der Staubdichte liegt bislang nicht vor. Als Näherung kann die Materialdichte verwendet werden; Angaben wie die Schüttdichte sind nicht geeignet.

(5) Liegen keine Informationen zur Dichte vor, ist ein Wert von 2,5 g/cm3 anzunehmen.

(6) Für die einatembare Staubfraktion (E-Staubfraktion) ist als Arbeitsplatzgrenzwert ein Schichtmittelwert von 10 mg/m3 festgelegt. Ein dichtebezogenes Umrechnen wie beim A-Staub ist für den E-Staub toxikologisch nicht begründbar und daher nicht vorgesehen.

(7) Es ist zu beachten, dass Stäube mit spezifischer Toxizität, z. B. Stäube mit erbgutverändernden, krebserzeugenden (Kategorie 1A, 1B), fibrogenen oder sensibilisierenden Wirkungen, ein höheres Gefährdungspotenzial haben und die Einhaltung der Grenzwerte von A- und E-Staub eine Gesundheitsgefährdung nicht ausschließt. Die Arbeitsplatzgrenzwerte nach TRGS 900, Beurteilungsmaßstäbe nach TRGS 910 "Risikobezogenes Maßnahmenkonzept für Tätigkeiten mit krebserzeugenden Gefahrstoffen" oder andere im Technischen Regelwerk aufgestellten Beurteilungsmaßstäbe sind zusätzlich zum Allgemeinen Staubgrenzwert einzuhalten.

(8) Stoff- oder tätigkeitsbezogene TRGS mit spezifischen Beurteilungsmaßstäben und Bestimmungen zu Stäuben oder Staubinhaltsstoffen sowie gegebenenfalls Verfahrens- und stoffspezifische Kriterien (VSK) gemäß TRGS 420 "Verfahrens- und stoffspezifische Kriterien (VSK) für die Ermittlung und Beurteilung der inhalativen Exposition" sind vorrangig zu beachten. Liegt keine technische Regel vor, können andere spezifische Hilfestellungen herangezogen werden (siehe Literatur).

3.2
Ermittlung der staubbelasteten Arbeitsbereiche und Tätigkeiten

(1) Zur Ermittlung der staubbelasteten Arbeitsbereiche und Tätigkeiten sind Arbeitsabläufe, Verfahren, Arbeits- und Umgebungsbedingungen, Reinigungs-, Wartungs- und Instandhaltungstätigkeiten zu berücksichtigen. Es ist zu beachten, dass Stäube sowohl aus pulverförmigen Materialien freigesetzt werden können, die bei innerbetrieblichen Prozessen als Ausgangsprodukte dienen (Beispiele: Anmischvorgänge, Abwerfen und Fördern von Pulvern), als auch bei der Be und Verarbeitung von festen Materialien manuell oder maschinell entstehen (z. B. Schneiden, Sägen, Fräsen, Schleifen, Zerkleinern, Mahlen, Schweißen, Brennschneiden etc.). Auch sekundäre Emissionen wie z. B. bei der Entsorgung geleerter Säcke oder durch Aufwirbelung von verschüttetem Material sind in der Gefährdungsbeurteilung zu berücksichtigen.

(2) Entstehen bei Tätigkeiten mit Materialien einatembare oder alveolengängige Stäube, ist dies im Gefahrstoffverzeichnis nach § 6 Absatz 12 GefStoffV zu berücksichtigen und gegebenenfalls in dieses aufzunehmen.

3.2.1
Tätigkeiten mit pulverförmigen Materialien

(1) Der Arbeitgeber hat das Staubungsverhalten bei der Auswahl der Materialien und deren Verwendungsformen zu berücksichtigen, da das Staubungsverhalten des pulverförmigen Materials ein Einflussfaktor auf die Expositionshöhe ist. Hinweise zum Staubungsverhalten können gegebenenfalls aus Informationen des Lieferanten oder aus dem Sicherheitsdatenblatt entnommen werden.

(2) Es sind die Kenngrößen der Staubentwicklung zur Bewertung des Staubungsverhaltens heranzuziehen, in der Regel die Staubkenngrößen für die alveolengängige Fraktion und für die einatembare Fraktion 8.

(3) Das Staubungsverhalten kann auch qualitativ abgeschätzt werden (z. B. hoch, mittel, niedrig) 9. Liegen keine Anhaltspunkte zum Staubungsverhalten eines verwendeten pulverförmigen Produktes vor, ist von einem hohen Staubentwicklungspotenzial auszugehen.

(4) Staubreduzierte Verwendungsformen sind z. B. Granulate, Pellets, Wachse, befeuchtete Rohstoffe, Pasten oder bereits verbrauchsfertige Materialien wie Liefermörtel sowie Flüssigformulierungen.

(5) Die während einer Tätigkeit eingesetzte Menge des pulverförmigen Materials ist ein weiterer wesentlicher Einflussfaktor für die Expositionshöhe. Können bei Tätigkeiten mit kleinen Mengen die Allgemeinen Schutzmaßnahmen nach § 8 GefStoffV noch ausreichend sein, so können bei Tätigkeiten mit größeren Gebinden (z. B. Fässer, Säcke, Big Bags) bei ansonsten gleicher Verfahrensweise zusätzliche Staubschutzmaßnahmen nach § 9 und Anhang I Nummer 2.3 GefStoffV erforderlich sein.

3.2.2
Tätigkeiten der Be und Verarbeitung von festen Materialien

Bei der mechanischen Be und Verarbeitung von festen Materialien, z. B. in Mühlen oder Zerkleinerungsmaschinen oder beim Bohren, Schneiden, Schleifen oder Fräsen ist eine Einschätzung der Menge und Freisetzung nicht immer möglich. Entscheidende Einflussgrößen für die Staubentwicklung sind z. B. das eingesetzte Verfahren, seine Verfahrensparameter (z. B. Drehzahl des Bearbeitungswerkzeuges) sowie die räumlichen Gegebenheiten des Arbeitsplatzes. Angaben zur Staubentwicklung können in den Herstellerinformationen von Bearbeitungsmaschinen enthalten sein.

3.3
Ermittlung und Beurteilung der Expositionshöhe

3.3.1
Ermittlung der Expositionshöhe

(1) Bei der Ermittlung der Expositionshöhe sind die Vorgaben der TRGS 400 "Gefährdungsbeurteilung für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen" und insbesondere die der TRGS 402 "Ermitteln und Beurteilen der Gefährdungen bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen: Inhalative Exposition" zu beachten. Es sind in der Regel die einatembare (E-Fraktion) und die alveolengängige Staubfraktion (A-Fraktion) gemäß der TRGS 402 zu ermitteln und zu beurteilen. Dabei ist jeweils der höhere Stoffindex zur Beurteilung heranzuziehen. Werden in dem betrachteten Arbeitsbereich noch andere Gefahrstoffe verwendet, müssen diese zusätzlich ermittelt und getrennt bewertet werden. Bei der Berechnung des Bewertungsindexes von Stoffgemischen nach Nummer 5.2.1 Absatz 2 der TRGS 402 sind die Stoffindices für den Allgemeinen Staubgrenzwert nicht zu berücksichtigen. In der Praxis können die Staubfraktionen auch Anteile von Gefahrstoffen enthalten, für die stoffspezifische Beurteilungsmaßstäbe (Arbeitsplatzgrenzwerte (TRGS 900), Biologische Grenzwerte (TRGS 903) oder Beurteilungsmaßstäbe für krebserzeugende Gefahrstoffe (TRGS 910)) festgelegt sind (Mischstäube). Diese müssen zusätzlich ermittelt und getrennt bewertet werden.

(2) Vorhandene Expositionsermittlungen (auch nicht-messtechnischer Art) gemäß Nummer 4.4 der TRGS 402 können für die Ermittlung herangezogen werden.

(3) Die in Nummer 3.1 Absatz 2 bis 4 dieser TRGS festgelegte Vorgehensweise bezüglich Löslichkeit und Dichte kann bei der Ermittlung der Expositionshöhe berücksichtigt werden.

(4) Neben dem schichtbezogenen AGW für A- und E-Staub sind die einschlägigen Kurzzeitwerte zu beachten (siehe TRGS 900). Für die E-Fraktion gilt ein Kurzzeitwert von 2(II) (Überschreitungsfaktor 2, resorptiv wirksame Stoffe).

(5) Für die A-Fraktion wurde kein Kurzzeitwerteintrag in der TRGS 900 vorgenommen. Damit gilt bei Einhaltung des AGW von 1,25 mg/m3 gemäß TRGS 900 ein maximaler Überschreitungsfaktor von 8. Bei achtfacher Überschreitung von 1,25 mg/m3 viermal pro Schicht über 15 Minuten darf in einer Schicht keine weitere Exposition mehr erfolgen, da sonst der AGW überschritten wird. Für den Übergangszeitraum gemäß TRGS 900 Nummer 2.4.2 ist auf den Beurteilungsmaßstab von 3 mg/m3 ein Kurzzeitwert von 2(II) anzuwenden.

(6) Für Arbeitsplätze mit gleichbleibenden Bedingungen bzw. Arbeitsplätzen mit gelegentlicher Exposition (siehe Anlage 5 Nummer 1 Absatz 1 sowie Nummer 3 der TRGS 402) kann alternativ für die A-Staubfraktion in der Gefährdungsbeurteilung auch ein dosisbasiertes Überwachungskonzept über einen repräsentativen Ermittlungszeitraum von längstens einem Monat festgelegt werden. In diesen Fällen werden über den gewählten Ermittlungszeitraum die einzelnen Schichtmittelwerte messtechnisch ermittelt und dokumentiert. Gemäß TRGS 900 darf der Durchschnitt der gemessenen Schichtmittelwerte dabei über den Ermittlungszeitraum den AGW für die A-Staubfraktion nicht überschreiten. Ein einzelner Schichtmittelwert darf den Wert von 3 mg/m3 für die A-Staubfraktion ebenfalls nicht überschreiten. Der so ermittelte Durchschnittswert ist für die Festlegung von Schutzmaßnahmen heranzuziehen.

3.3.2
Beurteilung der Expositionshöhe

(1) Der Arbeitgeber hat die ermittelte Expositionshöhe gemäß TRGS 402 im Hinblick auf eine Gefährdung der Beschäftigten und die Wirksamkeit der vorhandenen Schutzmaßnahmen zu beurteilen und zu dokumentieren. Der Befund kann lauten:

  1. 1.

    Schutzmaßnahmen ausreichend
    (Einhaltung von 1,25 mg/m3 (A-Staub) und 10 mg/m3 (E-Staub, Kurzzeitwertanforderungen erfüllt),

  2. 2.

    Schutzmaßnahmen übergangsweise ausreichend
    (Einhaltung von 3 mg/m3 (A-Staub) bei gleichzeitiger Erfüllung der übrigen Voraussetzungen von (TRGS 900 Nummer 2.4.2 Absatz 1), Einhaltung von 10 mg/m3 (E-Staub), Kurzzeitwertanforderungen erfüllt),

  3. 3.

    Schutzmaßnahmen nicht ausreichend
    (Nichteinhaltung der Arbeitsplatzgrenzwerte von A- oder E-Staub oder Nichterfüllung der Kurzzeitwertanforderungen).

(2) Auch bei Anwendung des dosisbasierten Ermittlungsverfahrens gemäß Nummer 3.3.1 Absatz 6 ist die Ermittlung mit einem entsprechenden Befund (siehe Absatz 1) abzuschließen. Die Kriterien der TRGS 402, die bei Anwendung des Schichtmittelwertverfahrens zur Befundung führen, können in gleicher Weise angewendet werden.

3.4
Festlegung von Schutzmaßnahmen

3.4.1
Allgemeines

Der Arbeitgeber hat die Schutzmaßnahmen abhängig von den Ergebnissen der Informationsermittlung und der ermittelten Expositionshöhe festzulegen.

3.4.2
Festlegung von Schutzmaßnahmen bei Überschreitung des AGW für die alveolengängige Fraktion im Übergangszeitraum

(1) Der Arbeitgeber kann bis zum 31. Dezember 2018 die in Absatz 2 beschriebene Übergangsregelung in Anspruch nehmen.

(2) In diesem Zusammenhang kann für die Überprüfung der Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen anstelle des AGW ein Beurteilungsmaßstab von 3,0 mg/m3 als Schichtmittelwert zu Grunde gelegt werden. Folgende Voraussetzungen müssen erfüllt sein:

  1. 1.

    Eine aktuelle Gefährdungsbeurteilung liegt vor einschließlich aktueller Ergebnisse aus Expositionsermittlungen gemäß TRGS 402 für die betreffenden Tätigkeiten, und die Vorgaben der Gefahrstoffverordnung, insbesondere von Anhang I Nummer 2.3 Absätze 1 bis 7, sind umgesetzt.

  2. 2.

    Der Arbeitgeber gewährleistet, dass der Schichtmittelwert den Beurteilungsmaßstab von 3,0 mg/m3 (Kurzzeitwert 2(II)) unterschreitet.

  3. 3.

    Der Arbeitgeber hat technische Schutzmaßnahmen nach den branchenüblichen Verfahrens- und Betriebsweisen umgesetzt.

  4. 4.

    Es liegt ein Schutzmaßnahmenkonzept entsprechend § 6 Absatz 8 Satz 1 Nummer 4a GefStoffV vor, mit der Zielsetzung, den AGW für die A-Staubfraktion von 1,25 mg/m3 innerhalb des Übergangszeitraums einhalten zu können.

  5. 5.

    Die Beschäftigten wurden vom Arbeitgeber über das Schutzmaßnahmenkonzept entsprechend § 6 Absatz 8 Satz 1 Nummer 4a GefStoffV im Rahmen der Unterweisung nach § 14 Absatz 2 GefStoffV informiert.

  6. 6.

    Während des Übergangszeitraumes wird den Beschäftigten vom Arbeitgeber Atemschutz zur Verfügung gestellt, der bei Expositionsspitzen zu tragen ist.

(3) Im Schutzmaßnahmenkonzept muss der Arbeitgeber in einem Maßnahmenplan unter Angabe konkreter Einzelheiten beschreiben, durch welche Maßnahmen bzw. Maßnahmenkombination und in welchen Zeiträumen die Einhaltung des AGW erreicht werden soll. Der Maßnahmenplan und die Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung sind der zuständigen Behörde auf Verlangen zu übermitteln.

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Bild 1:
Vorgehensweise zur Inanspruchnahme der Übergangslösung bis 31. Dezember 2018 gemäß Nummer 3.4.2 im Geltungsbereich des Allgemeinen Staubgrenzwertes (ggf. das Vorhandensein anderer Gefahrstoffe beachten)

(4) Es wird empfohlen, die Ergebnisse der Expositionsermittlung gemäß Nummer 3.3, die umgesetzten Schutzmaßnahmen gemäß Nummer 4 sowie das gemäß Nummer 5 und Anhang erstellte Schutzmaßnahmenkonzept der Geschäftsführung des AGS 10 zu übermitteln, damit diese angemessen berücksichtigt werden können.

3.5
Überprüfung der Wirksamkeit von Schutzmaßnahmen

Technische, organisatorische und persönliche Schutzmaßnahmen sind regelmäßig auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen. Die Wirksamkeit von technischen Schutzmaßnahmen ist regelmäßig (mindestens einmal jährlich) zu überprüfen.

3.6
Dokumentation

Die Gefährdungsbeurteilung einschließlich des Schutzmaßnahmenkonzeptes ist zu dokumentieren.

Das Staubungsverhalten pulverförmiger Schüttgüter kann mit einem geeigneten standardisierten Verfahren z. B. nach DIN 33897 oder EN 15051 quantitativ bestimmt werden.

Z. B. nach: "BVT-Merkblatt über die besten verfügbaren Techniken zur Lagerung gefährlicher Substanzen und staubender Güter" (BREF "Emissions from Storage") durch Bestimmung der "dispersiveness class" aus den dort enthaltenen Listen oder dem Einfachen Maßnahmenkonzept Gefahrstoffe (EMKG) der BAuA, herunterladbar unter www.baua.de/emkg.

Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Ausschuss für Gefahrstoffe - Geschäftsführung, Postfach 170202, 44041 Dortmund; Email: ags@baua.bund.de.