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Abschnitt 5.3 - 5.3 Ermittlung des Sicherheitsabstandes und des Gefährdungsbereiches

Für die üblichen Faser-Grundtypen kann ein Zusammenhang zwischen der geführten Strahlungsleistung in der Faser P0 und der Leistungsdichte (Bestrahlungsstärke) E0 hinter dem Strahlungsaustritt in Abhängigkeit vom Abstand z und der numerischen Apertur (NA) der Faser angegeben werden.

Tabelle 2:
Zusammenhang zwischen Gesamtleistung P0und Leistungsdichte E0bei verschiedenen Fasertypen

Fasertypen:Formel:
MM Stufenindexfaser:P0 = π z2 NA2 E0
MM GradientenindexfaserP0 = π/2 z2 NA2 E0
Einmodenfaser:P0 = 1,05 z2 NA2 E0

Damit kann die im Abstand z auftretende Leistungsdichte berechnet und z.B. mit den auf Bestrahlungsstärke umgerechneten MZB-Werten verglichen werden. Setzt man die Leistungsdichte E0 gleich dem Bestrahlungsstärkewert, so kann man aus den obigen Formeln auch den Sicherheits-Abstand NOHD (siehe Anhang 2) berechnen. Zum Beispiel ergibt sich der NOHD für Einmodenfasern aus:

bgi-5031_formel01.jpg

Für die wichtigsten Wellenlängen für Bestrahlungsdauern ≥ 10 s gilt:

MZB = 36 W/m2 bei 980 nm,

MZB = 404 W/m2 bei 1300 nm,

MZB = 1000 W/m2 größer gleich 1400 nm

Das folgende Bild 2 zeigt für die wichtigsten Wellenlängen die Sicherheitsabstände (NOHD) bei verschiedenen im LWL geführten Strahlungsleistungen.

bgi-5031_bild02.jpg

Bild 2: Beispiele für Sicherheitsabstände (NOHD)

Umgekehrt können diese Zusammenhänge dafür benutzt werden, aus den klassenspezifischen GZS und den zugeordneten Messverfahren (Blende mit bestimmtem Durchmesser in vorgegebenem Abstand) einen entsprechenden Grenzwert für die Strahlungsleistung P0 in der Faser zu berechnen.

Anmerkung:

Wegen der begrenzten Zahl von Lichtwellenleitern und Übertragungswellenlängen können diese Werte auch bequem in Tabellenform angegeben werden (siehe Anhang 5, Tabelle A 5.1). Die dort angegebenen Maximalwerte basieren auf der Annahme des ungünstigsten Falls. Bei anderen Faserparametern können sich aus den gleichen GZS-Werten andere zulässige Maximalleistungen in der Faser ergeben.

Die Leistungsgrenzwerte gelten prinzipiell für einen einzelnen LWL. Bei Faserbändchen oder Multifasersteckverbindern müssen sich mehrere Fasern den angegebenen Grenzwert "teilen", entsprechend geringer ist die zulässige Strahlungsleistung in der einzelnen Faser.

Beispiel zur Ermittlung des Sicherheitsabstands:

Gegeben seien:

  • Wellenlänge λ = 1450 nm,

  • Einwirkungsdauer auf das Auge t = 100 s,

  • Einmoden-Faser mit

    NA = 0,1 (siehe Tabelle 1 in Abschnitt 5.2)

    und

    P0 = 1,05 z2 NA2 E0 (siehe Abschnitt 5.3),

  • Laserleistung P = 1,25 W.

  • Ermittlung des MZB-Wertes:

    Aus Tabelle 6b (Anhang 3 der BG-Information "Betrieb von Laser-Einrichtungen" [BGI 832]) lässt sich ein MZB-Wert von 1000 W·m-2ermitteln.

  • Ermittlung des Sicherheitsabstands NOHD:

    Der NOHD-Wert entspricht dem Abstand r, an dem die Bestrahlungsstärke E auf den MZB-Wert gefallen ist (hier 1000 W/m2)

    Aus P = 1,05 z2 NA2 E

    folgt mit z = NOHD und E = MZB = 1000 W/m2 also:

    bgi-5031_formel02.jpg
  • Ermittlung des Gefährdungsbereichs:

    Der maximale Durchmesser des Gefährdungsbereichs kann abgeschätzt werden zu:

    bgi-5031_formel03.jpg

    Wie bei jeder Strahlkeule wächst der Durchmesser des Gefährdungsbereichs mit der Entfernung von der Quelle und erreicht in einer bestimmten Entfernung z = zmax seinen Maximalwert. Dieser Maximaldurchmesser wird bei MM-Stufenindexfasern in der Entfernung zmax = NOHD (Sicherheitsabstand) erreicht. Bei anderen Fasertypen ist zmax etwas kleiner als NOHD.

    Die Formel ergibt sich unter der Annahme, dass die Quelle die Leistung P abstrahlt und die entstehende Leistungsdichte auf einer Kreisfläche mit dem Durchmesser dmax konstant gleich dem MZB-Wert gesetzt wird. Eine solche Gleichverteilung (von der man nur bei Stufenindexfasern ausgehen kann) stellt bezüglich dmax den schlimmsten Fall dar. Bei gaußförmigen Verteilungen (wie bei Einmodenfasern) ist dmax auf jeden Fall kleiner.

    Für obige Berechnungen wurde mit der numerischen Apertur NA gerechnet. Alternativ kann bei Einmoden-Fasern auch mit dem Modenfelddurchmesser (siehe Anhang 2) gerechnet werden, wie im folgenden Abschnitt durchgeführt.

5.3.1
Gefährdungsbereiche bei Einmoden-Fasern
(engl. Single Mode Fibre, SMF)

Die von Einmodenfasern abgestrahlte Leistung kann meist in guter Näherung durch eine gaußförmige Verteilung beschrieben werden. Zur Zuführung der Pumpleistung bei 980 nm werden Fasern mit einem Modenfelddurchmesser von 7 µm verwendet. im Weitverkehr werden fast ausschließlich Fasern nach ITU-T G.652, ITU-T G.653 und ITU-T G.654 eingesetzt, die alle einen Modenfelddurchmesser von 11 µm oder darunter haben. Für diese Fasern kann der Gefährdungsbereich, in Abhängigkeit der unterschiedlichen Leistungen und Wellenlängen, wie in den Bildern 3, 4, 5 und 6 dargestellt werden.

Anzumerken ist, dass normalerweise erst ab 100 mm mit einer Gefährdung zu rechnen ist (angedeutet durch gestrichelte Kreise). Zum Zwecke der Darstellung wurden aber auch Abstände von weniger als 100 mm berechnet und dargestellt. Außerdem wurde bei der Berechnung der jeweils gültige Detektordurchmesser simuliert (7 mm bei 980 nm und 1280 nm, bzw. 3,5 mm bei 1420 nm und 1550 nm), wobei dieser Detektor so ausgerichtet wird, dass seine Achse auf das Faserende zeigt. Die Quellenleistungen sind nach Laserklassen gestaffelt.

Wie zu erwarten, haben die Gefährdungsbereiche in den Bildern für Laser der Klasse 1M in allen Fällen eine Länge von 100 mm. Dies ist der vorgeschriebene Messabstand für die Klasse 1M. Die Klasse 1M ist gerade so definiert, dass für 100 s die MZB-Werte im Messabstand eingehalten sind.

In den Bildern 4 und 5 ist als höchste Leistung die Leistung gewählt, die als Maximalleistung in Systemen mit verteilter Raman-Verstärkung zurzeit (Stand 2005) von Herstellern angeboten wird.

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Bild 3: Gefährdungsbereiche in r-z-Richtung einer Einmodenfaser für drei verschiedene Leistungen bei 980 nm. In den jeweiligen farbigen Bereichen sind die MZB-Werte überschritten. Es wurde ein Modenfelddurchmesser von 7 µm zugrunde gelegt.

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Bild 4: Gefährdungsbereiche in r-z-Richtung einer Einmodenfaser für drei verschiedene Leistungen bei 1280 nm. In den jeweiligen farbigen Bereichen sind die MZB-Werte überschritten. Es wurde ein Modenfelddurchmesser von 11 µm zugrunde gelegt.

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Bild 5: Gefährdungsbereiche in r-z-Richtung einer Einmodenfaser für drei verschiedene Leistungen bei 1420 nm. In den jeweiligen farbigen Bereichen sind die MZB-Werte überschritten. Es wurde ein Modenfelddurchmesser von 11 µm zugrunde gelegt. Die Klasse 3R ist für Wellenlängen ab 1400 nm nicht relevant, weil die zulässige Leistung kleiner als diejenige der Klasse 1M ist.

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Bild 6: Gefährdungsbereiche in r-z-Richtung einer Einmodenfaser für drei verschiedene Leistungen bei 1550 nm. In den jeweiligen farbigen Bereichen sind die MZB-Werte überschritten. Es wurde ein Modenfelddurchmesser von 11 µm zugrunde gelegt. Die Klasse 3R ist für Wellenlängen ab 1400 nm nicht relevant, weil die zulässige Leistung kleiner als diejenige der Klasse 1M ist.

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Bild 7: Gefährdungsbereiche in r-z-Richtung einer Einmodenfaser für drei verschiedene Leistungen bei 1550 nm. In den jeweiligen farbigen Bereichen sind die MZB-Werte überschritten. Es wurde ein größerer Modenfelddurchmesser von 44 µm angenommen (Modenfeldaufweitung).

Hohe Laserleistungen bis in die Größenordnung von einigen Watt, die der Laser-Klasse 4 entsprechen würden, treten zurzeit nur bei der Weitstreckenübertragung mit Wellenlängenmultiplextechnik und faseroptischer Verstärkung bei Übertragungs-Wellenlängen um 1550 nm auf.

Wie aus den Bildern 4 bis 6 ersichtlich, kann in diesen Fällen ein Abstand, der größer als 40 cm ist, als sicher angesehen werden.

Eine Ausnahme stellt die Pumpwellenlänge 980 nm für EDFA dar, die bei 500 mW abgestrahlter Leistung auch im Abstand von über 1 m noch gefährlich sein kann (siehe Bild 3). Der hier erforderliche Sicherheitsabstand von 100 cm ist für Weitverkehrsfasern nicht anzuwenden, da für diese Wellenlänge besondere Fasern benötigt werden, die nur im Gestell (meist nur auf einer Platine) verlegt werden. Fasern nach G.652 bis G.655 wären in diesem Wellenlängenbereich mehrwellig und sind deshalb für diesen Zweck ungeeignet.

Auch wenn im Einzelfall, z.B. bei Wartungsarbeiten, keine Angaben vorliegen, kann man außer bei 980 nm oder bei Hochleistungssteckern mit Modenfeldaufweitung (nach Bild 6) davon ausgehen, dass ab ca. 40 cm ("Armlänge") keine Gefährdung mehr besteht. In jedem Fall ist aber eine Betrachtung aus einem Winkel von 45° zur Faserachse sicher (dieser Fall ist in den Bildern 3 bis 7 ebenfalls durch gestrichelte Linien dargestellt).

Bei Steckern mit Schrägschliff (z.B. SC-APC mit 8° oder 9°) verkippt der Strahl aus dem Stecker um etwa 4° gegen die Faserachse.

Hochleistungs-Stecker mit Modenfeldaufweitung für Einmoden-Faser

Bei der Übertragung hoher Leistungen über Einmoden-Faser kann es sinnvoll sein, in der Steckfläche einen größeren Modenfelddurchmesser (MFD) zu haben. Ein Beispiel hierfür sind Stecker, bei denen durch Einbau einer Gradientenlinse in jedes Steckteil eine Modenfeldaufweitung und damit eine geringere Divergenz erreicht wird. Durch diese Linse wird der MFD von z.B. 11 µm auf 44 µm aufgeweitet. Ferner ist der Strahl wegen des Schrägschliffs etwa 2° gegen die Faserachse verkippt. Wird ein solcher Stecker offen betrieben, hat er einen größeren Gefährdungsbereich als ein Stecker mit unverändert durchgeführter Einmoden-Faser. Für den Strahl aus diesem Stecker beträgt der Grenzwert für Laserklasse 1M bei 1550 nm nur 14 mW (verglichen mit 136 mW für den Strahl direkt aus der Faser) und alle Leistungen >50 mW sind in Klasse 3B (< 500 mW) oder Klasse 4 (>500 mW) einzustufen (siehe Bild 7).

5.3.2
Gefährdungsbereiche bei Mehrmoden-Fasern
(engl. multi-mode fibre, MMF)

Bei Mehrmodenfasern ist der Sicherheitsabstand NOHD (und damit der Gefährdungsgrad) von der Modenverteilung abhängig, die wiederum die numerische Apertur bzw. die Divergenz beeinflusst (siehe Abschnitt 5.2). In diesem Zusammenhang basieren die entsprechenden Leistungsgrenzwerte im Anhang 5 auf der Annahme des ungünstigsten Falls. Im Einzelfall sind unter Umständen folgende Punkte zu beachten:

  • Je nach Kerndurchmesser der Mehrmodenfaser muss diese als Punktlichtquelle oder ausgedehnte Quelle (MFD > 150 µm) betrachtet werden. Das gilt z.B. für PCS-Fasern mit 200 µm Kerndurchmesser oder Polymer-optische Fasern mit 1000 µm Kerndurchmesser. Der Grad der Modenfüllung bestimmt die Quellengröße (Faktor C6 in den Grenzwert-Formeln, siehe BG-Information "Betrieb von Laser-Einrichtungen" [BGI 832]).

  • Der Grad der Modenfüllung kann die eingekoppelte Leistung beeinflussen. Auch durch Biegung der Faser wird die Modenfüllung verändert, was sich auf die Leistungsmessung auswirken kann.

  • Bei Verwendung einer Mehrmoden-Faser mit einem Sender für Einmodenfaser kann die eingekoppelte Leistung wesentlich höher sein als vom Hersteller angegeben, da die Koppelverluste durch den größeren Kerndurchmesser der Mehrmoden-Faser deutlich kleiner sein können als die vom Hersteller für die Einmoden-Faser berücksichtigten Verluste.

5.3.3
Gefährdungsbereiche bei Polymer-optischen Fasern
(engl. Polymer optical fibre, POF)

Eine Besonderheit stellen LWLKS mit POF dar. Für diese kostengünstigen hochbitratigen Kurzstreckenübertragungssysteme (z.B. im Heimbereich oder Kraftfahrzeug) werden als Sendeelemente verschiedenfarbige (meist "grüne" und "rote") LEDs eingesetzt. Diese liegen im Bereich der Laserklasse 1M bzw. 2.

Die "Systemphilosophie" bedingt andererseits den Einsatz von leicht zu öffnenden und selbst konfektionierbaren optischen Steckverbindungen. Die Streckendämpfung in der Faser ist aber allgemein so groß, dass meist schon kurz nach der Strahleinkopplung keine Gefährdung mehr besteht.