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Abschnitt 4 TRGS 200 - Einstufung von Stoffen

4.1

(1) Für Stoffe, die von der Kommission der Europäischen Union im Rahmen des Anhangs I der Richtlinie 67/548/EWG (Stoffliste) eingestuft worden sind, ist die angegebene Einstufung und Kennzeichnung verbindlich (1) (Listenstoffe, Listenprinzip, Legaleinstufung).

(2) Die Einstufung komplexer Stoffe gemäß Absatz 1 ist in den meisten Fällen unvollständig, da diese komplexen Stoffe nur in Hinblick auf die im Anhang I zur Richtlinie 67/548/EWG angegebenen Gefahren beurteilt worden sind. Die Einstufung für diese Stoffe ist nach Maßgabe von Nummer 4.2 zu ergänzen.

(3) Liegen dem Inverkehrbringer, Hersteller, Einführer oder Vertreiber von Stoffen, die durch die Einstufung von Stoffgruppen (z.B. Bariumverbindungen oder Methacrylate) erfasst sind, Erkenntnisse vor, die über die Einstufung der Stoffgruppe hinausgehen, so ist das Verfahren gemäß Nummer 4.5 dieser TRGS einzuleiten und die Erkenntnisse sind im Sicherheitsdatenblatt an geeigneter Stelle anzugeben (z.B. im Kapitel "Mögliche Gefahren").

4.2

(1) Stoffe, die nicht in der Stoffliste aufgeführt sind, muss der Hersteller oder Einführer nach den im Anhang VI der Richtlinie 67/548/EWG ("Kennzeichnungsleitfaden") genannten Kriterien prüfen und ggf. einstufen (Definitionsprinzip).

(2) Bei der Einstufung von Stoffen nach dem Kennzeichnungsleitfaden sind alle gefährlichen Eigenschaften zu berücksichtigen. Hierbei sind heranzuziehen: .

  • Informationen aufgrund praktischer Erfahrungen,

  • Ergebnisse von Prüfungen,

  • gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse (z.B. Informationen über Stoffe aus den verschiedenen Altstoffprogrammen, sonstige Veröffentlichungen),

  • die in Zulassungsverfahren gewonnenen Erkenntnisse (z.B. nach Pflanzenschutzmittelgesetz),

  • Informationen aus internationalen Regelungen über den Transport gefährlicher Güter,

  • Gegebenenfalls können auch die Ergebnisse validierter Struktur/Aktivitätsbeziehungen (2) und Sachverständigengutachten herangezogen werden.

(3) Die Bekanntmachung von als krebserzeugend, erbgutverändernd oder fortpflanzungsgefährdend eingestuften Stoffen erfolgt durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales nach Beratung durch den AGS mit der TRGS 905. Ist der Stoff in der Stoffliste nach Anhang I der Richtlinie 67/548/EWG nicht oder hinsichtlich der krebserzeugenden, erbgutverändernden oder fortpflanzungsgefährdenden Wirkung mit einer Einstufung aufgeführt, die von der TRGS 905 abweicht, so sind bei der Ermittlung der gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse die Angaben der TRGS 905 zu berücksichtigen.

4.3

(1) Neue Stoffe sind nach den Ergebnissen der Prüfungen nach § 7, § 9 und § 9a des ChemG einzustufen. Neue Stoffe, deren gefährliche Eigenschaften nicht hinreichend bekannt und die von der Anmeldung nach dem ChemG § 5 Abs. 1 Nr. 2-4 ausgenommen sind, werden nach ihren bekannten Eigenschaften eingestuft und zusätzlich mit der folgenden Kennzeichnung versehen:

"Achtung - noch nicht vollständig geprüfter Stoff".

(2) Bei alten Stoffen ist der Hersteller oder Einführer verpflichtet, die einschlägigen und zugänglichen Daten zu ermitteln und eine entsprechende Einstufung vorzunehmen.

4.4

(1) Stoffe, die gefährliche Verunreinigungen oder Beimengungen enthalten oder sich aus einzelnen Bestandteilen zusammensetzen (z.B. UVCB-Stoffe), werden nach Maßgabe von Anhang VI Nr. 1.7.2.1 der Richtlinie 67/548/EWG wie Zubereitungen eingestuft.

(2) Die Kennzeichnung erfolgt als Stoff gemäß der Richtlinie 67/548/EWG.

4.5

(1) Ist es aufgrund neuer Ergebnisse aus Prüfungen oder aufgrund neuer gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse notwendig, eine Einstufung der Stoffliste zu verändern, soll der Hersteller oder Einführer diese neu veränderte Einstufung mit allen notwendigen Daten über die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin') der EG-Kommission zur Entscheidung vorlegen. Hierzu sollte zweckmäßigerweise ein EG-Dossier bezogen auf die neuen bzw. geänderten Gefährlichkeitsmerkmale erstellt werden.

(2) Grundsätzlich bleibt die in der Stoffliste angegebene Einstufung bis zur Veröffentlichung einer Anderung in der Stoffliste verbindlich. Der Hersteller oder Einführer soll seinen Abnehmern die Daten für eine geänderte Einstufung in geeigneter Weise, insbesondere mit dem Sicherheitsdatenblatt, bekannt geben.

4.6

(1) Stuft der Hersteller oder Einführer einen alten Stoff, der nicht in der Stoffliste aufgeführt ist, aufgrund der Kriterien in Anhang VI Nr. 4 der Richtlinie 67/548/EWG als krebserzeugend, erbgutverändernd oder fortpflanzungsgefährdend ein, so hat er die seiner Einstufung zugrunde liegenden Daten unverzüglich der Anmeldestelle nach dem Chemikaliengesetz(3) mitzuteilen.

(2) Verfügt der Hersteller oder Einführer zu alten Stoffen, die in der Stoffliste aufgeführt sind, über neue Daten, die für eine Einstufung als krebserzeugend, erbgutverändernd oder fortpflanzungsgefährdend von Bedeutung sind, hat er diese Daten unverzüglich der Anmeldestelle nach dem Chemikaliengesetz mitzuteilen.

(3) Für diese Mitteilung sollte zweckmäßigerweise ein EG-Dossier bezogen auf die neuen bzw. geänderten Gefährlichkeitsmerkmale erstellt und über die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin der EG zur Entscheidung vorgelegt werden, wenn der Stoff weiterhin in Verkehr gebracht wird.

(4) Manchmal bestehen Zweifel hinsichtlich der Anwendung der einschlägigen Kriterien, insbesondere wenn diese Expertenwissen voraussetzen. In solchen Fällen sollte der Hersteller, Vertreiber oder Importeur den Stoff aufgrund einer Beurteilung durch eine fachkundige Person vorläufig einstufen und kennzeichnen.

(5) Unbeschadet des Nachforschungsgebotes nach Artikel 6 der Richtlinie 67/548/EWG kann in Fällen, in denen das oben dargelegte Verfahren angewandt wurde und in denen uneinheitliche Anwendung befürchtet wird, ein Vorschlag zur Eintragung der Einstufung in Anhang I dieser Richtlinie übermittelt werden. Der Antrag ist in einem Mitgliedstaat einzureichen und sollte die einschlägigen wissenschaftlichen Daten umfassen (siehe Nummer 3.1).

(6) Entsprechend kann vorgegangen werden, wenn Informationen bekannt werden, die Zweifel an der Richtigkeit eines Eintrags in der Stoffliste auslösen.

(1) Amtl. Anm.:

Bei leicht ersichtlichen "Druckfehlern" (z.B. R33/38) kann nach Rücksprache mit der zuständigen Behörde von der angegebenen Einstufung und Kennzeichnung abgewichen werden.

(2) Amtl. Anm.:

Strukturaktivitätsbeziehungen erlauben es, aufgrund von Analogiebetrachtungen toxikologische bzw. ökotoxikologische Wirkungen von Stoffen vorherzusagen, Dieses geschieht häufig durch Anwendung von Computermodellen. Da kein Modell bislang die Wirkung jeder chemischen Struktur hinlänglich abschätzen kann, ist der Rat und die Erfahrung von Fachleuten auch hier unumgänglich.

(3) Amtl. Anm.:

Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Postfach 17 02 02, 44061 Dortmund