BekGS 408 - Bekanntmachung zu Gefahrstoffen 408

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Abschnitt 4 BekGS 408 - Auswirkungen auf Aspekte des Arbeitsschutzes (1)

Außer Kraft am 28. September 2020 durch die Bek. vom 20. August 2020 (GMBl S. 784)

In der Gefahrstoffverordnung werden übergangsweise die Bezüge zur Einstufung nach Stoff- und Zubereitungsrichtlinie beibehalten: Sofern die GefStoffV Anforderungen aus der Einstufung herleitet, bezieht sie sich ausschließlich auf die Einstufung nach Stoff- bzw. Zubereitungsrichtlinie. Mit diesem Vorgehen bleibt das bisherige Schutzniveau zunächst unverändert. Dies gilt entsprechend auch für bestehende Technische Regeln, die - abgesehen von erforderlichen formalen Anpassungen - zunächst unverändert Anwendung finden. 12 Zusammenfassend bedeutet dies für die Praxis, dass das nationale Gefahrstoffrecht erst zum 1.6.2015 komplett auf die CLP-Verordnung umgestellt sein wird.

(2) Dementsprechend ist es für die Maßnahmen des Arbeitsschutzes von nachrangiger Bedeutung, ob bereits die neue Kennzeichnung eingeführt ist oder nicht. Trotzdem kann - wie in den Nummern 4.1 bis 4.4 näher beschrieben - die Umstellung auf die CLP-Verordnung innerhalb eines betroffenen Betriebs folgende, zusätzliche Aktivitäten erfordern:

  1. 1.

    Überprüfung der Gefährdungsbeurteilung

  2. 2.

    Überprüfung bzw. Ergänzung des Gefahrstoffverzeichnisses,

  3. 3.

    Überprüfung bzw. Ergänzung der Betriebsanweisungen,

  4. 4.

    Unterweisung der betroffenen Mitarbeiter vor der Aufnahme von Tätigkeiten mit neu gekennzeichneten Arbeitsstoffen sowie

  5. 5.

    Anpassung der innerbetrieblichen Kennzeichnung.

4.1 Gefährdungsbeurteilung

4.1.1 Gefahrstoffinformation

(1) Die gefährlichen Eigenschaften eines Stoffes oder eines Gemisches werden aus den intrinsischen (dem Stoff innewohnenden) Eigenschaften abgeleitet, führen jedoch nicht immer zu einer Einstufung. So trifft man zum Beispiel auf gefährliche Stoffeigenschaften, die abhängig vom verwendeten System (von der verwendeten Rechtsgrundlage) eine Einstufung erfordern oder auch nicht. 13

(2) Darüber hinaus sind auch gefährliche Eigenschaften wie z.B. die Bildung eines explosionsfähigen Staub-/Luft-Gemisches bekannt, die weder im einen noch im anderen System zu einer Einstufung führen. Für die Aspekte des Arbeitsschutzes ist die Bezugnahme auf die Definition des "Gef ahrstoffs" (s. Nummer 2) von entscheidender Bedeutung. Das verwendete System zur Einstufung und Kennzeichnung spielt für die zu ergreifenden Schutzmaßnahmen daher eine untergeordnete Rolle.

(3) Demgegenüber ändern sich jedoch im neuen System die Elemente der Gefahreninformation: Gefahrstoffkennzeichnungen (Etiketten) und Sicherheitsdatenblätter.

(4) Die Kennzeichnung auf dem Etikett dient der ersten Warnung und soll in knapper, verständlicher Form wesentliche Gefahren augenfällig signalisieren. Sie muss nicht zwingend immer alle Gefahren wiedergeben, insbesondere wenn von der Möglichkeit einer vereinfachten Kennzeichnung Gebrauch gemacht wird. Im Sicherheitsdatenblatt nach Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (REACH-Verordnung) werden sowohl Einstufung als auch Kennzeichnung kommuniziert.

(5) Zur Anwendung des Technischen Regelwerks siehe Nummer 4.5.

4.1.2 Bereits eingeführte Produkte mit neuer Kennzeichnung

(1) Aktivitäten im Betrieb sind spätestens dann erforderlich, wenn ein bereits im Betrieb eingesetzter chemischer Arbeitsstoff mit neuer Kennzeichnung geliefert wird. Parallel mit der Umstellung auf die neue Kennzeichnung muss vom Lieferanten ein entsprechend überarbeitetes Sicherheitsdatenblatt übermittelt werden. Sollte dies nicht erfolgt sein, ist eine entsprechende Nachfrage erforderlich.

(2) Erster Schritt der Aktivitäten im eigenen Betrieb sollte eine sorgfältige Überprüfung der Identität des neu gekennzeichneten Produkts sein. Insbesondere ist festzustellen, ob das Produkt in seiner Zusammensetzung unverändert geblieben ist (Sicherheitsdatenblatt Kapitel 3). Ist dies der Fall und gibt es auch in anderen Kapiteln des Sicherheitsdatenblattes keine relevanten Änderungen, so kann die bislang vorhandene Gefährdungsbeurteilung weiter genutzt werden. Diese Überprüfung sollte dokumentiert werden.

(3) Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass neue Erkenntnisse trotz unveränderter Zusammensetzung des Produktes zu Änderungen im Sicherheitsdatenblatt geführt haben. Erkenntnisse über neue Gefahren können sich z.B. aus der Stoffbewertung nach der REACH-Verordnung ergeben. Aus diesem Grund sollten Änderungen in allen Kapiteln des Sicherheitsdatenblatts anlässlich der neuen Kennzeichnung sorgfältig beachtet werden. Falls bisher nicht bekannte Gefahren zu einer Einstufung geführt haben, muss die Gefährdungsbeurteilung gemäß TRGS 400 "Gefährdungsbeurteilung für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen" überprüft und ggf. geändert werden.

4.1.3 Einführung neuer Produkte mit neuer Kennzeichnung

Vor der Einführung neuer Produkte mit neuer Kennzeichnung in einen Arbeitsbereich hat sich der Arbeitgeber bei der Ableitung von Maßnahmen und der Anwendung des Technischen Regelwerks mindestens an der alten Einstufung zu orientieren (Sicherheitsdatenblatt Kapitel 2).

4.2 Gefahrstoffverzeichnis

(1) Um einen Überblick über die im Betrieb eingesetzten Gefahrstoffe zu ermöglichen, muss der Arbeitgeber ein Gefahrstoffverzeichnis nach GefStoffV führen. Das Verzeichnis ist auf aktuellem Stand zu halten und muss einen Verweis auf die zugehörigen Sicherheitsdatenblätter enthalten.

(2) Es wird empfohlen, während der Übergangszeit im betrieblichen Gefahrstoffverzeichnis die Einstufung sowohl nach altem als auch nach neuem Recht aufzuführen.

4.3 Betriebsanweisung und Information der Beschäftigten

(1) Es ist zweckmäßig unabhängig von der Information der Beschäftigten nach § 14 GefStoffV die betroffenen Mitarbeiter über das neue System zur Einstufung und Kennzeichnung zu informieren. Vorrangig sind dabei die neuen Kennzeichnungselemente und die wesentlichen Unterschiede des alten und neuen Systems in verständlicher Weise und abgestimmt auf die betrieblichen Tätigkeiten in angemessenem Umfang zu erläutern.

(2) Entsprechend der Bekanntmachung des BMAS 12 können in den Betriebsanweisungen nach § 14 GefStoffV die Angaben auf der Grundlage der Stoff- und Zubereitungs-Richtlinien weiter verwendet werden (TRGS 555 "Betriebsanweiung und Information der Beschäftigten"). Eine Anpassung oder Umstellung der Betriebsanweisungen auf die neue Kennzeichnung sollte erfolgen sobald ein Lieferant (Hersteller, Importeur, nachgeschalteter Anwender oder Händler) Produkte mit der neuen Kennzeichnung liefert, jedoch spätestens zum Ende der Übergangsfrist am 1.6.2015.

(3) Für die Umstellung der Betriebsanweisungen ist kein formaler Weg festgelegt. Da in der Praxis die alte und die neue Kenzeichnung über einen längeren Zeitraum vorkommen kann, z.B. aufgrund mehrerer Lieferanten für dasselbe Produkt, kommen für die Übergangsphase z.B. folgende Möglichkeiten in Frage:

  1. 1.

    Eine Betriebsanweisung mit alten und mit neuen Kennzeichnungselementen;

  2. 2.

    Eine Betriebsanweisung mit alten oder mit neuen Kennzeichnungselementen und einem Hinweis, dass abweichende Kennzeichnungen auf dem Gebinde möglich sind;

  3. 3.

    Parallele Verwendung von zwei Betriebsanweisungen: eine Ausfertigung mit alten und eine zweite Ausfertigung mit neuen Kennzeichnungselementen;

(4) Die Verwendung von Gruppenbetriebsanweisungen ist nach wie vor möglich.

(5) Bei der Einführung einer geänderten Betriebsanweisung ist eine entsprechende mündliche Unterweisung erforderlich.

4.4 Innerbetriebliche Kennzeichnung

(1) Bezüglich der Kennzeichnung von gefährlichen Stoffen und Gemischen im Betrieb nach § 8 Absatz 2 GefStoffV, z. B. von Apparaturen, Rohrleitungen, Lagertanks, Laborflaschen, Abfällen usw., ist die TRGS 201 "Einstufung und Kennzeichnung bei Tätigkeiten" anzuwenden. Hiernach sind in bestimmten Fällen eine vereinfachte Vorgehensweise und Erleichterungen bei der innerbetrieblichen Einstufung und Kennzeichnung möglich. Ergänzend gilt Nummer 7 der Technischen Regel für Arbeitsstätten (ASR) A1.3 "Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung".

(2) Da in der Gefahrstoffverordnung die Bezüge auf die bisherigen Einstufungsvorschriften bis zum Ablauf der Übergangsfristen am 1. Juni 2015 erhalten bleiben, ist die Verwendung der bisherigen Kennzeichnung in den Betrieben grundsätzlich zulässig. Jedoch kann in Abhängigkeit von dem innerbetrieblichen Informationsstand zu den neuen Kennzeichnungsvorgaben die neue Kennzeichnung während der Übergangsfristen bereits angewendet werden.

(3) Da der Änderungsaufwand unterschiedlich hoch ist, je nachdem, ob die Beschriftung von z. B. Laborflaschen oder von Lagertanks zu ändern ist, werden in einem Betrieb bei schrittweiser Vorgehensweise für eine gewisse Zeit beide Kennzeichnungssysteme nebeneinander vorkommen. Jedoch sollte die parallele Verwendung der unterschiedlichen Kennzeichnungssysteme nicht länger als erforderlich aufrecht erhalten werden. Eine gleichzeitige Kennzeichnung eines Behältnisses oder einer Rohrleitung mit alten und neuen Kennzeichnungselementen ist zu vermeiden.

4.5 Anwendung des Technischen Regelwerks

Da die Technischen Regeln schrittweise an die CLP-Verordnung angepasst werden, ist während der Übergangsphase darauf zu achten, auf welches Einstufungs- und Kennzeichnungssystem (nach altem oder neuem Recht) in der jeweils gültigen (aktuellen) Fassung Bezug genommen wird.

4.6 Hinweise auf mögliche Schwierigkeiten während des Übergangszeitraums

(1) Unterschiedliche Kriterien und Verfahren zur Einstufung und Kennzeichnung nach altem und neuem Recht sowie neue Einstufungs- und Kennzeichnungselemente können den Eindruck erwecken, dass die neu gekennzeichneten Produkte ein höheres oder auch niedrigeres Gefahrenpotenzial haben als bisher angenommen.

(2) Gemäß der CLP-Verordnung hat darüber hinaus die Expertenbeurteilung, anhand derer von Standardkriterien abgewichen werden kann, breitere Anwendungsmöglichkeiten als bisher erhalten. Dies betrifft sowohl die Möglichkeit, stoffspezifische Einstufungsgrenzen festzulegen als auch die Beurteilung der Eigenschaften von Gemischen. Während der Übergangsfristen stehen unterschiedliche Einstufungsverfahren (Prüfdaten, Übertragungsgrundsätze, Expertenbeurteilung, konventionelle Methode) zur Verfügung. In den Fällen, in denen keine Daten für einen Stoff oder ein Gemisch vorhanden sind, kann die Umwandlungstabelle nach Anhang VII CLP-Verordnung 14 benutzt werden. Verschiedene Einstufungsverfahren können jedoch zu unterschiedlichen Ergebnissen führen.

(3) Zudem ist - selbst bei einer Legaleinstufung - die Auswahl der Sicherheitshinweise vom Hersteller oder Inverkehrbringer vorzunehmen, so dass für den gleichen Stoff oder das gleiche Gemisch diesbezüglich unterschiedliche Kennzeichnungen zu erwarten sind.

(4) Verunsicherungen über das zu realisierende Schutzniveau werden sich daher in der Praxis nicht ganz vermeiden lassen. Dem Arbeitgeber steht während der Übergangszeit die alte Einstufung zur Verfügung, an der er sich für die Ableitung von Maßnahmen und die Anwendung des Technischen Regelwerks mindestens orientieren muss.

(5) Anlage 1 dieser Bekanntmachung enthält ausgewählte Fallbeispiele zu

  1. 1.

    vergleichbarer Einstufung und Kennzeichnung,

  2. 2.

    divergierender Einstufung und Kennzeichnung,

  3. 3.

    neuer und zusätzlicher Einstufung und Kennzeichnung sowie

  4. 4.

    ergänzender Kennzeichnung.

Zum Beispiel ist eine Einstufung als "Korrosiv gegenüber Metallen" nur nach CLP-Verordnung, nicht nach Stoff- und Zubereitungsrichtlinie vorgesehen.