Abschnitt 3.4 - 3.4 Messungen
Durch Messen wird festgestellt, ob die Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen gegen elektrischen Schlag sichergestellt ist.
Für die Gewährleistung eines sicheren und sinnvollen Prüfablaufs sollte die nachfolgende Reihenfolge der Messungen eingehalten werden.
Alle nachfolgend beschriebenen Messungen müssen mit geeigneten Geräten zum Prüfen, Messen oder Überwachen von Schutzmaßnahmen durchgeführt werden (siehe Kapitel 5).
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Messgeräte können sich in Ihrer Bedienung deutlich voneinander unterscheiden. Deshalb muss sich die Prüfperson vor der Benutzung mit der jeweiligen Bedienungsanleitung vertraut machen! |
3.4.1
Spannungen zwischen allen Außenleitern, zu Neutral- und Schutzleiter
Die Messung der Spannungen zwischen den Außenleitern und dem Neutralleiter sowie dem Neutralleiter und dem Schutzleiter dient u. a. der Kontrolle der Netzform sowie dem Nachweis, dass der Schutzleiter nicht mit Fremdspannung beaufschlagt ist.
Tabelle 3
Spannungsprüfung
Messung | Kontrolle | ||
---|---|---|---|
alle Außenleiter | → | N | Netzform, Sternpunktverschiebung |
alle Außenleiter | → | PE/PEN | |
Außenleiter | → | Außenleiter | |
N | → | PE | Fremdspannung auf dem Schutzleiter |
Die Messung der Spannungen dient ebenfalls dem Nachweis, dass die folgenden Messungen bei Netzspannung und Netzfrequenz durchgeführt werden können.
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Wenn Verpolungssicherheit an Steckvorrichtungen gewährleistet werden muss, ist der polrichtige Anschluss von Außenleiter und Neutralleiter zu überprüfen. |
3.4.2
Nachweis der Niederohmigkeit des Schutzleitersystems
Die Niederohmigkeit des Schutzleitersystems ist Voraussetzung für die Wirksamkeit der Schutzmaßnahme "Automatische Abschaltung der Stromversorgung im Fehlerfall".
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Für die Schutzmaßnahme "Automatische Abschaltung der Stromversorgung im Fehlerfall" muss der Nachweis der Wirksamkeit an jeder zugänglichen Schutzleiterverbindung erfolgen (100 %-Messung!). |
Die Prüfung der niederohmigen Schutzleiterverbindung besteht aus dem Besichtigen in Verbindung mit einer Messung mit einem Prüfstrom von mindestens 200 mA (AC oder DC).
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Um den Schutzleiterwiderstand richtig bewerten zu können, muss die Prüfperson wissen, welche Art von Prüfstrom für die Schutzleiterwiderstandsmessung verwendet wird. Bei der Verwendung eines Gleichstroms als Prüfstrom ist zu beachten, dass sich Korrosionen an bzw. in Schutzleiterverbindungen wie Dioden verhalten können. Aus diesem Grunde muss in beiden Polaritäten gemessen werden (Stromrichtungsumkehr). Bei der Verwendung von Wechselstrom als Prüfstrom muss beachtet werden, dass sich eventuell vorhandene Blindwiderstände, z. B. Netzdrosseln, zum ohmschen Leitungswiderstand addieren können und somit zu einer Erhöhung des Gesamtwiderstandes Z führen. Multimeter und zweipolige Spannungsprüfer, die nicht den Anforderungen der Normenreihe VDE 0413 entsprechen, sind für den Nachweis der niederohmigen Schutzleiterverbindung nicht geeignet! |
Für den Nachweis der Niederohmigkeit des Schutzleitersystems empfehlen sich folgende Messungen:
- 1.
Messung über die Haupterdungsschiene:
Ausgehend von der Haupterdungsschiene als Fixpunkt werden nacheinander alle berührbaren und an den Schutzleiter angeschlossenen Metallflächen kontaktiert. Dies erfordert eine ausreichend lange Messleitung, welche zur Vermeidung von Messfehlern vor der Messung kompensiert werden muss.

Abb. 6
Messung der niederohmigen Schutzleiterverbindung zwischen der Haupterdungsschiene und den zugänglichen Schutzleiteranschlüssen
- 2.
Messung über einen zugänglichen und zuvor ausgemessenen Schutzleiteranschluss:
Bei dieser Messung wird z. B. der Schutzleiteranschluss einer Steckdose als Fixpunkt gewählt und nacheinander alle berührbaren und an den Schutzleiter angeschlossenen Metallflächen kontaktiert.

Abb. 7
Messung der niederohmigen Schutzleiterverbindung zwischen den zugänglichen Schutzleiteranschlüssen

Abb. 8
Messung der niederohmigen Schutzleiterverbindung

Abb. 9
Messung der niederohmigen Schutzleiterverbindung; Leuchte

Abb. 10
Schutzleiterwiderstandsmessung; Messung der niederohmigen Schutzleiterverbindung;
Bedienpult einer Maschine

Abb. 11
Schutzleiterwiderstandsmessung; Messung der niederohmigen Schutzleiterverbindung;
Schaltschrank
Der gemessene Widerstandswert ist abhängig von verschiedenen Faktoren (z. B. der Leitungslänge, dem Leiterquerschnitt, dem Leitermaterial und der Umgebungstemperatur). Allerdings sind diese nicht immer bekannt. Aus diesem Grund empfiehlt sich die Orientierung an den in der elektrischen Anlage gemessenen üblichen Werten. In der Praxis sollten diese für die Schutzleiterverbindung unter 1 Ω liegen und innerhalb eines Anlagenteils bzw. Stromkreises nicht wesentlich voneinander abweichen.
Da die Niederohmigkeit des Schutzleitersystems alternativ auch über die Schleifenimpedanzmessung nachgewiesen werden kann (siehe Abschnitt 3.4.3.1), sind hinsichtlich der Bewertung die in diesem Abschnitt enthaltenen Hinweise zu beachten.
3.4.3
Prüfung der Schutzmaßnahmen durch automatische Abschaltung der Stromversorgung (Überprüfung der Abschaltbedingungen)
3.4.3.1
Messung der Schleifenimpedanz
Die Schleifenimpedanzmessung dient dem Nachweis, dass die im Fehlerfall auftretende Fehlerstromschleife einen so niedrigen Widerstand aufweist, dass die vorgeschalteten Überstromschutzorgane zuverlässig auslösen.
Die Schleifenimpedanzmessung wird unterschieden in die Fehlerschleifenimpedanzmessung für den Nachweis der Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen gegen elektrischen Schlag (Abschnitt 3.4.3.1.1) und die Netzimpedanzmessung für den Nachweis der Funktion des Anlagenschutzes (Abschnitt 3.4.3.1.2).
Zur richtigen Beurteilung der Messwerte sind genaue Kenntnisse über den Aufbau der zu prüfenden Anlage bzw. der Anlagenteile erforderlich (Netzform, Netzspannung und Frequenz).
Die Schleifenimpedanz wird ermittelt, indem die Netzspannung einmal im unbelasteten und einmal im belasteten Zustand gemessen wird. Die hieraus resultierende Spannungsdifferenz ΔU wird durch den in der Fehlerschleife gemessenen Strom IM dividiert und ergibt die Schleifenimpedanz ZSchleife.
Beispiel:

Aus dem Wert der Schleifenimpedanz wird dann der Kurzschlussstrom IK errechnet.

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Für den Nachweis der Abschaltbedingungen wird in der Praxis oft nur mit dem maximal zum Fließen kommenden Kurzschlussstrom IK gerechnet. |

Abb. 12
Fehlerschleifen-Impedanzmessung; Messschaltung
3.4.3.1.1 Ermittlung der FehlerschleifenimpedanzZS:
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In Stromkreisen mit RCD ist eine Fehlerschleifenimpedanzmessung nicht gefordert, da der bei dieser Messung auftretende Prüfstrom zur ungewollten Auslösung der RCD führt. Allerdings muss in solchen Stromkreisen für den Nachweis der Abschaltbedingungen der Überstromschutzorgane eine Netzimpedanzmessung nach Abschnitt 3.4.3.1.2 durchgeführt werden. |
Ziel der Fehlerschleifenimpedanzmessung ist der Nachweis, dass der Fehlerschutz (Schutz gegen elektrischen Schlag bei indirektem Berühren) durch die automatische Abschaltung der Stromversorgung gewährleistet wird.
Die Messung der Fehlerschleifenimpedanz im TN-System wird zwischen den Außenleitern und dem Schutzleiter (L1-PE, L2-PE, L3-PE) durchgeführt.

Abb. 13
Messung der Fehlerschleifenimpedanz im TN-System
Tabelle 4:
Auslöse-Charakteristiken verschiedener LS-Schalter
Auslösecharakteristik | Vielfaches des Bemessungsstromes | ![]() |
---|---|---|
B/L | 5 | |
C | 10 | |
D | 20 | |
E [SL S] | 6,25 | |
H (bis 1982) | 3 | |
K/G | 12-14 | |
U (nach ÖVE) | bis 12 | |
Z | 3 |
Aus der Multiplikation des "Vielfachen des Bemessungsstroms" und dem Bemessungsstrom IN des Schutzorgans ergibt sich der erforderliche Auslösestrom zur Sicherstellung der Abschaltbedingungen nach Tabelle 41.1, VDE 0100-410.
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Bei der Verwendung von Schmelzsicherungen sind die Herstellervorgaben zu berücksichtigen. In der Regel kann für die Ermittlung des Auslösestromes Ia überschlagsweise auch mit einem Faktor von 10 · IN gerechnet werden. |
In der Praxis können die für die Einhaltung der Abschaltbedingungen erforderlichen Werte nach zwei Methoden ermittelt werden.
30 %-Methode
Diese Methode berücksichtigt nur die maximale Betriebsmessunsicherheit von ± 30 % nach VDE 0413-3.
2/3-Methode
Bei der Anwendung dieser Methode lassen sich schnell und unkompliziert überschlagsmäßig Werte unter Berücksichtigung typischer, bei der Messung auftretender Abweichungen, z. B. Spannungsschwankungen und Temperatureinflüsse, ermitteln.
Die 2/3-Methode berücksichtigt auch die maximale Betriebsmessunsicherheit von ± 30 % und sollte deshalb bevorzugt angewendet werden.
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![]() | |
In der Praxis sollten die gemessenen Werte deutlich von den ermittelten Grenzwerten abweichen (ZS deutlich kleiner, Ia deutlich größer). Unabhängig von der angewandten Methode bedeutet eine Annäherung an die ermittelten Grenzwerte, dass der überprüfte Stromkreis eingehender untersucht werden muss, z. B. durch Abgleich mit den Ergebnissen vorhergehender Prüfungen. |
Tabelle 5
Schleifenwiderstände und Auslöseströme bei U0 = AC 230 V (Mindestanforderungen)
Werte aus VDE 0100-600 Tabelle NA.1, Mindestanforderung (ohne Korrektur) | Mindestanforderung nach VDE 0100-600, Anhang C; gilt auch für die wiederkehrende Prüfung nach VDE 0105-100/A1 | |||
---|---|---|---|---|
2/3-Methode | ||||
ZS max | Ia min | ZS max | Ia min | |
B10 | 4,60 Ω | 50 A | 3,07 Ω | 75 A |
B13 | 3,54 Ω | 65 A | 2,36 Ω | 98 A |
B16 | 2,88 Ω | 80 A | 1,92 Ω | 120 A |
B20 | 2,30 Ω | 100 A | 1,53 Ω | 150 A |
B25 | 1,84 Ω | 125 A | 1,23 Ω | 188 A |
B32 | 1,44 Ω | 160 A | 0,96 Ω | 240 A |
C10 | 2,30 Ω | 100 A | 1,53 Ω | 150 A |
C13 | 1,77 Ω | 130 A | 1,18 Ω | 195 A |
C16 | 1,44 Ω | 160 A | 0,96 Ω | 240 A |
C20 | 1,15 Ω | 200 A | 0,77 Ω | 300 A |
C25 | 0,92 Ω | 250 A | 0,61 Ω | 375 A |
C32 | 0,72 Ω | 320 A | 0,48 Ω | 480 A |
Für die Praxis ergibt sich aus den Werten, dass schon bei der Projektierung daran gedacht werden sollte, dass je nach angeschlossenen Betriebsmitteln, z. B. Industriestaubsauger, bzw. weiteren angeschlossenen Leitungslängen, z. B. Leitungsroller, in Abhängigkeit der unterschiedlichen Betriebsbereiche zusätzliche Reserven notwendig sind.
Das nachfolgende Beispiel soll verdeutlichen, dass in Steckdosenstromkreisen, die den zulässigen Grenzwert des Mindest-Auslösestroms erreichen bzw. sich diesem annähern, keine weiteren Leitungslängen mehr angeschlossen werden können. Im Fehlerfall werden ansonsten die erforderlichen Abschaltzeiten nicht mehr sicher eingehalten.
Bei der Bewertung des Fehlerschutzes von Steckdosenstromkreisen sind die üblichen Nutzungsbedingungen zu berücksichtigen!
Der im nachfolgenden Beispiel genannte Wert für den Schleifenwiderstand ZS von 1,35 Ω kann im Büro oder Haushalt üblich sein, im gewerblichen Bereich ist er jedoch zu hinterfragen und kann eine Ertüchtigung der Anlage erforderlich machen.
Beispiel: Bewertung von Schleifenwiderständen
Absicherung eines Steckdosenstromkreises mit einem Leitungsschutzschalter B16
Ausgangssituation:
IK ≈ 170 A; ZS = 1,35 Ω => | Die Abschaltbedingungen nach Tabelle 5 werden eingehalten |
---|
Erweiterung des Beispiels: Der zusätzliche Anschluss einer 25 m Verlängerung (1,5 mm2) bedeutet eine Zunahme des Schleifenwiderstandes um 0,62 Ω. Zuzüglich der Übergangswiderstände an den Steckvorrichtungen (ca. 0,1 Ω pro Steckvorrichtung) ergibt sich somit ein Gesamtschleifenwiderstand von

Damit ist in diesem Stromkreis der Anschluss dieser zusätzlichen Leitung nicht mehr möglich, da die Mindestanforderung nach VDE 0100-600, Anhang C, für die Abschaltbedingungen der Überstromschutzorgane nicht mehr eingehalten werden.
Werte aus VDE 0100-600 Tabelle NA.1, Mindestanforderung (ohne Korrektur) | Mindestanforderung nach VDE 0100-600, Anhang C; gilt auch für die wiederkehrende Prüfung nach VDE 0105-100/A1 | |||
---|---|---|---|---|
2/3-Methode | ||||
ZS max | Ia min | ZS max | Ia min | |
B16 | 2,88 Ω | 80 A | 1,92 Ω | 120 A |
IK ≈ 170 A; ZS = 1,35 Ω | Abschaltbedingungen sind von der Gebäudeinstallation eingehalten | |||
IK ≈ 106 A; ZS = 2,17 Ω | Maximal zulässige Leitungslänge überschritten | |||
Mögliche Maßnahmen:
|
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Hinter Frequenzumrichtern oder in Netzen mit sicherer elektrischer Trennung lässt sich der Schleifenwiderstand nicht direkt messtechnisch ermitteln. Stattdessen ist der Gesamtschleifenwiderstand abschnittsweise durch Einzelmessungen zu ermitteln. Eine ähnliche Vorgehensweise empfiehlt sich:
|

Abb. 14.1
Nachweismethode der durchgängig niederohmigen Schutzleiterverbindung

Abb. 14.2
Nachweismethode der durchgängig niederohmigen Schutzleiterverbindung
![]() | Hinweis | |
---|---|---|
Im Stromkreis enthaltene Betriebsmittel, z. B. RCDs, Trenntransformatoren und Frequenzumrichter, verhindern die korrekte Durchführung der Prüfungen der Maßnahmen zum Schutz gegen elektrischen Schlag. | ||
RCD: | RCD wird auslösen | |
Trenntransformator: | fehlender Erdbezug | |
Frequenzumrichter: | fehlender Erdbezug | |
Die nachfolgende Verlautbarung beinhaltet Hinweise zur Erfüllung der Prüfaufgabe in den beschriebenen Fällen: Verlautbarung des DKE Normengremiums UK 221.1 "Schutz gegen elektrischen Schlag" zum Thema Frequenzumrichter und USV-Anlagen vom 22.06.2020: In elektrischen Anlagen, die Betriebsmittel wie Frequenzumrichter oder Unterbrechungsfreie Stromversorgungssysteme (USV) enthalten, ist der Schutz gegen elektrischen Schlag für das Gesamtsystem sicherzustellen. Hierzu gehört auch die Last- bzw. Verbraucherseite des Frequenzumrichters oder der USV-Anlage. Dieser Hinweis beschreibt die Anforderungen an die Prüfung vorgenannter Einrichtungen. Der Hersteller des Frequenzumrichters bzw. der USV-Anlage beschreibt die Maßnahmen zur Sicherstellung der Schutzmaßnahmen gegen elektrischen Schlag nach DIN VDE 0100-410 (VDE 0100-410) für die Last- bzw. Verbraucherseite des Frequenzumrichters oder der USV-Anlage sowie die hierfür notwendigen Vorkehrungen bei der Errichtung. Der Prüfer kontrolliert die Übereinstimmung der getroffenen Vorkehrungen mit der Dokumentation des Herstellers und prüft die Durchgängigkeit des Schutzleiters nach DIN VDE 0100-600 (VDE 0100-600):2017-06, Abschnitt 6.4.3.2. sowie informativer Nationaler Anhang NC; 3. Aufzählungspunkt. Liegen vom Hersteller entsprechende Informationen nicht vor, wird dies bei der Prüfung als Mangel gewertet. Weitere Infos: Maßnahmen zur Sicherstellung der Schutzmaßnahme gegen elektrischen Schlag bei Einsatz von Leistungsantriebssystemen (PDS) in Niederspannungsanlagen und elektrischen Ausrüstungen von Maschinen (DKE Verlautbarung DKE/K 226) |
3.4.3.1.2 Ermittlung der NetzimpedanzZi:
Durch die Netzimpedanzmessung soll nachgewiesen werden, dass der Kurzschlussschutz durch die automatische Abschaltung der Stromversorgung in den Endstromkreisen gewährleistet wird.
Für die Abschaltbedingungen sollten die gleichen Mindestanforderungen an die Kurzschlussströme bzw. Impedanzen wie bei der Fehlerschleifenimpedanz angenommen werden.
Eine Messung der Netzimpedanz ist notwendig, wenn in dem Stromkreis eine RCD verbaut ist, da diese keine Leitungsschutzeigenschaften aufweist.
Bei der Netzimpedanzmessung im TN-System wird zwischen den aktiven Leitern (L1-N, L2-N, L3-N, L1-L2, L1-L3, L2-L3) gemessen.

Abb. 15
Messung der Netzimpedanz im TN-System
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In der Praxis sollten die gemessenen Werte der Fehlerschleifenimpedanz und der Netzimpedanz
in etwa gleiche Werte aufweisen. Ist dies nicht der Fall, sind weitergehende Untersuchungen erforderlich, z. B. Übergangswiderstände an Schraub- und Klemmverbindungen kontrollieren. |
3.4.3.2
Überprüfung der Wirksamkeit von Schutzmaßnahmen mit Fehlerstrom-Schutzeinrichtung
Diese Messung dient dem Nachweis, dass die Abschaltzeit zur automatischen Abschaltung im Fehlerfall nach VDE 0100-410 durch Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen (RCDs) eingehalten wird. Aufgrund der besonderen Bedeutung für den Personenschutz ist jede RCD zu prüfen.
Wenn hinter einer Fehlerstrom-Schutzeinrichtung mehrere Steckdosenstromkreise bzw. fest angeschlossene Betriebsmittel installiert wurden, genügt es nur an einer Steckdose bzw. einem fest angeschlossenen Betriebsmittel die Einhaltung der Abschaltbedingungen zu überprüfen. Für die restlichen im Stromkreis befindlichen Steckdosen/Betriebsmittel reicht dann der Nachweis der niederohmigen Schutzleiterverbindung aus!
Die Prüfung der maximalen Abschaltzeiten für den Schutz durch automatische Abschaltung im Fehlerfall aus Tabelle 41.1 DIN VDE 0100-410 (VDE 0100-410) sollte in Stromkreisen mit Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCD), wenn technisch möglich, mit einem Prüfstrom, der dem 5-fachen Bemessungsdifferenzstrom der jeweiligen Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCD) entspricht, erfolgen.

Abb. 16
RCD-Messung
Bei dieser Messung fließt ein Prüfstrom über den Schutzleiter, welcher die zu überprüfende RCD zur Auslösung bringt.
Die Dokumentation der Abschaltzeit ist normativ nicht gefordert, sondern lediglich der Nachweis der Auslösung.
Abweichungen von den Üblichkeitswerten oder Verschlechterungen des Auslöseverhaltens gegenüber früheren Messergebnissen können mit dieser Vorgehensweise jedoch nicht festgestellt werden. Deshalb wird die Dokumentation der Auslösezeiten nach wie vor empfohlen.
Durch den Prüfstrom können sich an berührbaren Stellen des Schutzleitersystems unzulässig hohe Berührungsspannungen ergeben. Zum Schutz der Prüfperson sowie Dritter führt das Prüfgerät eine Vorprüfung durch und verhindert bei einem zu hohen Erdungswiderstand die weitere Messung.
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Diese Messung lässt auch Rückschlüsse auf den Zustand der Erdungsanlage und des Schutzleiters zu. Bei der Bewertung des gemessenen Wertes ist das vorliegende Netzsystem zu berücksichtigen. Die Messung des Erdungs- sowie des Schutzleiterwiderstandes wird hierdurch nicht ersetzt. In stationären elektrischen Anlagen mit TN-Netzystem ergeben sich Üblichkeitswerte fürRPE+RB ≤ 10 Ω. Damit ergeben sich für die Prüfung der Wirksamkeit der RCD mit 1-fachem Bemessungsdifferenzstrom Werte fürUBim Bereich von < 1 V. |
Tabelle 6
Zusammenhang zwischen Berührungsspannung UB und der Summe aus Schutzleiterwiderstand RPE und Erdungswiderstand RB, Beispiel für eine RCD mit einem Bemessungsdifferenzstrom von 30 mA
UB | = | (RPE+ RB) | · | Bemessungsdifferenzstrom | ||
---|---|---|---|---|---|---|
UB | = | 1 Ω | · | 30 mA | = | 0,03 V |
UB | = | 10 Ω | · | 30 mA | = | 0,30 V |
UB | = | 100 Ω | · | 30 mA | = | 3,00 V |
UB | = | 1666 Ω | · | 30 mA | = | 50,00 V |
![]() | Praxistipp |
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In der Praxis wird erst die Abschaltzeit mit einem Strom von 1 · IΔn überprüft. Hierbei ergeben sich Üblichkeitswerte zwischen 20 und 50 ms. Sollten die Üblichkeitswerte überschritten werden, muss noch einmal mit 5 · IΔn geprüft werden. Wenn dann die Auslösezeit wesentlich höher als der Üblichkeitswert bzw. nahe der maximal zulässigen Abschaltzeit nach Tabelle 41.1, VDE 0100-410 liegt oder die RCD nicht auslöst, deutet dies in der Regel entweder auf einen überlagerten Gleichstrom oder eine ungeeignete, defekte oder selektiv wirkende RCD hin. |
Tabelle 7
Maximale Abschaltzeiten im TN-System nach VDE 0100-410
Nennspannung U01) | Zulässige Abschaltzeit ta | |||
---|---|---|---|---|
Endstromkreise2) | Verteilerstromkreise | |||
AC | DC | AC | DC | |
50 V < U0 ≤ 120 V | ≤ 0,8 s | Anmerkung | ≤ 5,0 s | |
120 V < U0 ≤ 230 V | ≤ 0,4 s | ≤ 1,0 s | ||
230 V < U0 ≤ 400 V | ≤ 0,2 s | ≤ 0,4 s | ||
> 400 V | ≤ 0,1 s | ≤ 0,1 s |
- 1)
Nennwechselspannung (Effektivwert) oder Nenngleichspannung Außenleiter gegen Erde
- 2)
Für Endstromkreise mit einem Bemessungsstrom (Nennstrom) nicht größer als:
63 A mit einer oder mehreren Steckdosen, und
32 A die ausschließlich fest angeschlossene elektrische Verbrauchsmittel versorgen.
Anmerkung:
Eine Abschaltung kann auch aus anderen Gründen als dem Schutz gegen elektrischen Schlag verlangt sein.
Tabelle 8
Maximale Abschaltzeiten im TT-System nach VDE 0100-410
Nennspannung U01) | Zulässige Abschaltzeit ta | |||
---|---|---|---|---|
Endstromkreise2) | Verteilerstromkreise | |||
AC | DC | AC | DC | |
50 V < U0 ≤ 120 V | ≤ 0,3 s | Anmerkung | ≤ 1,0 s | |
120 V < U0 ≤ 230 V | ≤ 0,2 s | ≤ 0,4 s | ||
230 V < U0 ≤ 400 V | ≤ 0,07 s | ≤ 0,2 s | ||
> 400 V | ≤ 0,04 s | ≤ 0,1 s |
Wenn in TT-Systemen die Abschaltung durch eine Überstrom-Schutzeinrichtung erreicht wird und alle fremden leitfähigen Teile der Anlage an den Schutzpotenzialausgleich über die Haupterdungsschiene angeschlossen sind, darf die für TN-Systeme anwendbare Abschaltzeit verwendet werden.
- 1)
Nennwechselspannung (Effektivwert) oder Nenngleichspannung Außenleiter gegen Erde
- 2)
Für Endstromkreise mit einem Bemessungsstrom (Nennstrom) nicht größer als:
63 A mit einer oder mehreren Steckdosen, und
32 A die ausschließlich fest angeschlossene elektrische Verbrauchsmittel versorgen.
Anmerkung:
Eine Abschaltung kann auch aus anderen Gründen als dem Schutz gegen elektrischen Schlag verlangt sein.
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---|---|
Um Hinweise zu erhalten, ob die RCD im Rahmen der Üblichkeitswerte auslöst, hat es sich in der Praxis bewährt, neben der Auslösezeit auch den Auslösestrom zu ermitteln. Übliche Auslösewerte liegen zwischen 50 - 100 % des Bemessungsdifferenzstromes IΔn (AC-Anteil, Typ A oder B). Liegt der Auslösewert der RCD unterhalb der vorgenannten Werte, deutet das üblicherweise auf einen schon vorhandenen Ableit- oder Fehlerstrom hin. Wenn der Auslösewert über 100 % IΔn liegt oder die RCD nicht auslöst, deutet das in der Regel auf einen überlagerten Gleichfehlerstrom hin. In wenigen Ausnahmen kann es in beiden Fällen auch an einer fehlerhaften RCD liegen. |
Die prüfende Elektrofachkraft muss erkennen, ob der zusätzliche Schutz durch eine RCD erforderlich ist (z. B. für Stromkreise in Außenbereichen, in leitfähigen Umgebungen, Prüf- und Experimentierbereichen, Kindertageseinrichtungen etc.). Des Weiteren hat die prüfende Elektrofachkraft zu beurteilen, ob der eingesetzte Typ für den Anwendungsbereich geeignet ist.
Nutzungsänderungen von Räumlichkeiten oder Änderungen bzw. Erweiterungen elektrischer Anlagen können die Nachrüstung von RCD’s notwendig machen (z. B. Anpassung an aktuelle Installationsnormen). Wenn eine elektrische Anlage mit einer Schutzmaßnahme mit RCD des Typs A betrieben wird, kann im Fehlerfall ein glatter Gleichfehlerstrom von mehr als 6 mA zum "Erblinden" dieser RCD führen. Beim Auftreten von Gleichströmen oder hochfrequenten Stromanteilen, z. B. hervorgerufen durch den Anschluss eines frequenzgesteuerten Betriebsmittels, ist der Austausch einer RCD Typ A gegen eine RCD des Typ B oder B+ im gesamten Strompfad erforderlich (siehe auch Bild A.1 und A.2, VDE 0100-530:2018-06).
Tabelle 9
Erläuterung der verschiedenen RCD-Ausführungen
RCD-Typ | Symbol | Anwendungsbereich (Beispiele) |
---|---|---|
AC | ![]() | In Deutschland seit 1985 nicht mehr erlaubt, da nur rein sinusförmige Größen erkannt werden! |
A | ![]() | Nur für Netze mit sinusförmigen Wechselfehlerströmen und pulsierenden Gleichfehlerströmen |
F | ![]() | Wie Typ A, zusätzlich für Fehlerströme mit Mischfrequenzen, z. B. Verbraucher mit Frequenzumrichter in Einphasen-Wechselstromnetz |
B | ![]() | Wie Typ A, zusätzlich für glatte Gleichfehlerströme und hochfrequente Fehlerströme (z. B. verursacht durch mehrphasige Frequenzumrichter) |
B+ | ![]() | Wie Typ B, zusätzliche für hochfrequente Fehlerströme bis 20kHz |
Stellt die Prüfperson fest, dass eine ggf. notwendige RCD
nicht vorhanden bzw.
nicht funktionsfähig oder
ein falscher RCD-Typ eingesetzt ist,
hat die Prüfperson den Anlagenbetreiber in ihrem Prüfbericht/Prüfprotokoll auf diesen Mangel hinzuweisen, damit dieser die Änderung bzw. Nachrüstung veranlassen kann.

Abb. 17
Anordnung RCDs
3.4.3.3
Messungen in IT-Netzsystemen
Die Prüfungen und Messungen in IT-Netzsystemen erfordern besondere Kenntnisse und Erfahrungen. Daher ist unbedingt darauf zu achten, dass die Prüfperson darüber verfügt.
3.4.3.3.1
Messung des Ableitstromes (1. Fehler im IT-Netzsystem)
Im IT-Netzsystem treten durch die vorhandenen Leitungskapazitäten Ableitströme auf. Um auch in ausgedehnten IT-Netzsystemen den Personenschutz zu gewährleisten, muss der Ableitstrom des Netzes festgestellt werden.
Vorzugsweise sollte die Ermittlung des zu erwartenden Ableitstroms durch eine Berechnung erfolgen. Ist dieses aufgrund fehlender Parameter nicht möglich, kann der Ableitstrom messtechnisch ermittelt werden.
Das nachfolgend beschriebene Strommessverfahren darf nur in einem fehlerfreien IT-System angewendet werden, da ansonsten die Gefahr eines Kurzschlusses und eines damit verbundenen gefährlichen Störlichtbogens besteht!
Der Ableitstrom zur Ermittlung der Gefährdung beim ersten Fehler kann über ein Amperemeter (mA-Bereich) und einem Potentiometer zwischen Erde und Außenleiter gemessen werden.
Aus Sicherheitsgründen muss vor dem Potentiometer zusätzlich noch eine Sicherung mit ausreichendem Kurzschlussabschaltvermögen vorgeschaltet sein (siehe Abbildung 18). Die automatische Abschaltung bei einem gleichzeitig auftretenden Erdschluss muss ebenfalls gewährleistet sein.
Der erste Fehler in einem Außenleiter erzeugt bei vorschriftsgemäß geplanten Anlagen einen nur geringen Fehlerstrom, der weder Personen und Nutztiere gefährdet noch Sachschäden hervorruft und kann für eine kurze Zeit bis zur Beseitigung geduldet werden. Um dies sicherzustellen, muss nachstehende Bedingung erfüllt sein:
RA . Id ≤ 50 V AC
RA | = | Summe der Widerstände in [Ohm] des Erders und des Schutzleiters zum jeweiligen Körper |
---|---|---|
Id | = | Strom des ersten Fehlers mit vernachlässigbarer Impedanz an der Fehlerstelle |
Anmerkung:
50 V AC entspricht der maximal zulässigen Berührungsspannung UBim Fehlerfall.

Abb. 18
Prinzipdarstellung der Ableitstrommessung zum Nachweis der Abschaltbedingungen im
IT-System
3.4.3.3.2
Nachweis der Abschaltbedingungen beim 2. Fehler im IT-Netzsystem
Nach dem ersten Fehler gegen Erde verhält sich ein IT-Netzsystem, je nachdem wie der/die Erder angeordnet ist/sind, wie ein TN- oder ein TT-Netzsystem. Die Abschaltbedingungen für den zweiten Fehler sind entsprechend nachzuweisen.
Der zweite Fehler in einem anderen Außenleiter muss zur Abschaltung führen.
- 1.
Abschaltung durch Überstromschutzeinrichtung
- a.
Wenn die Körper über einen gemeinsamen Schutzleiter geerdet sind, gelten die gleichen Abschaltzeiten wie bei einem TN-Netzsystem, mit nachfolgender Bedingung:
Wechselstromsystem ohne Neutralleiter Wechselstromsystem mit Neutralleiter U = Betriebsspannung (zwischen Außenleitern) U0 = Betriebsspannung (zwischen Außenleitern und Neutralleiter) IA = Strom der zur automatischen Abschaltung in der geforderten Zeit führt ZS = Impedanz der Fehlerschleife (L-PE oder L-N) - b.
Wenn die Körper in Gruppen oder einzeln geerdet sind, gelten die gleichen Abschaltzeiten wie bei einem TT-Netzsystem, mit nachfolgender Bedingung:
RA · Id ≤ 50 V AC
RA = Summe der Widerstände in [Ohm] des Erders und des Schutzleiters für die Körper Id = Strom des ersten Fehlers mit vernachlässigbarer Impedanz an der Fehlerstelle
Anmerkung:
50 V AC entspricht der maximal zulässigen Berührungsspannung UB im Fehlerfall
Die Grenzwerte für die Schleifenimpedanzen sind im IT-Netzsystem besonders zu betrachten. Die einschlägigen Normen stellen in diesem Bereich lediglich die Grundanforderungen dar.
Um Schleifenwiderstände im IT-System messen zu können, wäre es erforderlich, das erdschlussfreie Netz einseitig zu erden.
Wegen der Gefahr möglicher Doppelfehler ist dieses Verfahren nicht praktikabel.
Eine Netzinnenwiderstandsmessung ist hingegen problemlos möglich, sofern das Prüfgerät hierfür geeignet ist.
![]() | Praxistipp |
---|---|
Ein Kurzschlussstrom, der zum rechtzeitigen Abschalten der Überstromschutzorgane führt, muss z. B. über zwei verschiedene Außenleiter (Netzinnenwiderstand) und einer Teilstrecke des Schutzleiters (Eintritts-/Austrittsstelle) fließen. Anstatt die Bewertung der Abschaltbedingung über den Schleifenwiderstand durchzuführen kann alternativ auch eine Bewertung über die Addition der Messergebnisse der einzelnen Netzinnenwiderstände (Ri) L1-L2, L1-L3, L2-L3 (L1-L2-L3 gegen N, wenn vorhanden) und der durchgängig niederohmigen Schutzleiterverbindungen erfolgen. |
2. Abschaltung durch RCD/RCM
Der zusätzliche Schutz durch RCD ist im IT-Netzsystem möglich, wirkt jedoch ggf. nicht so berechenbar wie im TN- oder TT-Netzsystem. Es kann sich eine Stromverteilung einstellen, z. B. im Verhältnis 50 : 50. Dies bedeutet, dass sich ein Fehlerstrom von 60 mA ergeben muss, um die RCD auszulösen, statt des Bemessungsdifferenzstroms der RCD von 30 mA (theoretische Werte).
3.4.4
Isolationswiderstand
Die Isolationswiderstandsmessung dient dem Nachweis, dass die Isolation der elektrischen Stromkreise noch die für den sicheren Betrieb notwendigen Widerstandswerte aufweist.
Ursachen für eine Verschlechterung können z. B. sein:
Beschädigungen
Alterung
Einwirkung von leitfähigem Schmutz oder Feuchtigkeit
Einwirkung von Wärme, UV-Einstrahlung, chemischen Einflüssen
Montagefehler
Im Rahmen von Wiederholungsprüfungen werden die spannungsfreien zu überprüfenden Stromkreise mit einer Prüfspannung von mind. 500 V DC geprüft. Bei SELV-/PELV-Stromkreisen oder mit Überspannungsableitern ausgestatteten Anlagenteilen kann auch mit einer reduzierten Prüfspannung von 250 V DC geprüft werden. Die Schutzmaßnahmen SELV/PELV finden beispielsweise Anwendung in der Steuerungstechnik, Informationsübertragung, Beleuchtungsstromkreisen und Stromversorgung von Experimentiereinrichtungen.
![]() | Hinweis |
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Die Prüfspannung muss mindestens der Nennspannung des zu überprüfenden Anlagenteils bzw. Betriebsmittels entsprechen. |
Tabelle 10
Prüfspannungen
Betriebsspannung (AC oder DC) | Prüfspannung (DC) |
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SELV/PELV | 250 V |
≤ 500 V | 500 V |
> 500 V | 1000 V |
Anforderungen an Geräte zum Messen des Isolationswiderstandes:
Der Prüfstrom muss mindestens 1 mA betragen und darf als Scheitelwert 15 mA nicht überschreiten.
Hieraus resultiert, dass bei einem Fehler bzw. einer Belastung mit 0,5 MΩ die Prüfspannung noch mindestens 500 V betragen muss.
Die Prüfspannung darf unbelastet (Leerlauf, nicht fehlerbehaftet) den 1,25-fachen Wert betragen.
Prüfspannung 500 V DC · 1,25 = 625 V DC (max.)
Der Prüfstrom kann in Betriebsmitteln Schäden verursachen. Es sind grundsätzlich die Herstellerangaben zu den in der Anlage verbauten Betriebsmittel zu beachten. Das Ausklemmen von Betriebsmitteln birgt Risiken, auch hinsichtlich des Arbeitsschutzes, und ist daher grundsätzlich zu vermeiden. Das kann jedoch kein Grund sein, auf die Messung des Isolationswiderstandes zu verzichten. Um festzustellen, ob die Anlage selbst fehlerfrei ist, sollten die über Steckvorrichtungen angeschlossenen Verbraucher vor der Messung des Isolationswiderstandes von der Anlage getrennt werden. Eine Verschlechterung des Isoliervermögens muss frühzeitig erkannt werden, um möglichen Personenschäden und Brandgefahren rechtzeitig vorzubeugen.
![]() | Wichtig |
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Die Isolationswiderstandsmessung ist ausschließlich im spannungsfreien Zustand des zu prüfenden Stromkreises durchzuführen! |
Vor der Messung ist darauf zu achten, dass Schalter, Sicherungen, Netztrenneinrichtungen und ähnliche Einrichtungen im zu prüfenden Stromkreis geschlossen sind, um möglichst alle durch Netzspannung beanspruchten Isolierungen zu erfassen.
Bei Stromkreisen mit elektromagnetischen Schaltgeräten, z. B. Schütze, ist die Isolationswiderstandsmessung im geöffneten Zustand der Schaltkontakte vor und hinter dem Schaltgerät durchzuführen.
![]() | Hinweis |
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Ein vermeintlich "guter" Isolationswert kann sich ergeben, wenn:
|
Der Isolationswiderstand muss zwischen allen aktiven Leitern (L1, L2, L3 und N) und Schutzleiter (siehe Abbildung 19) gemessen werden. Zur Vermeidung von Beschädigungen angeschlossener Betriebsmittel sowie zur Erleichterung der Messung können die aktiven Leiter jedoch miteinander verbunden gegen Erde/Schutzleiter gemessen werden (siehe Abbildung 20).

Abb. 19
Isolationswiderstandsmessung; Einzelmessung

Abb. 20
Isolationswiderstandsmessung; Mit gebrückten aktiven Leitern
Diese Erleichterung darf nicht für elektrische Anlagen in feuer- oder explosionsgefährdeten Bereichen angewendet werden. Hier sind alle aktiven Leiter (auch der Neutralleiter) gegeneinander und gegen Schutzleiter zu messen (siehe Abbildung 21).

Abb. 21
Isolationswiderstandsmessung, z. B. in feuer- oder explosionsgefährdeten Bereichen

Abb. 22
Beispiel einer Isolationswiderstandsmessung (die gestrichelte Linie zeigt den geprüften Abschnitt der Anlage bei vollständiger Prüfung)
Für die Messung im TN-C-S-System ist die PEN-Brücke aufzutrennen oder es ist hinter der allpolig freigeschalteten Fehlerstromschutzeinrichtung zu prüfen.
Tabelle 11
Mindestwerte des Isolationswiderstandes
Erstprüfung (VDE 0100-600) | Wiederholungsprüfung (VDE 0105-100/A1) | ||||
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mit Verbraucher | ohne Verbraucher | ||||
trocken | feucht | trocken | feucht | ||
TN/TT/FELV | ≥ 1 MΩ | ≥ 300 Ω/V (z. B. 230 V · 300 Ω/V = 69 kΩ) | ≥ 150 Ω/V | ≥ 1000 Ω/V (z. B. 230 V · 1000 Ω/V = 230 kΩ) | ≥ 500 Ω/V |
IT | ≥ 1 MΩ | ≥ 50 Ω/V | |||
SELV/PELV | ≥ 0,5 MΩ | ≥ 0,25 MΩ |
![]() | Praxistipp |
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Die vorstehend dargestellten Grenzwerte stellen Mindestanforderungen an den Isolationswiderstand
dar. In der Praxis sind grundsätzlich deutlich höhere Werte (oberhalb des Messbereichsendwertes) zu erwarten! Die Annäherung an die Grenzwerte deutet deshalb entweder bereits auf einen Isolationsfehler oder einen angeschlossenen und eingeschalteten Verbraucher hin. Des Weiteren sollten die gemessenen Isolationswerte innerhalb einer elektrischen Anlage nicht allzu weit von den festgestellten Üblichkeitswerten abweichen. Beispiel: Wenn der Isolationswiderstand in einer elektrischen Anlage üblicherweise den Messbereich überschreitet, in einem der Stromkreise sich jedoch lediglich Werte im Mega-Ohm-Bereich ergeben, ist die Ursache für diese Abweichung näher zu untersuchen. |
3.4.5
Ergänzende Messungen
3.4.5.1
Drehfeldmessung
Obwohl der Rechtsdrehsinn des Drehfeldes bereits im Rahmen der Erstprüfung nachzuweisen war, kann im Rahmen der Wiederholungsprüfungen auf die Überprüfung des Rechtsdrehfeldes an Drehstrom-Steckvorrichtungen nicht verzichtet werden.
An Drehstrom-Steckvorrichtungen stellt die gleichzeitige Kontaktierung mit Prüfspitzen oft ein Problem dar. Deshalb empfiehlt sich die Verwendung von Messadaptern oder spezieller Prüfspitzen (siehe auch Abbildung 42).
3.4.5.2
Erdungsmessung
Im Rahmen wiederkehrender Prüfungen ist gemäß VDE 0105-100/A1 keine Messung des Erdungswiderstandes, sondern nur eine Sichtprüfung vorgesehen. Die bei der Durchführung der Sichtprüfung zu berücksichtigenden Punkte sind in Abschnitt 3.3 aufgeführt. Eine Messung kann jedoch im Rahmen von Prüfungen an Blitzschutzanlagen erforderlich sein. Da hierfür eine spezielle Sachkunde erforderlich ist, werden die Messungen an dieser Stelle nicht weiter beschrieben.
3.4.5.3
Netzanalyse, Frequenzanalyse
Die zunehmende Verbreitung nichtlinearer Verbraucher (LED-Leuchtmittel, Schaltnetzteile, Frequenzumrichter etc.) führt verstärkt zu thermischen Problemen sowie zu Funktionsstörungen in elektrischen Netzen. Ob diese Probleme auf von nichtlinearen Verbrauchern hervorgerufenen Oberschwingungsbelastungen zurückzuführen sind, kann z. B. durch eine Frequenzanalyse festgestellt werden. Da diese Messung jedoch eine entsprechende Ausrüstung und vertiefte Sachkenntnis voraussetzt, sollte sie nur in begründeten Verdachtsfällen durchgeführt werden. Für reguläre Wiederholungsprüfungen ist eine Netzanalyse nicht gefordert. Neutralleiterbelastungen und ähnliche thermische Auswirkungen können effektiv durch Thermografien (siehe auch Abschnitt 3.4.5.5) festgestellt werden.
3.4.5.4
Neutralleiter- und Schutzleiterstrommessung
Elektronische Verbraucher weisen in der Regel keine linearen Widerstandskennlinien auf. Im Vergleich zu herkömmlichen linearen Verbrauchern, z. B. Glühlampen, Widerstände, ist der durch elektronische Verbraucher fließende Strom kein Abbild der anliegenden Spannung.
Durch die Impedanz des elektrischen Netzes verursacht dieser Strom eine Spannung, welche die Netzspannung überlagert und hierdurch verzerrt. Mathematisch kann die Verzerrung einer periodisch auftretenden Größe auch als Summe überlagerter Oberschwingungsströme ausgedrückt werden.
Eine der möglichen Folgen solcher Oberschwingungsströme besteht darin, dass sich die Phasenströme selbst bei gleichmäßiger Belastung des Drehstromsystems nicht mehr gegenseitig kompensieren, sondern so weit aufaddieren können, dass der Neutralleiterstrom die Phasenströme deutlich übersteigt.
Die damit verbundene Temperaturbelastung kann im Neutralleitersystem zur Schädigung der Isolation, Unterbrechung der Neutralleiterverbindung und gegebenenfalls zu Bränden führen. Insbesondere haben sich Neutralleitertrennklemmen als kritische Bauteile herausgestellt.
Viele elektrische Verbraucher enthalten zudem elektronische Baugruppen, die Ströme über den Schutzleiter abführen. Einzeln betrachtet stellen diese konstruktionsbedingt auftretenden Ableitströme normalerweise kein Problem dar, in der Summe, z. B. beim gleichzeitigen Betrieb von Umrichtern, können sich jedoch erhebliche Stromstärken ergeben. Die möglichen Folgen sind vielfältig:
Streustromkorrosion in Leitungen mit stehendem Wasser, wie z. B. Sprinklerleitungen
EMV-Probleme, ausgehend von den stromdurchflossenen, in die Erdung einbezogenen Bestandteilen der elektrischen Anlage sowie der sonstigen Gebäudeinfrastruktur
Ausgleichsströme auf Datenleitungen, z. B. Bus-Systeme (Brandgefahr sowie Störung der Datenübertragung)
Obwohl Messungen des Neutral- bzw. Schutzleiterstroms bisher normativ noch nicht gefordert werden, sind sie dringend zu empfehlen. Aufgrund der typischerweise auftretenden Verzerrung der Sinusform sind TrueRMS-Messgeräte zu verwenden.
Messungen von Neutral- und Schutzleiterströmen können mittels Strommesszangen (siehe Abbildung 23) erfolgen.
Um möglichst aussagekräftige Werte zu erhalten, empfiehlt sich die gleichzeitige mehrkanalige Messung, z. B. mit einem Messgerät für Netzanalysen.

Abb. 23
Bestimmung der Ströme in Schutzleiter und Neutralleiter
(1IPE, 2IDiff., 3INist, 4IBedarf (demand))
3.4.5.5
Thermographie
In den Vorschriften und Regelwerken zum Betreiben elektrischer Anlagen werden keine Prüfungen mittels thermographischer Methoden gefordert. Verschiedene Sachversicherer fordern allerdings auf der Basis privatrechtlicher Vereinbarungen die Anwendung der Elektrothermographie zum vorbeugenden Brandschutz.
Defekte in elektrischen Betriebsmitteln und Anlagen, z. B. hohe Übergangswiderstände an Kontaktstellen, können mit Temperaturerhöhung einhergehen, die oberhalb der zulässigen Betriebstemperaturen liegen. Sie gehören zu den häufigsten Entstehungsursachen für Brände.
Ursachen für mangelhafte Kontaktstellen können sein:
unzureichend angezogene Schraubverbindungen
unzureichender Kontaktdruck, z. B. Klemmkontakte
verschmutzte oder korrodierte Kontaktflächen
Die übermäßige Belastung des Neutralleiters durch unsymmetrische Stromverteilung und Oberwellen kann auch zu unzulässiger Erwärmung führen.
Solche Fehler und Betriebszustände sind bei den üblichen Sichtprüfungen in aller Regel nicht und bei sonstigen Prüfungen, z. B. Erproben, kaum erkennbar.
Diese Lücke kann durch die Thermographie zwar auch nicht vollständig geschlossen werden, jedoch liefert sie wichtige Informationen über den Zustand der elektrischen Anlagen und Betriebsmittel. Sie ist eine bildgebende Messmethode, um Oberflächentemperaturen berührungslos zu messen und kann in vielen Bereichen von elektrischen Anlagen eingesetzt werden. So zum Beispiel an:
Trafostationen
Schaltanlagen aller Spannungsebenen
Energieverteilungsanlagen
Schalt- und Steuerschränken, Sicherungsverteilern
Elektrischen Maschinen und Antrieben
Kabelanlagen, Schienensystemen, Freileitungen

Abb. 24.1
Verteilung mit Diazed-Sicherungen

Abb. 24.2
Verteilung mit Diazed-Sicherungen; Thermographiebild
Tabelle 12
Vorteile und Grenzen der Thermographie
Nutzen oder Vorzüge der Thermographie | Grenzen der Thermographie |
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Die Thermographie kann dem Betreiber wichtige Entscheidungshilfen geben, um notwendige Maßnahmen, z. B. Instandsetzung, Nachrüstung oder Modernisierung, abzuleiten. Voraussetzung dafür ist jedoch eine fachgerechte Durchführung der Thermographie.
Für eine aussagekräftige Dokumentation der durchgeführten Thermographie ist die Kompetenz der Thermographen unerlässlich. Eine angemessene Qualifizierung im Umgang mit dem Kamerasystem ist notwendig. Nach VdS 2861 anerkannte Sachverständige für Elektrothermographie (Thermographen) benötigen eine Ausbildung mit schriftlicher Prüfung. Darüber hinaus müssen sie über Berufserfahrung und umfangreiches elektrotechnisches Fachwissen verfügen.
Die Thermographie kann die notwendigen Prüfungen nicht ersetzen. Sie ist jedoch als zusätzliche Methode sinnvoll, um den Schutz vor Bränden in elektrischen Anlagen zu erhöhen, da sie Fehler aufdeckt, die mit anderen Prüfungen und Messungen alleine nicht erkannt werden. Sie kann im Rahmen der vorbeugenden Instandhaltung Anwendung finden.
Der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hat dazu Richtlinien und Merkblätter herausgegeben, s. Anhang C.