DGUV Information 202-113 - Inklusion im Schulsport Handreichung für Lehrkräfte

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Abschnitt 3.2 - 3.2 Hinweise zu den Förderschwerpunkten

Im Folgenden werden die Förderschwerpunkte und ihre Bedeutung für den Schulsport aufgeführt. Der Fokus liegt auf den möglichen Auswirkungen, die der jeweilige Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung in den einzelnen Förderschwerpunkten mit sich bringen kann. Konkrete Hinweise und Tipps dienen als Grundlage für die Planung und Gestaltung von Schulsportangeboten. Die Darstellungen zu den einzelnen Förderschwerpunkten sowie die abgeleiteten Hinweise für den Schulsport sind demzufolge nicht als vollständige "Rezeptsammlung" zu verstehen. Sie sind ausschließlich als Hinweise und Anregungen zu verstehen, wie auf die unterschiedlichen Unterstützungsbedarfe eingegangen werden kann, sodass eine sinnstiftende Teilhabe von Schülerinnen und Schülern mit dem Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung in der Gruppe gelingen kann. Eine gezielte individuelle Förderung rückt somit ins Zentrum der Planung und Gestaltung von Schulsportangeboten.

3.2.1
Förderschwerpunkt Lernen

Eine Lern- und Entwicklungsstörung (Lernbehinderung, Sprachbehinderung, Erziehungsschwierigkeit) kann den Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung im Förderschwerpunkt Lernen begründen.

In erster Linie wird ein Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung im Förderschwerpunkt Lernen festgestellt, wenn der schulische Lernfortschritt im Besonderen in den (versetzungsrelevanten) Hauptfächern/Kulturtechniken erheblich beeinträchtigt ist und somit der Erfolg im Hinblick auf einen Schulabschluss gefährdet ist.

Die komplexen, individuell variierenden Entwicklungsverzögerungen können sich in den verschiedenen Lern- und Entwicklungsbereichen unterschiedlich stark ausprägen. Mit der vorrangig kognitiven Beeinträchtigung gehen Beeinträchtigungen der sprachlichen, sozialen, emotionalen und motorischen Entwicklung einher, z. B. in der Verfahrens- und Erlebensverarbeitung, im positiven Aufbau des Selbstwertgefühls, bei der Selbststeuerung, beim Entwickeln einer angemessenen Frustrationstoleranz, bei der Fähigkeit, die eigenen Bedürfnisse zu formulieren, oder bei der Selbsteinschätzung (Überund Unterforderung kann häufig nicht adäquat verbal geäußert werden).

Bedeutung für den Schulsport

Da viele der Schülerinnen und Schüler gerade im Schulsport seltener als in vielen kognitiv geprägten Unterrichtsfächern an ihre Leistungsgrenzen stoßen, können sie beim Sport Erfolge sammeln und sich oftmals auch als leistungsstark in der Gruppe erleben. Schulsportangebote können einen entscheidenden Beitrag dazu leisten, dass die Schülerinnen und Schüler mit dem Förderschwerpunkt Lernen ein positives Selbstbild und eine positive Einstellung zum Körper und zur eigenen Leistungsfähigkeit aufbauen.

Hinweise für den Schulsport

Aufgabenverständnis unterstützen:

  • Gliederung von Handlungsabläufen, Aufteilung in kleinschrittige, aufeinander aufbauende Teilaufgaben (z. B. Handlungspläne anbieten), die die einzelnen aufeinanderfolgenden Handlungen bildlich darstellen

  • Transferfähigkeit unterstützen durch die Abwandlung von bekannten Unterrichtsinhalten in kleinen Schritten (bekannte Aufgaben mit geringer Variation anbieten)

  • Herausstellen und Hervorheben der zentralen, wichtigen Elementen der Aufgabenstellung (elementarisieren)

  • Handlungsziele herausstellen und veranschaulichen

Individuelles Lerntempo berücksichtigen:

  • Die individuelle Ermüdung sowie Schwankungen bei der Konzentrationsfähigkeit können auch eine Folge der kognitiven Anforderungen (z. B. Bewegungsausführung, Überblick über das Unterrichtsgeschehen, strategische und taktische Bemühungen) sein. Häufig können die Schülerinnen und Schüler sich dann vorrangig nur auf die momentanen Bewegungshandlungen konzentrieren. Möglicherweise ist es sinnvoll, den Schülerinnen und Schülern kurze Auszeiten zu ermöglichen. Gegebenenfalls finden sie nach dem aktiven Beobachten zügig wieder zu einer aktiven Teilnahme zurück, wenn die Lehrkraft sie dazu auffordert.

Eine klare Strukturierung von Angeboten arrangieren:

  • eindeutig abgesprochene Verhaltensregeln etablieren, z. B. durch festgelegte Sammelpunkte, wiederkehrende Akustiksignale, klare Ordnungsstrukturen

  • Einsatz von Strukturierungs- und Orientierungshilfen (visuell, akustisch, taktil), z. B.:

    • Kennzeichnung von Spielfeldern bzw. Standorten durch Markierungskegel, Matten, farbige Spielfeldbegrenzungen

    • Einsatz von akustischen Signalen zum Start und Ende einer Übung oder eines Spiels

    • Einsatz von Zähltafeln

    • Beschriftung von Lernstationen

  • den Organisationsrahmen transparent machen und Vorhersehbarkeit schaffen, z. B. durch Ablaufpläne oder Ankündigung von Aktivitätswechseln

Veranschaulichung und einfache Sprache einsetzen:

  • Aufgabenstellungen und Spielregeln mit möglichst einfachen Worten erklären und veranschaulichen

  • das Erfassen und Verstehen von Regeln kann situativ durch klare, bildliche Darstellungen oder das Vormachen durch eine Mitschülerin, einen Mitschüler unterstützt werden

  • Veranschaulichung nutzen: Einsatz von Bildern, einfachen Darstellungen/Piktogrammen, Orientierungs-/Markierungshilfen am Boden oder an den Wänden

  • Mitschülerinnen und Mitschüler als Vorbild in Partner- oder Gruppenaufgaben einbinden (vor- und nachmachen)

  • direkte Ansprache vor der Aktion kann den Schülerinnen und Schülern helfen, sich auf die Aufgabe vorzubereiten und Aufmerksamkeit herzustellen

Regeln und Konsequenzen offenlegen:

  • klare und einhaltbare Regeln etablieren

  • Konsequenzen bei Nichteinhaltung der Regeln transparent machen und diese konsequent einfordern

Erfolgserlebnisse stärken:

  • Bedeutsam ist es, wenn die Schülerinnen und Schüler sich selbst als erfolgreich erleben, individuelle Fortschritte machen und immer wieder positiv für ihre Bemühungen und die (kleinen) Erfolge von der Lehrkraft gelobt und bestärkt werden. Grundsätzlich sind zeitnahe und sehr konkrete wertschätzende Rückmeldungen für diese Schülerinnen und Schüler von enormer Bedeutung.

  • Das eigene Handeln und die damit verbundenen Erfolge sollten ebenfalls zielführend positiv durch die Lehrkraft unterstützt werden. Dabei ist es immer hilfreich, wenn eine wertschätzende und die Vielfalt in der Lerngruppe akzeptierende Stimmung entsteht.

Zeiten für den Austausch mit der Schülerin, dem Schüler einplanen:

  • Geht man aktiv auf die Schülerin, den Schüler zu, versucht ihre bzw. seine Aufmerksamkeit zu gewinnen, zeigt Interesse für die Vorlieben, Interessen aber auch Ängste und Sorgen, wird es zunehmend leichter sein, die individuellen Bedarfe zu erkennen und methodisch und didaktisch professionell und differenzierend zu agieren.

g_bu_2099_as_9.jpgKurz und knapp
  • Aufgabenverständnis unterstützen

  • individuelles Lerntempo berücksichtigen

  • eine klare Strukturierung von Angeboten arrangieren

  • Veranschaulichung und einfache Sprache einsetzen

  • Regeln und Konsequenzen offenlegen

  • Erfolgserlebnisse stärken

  • Zeiten für den Austausch mit der Schülerin, dem Schüler einplanen

3.2.2
Förderschwerpunkt Emotionale und soziale Entwicklung

Eine Lern- und Entwicklungsstörung (Lernbehinderung, Sprachbehinderung, Erziehungsschwierigkeit) kann den Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung im Förderschwerpunkt Emotionale und soziale Entwicklung begründen.

Die Kultusministerkonferenz gibt in ihrem Beschluss aus dem Jahre 2000 folgende Definition zu diesem Förderschwerpunkt heraus: "Emotionales Erleben und soziales Handeln beziehen die emotionale und soziale Entwicklung, die Selbststeuerung sowie das Umgehen-Können mit Störungen des Erlebens und Verhaltens ein" (vgl. Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder 2000, S. 3). Dabei wird darauf hingewiesen, dass Beeinträchtigungen in diesem Bereich nicht feststehend und meist abhängig von der jeweiligen Situation sind. Durch veränderbare außer-individuelle Gegebenheiten können Entwicklungsprozesse angeregt werden, da die Beeinträchtigungen nicht unveränderlich in der Persönlichkeit liegen, sondern sich im Interaktionsprozess in der persönlichen, familiären, schulischen und gesellschaftlichen Umwelt herausbilden.

Die Ursachen dieser Entwicklung sind vielfältig. Faktoren sind u. a. frühkindliche Beziehungserfahrungen, häuslich-familiäre Bedingungen oder gruppendynamische Prozesse (Umgang mit der Peergroup). Weiterhin können Bedingungsfaktoren im schulischen Bereich liegen oder sind in der gesamtgesellschaftlichen Umwelt zu finden. Die Entwicklungsbedingungen der Beeinträchtigungen im emotionalsozialen Bereich sind meist "multifaktoriell" (vgl. Wittrock 2015).

Bedeutung für den Schulsport

Bewegung, Spiel und Sport stehen immer im engen Zusammenhang mit Interaktionsprozessen. Für Schülerinnen und Schüler mit dem Förderschwerpunkt Emotionale und soziale Entwicklung kann Schulsport einen wichtigen Beitrag leisten zur Entwicklung und Förderung sozialer und emotionaler Kompetenzen, z. B. zum Umgang mit Regeln und Konflikten, Fairness-Verhalten und Kooperationsfähigkeit. Bewegungsangebote können ebenso dazu beitragen, emotionale Spannungen abzubauen. Dadurch kann über Schulsportangebote häufig ein Zugang zu diesen Schülerinnen und Schülern geschaffen werden, der durch andere Unterrichtsfächer in der Form nicht gelingt. Allerdings birgt Sport - und dabei insbesondere Mannschaftsspiele oder Sportangebote mit einem direkten Vergleich oder Wettkampforientierung - auch ein hohes Konfliktpotenzial. Der Umgang mit entsprechenden Situationen kann die Schülerin, den Schüler stark herausfordern, verunsichern oder auch überfordern. Verhaltensweisen wie Rückzug und Verweigerung, aber auch Provokation und Aggression können darauf hindeuten, dass die aktuelle Situation die Schülerin, den Schüler verunsichert oder überfordert.

Hinweise für den Schulsport

Zentraler Faktor im Schulsport ist ein enge und kontinuierliche Führung sowie ein klares, eindeutiges und konsequentes Verhalten der Lehrkraft. Des Weiteren sind folgende Punkte wichtig.

Berücksichtigung der Tagesform:

  • Wie eine Schülerin, ein Schüler sich während des Angebots verhält und welche Bereitschaft sie oder er zeigt, sich auf die Angebote einzulassen, entscheidet sich oft schon vor dem Schulsportangebot, z. B. auf dem Schulweg, in der vorausgegangenen Pause oder in der Umkleidekabine. Zeigen sich Verhaltensauffälligkeiten im Schulsport, so ist es hilfreich, auch Informationen zur Tagesform einzubeziehen und ggf. mit der Klassenleitung vor und nach der Einheit kurz Rücksprache zu halten, wie der Tag bisher gelaufen ist. Ein Gespräch mit der Schülerin, dem Schüler über die Tagesform kann zudem Aufschluss darüber geben, was sie bzw. ihn aktuell beschäftigt.

Den Umgang mit akuten Konflikten und Krisen gestalten:

  • In vielen Situationen ist es für die Lehrkraft hilfreich nach dem Grundsatz zu handeln "Keine Diskussionen und Konfrontationen in der konkreten Situation und im erregten Zustand!". An dieser Stelle ist es oft wertvoll, zunächst eine angekündigte Konsequenz auf das herausfordernde Verhalten unmittelbar durchzusetzen, jedoch die Klärung der Auseinandersetzung oder des Konflikts zeitlich zurückzustellen, sodass die Schülerin, der Schüler, als auch die Lehrkraft Zeit haben, sich emotional von der Situation zu distanzieren. Anschließend kann ein Gespräch stattfinden, in dem die Bedürfnisse und die Erwartungen der Parteien geklärt werden, Absprachen getroffen werden und evtl. weitere disziplinarische oder grenzziehende Maßnahmen eingeleitet werden. Die zuständige Klassenleitung und ggf. die Eltern sollten über Konflikte sowie die daraus folgenden Konsequenzen informiert werden.

  • Möglichkeiten zum räumlichen Rückzug anbieten. Dabei bestimmt die Schülerin, der Schüler den Zeitpunkt seiner Rückkehr entweder selbst oder folgt einer Vereinbarung (z. B. Time-out Regel).

  • Die Lehrkraft vereinbart gemeinsam mit der Schülerin, dem Schüler transparente, individuelle Ziele. Die Akzeptanz der Zielvereinbarung ist erfahrungsgemäß umso größer, je mehr die Schülerinnen und Schüler eingebunden sind. Dazu gehört auch eine regelmäßige Verhaltensreflektion.

  • Die Lehrkraft sollte sich gedanklich einen Handlungsplan zurechtlegen für den Fall, dass bestimmte Verhaltensweisen wiederholt auftreten (z. B. Gestaltung von Auszeiten), ebenfalls Handlungsalternativen für die Reaktion auf ein wiederkehrendes herausforderndes Verhalten bedenken.

  • Zeigt die Schülerin, der Schüler herausforderndes Verhalten, ist es sinnvoll, dass die Lehrkraft ihr oder ihm signalisiert, dass sie handlungsfähig bleibt (z. B. durch Signale, Gesten oder Ermahnungen).

  • Vorausschauend agieren und mögliche Konflikte vermeiden bzw. umgehen, bei wiederkehrenden Streitigkeiten zwischen Schülerinnen und Schülern, z. B. durch Umorganisation der Situation.

  • Wenn es die Situation zulässt, kann gegebenenfalls das Ignorieren des unerwünschten Verhaltens hilfreich sein.

Transparenz und Vorhersehbarkeit schaffen:

  • Den Organisationsrahmen transparent machen und Vorhersehbarkeit schaffen, z. B. durch Ablaufpläne oder der Ankündigung von Aktivitätswechseln. Die Schülerin, der Schüler weiß so, was sie/ihn erwartet. Vorhersehbarkeit unterstützt die Schülerin, den Schüler erfahrungsgemäß dabei, sich auf unbekannte Aufgaben einzustellen, Ängste abzubauen sowie sich auf neue Situationen einlassen zu können.

Individuelle Verhaltensregeln festlegen und konsequent einfordern:

  • Wenige, klare und überschaubare Regeln (ein bis höchstens drei Regeln) entweder mündlich oder z. B. in einem Plan festlegen. Bei Regelverstoß umgehend handeln und die vorher vereinbarten Konsequenzen einfordern.

Verhaltensreflektion unterstützen und regelmäßiges transparentes Feedback geben:

  • Das Feedback sollte dem Entwicklungsstand und dem Alter angemessen eingesetzt werden. So sollte bei Grundschülern angemessenes Verhalten durch Loben unterstützt werden. Bei Jugendlichen ist direktes, sprachliches Loben nicht immer notwendig. Es können unterstützende Gesten, wie z. B. ein kurzes Zunicken ebenso zielführend sein. Wichtig ist, dass verdeutlicht wird, dass das erwünschte Verhalten bemerkt wurde.

Einsatz von Verstärker-Systemen:

  • Die Arbeit mit Verstärkersystemen ist ein probates Mittel in der Erziehung. Mit einem Verstärkerplan erhält die Schülerin, der Schüler z. B. immer dann einen Punkt (Token) in Form von Smileys oder einem Stempel, wenn es ihr oder ihm gelingt, sich an spezifische Verhaltensregeln zu halten. Hat die Schülerin, der Schüler eine bestimmte Anzahl an Tokens gesammelt, können diese in Verstärker eingetauscht werden (z. B. Ausführung eines beliebten Bewegungsangebots). Die Aufmerksamkeit wird dadurch auf das positive Verhalten der Schülerin, des Schülers gerichtet und dieses verstärkt. Es bietet sich an, Verstärkerpläne, die von der Klassenleitung bereits eingeführt und etabliert wurden, in Schulsportangeboten zu übertragen.

g_bu_2099_as_9.jpgKurz und knapp
  • Berücksichtigung der Tagesform

  • den Umgang mit akuten Konflikten und Krisen gestalten

  • Transparenz und Vorhersehbarkeit schaffen

  • individuelle Verhaltensregeln festlegen und konsequent einfordern

  • Verhaltensreflektion unterstützen und regelmäßiges transparentes Feedback geben

  • Einsatz von Verstärker-Systemen

3.2.3
Förderschwerpunkt Sprache

Eine Lern- und Entwicklungsstörung (Lernbehinderung, Sprachbehinderung, Erziehungsschwierigkeit) kann den Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung im Förderschwerpunkt Sprache begründen.

Bedeutung für den Schulsport

Sprache und Bewegung sind zwei wesentliche Dimensionen der kindlichen Persönlichkeitsentwicklung. Schülerinnen und Schüler mit dem Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung im Förderschwerpunkt Sprache erschließen sich Zusammenhänge (z. B. über die Beschaffenheit von Gegenständen und deren Funktion) und erweitern ihre begrifflichen Kompetenzen, indem sie Bewegungshandlungen in Verbindung mit Sprache erfahren. Im Schulsport ergeben sich vielfältige direkte und indirekte Sprechanlässe, wodurch die Sprachentwicklung unterstützt wird (vgl. Zimmer 2009, S. 34ff.).

Hinweise für den Schulsport

Verständigung gewährleisten:

  • Mit direkter Ansprache wird die Aufmerksamkeit gebunden und auf das Thema gelenkt. Wenn allgemeine Inhalte für die gesamte Lerngruppe vermittelt werden, ist es oft sinnvoll, die Schülerin, den Schüler nochmals direkt anzusprechen und so sicherzustellen, dass sie oder er sich angesprochen fühlt.

  • Vereinfachung von Arbeitsanweisungen:

    • Kurze, einfache Sätze formulieren.

    • Langsam und deutlich, mit kurzen Pausen nach Sinneinheiten sprechen.

    • Symbolkarten und nonverbale Kommunikation einsetzen, dabei achtet die Lehrkraft darauf, dass sie von allen gut gesehen werden kann.

    • Auf die entsprechenden Objekte oder Piktogramme zeigen, so wird das Sprachverstehen unterstützt.

    • Die Reihenfolge der anstehenden Handlungen skizzieren und diese Skizzen mit Worten begleiten.

    • Sportfachspezifische Begriffe erklären und visualisieren.

  • Schülerinnen und Schüler mit dem Förderschwerpunkt Sprache haben meist ein gutes Bewusstsein dafür, wann sie beim Sprechen oder beim Verstehen von sprachlichen Informationen an ihre Grenzen stoßen. Rückzugsund Vermeidungstendenzen können auftreten. Die oft gestellte Frage, ob die Schülerin, der Schüler alles verstanden hat, ist deshalb meist nicht zielführend und kann dazu führen, dass sich diese Tendenzen verstärken. Alternativ kann es hilfreich sein, die Schülerin, den Schüler zu bitten, es mit eigenen Worten zu wiederholen. Die Wiederholung und Betonung der wichtigsten Informationen in Form von Schlagwörtern kann ebenfalls hilfreich sein.

Einsatz von Hilfen zur Gestaltung von Kommunikationsprozessen:

  • Ritualisierte Signale einsetzen, z. B. Glockenton, Pfiffe oder Handzeichen.

  • Nonverbale Hinweisreize wie Mimik, Mundbild und Gestik verwenden.

  • Arbeitsanweisungen und Handlungsschritte visualisieren, z. B. durch den Einsatz von Piktogrammen, Symbolen, Plakaten oder Bild-Wortkarten.

  • Die Zuhörumgebung/Raumakustik optimieren (Störlärm mindert die Konzentrationsfähigkeit und die Leistungsmotivation).

  • Lautsprachliche Gebärden/Zeichen und Gesten vereinbaren und einsetzen.

  • Sitzkreise und andere kommunikative Formen etablieren (vgl. Reber/Schönauer-Schneider 2011, S. 169ff.).

g_bu_2099_as_9.jpgKurz und knapp
  • Verständigung gewährleisten

  • Hilfen zur Gestaltung von Kommunikationsprozessen zielgerichtet einsetzen

3.2.4
Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung

Eine geistige Behinderung kann den Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung im Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung begründen.

Bedeutung für den Schulsport

Für Schülerinnen und Schüler mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung ist im besonderen Maße der handelnde Umgang mit der Umwelt eine wichtige Grundlage jedes Lernens. Der Schulsport bietet hierfür vielfältige Möglichkeiten und Zugänge und leistet somit einen entscheidenden Beitrag zur ganzheitlichen Entwicklungsförderung. Zudem wird das Sammeln von Erfahrungen im sozialen Miteinander ermöglicht.

Besonders für Schülerinnen und Schüler mit Schwierigkeiten in den Bereichen Selbstorganisation, Handlungsplanung und Selbstständigkeit kann die Situation in der Umkleide Herausforderungen mit sich bringen. Gleichzeitig bietet der Schulsport dadurch auch Anlässe zur gezielten Förderung von Fähigkeiten in diesen Bereichen. Aus diesem Grunde ist es sinnvoll, die Situationen in der Umkleide in den Blick zu nehmen und zu hinterfragen, ob die Schülerin, der Schüler z. B. einen erhöhten Zeitaufwand, konkrete Hilfestellungen beim Anund Ausziehen oder bei der Organisation der Handlungsschritte beim Umkleiden benötigt.

Hinweise für den Schulsport

Für die Planung und Gestaltung von Schulsportangeboten sind folgende Aspekte zu berücksichtigen.

Handlungsorientierte Zugänge zu Inhalten ermöglichen:

  • verschiedene Sinne und Lernkanäle ansprechen

  • individuelles Lerntempo berücksichtigen

  • einen spielerischen, erforschenden Zugang zu Bewegung anbieten

Die Komplexität von Aufgabenstellungen entsprechend dem individuellen Anforderungsniveau herabsetzen und das Aufgabenverständnis unterstützen:

  • Handlungsabläufe gliedern, z. B. durch Aufteilung in kleinschrittige, aufeinander aufbauende Teilaufgaben (Handlungspläne anbieten, die die einzelnen aufeinander folgenden Handlungen bildlich darstellen)

  • Transferfähigkeit unterstützen durch die Variation von bekannten Unterrichtsinhalten

  • herausstellen und hervorheben der zentralen, wichtigen Elemente der Aufgabenstellung (elementarisieren)

  • Handlungsziele herausstellen und veranschaulichen

  • Bei komplexeren Anforderungen im Gruppengeschehen, z. B. bei Mannschaftsspielen, kann es sinnvoll sein, die Schülerinnen und Schüler (zunächst) nur Teilaspekte erarbeiten zu lassen. Eine Gewährung von Sonderregeln oder Schutzräumen am allgemeinen Spielgeschehen kann zeitweilig eine Hilfestellung für gemeinsame Aktionen in der Gruppe darstellen (vgl. Rouse 2012, S. 69).

Veranschaulichung und einfache Sprache einsetzen:

  • Aufgabenstellungen und Spielregeln mit möglichst einfachen Worten erklären. Das Erfassen und Verstehen von Regeln kann situativ durch klare, bildliche Darstellungen oder das Vormachen durch eine Mitschülerin, einen Mitschüler erleichtert werden

  • Veranschaulichung nutzen: Bilder, einfache Darstellungen/Piktogramme, Orientierungs-/Markierungshilfen am Boden oder an den Wänden

  • Mitschülerinnen und Mitschüler als Vorbild in Partner- oder Gruppenaufgaben einbinden (Vor- und nachmachen)

  • eine direkte Ansprache vor der Aktion kann Aufmerksamkeit herstellen und den Schülerinnen und Schülern helfen, sich auf die Aufgabe vorzubereiten

Die Aufnahmefähigkeit von Informationen berücksichtigen:

  • bei neuen und oder komplexeren Aufgabenstellungen evtl. Pausen einbauen oder die Aktivitätsphasen strukturieren, indem z. B. bekannte, ritualisierte Aufgaben sich mit neuen Aufgaben abwechseln

  • Erinnerungsstützen, Gedächtnisstützen anbieten (z. B. in Form von Bildkärtchen oder wiederholter Ansprache, Verwendung von Signalwörtern)

Eine klare Strukturierung von Angeboten arrangieren:

  • eindeutig abgesprochene Verhaltensregeln etablieren, z. B. durch festgelegte Sammelpunkte, wiederkehrende Akustiksignale und klare Ordnungsstrukturen

  • Strukturierungs- und Orientierungshilfen einsetzen (visuell, akustisch, taktil), z. B.

    • Kennzeichnung von Spielfeldern bzw. Standorten durch Markierungskegel, Matten, farbige Spielfeldbegrenzungen

    • Einsatz von akustischen Signalen zum Start und Ende einer Übung/eines Spiels

    • Einsatz von Zähltafeln

    • verständliche Beschriftungen und eindeutige Bebilderungen von Lernstationen (z. B mit Piktogrammen oder Fotos)

  • den Organisationsrahmen transparent machen und Vorhersehbarkeit schaffen (auch zeitliche Orientierung), z. B. durch Ablaufpläne oder Ankündigung von Aktivitätswechseln

Hilfen für das Bewegungslernen bereitstellen:

  • Bewegungen vormachen und mit einfachen Worten beschreiben

  • den Bewegungsablauf durch aktionsbegleitendes Sprechen rhythmisieren und phrasieren

  • Schlüsselwörter an Bewegungsknotenpunkten beim Erlernen von Bewegungstechniken platzieren

  • grundlegende Bewegungsfertigkeiten erarbeiten bzw. festigen sowie Wiederholung von Grundübungen (Repertoire an Bewegungsaufgaben mit geringer Variation) einbauen

  • Spiele wiederholen und bekannte Aufgabenstellungen wiederholen

g_bu_2099_as_9.jpgKurz und knapp
  • Handlungsorientierte Zugänge zu Inhalten unterstützen

  • die Komplexität von Aufgabenstellungen entsprechend dem individuellen Anforderungsniveau herabsetzen und das Aufgabenverständnis unterstützen

  • Veranschaulichung und einfache Sprache einsetzen

  • die Aufnahmefähigkeit von Informationen berücksichtigen

  • eine klare Strukturierung von Angeboten arrangieren

  • Hilfen für das Bewegungslernen bereitstellen

3.2.5
Förderschwerpunkt Körperliche und motorische Entwicklung

Eine Körperbehinderung kann den Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung im Förderschwerpunkt Körperliche und motorische Entwicklung begründen.

Bedeutung für den Schulsport

Der Schulsport hat für Schülerinnen und Schüler mit dem Förderschwerpunkt Körperliche und motorische Entwicklung eine besondere Bedeutung: Durch die Bewegungsangebote und -anforderungen können individuelle motorische Möglichkeiten kennengelernt, genutzt und erweitert werden.

Bewegungseinschränkungen können dazu führen, dass Schülerinnen und Schüler im Alltag auf besondere Unterstützung und Hilfestellungen angewiesen sind. Das kann je nach individuellen Voraussetzungen beispielsweise das Anund Auskleiden im Umkleideraum, Transfersituationen (z. B. vom Stand auf den Boden, vom Sitzen in den Stand, aus dem Rollstuhl auf eine Weichbodenmatte), das Einnehmen von verschiedenen Körperpositionen oder den Gebrauch von Sachen und Gegenständen betreffen. Geeignete Unterstützung und Assistenz sollte unter Einbeziehung der Schülerin, des Schülers organisiert werden. Die Mitschülerinnen und Mitschüler der Lerngruppe können je nach Alter und Entwicklungstand einbezogen werden.

Je nach Ausprägung und Ursache einer körperlichen Behinderung können bestimmte Bewegungen und Belastungen, z. B. starke Dehneinwirkung auf die Muskulatur, Belastungsformen, die sich verstärkend auf den Muskeltonus auswirken, oder das Tragen von Lasten, nicht förderlich sein. Sie sollten dann mit besonderer Vorsicht und Bedacht ausgeführt werden oder sogar ganz vermieden werden. Die Lehrkraft muss sich daher individuell mit dem Behinderungsbild, den Möglichkeiten, aber auch den Einschränkungen der Schülerin, des Schülers vertraut machen. Für den Schulsport ist es erforderlich, relevante medizinische Aspekte im Dialog mit der Schülerin, dem Schüler, den Eltern und ggf. mit den behandelnden Ärzten bzw. Therapeutinnen und Therapeuten abzustimmen. Ärztliche Hinweise oder Atteste können im Einzelfall konkrete Hinweise enthalten, die der sportunterrichtenden Lehrkraft Hilfestellung und Richtschnur zugleich sein können. In jedem Fall ist es sinnvoll, die Lehrkraft für Sonderpädagogik beratend hinzuzuziehen, insbesondere, wenn die Schülerin, der Schüler therapeutische Hilfsmittel (z. B. Aktivoder Elektro-Rollstuhl, Rollator, Orthesen) im Alltag nutzt, die sie oder er auch im Schulsport einsetzt.

Grundlegende Kenntnisse über die Funktionsweise dieser Hilfsmittel sind erforderlich, um Möglichkeiten für den Einsatz von therapeutischen Hilfsmitteln im Schulsport abzuklären. Dadurch kann ermöglicht werden, dass die Schülerin, der Schüler beim Umgang mit den Hilfsmitteln im Schulsport gezielt unterstützt werden kann und gleichzeitig ein sicherer Einsatz von therapeutischen Hilfsmitteln gewährleistet werden kann. Therapeutische Hilfsmittel dürfen laut Rechtsgrundlagen zur Sicherheitsförderung nicht zu Gefährdungen führen und sind ggf. abzulegen (vgl. MSW NRW 2015, S. 14). Weitere Informationen zum Einsatz von therapeutischen Hilfsmitteln sind im Kapital 4.2 zu finden.

Hinweise für den Schulsport

Strukturierungs- und Orientierungshilfen anbieten:

  • Das Wahrnehmungsvermögen berücksichtigen und unterstützende Maßnahmen einsetzen:

    • visuell (z. B. Hütchen oder Matten zur Kennzeichnung von Spielfeldern)

    • akustisch (z. B. verschiedene Geräusche mit eindeutiger Bedeutung: Klingel = Sammeln im Kreis, Pfiff = Spielstopp, Klatschen = Stationswechsel)

    • taktil (z. B. Seilchen als Führungshilfen durch Bewegungsparcours)

Die individuelle Belastbarkeit berücksichtigen:

  • je nach individueller Belastbarkeit individuelle Pausen ermöglichen

  • ggf. Ruhezone für kurze Auszeiten in der Halle einrichten

Alleinstellungsmerkmale minimieren:

  • Der Lerngruppe zeitweilig z. B. einen Rollstuhl zur Verfügung stellen, der von Mitschülerinnen und Mitschüler genutzt werden kann, um für gemeinsame Übungen und Spiele ähnliche Voraussetzungen zu schaffen. Durch die beispielhafte Nutzung von Augenbinden 1, kann dadurch auch das Verständnis für die Situation der Schülerin, des Schülers mit Körperbehinderung erweitert und das soziale Miteinander unterstützt werden. Viele Förderschulen besitzen eigene Rollstühle und weitere therapeutische Hilfsmittel, die auch im Schulsport eingesetzt werden können. Der Aufbau von Kooperationsstrukturen mit Förderschulen kann an dieser Stelle gewinnbringend sein.

Eigenständigkeit fördern und fordern:

  • möglichst vielfältige Angebote gestalten, in denen die Schülerinnen und Schüler trotz Bewegungseinschränkungen weitgehend eigenaktiv und möglichst selbstständig handeln können

  • die vorhandenen Handlungsmöglichkeiten und motorischen Voraussetzungen der Schülerin, des Schülers unterstützen

  • Handlungen, die die Schülerin, der Schüler eigenständig ausführen kann, sollten nicht von anderen Personen übernommen werden

  • Wiederholungen von Spiel- und Übungsformen und das Aufgreifen bekannter Aufgabenstellungen in unterschiedlichen Situationen sind für eine zunehmende selbstständige Beteiligung hilfreich.

Umgang mit therapeutischen Hilfsmitteln fördern:

  • Die Bewegungsmöglichkeiten mit Hilfe von therapeutischen Hilfsmitteln, z. B. Rollstuhl oder Rollator, können im Schulsport in besonderem Maße gefördert werden. Fahrtechniken mit dem Rollstuhl können beispielsweise erweitert werden, z. B. durch das gezielte Fahren von Kurven, das Fahren auf unterschiedlichen Untergründen oder schnelles/langsames Fahren

Hilfen für das Erlernen und die Umsetzung von Bewegungen bereitstellen:

  • Bewegungen vormachen und mit einfachen Worten beschreiben

  • den Bewegungsablauf durch aktionsbegleitendes Sprechen rhythmisieren und phrasieren

  • Schlüsselwörter an Bewegungsknotenpunkten beim Erlernen von Bewegungstechniken platzieren

  • grundlegende Bewegungsfertigkeiten erarbeiten bzw. festigen sowie Wiederholung von Grundübungen (Repertoire an Bewegungsaufgaben mit geringer Variation) einbauen

  • Spiele und bekannte Aufgabenstellungen wiederholen

  • Erforderliche Hilfestellungen bei der Bewegungsausführung gemeinsam mit der Schülerin, dem Schüler planen und gestalten, nach dem Grundsatz "So viel Hilfe wie nötig, so wenig Hilfe wie möglich"

  • Oftmals ist für eine Hilfeleitung eine bestimmte Technik des Helfens notwendig, z. B. Kenntnis über geeignete Transfertechniken aus dem Rollstuhl in den Stand oder auf den Boden. Die Schülerin, der Schüler kann dabei die Lehrkraft anleiten. Sofern der Schülerin, dem Schüler das auf Grund ihres bwz. seines Alters oder Entwicklungstands nicht möglich ist, ist es sinnvoll, sich bei den Eltern oder der Lehrkraft für Sonderpädagogik über geeignete Formen zu erkundigen.

g_bu_2099_as_9.jpgKurz und knapp
  • Strukturierungs- und Orientierungshilfen anbieten

  • die individuelle Belastbarkeit berücksichtigen

  • Alleinstellungsmerkmale minimieren

  • Eigenständigkeit fördern und fordern

  • den Umgang mit therapeutischen Hilfsmitteln fördern

  • Hilfen für das Erlernen und die Umsetzung von Bewegungen bereitstellen

3.2.6
Förderschwerpunkt Hören und Kommunikation

Eine Hörschädigung kann den Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung im Förderschwerpunkt Hören und Kommunikation begründen.

Bedeutung für den Schulsport

Der Schulsport ist für Schülerinnen und Schüler mit einer Hörschädigung gerade im Hinblick auf die Behebung von Koordinationsschwächen und -störungen sowie die Schulung der Raumwahrnehmung oder die Schulung der Gesamtmotorik von zentraler Bedeutung (vgl. Kosel 1982, S. 463).

Bei wenigen Sportangeboten, z. B. bei der Ausübung von Sportspielen mit erhöhtem Körperkontakt, kann ein erhöhtes Risiko bestehen, dass die Hörhilfe geschädigt wird. Es ist deshalb bei der Planung und Durchführung einer Schulsporteinheit sorgfältig zu prüfen, bei welchen Übungen die Benutzung von Hörgeräten uneingeschränkt erlaubt werden kann und bei welchen Disziplinen sie abzulegen sind (vgl. Kosel 1982, S. 463).

Da Hörhilfen in ihren technischen Voraussetzungen aber auch in ihrer Positionierung am Körper sehr unterschiedlich sein können, ist es in jedem Fall wichtig, immer mit den Eltern und der Schülerin, dem Schüler zu besprechen, was im Schulsport im Einzelfall beachtet werden sollte. Bei einem Cochlea-Implantat kann es beim Sport beispielsweise zu individuell unterschiedlichen Problemen kommen, für die auch individuelle Lösungen seitens der Betroffenen gefunden werden müssen. Beispielsweise ist der Bereich des Implantats ggf. vor Stößen zu schützen (z. B. durch einen Helm). Beim Bewegen auf Kunststoffuntergründen, die sich in hohem Maße statisch aufladen können, kann es sein, dass externe Komponenten des Implantats zuvor abgenommen werden müssen. Zudem kann eine vermehrte Schweißbildung dazu führen, dass es zu Ausfällen des Cochlea-Implantat kommt. Beim Schwimmen sind Hörhilfen grundsätzlich abzulegen. Hörhilfen sind in der Regel nicht für das Tragen im Wasser geeignet.

Hinweise für den Schulsport

Den Einsatz von Hörhilfen als therapeutische Hilfsmittel im Schulsport unter der Berücksichtigung von sicherheitsrelevanten Fragestellungen abklären.

Einsatz von Hilfen zur Gestaltung von Kommunikation:

  • Einsatz von visuellen Hilfsmitteln: anhand von Orientierungsmarkierungen, Bildern, Piktogrammen oder kurzen schriftlichen Hinweisen werden Anweisungen und Aufgabenstellungen verständlich und können den Lernprozess unterstützen.

  • Für gute Lichtverhältnisse sorgen: die Schülerin, der Schüler sollte nicht geblendet werden. Der Blick auf das Gesicht der Sprecherin, des Sprechers sollte ungehindert und störungsfrei sein, damit Informationen auch von den Lippen abgelesen werden können.

  • Bewegungsabläufe demonstrieren (vormachen/nachmachen), ggf. mehr Zeit für die Vermittlung von Bewegungsabläufen einplanen.

  • Hintergrundgeräusche (phasenweise) minimieren, damit die Schülerinnen und Schüler Hinweise und Regelabsprachen störungsfrei aufnehmen und verarbeiten können.

  • Sichtkontakt herstellen, bevor mit dem Sprechen begonnen wird.

  • Alle Anweisungen vor Übungs- oder Spielbeginn transportieren, spontane Zurufe im Geschehen können häufig nicht gehört werden.

  • Die Ansprachen sollten in normaler Lautstärke erfolgen und klar und deutlich artikuliert werden (ggf. einzelne Gebärden erlernen).

  • Gesprächsregeln vereinbaren, damit alle Schülerinnen und Schüler die Chance auf einen optimalen Informationsfluss haben.

  • Signale und/oder Gebärden vereinbaren, Kommunikationswege besprechen und festlegen (z. B. durch den Einsatz von Handzeichen und Signalen).

  • Mitschülerinnen und Mitschüler als Helfer/Übersetzer/Vermittler einsetzen.

  • Kommunikationskette einrichten: auf ein bekanntes Signal von der Lehrkraft (z. B. Handzeichen oder Pfiff ) bleiben alle Schülerinnen und Schüler stehen. In der Nähe stehende Mitschülerinnen und Mitschüler weisen die Schülerin, den Schüler darauf hin, dass sie oder er Blickkontakt zu der Lehrkraft aufnehmen soll.

g_bu_2099_as_9.jpgKurz und knapp
  • Einsatz von Hörhilfen als therapeutische Hilfsmittel im Schulsport unter Berücksichtigung von sicherheitsrelevanten Fragestellungen abklären

  • Einsatz von Hilfen zur Gestaltung der Kommunikation

3.2.7
Förderschwerpunkt Sehen

Eine Sehschädigung kann den Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung im Förderschwerpunkt Sehen begründen.

Bedeutung für den Schulsport

Die fehlende visuelle Kontrolle für Schülerinnen und Schüler mit dem Förderschwerpunkt Sehen erschwert die grundlegenden Prozesse der Wahrnehmung und Raumerfahrung, die wiederum die Voraussetzung für ein angst-freies und sicheres Bewegungshandeln darstellt. Der Ausfall des Sehens wirkt sich immer erschwerend auf die Möglichkeiten der eigenständigen Orientierung und der (Fort-)Bewegung aus. Dies gilt in besonderem Maße für die Schülerinnen und Schüler, die von Geburt an blind aufwachsen (vgl. Thiele 2001, S. 21). Schulsportangebote leisten einen entscheidenden und besonderen Beitrag zu einer ganzheitlichen Entwicklungsförderung und insbesondere zum Ausbau der motorischen Kompetenzen.

Die Unterscheidung der unterschiedlichen Beeinträchtigungen der Sehfähigkeit ist im Zusammenhang mit dem Schulsport von Bedeutung. Schülerinnen und Schüler mit Blindheit in unterschiedlich ausgeprägter Form verfügen häufig noch über geringe visuelle Fähigkeiten, so z. B. lediglich die Fähigkeit, hell und dunkel zu unterscheiden oder Umrisse von Personen oder Geräten zu erkennen. Die Lehrkraft sollte die visuellen Möglichkeiten bei der Schülerin, dem Schüler und den Eltern erfragen und bei der Gestaltung von Schulsportangeboten berücksichtigen.

Hinweise für den Schulsport

Individuelle Voraussetzungen situationsabhängig erfragen und abklären:

  • Für eine gezielte Planung und Gestaltung des Angebots und des Einsatzes von Hilfestellungen ist es nützlich, die Schülerin, den Schüler zu fragen, wie sie oder er etwas sieht und nicht ob sie bzw. er etwas sieht. Die Auskünfte über den konkreten Wahrnehmungseindruck können in unterschiedlichen Situationen stark variieren. Der Austausch mit der Schülerin, dem Schüler hilft der Lehrkraft, spezifische, situationsangepasste Hilfen zur Verfügung zu stellen. Geeignete Hilfestellungen beziehen sich vorwiegend auf die Förderung der Orientierungsfähigkeit.

Raumorientierung unterstützen und Gefahren vermeiden:

  • Die Übungsstätte kann je nach Beschaffenheit des Raumes bei der Schülerin, dem Schüler unterschiedliche Empfindungen verursachen. Es kann sein, dass die Übungsstätte wegen fehlender Orientierung Ängste und Unsicherheiten hervorruft. Es kann jedoch auch sein, dass in einem leeren großen Raum (Sporthalle) vorhandene Unsicherheiten in den Hintergrund treten, weil dieser auffordernd wirkt, sich "frei" austoben zu können, da bis auf die Wände auf keine Hindernisse durch Möbel, Gegenstände, Unebenheiten im Raum geachtet werden muss. Über diese Wahrnehmungen und Empfindungen sollte die Lehrkraft sich mit der Schülerin, dem Schüler austauschen. Der Austausch ist hilfreich, um die Schülerin, den Schüler beim Abbauen von Ängsten zu unterstützen, Hilfestellungen gezielt einsetzen zu können und freudvolle Erlebnisse zu fördern (z. B. vor Beginn oder am Schluss der Einheit sich noch einmal fünf Minuten ohne die Lerngruppe in der leeren Übungsstätte bewegen zu dürfen).

  • Vor der ersten Schulsporteinheit in einer unbekannten Umgebung sowie bei unbekannten Geräteaufbauten ist es sinnvoll, der Schülerin, dem Schüler die Möglichkeit zu geben, die Sportstätte und die Geräte zu erkunden. Feststehende Orientierungspunkte können gemeinsam besprochen und festgelegt werden.

  • Gleiche Begrifflichkeiten verwenden, gemeinsames Verständnis für die Umgebung aufbauen.

  • Laufen ohne oder mit eingeschränkter visueller Kontrolle kann ein Gefühl von Unsicherheit und Orientierungslosigkeit hervorrufen. Bei Übungs- und Spielformen, bei denen gleichzeitig viele Schülerinnen und Schüler in einem Raum laufen, ist es hilfreich, Orientierungshilfen anzubieten. Beispielsweise laufen alle in die gleiche, vorher vereinbarte Richtung oder laufen mit Begleitung (z. B. Handfassung, indirekter Kontakt durch Führung mit Gymnastikstab, Bändchen).

  • Auf Gefahrenzonen im Raum (z. B. fest installierte Fußballtore) hinweisen und diese evtl. absperren.

  • Als Orientierungshilfe gezielt die Positionierung als Lehrkraft im Raum wählen (z. B. immer die gleiche Position im Gesprächskreis wählen). Die Schülerin, der Schüler weiß dann genauer, wohin sie bzw. er die Aufmerksamkeit richten muss.

  • Bevor Körperkontakt aufgenommen wird empfiehlt sich eine kurze Ansprache, damit die Schülerin, der Schüler weiß, wo sich die Person befindet und wann und wo der Körperkontakt erfolgt.

  • Hilfen für die Beschreibung von Positionen im Raum einsetzen, z. B. mit Hilfe der Uhrzeit: "Von dir aus gesehen liegt der Ball auf drei Uhr".

  • Für eine gezielte Förderung der Raumorientierung ist es ratsam, nach vorheriger Ankündigung zeitweilig bewusst Situationen zu schaffen, in denen die Schülerin, der Schüler mit Sehschädigung in ihrer/seiner Orientierungsfähigkeit stark gefordert wird, z. B. durch die Initiierung von gezieltem Durcheinanderlaufen der Gruppe in einem Hallenbereich. Wichtig dabei ist, der Schülerin, dem Schüler das Ziel der Übung offenzulegen und vorher anzukündigen sowie der gesamten Lerngruppe den Zweck der Übung transparent zu machen. Einzelnen Mitschülerinnen und Mitschülern ohne Sehschädigung kann in diesen Situationen die Möglichkeit gegeben werden, sich die Augen verbinden zu lassen. Sie können dabei erfahren, mit welchen Herausforderungen sie sich auseinandersetzen müssen, um die Raumorientierung weiterhin gewährleisten zu können. Die gezielte Förderung der Raumorientierung spielt für Schülerinnen und Schülern mit dem Förderschwerpunkt Sehen eine wichtige Rolle, da Fähigkeiten in diesem Bereich in vielen Alltagssituationen besonders gefordert werden (z. B. Orientierung im Straßenverkehr, in der Fußgängerzone).

Hilfestellungen zur visuellen Orientierung entsprechend den individuellen Voraussetzungen bereitstellen:

  • Blendungen durch Lichtquellen vermeiden, Turnhalle möglichst gleichmäßig ausleuchten

  • Kontrastreiche Markierungen wie farbige Klebebänder oder Folien als Orientierungshilfen verwenden, z. B.

    • an Absprungstellen (Sprungbretter, Sprungbalken)

    • an Leitlinien an Spielfeldern

    • an Laufweggrenzen

    • in Bereichen, in denen Hände oder Füße aufgesetzt werden sollen (Kasten, Bock, Weichboden)

    • an Wurfzielen

    • an Orten (z. B. Anfang und Ende einer Langbank, auf der balanciert werden soll)

  • Hindernisse wie Ringe, Seile oder Großgeräte durch farbige Tücher oder Karten markieren

  • farbige, weiche Bälle wählen

  • kontrastreiche Trikots bei Mannschaftsspielen einsetzen, damit die Schülerinnen und Schüler ihre Mannschaftszugehörigkeit eindeutig erkennen können

Orientierung durch akustische Signale unterstützen:

  • Akustische Signale vereinbaren! Bei einem Pfiff bleibt die Schülerin, der Schüler beispielsweise unmittelbar stehen und wartet auf die Ansprache der Lehrkraft. Die Schülerin, der Schüler weiß, dass sie oder er dann einen zusätzlichen wichtigen Hinweis zur Aufgabe, zur Raumorientierung oder zu einer möglichen Gefahr als "Notsignal" (z. B. zur Bewegungsrichtung, zu Hindernissen, zur Position zu den Mitschülerinnen und Mitschülern) bekommt.

Orientierungshilfen durch andere Personen anbieten und gestalten:

  • Hilfestellungen durch Körperkontakt (z. B. Hinführen, Mitnehmen) gemeinsam und sensibel gestalten.

  • Verhaltensregeln für Hilfestellungen vereinbaren und festlegen (wer hilft bei welcher Aufgabe mit welchem Hilfsmittel in welchem Zeitraum?).

g_bu_2099_as_9.jpgKurz und knapp
  • individuelle Voraussetzungen situationsabhängig erfragen und abklären

  • Raumorientierung unterstützen und Gefahren vermeiden

  • Hilfestellungen zur visuellen Orientierung entsprechend den individuellen Voraussetzungen bereitstellen

  • Orientierung durch akustische Signale unterstützen

  • Orientierungshilfen durch andere Personen anbieten und gestalten

3.2.8
Intensivpädagogische Förderung bei Schwerstmehrfachbehinderung

Schülerinnen und Schüler, die aufgrund einer Schwerstmehrfachbehinderung eine intensivpädagogische Förderung erhalten, sind aufgrund hochgradiger, umfassender Entwicklungsbeeinträchtigung in vielen Bereichen des Lebens und Lernens eingeschränkt und auf intensive Assistenz und persönliche Zuwendung angewiesen. Die verschiedenen Beeinträchtigungen im motorischen, emotionalen, kognitiven, körperlichen, sozialen und kommunikativen Bereich bedingen, verstärken und/oder verursachen sich wechselseitig. Die Ausprägungen unterschiedlicher Behinderungen können sehr unterschiedlich sein und in den verschiedenen Lernbereichen in der Schule unterschiedlich in Erscheinung treten und sich darauf auswirken (vgl. Hetzner 2012, S. 203).

Bedeutung für den Schulsport

Grundsätzlich haben Bewegungsangebote eine besondere Bedeutung für die ganzheitliche und gezielte Förderung von Schülerinnen und Schülern mit Schwerstmehrfachbehinderung, da diese Angebote immer an Bewegungshandeln gekoppelt sind und Wahrnehmungseindrücke und Verarbeitungsprozesse anregen. Dadurch erhalten die Schülerinnen und Schüler Zugänge, sich mit der Umwelt auseinanderzusetzen. Sie machen ganzheitliche Erfahrungen mit ihrem Körper. Die einfachste Weise, die Umwelt zu erfahren und zu erforschen, sind vielfältige Bewegungs- und Wahrnehmungserfahrungen.

In der Regel müssen für alle Lernbereiche in der Schule für die Schülerinnen und Schüler mit Schwerstmehrfachbehinderung individuelle Ziele in Anlehnung an den individuellen Förderplan in den Blick genommen werden. Diese weichen meist stark von denen der anderen Schülerinnen und Schüler in der Lerngruppe ab. Vom gezielten Erlernen und Umsetzen von sportartspezifischen Fertigkeiten sind viele Schülerinnen und Schüler mit Schwerstmehrfachbehinderung, insbesondere, wenn eine ausgeprägte körperliche Behinderung vorliegt, oft weit entfernt. Es geht vielmehr um eine allgemeine, grundlegende Bewegungs- und Entwicklungsförderung entsprechend der individuellen Voraussetzung. Wichtig ist deshalb zu hinterfragen, welchen Beitrag der Schulsport für die Umsetzung der Förderziele leisten kann. Für das gemeinsame Lernen in der Gruppe am gleichen Unterrichtsinhalt ist es deshalb oft erforderlich, die Aufgabenstellungen und Anforderungen stark zu verändern und zu vereinfachen. Das kann dazu führen, dass ein durchgängig gemeinsames Lernen im Schulsport nicht immer sinnvoll oder nur bedingt möglich ist. Grundsätzlich ist es jedoch wichtig, im Blick zu halten, wie die einzelne Schülerin, der einzelne Schüler mit Schwerstmehrfachbehinderung in das Gruppengeschehen eingebunden werden kann und vom Unterrichtsgeschehen profitieren kann, auch wenn die Mitschülerinnen und Mitschüler an anderen Aufgaben auf einem anderen Niveau arbeiten (vgl. Hetzner, 2012, S. 205).

Den Wechsel von gemeinsamen und individualisierten Angeboten und Aktivitäten zu organisieren und zu gestalten ist hilfreich und wichtig. Dabei sind die individuelle psychische und physische Belastbarkeit und die körperlichen Voraussetzungen der Schülerin, des Schülers zu beachten. Die Ausführungen machen deutlich, dass mit einer intensivpädagogischen Förderung in den meisten Fällen eine intensivere, individuelle Unterstützung und Begleitung der Schülerin, des Schülers notwendig ist. Das betrifft nicht nur die Ausführung von Bewegungshandlungen, sondern auch viele alltägliche Handlungen, eine verlässliche Versorgung und Pflege sowie die Orientierung im sozialen Gefüge einer Gruppe.

Eine zentrale Fragestellung ist deshalb, wie eine Begleitung und Unterstützung, insbesondere beim Wechseln des Lernorts von der Klasse in die Sportstätte, gestaltet und organisiert werden kann. Das sollte bei der Gestaltung von Schulsportangeboten in den Mittelpunkt gerückt werden und mit den Lehrkräften im Klassenteam thematisiert werden. Für die Assistenz und Unterstützung ist von entscheidender Bedeutung, die Schülerin, den Schüler in alle Handlungs- und Entscheidungsprozesse entsprechend ihren bzw. seinen Möglichkeiten einzubinden und zu unterstützen, damit Hilfe und Unterstützung nicht zur Passivität führt. Die Hilfestellung sollte so gestaltet sein, dass eigenständiges Handeln gefördert wird und Mitgestaltungsmöglichkeiten eröffnet werden. Die Förderung der Selbstbestimmung, Selbstständigkeit und Eigeninitiative sind zentrale Schwerpunkte für die Förderung von den Schülerinnen und Schülern mit Schwerstmehrfachbehinderung. Für eine individuelle, zielgerichtete Förderung müssen auch die notwendigen Ressourcen in den Blick genommen werden (z. B. der Einsatz von therapeutischen Hilfsmitteln, spezifische Unterrichtsmaterialien, Lerngruppengröße).

Um eine ganzheitliche Bewegungsförderung für Schülerinnen und Schüler mit einer Schwerstmehrfachbehinderung im Schullalltag zu ermöglichen und zu verankern, ist es empfehlenswert, diese Überlegungen in einem schulinternen Konzept gemeinsam auszugestalten und festzuhalten. Neben der Teilnahme am Sportunterricht im Klassenverband können spezielle Angebote, beispielsweise in einer Fördergruppe, geschaffen sowie tägliche Bewegungszeiten etabliert werden. Im Einzelfall kann es auch sinnvoll sein, für die Schülerin, den Schüler ein spezielles Bewegungsangebot als Alternative zum Sportunterricht mit der Klasse zu schaffen. Die Sportfachkonferenz kann in Zusammenarbeit mit den Lehrkräften für Sonderpädagogik einen entscheidenden Beitrag leisten.

Hinweise für den Schulsport

Informationen einholen und weitergeben:

  • Die umfassenden Entwicklungsbeeinträchtigungen wirken sich auf die individuellen Möglichkeiten aus, den eigenen Befindlichkeiten, Interessen und Bedürfnissen Ausdruck zu verleihen und für das Gegenüber verständlich zu machen. Über das genaue Beobachten der ggf. auch feinen Reaktionen der Schülerin, des Schülers können Informationen über die Vorlieben, die Belastbarkeit, die Aufnahmefähigkeit und Gefühlsreaktionen gesammelt werden. Hilfreich kann an dieser Stelle auch sein, bei den Eltern Informationen zu Vorlieben, Interessen, aber auch Kommunikationsformen (z. B. Zeichen, Laute, Signale), die sich in der Familie entwickelt haben, einzuholen.

  • Bei Schülerinnen und Schülern mit einer ausgeprägten Form der Körperbehinderung ist es ebenfalls wichtig, zu fragen, welche Bewegungen und körperlichen Belastungen möglich und förderlich sind.

Turnhalle als Erlebnisraum nutzen:

  • Dieser Lernort bringt automatisch andere Eindrücke und Reize mit sich als der Klassenraum. Dadurch ergeben sich vielfältige Situationen, mit denen sich die Schülerin, der Schüler auseinandersetzen und auf die sie oder er sich einstellen muss. In Bewegungslandschaften können beispielsweise Anlässe geschaffen werden, Orte zu erkunden, sich darin zu orientieren und sich als mitgestaltend zu erfahren.

Körperbezogene Erfahrungen stärken, das eigenständige Bewegen erweitern:

  • Über körperbezogene Erfahrungen wird das Erfahren der eigenen Fähigkeiten gestärkt und es werden Anlässe für die Stabilisierung und Erweiterung der Bewegungsmöglichkeiten gegeben. Minimale Veränderungen der Situation reichen meist aus, um die Schülerin, den Schüler herauszufordern. Dazu gehört z. B.

    • körperliche Beeinflussung zu erleben durch Bewegungsbegleitung, körperliche Hilfestellungen (z. B. führen und geführt werden)

    • Fortbewegung und Lageveränderungen zu ermöglichen (z. B. liegen, sitzen, kriechen, laufen)

    • das Bewegtwerden (z. B. schaukeln, sich wiegen, gezogen werden, gedreht werden)

Materialerfahrungen ermöglichen:

  • In Spielsituationen mit unterschiedlichen Materialien in Berührung kommen und Zusammenhänge von Ursache und Wirkung erforschen (z. B. Bälle springen in die Luft, wenn man sie auf den Boden wirft, das Rollbrett bewegt sich, wenn man es anstößt). Dies eröffnet wichtige Erfahrungsräume über die gegenständliche Umwelt.

  • Der Umgang mit Materialien und Gegenständen erfordert meist das Berühren oder Umschließen mit den Händen. Wahrnehmungs- und Bewegungserfahrungen mit den Händen können zielgerichtet herausgefordert werden, z. B. über den Einsatz von Materialien mit unterschiedlicher Oberflächenbeschaffenheit (Gewicht, Form).

Interaktionsprozesse unterstützen, gemeinsame Erlebnisse gestalten:

  • In der Gruppe kann die Schülerin, der Schüler sich in einem lebhaften Umfeld erfahren, welches vielfältige Anregungen bietet, sich in einem Miteinander zu erleben, gemeinsame Erlebnisse zu teilen, Freude an Bewegungs- und Wahrnehmungserfahrungen auszudrücken und Situationen zur Kontaktaufnahme herzustellen. Schulsport bietet viele Anlässe, Interaktionen auch ohne Sprache über Aktivitäten zu erleben. Über gemeinsame Aktivitäten an einem Erlebnisort,

  • in einer Entspannungsecke auf Weichböden, können Situationen entstehen, in denen ohne direkte Anleitung durch die Lehrkraft die Mitschülerinnen und Mitschüler auf ihre Weise Kontakt zueinander herstellen können.

Handlungs- und Entscheidungsprozesse unterstützen:

  • Ritualisierte Spiel- und Übungsformen leisten einen wichtigen Beitrag, um die Schülerin, den Schüler auf Aktivitäten einzustimmen. Sie geben der Schülerin, dem Schüler ebenfalls die Chance, sich zunehmend eigenständig zu beteiligen, da bevorstehende Handlungen für die Schülerinnen und Schüler zunehmend vorhersehbar werden. Minimale Veränderungen der Situation reichen meist aus, um neue Anreize zu schaffen.

  • Jeder Hilfestellung, jeder körperlichen Beeinflussung oder Veränderung der Situation sollte eine Ankündigung vorausgehen. So hat die Schülerin, der Schüler die Chance, sich auf die Situation einzustellen und diese ggf. mitzugestalten. Führen Mitschülerinnen und Mitschüler vorübergehend Hilfestellungen und Assistenzen aus, sollten im Vorfeld gemeinsame Regeln aufgestellt werden (z. B. vorheriges Ansprechen, bevor mit dem Schieben des Rollstuhls begonnen wird, die Bremsen vom Rollstuhl werden nur durch Lehrkräfte bedient, für das Führen durch die Halle sollte die rechte Hand genutzt werden). Diese Regeln sollten für die Schülerin, den Schüler individuell ausgestaltet werden und mit der Lerngruppe besprochen werden.

g_bu_2099_as_9.jpgKurz und knapp
  • Informationen einholen und weitergeben

  • Turnhalle als Erlebnisraum nutzen

  • körperbezogene Erfahrungen stärken, das eigenständige Bewegen stärken

  • Materialerfahrungen ermöglichen

  • Interaktionsprozesse unterstützen, gemeinsame Erlebnisse gestalten

  • Handlungs- und Entscheidungsprozesse unterstützen

3.2.9
Autismus-Spektrum-Störung (ASS)

Autismus-Spektrum-Störung ist kein Förderschwerpunkt. Eine Autismus-Spektrum-Störung kann jedoch zu einem Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung in einem Förderschwerpunkt führen.

Der Begriff Autismus-Spektrum-Störung weist darauf hin, dass es kein fest definiertes Behinderungsbild von Autismus gibt, sondern die Diagnose Autismus ein weites Spektrum an Symptomen aufweist, die dabei sehr unterschiedliche Ausprägungsgrade haben können.

Bedeutung für den Schulsport

Im Schulsport hat die Aufnahme und die Verarbeitung von vielen unterschiedlichen, auch neuen Wahrnehmungsinformationen eine zentrale Bedeutung. Schülerinnen und Schüler mit ASS haben grundsätzlich in unterschiedlichen Bereichen und Ausprägungen eine andersartige Wahrnehmungsverarbeitung. Das kann dazu führen, dass die Schülerin, der Schüler Situationen mit unangenehmen Wahrnehmungserfahrungen meidet oder sich verweigert, jedoch kann es auch sein, dass sie bzw. er große Freude an einer spezifischen Aktion im Schulsport hat, weil angenehme Wahrnehmungserfahrungen in dieser Situation erlebt werden. Für die Lehrkraft ist es häufig nicht direkt erkennbar, welcher Wahrnehmungseindruck was bewirkt. Um ein Verständnis für diese individuellen Voraussetzungen und Wahrnehmungen zu bekommen, ist es wichtig, sich mit der Schülerin, dem Schüler auszutauschen.

Hinweise für den Schulsport

Berücksichtigung der andersartigen Wahrnehmungsverarbeitung:

  • Grundsätzlich ist es immer bedeutsam, die Schülerin, den Schüler zu seinen Wahrnehmungseindrücken zu befragen. Ziel sollte es sein, gemeinsam individuelle Hilfestellungen zu finden und zu etablieren, die es der Schülerin oder dem Schüler möglich machen, sich auf die Situation einzulassen, und die das Lernen in der jeweiligen Situation erleichtern. Eine große Hilfestellung kann es für alle Beteiligten sein, vorhandene, etablierte Strukturen, Regeln und Hilfen (Arbeitspläne, Symbole, Strukturierungshilfen) aus der Klasse in das Schulsportangebot zu übertragen. Ein enger Austausch mit der Lehrkraft für Sonderpädagogik und weiteren Lehrkräften ist an dieser Stelle bedeutend. Die Situation in der Sporthalle kann auf Grund der Geräuschkulisse, der veränderten Akustik und der Strukturierung von Aufstellungen für die Schülerin, den Schüler mit ASS belastend sein. Kurze Auszeiten in einem ruhigen Hallenbereich oder die vorübergehende Anwendung von "Oropax Soft" sind individuelle Möglichkeiten, die angeboten oder abgesprochen werden, um die Schülerin, den Schüler kurzfristig zu entlasten.

  • Wichtig ist ein vorsichtiger und sensibler Umgang mit Körperkontakt sowie Kontakt mit Gegenständen, die eine unterschiedliche Oberflächenbeschaffenheit aufweisen. Taktile Wahrnehmungseindrücke können sehr unterschiedlich empfunden werden.

Einsatz von Visualisierungsund Strukturierungshilfen:

  • Rituale einführen und Verhaltensregeln absprechen, z. B. ein gleichbleibender Sammelpunkt, wiederkehrende Akustiksignale, deutliche Ordnungsstrukturen

Eine klare Strukturierung von Angeboten arrangieren:

  • Eindeutig abgesprochene Verhaltensregeln etablieren, z. B. durch festgelegte Sammelpunkte, wiederkehrende Akustiksignale, klare Ordnungsstrukturen.

  • Einsatz von Strukturierungs- und Orientierungshilfen (visuell, akustisch, taktil), z. B.:

    • Kennzeichnung von Spielfeldern bzw. Standorten durch Markierungskegel, Matten, farbige Spielfeldbegrenzungen,

    • Einsatz von akustischen Signalen zum Start und Ende einer Übung oder eines Spiels,

    • Einsatz von Zähltafeln,

    • Beschriftung von Lernstationen.

  • Den Organisationsrahmen transparent machen und Vorhersehbarkeit schaffen, z. B. durch Ablaufpläne oder die Ankündigung von Aktivitätswechseln. Die Schülerin, der Schüler weiß so, was sie oder ihn erwartet. Vorhersehbarkeit unterstützt die Schülerin, den Schüler erfahrungsgemäß dabei, sich auf unbekannte Aufgaben einzustellen, Ängste abzubauen sowie sich auf neue Situationen einlassen zu können.

  • Zeitliche und räumliche Orientierung unterstützen, z. B. durch Ablaufpläne, den Einsatz eines Time Timers oder einer Sanduhr, und den Beginn und das Ende einer Spiel- und Übungsform ankündigen.

  • Die Schülerin, den Schüler an der Strukturierung von Aufgabenstellungen beteiligen.

Hilfestellungen für die Orientierung in der Gruppe, insbesondere im Spielgeschehen bei Mannschaftssportarten geben:

Mannschaftsdienliches Kooperieren in einer Gruppe stellt viele Schülerinnen und Schüler mit ASS vor besondere Herausforderungen. Sich auf den Gegner sowie die eigenen Mitspieler einzustellen sowie das Spielgeschehen zu antizipieren, sind Voraussetzungen, damit sinnvolle Spielentscheidung getroffen werden können.

Schülerinnen und Schüler mit ASS haben oft Schwierigkeiten, ein Verständnis für diese Situation zu entwickeln. Folgende Hilfestellungen können eingesetzt werden:

  • Das taktische Verhalten eines Spiels vereinfachen.

  • Die Schüler, der Schüler erfüllt nur eine Aufgabe (situativ entscheiden) während des Spiels (z. B. nur einen Gegenspieler decken, sich nur in einer markierten Zone bewegen).

  • Coach als Helfersystem: Eine Schülerin, ein Schüler coacht die Schülerin, den Schüler mit ASS von der Außenlinie. Die Mitschülerin, der Mitschüler ruft ihr oder ihm z. B. zu, wo er sich hinstellen soll, an wen er den Ball weitergeben kann oder wen er decken soll. Wichtig dabei: Dieses Helfersystem sollte auf Freiwilligkeit basieren. Der "Coach" muss sorgfältig ausgewählt werden, weil er sehr emphatisch sein und gleichzeitig über Führungsqualitäten verfügen muss.

  • Einsatz eines Spielstopps: Wenn der Schülerin oder der Schüler mit ASS in Ballbesitz ist, dürfen die Mitschülerinnen und Mitschüler diesen nicht angreifen.

g_bu_2099_as_9.jpgKurz und knapp
  • andersartigen Wahrnehmungsverarbeitung berücksichtigen

  • Visualisierungsund Strukturierungshilfen einsetzen

  • Angebote klar strukturieren

  • Hilfestellungen für die Orientierung in der Gruppe, insbesondere im Spielgeschehen bei Mannschaftssportarten, geben

Siehe auch DGUV Information 202-104 "Inklusiven Sportunterricht sicher und attraktiv gestalten: Goalball"