Abschnitt 3.2 - 3.2 Arbeiten mit biologischer Gefährdung
Bei der Grün- und Landschaftspflege werden die Arbeiten überwiegend auf bewachsenen Flächen durchgeführt, die den verschiedensten Pflanzen und Tieren als Lebensraum dienen. Daraus können sich komplexe biologische Gefährdungen ergeben, die für einen wirksamen Schutz eine Vielzahl von geeigneten Maßnahmen erfordern. Neben der Beachtung hygienischer Grundregeln, der regelmäßigen Durchführung arbeitsmedizinischer Vorsorge und dem Tragen geeigneter persönlicher Schutzausrüstung spielt die umfassende Unterweisung der Beschäftigten eine große Rolle.
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Gefährdungen |
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Durch Zecken übertragene Krankheiten
Durch Zecken übertragene Krankheiten stellen eine erhebliche Gefährdung für die Beschäftigten dar. Die für den Menschen in Deutschland gefährlichste Zeckenart ist der Holzbock. In den letzten Jahren breitet sich auch die größere Auwaldzecke aus. Zecken sind besonders zwischen März und November aktiv. Sie lauern überwiegend in niederer Vegetation auf ihre Opfer. Gelangen sie auf den Körper eines Menschen, suchen sie sich eine geeignete Einstichstelle und saugen bis zu mehreren Tagen Blut. (s. Abb. 8) Dieser Vorgang ist schmerzfrei, weshalb Zeckenstiche häufig nicht wahrgenommen werden. Während Zecken bundesweit mit Borrelien infiziert sein können, ist die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) hauptsächlich in Süddeutschland verbreitet. (s. Abb. 9) Borreliose ist die häufigste durch Zecken übertragene bakteriologische Erkrankung. Die Borrelien leben im Darm der Zecke. Eine Übertragung der Borrelien vom Zeckendarm in den menschlichen Organismus findet erst nach einer Saugdauer von etwa 8-12 Stunden statt. Das FSME-Virus wird sofort nach dem Einstechen aus den Speicheldrüsen der Zecken übertragen.
Abb. 8
Saugende Zecke auf der Haut
Abb. 9
Verbreitung FSME (nach Vorlage Robert Koch-Institut (RKI))
Abb. 10
Wanderröte
Abb. 11
Eichenprozessionsspinner
Abb. 12
Gefahrenhinweis auf befallene Flächen
Tetanus (Wundstarrkrampf)
Die Erreger des Wundstarrkrampfes sind in Böden weit verbreitet. Die intakte Haut verhindert das Eindringen in den Körper. Durch Hautrisse oder kleinste Verletzungen, beispielsweise durch Dornen oder Splitter, können Erreger in die Wunden gelangen. Dort können sie ein gefährliches Gift produzieren, welches tödlich sein kann.
Hanta-Virus
Hantaviren werden in Deutschland vor allem durch die Rötelmaus übertragen. Die Infektionsgefahr ist regional und von Jahr zu Jahr sehr unterschiedlich. Infizierte Nager scheiden die Viren mit ihrem Urin und Kot aus. Beispielsweise beim Reinigen von wenig genutzten Schuppen oder beim Umsetzen von Komposthaufen können diese Exkremente aufgewirbelt und dann eingeatmet werden. In Mitteleuropa verläuft die Krankheit häufig grippeähnlich mit teilweise hohem Fieber. Bei einigen Erkrankten führt die Infektion zu Nierenfunktionsstörungen bis hin zum Nierenversagen oder zu Multifunktionsstörungen.
Daneben gibt es eine Vielzahl weiterer Erreger, die aber nur in seltenen Fällen bei gärtnerischen Arbeiten zu Erkrankungen führen.
Insektenstiche
Stechende Insekten stellen eine Gefahr dar, da in der Grün- und Landschaftspflege häufiger Nester von Insekten versehentlich zerstört werden und es dadurch zu Insektenstichen kommen kann. Das Gift von Wespen und Bienen, aber auch von Hornissen oder Hummeln ist in der Regel erst bei einer großen Anzahl von Stichen gefährlich. Ungefähr 5 Prozent der Bevölkerung reagieren allerdings allergisch auf Insektenstiche. Hier kann bereits ein einziger Stich einen anaphylaktischen Schock auslösen. Ein anaphylaktischer Schock ist eine akute lebensbedrohliche Reaktion des Immunsystems.
Eichenprozessionsspinner
Auch Teile von Tieren, wie beispielsweise die kleinen Härchen von Eichenprozessionsspinnern, können zu erheblichen Beeinträchtigungen führen. Der Eichenprozessionsspinner ist ein Schmetterling (Nachtfalter). Er selbst ist harmlos, allerdings weisen seine Raupen als Fressschutz Brennhaare auf, die das Nesselgift Thaumetopoein enthalten. Dieses ist als Auslöser irritativer und entzündlicher Reaktionen bei Mensch und Tier bekannt. Die Raupen des Eichenprozessionsspinners schlüpfen im Mai und fressen die Knospen und Blätter von Eichenbäumen.
Sie leben auf den befallenen Bäumen in Gruppen und bewegen sich zur Nahrungssuche in Prozessionen. (s. Abb. 11) Im späten Frühjahr werden die Härchen der Raupen durch Regen und Wind verteilt. Die Bruchstücke reichern sich besonders im Unterholz sowie im Bodenbewuchs an. Sie können so immer wieder neue Gesundheitsbeschwerden auslösen und bleiben über Jahre gefährlich.
Abb. 13
Erdwespennest
Abb. 14
Herkulesstaude
Unmittelbar nach einem Hautkontakt entwickelt sich ein Brennen auf der Haut bzw. ein sehr unangenehmer Juckreiz, dem ein Ausschlag folgt. Bei Kontakt mit dem Auge kann es zu einer akuten Bindehautentzündung mit Rötung und Schwellung der Augenlider kommen. Das Einatmen der Härchen kann eine Entzündung der Atemwege hervorrufen.
Schließlich sind auch Allgemeinsymptome wie Schwindelgefühl, Benommenheit, Fieber, Schüttelfrost und, in seltenen Fällen, Schockzustände bekannt.
Pflanzen und Pflanzenteile
Auch Pflanzen oder Pflanzenteile können zu Gefährdungen führen. In die Haut eindringende Pflanzenteile (Splitter, Dornen, Stacheln) sind häufig stark keimbesiedelt und können zu Infektionen führen.
Die Pollen der Beifuß-Ambrosie sind stark Allergie auslösend und um ein Vielfaches aggressiver als alle Gräser-Pollen zusammen. Sie können Heuschnupfen und Asthma hervorrufen. Allein die Berührung von Ambrosia-Pflanzen kann zu allergischen Hautreaktionen führen. Die Beifuß-Ambrosie breitet sich zunehmend aus. (s. Abb. 15)
Alle Pflanzenteile der Herkulesstaude enthalten eine gefährliche Substanz, Furocumarin, die bei Kontakt mit dem Pflanzensaft auf die Haut gelangen kann. (s. Abb. 14) Bei Sonneneinstrahlung bildet Furocumarin zusammen mit körpereigenem Eiweiß ein Antigen, das zu einer starken allergischen Reaktion (phototoxische Reaktion) führen kann. Auf der Haut bilden sich Blasen, die an eine schwere Verbrennung erinnern und eine Verfärbung wird hervorgerufen, die monatelang anhalten kann.
Sonstige Gefährdungen in öffentlichen Grünanlagen
Öffentliche Grünanlagen werden leider auch als Müllabladeplatz oder Hundetoilette missbraucht. Bei Grünpflegearbeiten in derartigen Anlagen kommen Beschäftigte häufig unfreiwillig in Kontakt mit z. B. Fixerbestecken, Kondomen, Hundekot.
Verletzungen an benutztem Fixerbesteck können beispielsweise zu Hepatitisinfektionen führen. (s. Abb. 16)
Durch Hundekot können zahlreiche Bakterien, Viren und Parasiten (z. B. Bandwürmer) übertragen werden. (s. Abb. 17)
Abb. 15
Ambrosia
Abb. 16
Gefährlicher Abfall in der Grünflächet
Abb. 17
Hundekot
Maßnahmen |
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Stellen Sie sicher, dass, abhängig von der Gefährdungsbeurteilung, gegen diese und weitere mögliche Gefährdungen folgende Maßnahmen getroffen werden:
Zecken
Unterweisung der Beschäftigten über die von Zecken ausgehenden Gesundheitsgefahren und mögliche Krankheitssymptome sowie über die zu treffenden Schutzmaßnahmen.
Geschlossene Kleidung (lange Hosen) tragen, gegebenenfalls Repellentien (Insektenschutzmittel) verwenden.
Absuchen von Kleidung und Haut nach der Arbeit.
Zecken nach einem Stich möglichst schnell und sachgerecht, z. B. mit einem Zeckenentferner, entfernen, um das Risiko von Infektionen und Erkrankungen zu minimieren.
Bei auftretenden Komplikationen nach einem Zeckenstich (Wanderröte, Fieber, Schwellungen u. a.) umgehend einen Arzt aufsuchen.
Veranlassen der arbeitsmedizinischen Vorsorge (hier: Pflichtvorsorge). In Endemiegebieten ist nach entsprechender ärztlicher Beratung ein Impfangebot (FSME) zu unterbreiten.
Tetanus
Auf ausreichenden Impfschutz bei den Beschäftigten achten.
Vermeidung von mechanischen Hautverletzungen.
Verwendung geeigneter Schutzhandschuhe bei starker mechanischer Beanspruchung der Hände.
Maßnahmen des Hautschutzes (Hautschutz vor der Arbeit, schonende Hautreinigung, gezielte Hautpflege nach der Arbeit).
Wundversorgung auch nach Kleinverletzungen (Pflaster).
Hanta-Virus
Bei Reinigungs- und Aufräumarbeiten, Umsetzen von Komposthaufen u. ä. nach Möglichkeit das Aufwirbeln von Stäuben vermeiden.
Bei Arbeiten in befallenen Bereichen partikelfiltrierende Atemschutzmaske (FFP3) tragen und nach Gebrauch entsorgen.
Bei der Tätigkeit weder Essen, Trinken noch Rauchen.
Nach der Arbeit Hände und Werkzeuge gründlich reinigen.
Insektenstiche
Vor Arbeitsbeginn, z. B. bei Freischneide- und Heckenschneidearbeiten, auf Anzeichen von Insektennestern achten. Zu erkannten Insektennestern ausreichend Abstand halten.
Festlegung besonderer Maßnahmen bei gegen Insektenstiche allergisch reagierenden Beschäftigten.
Eichenprozessionsspinner (EPS)
Solange Nester erkennbar sind, auf Baumarbeiten verzichten. Befallene Bereiche meiden.
Bekämpfung nur durch Spezialisten in entsprechender Schutzkleidung.
Nach ungewolltem Kontakt mit Raupenhaaren intensiv duschen. Kontaminierte Kleidung wechseln und waschen.
Erkannten Befall der regional zuständigen Stelle melden (z. B. Grünflächenamt, Ordnungsamt).
Pflanzen und Pflanzenteile
Zum Schutz vor Dornenstichen durchstichhemmende Schutzhandschuhe tragen.
Körper bedeckende Arbeits- oder Schutzkleidung tragen (Beifuß-Ambrosie, Herkulesstaude).
Augenschutz verwenden, Hautberührungen mit Pflanzenteilen und -saft vermeiden, Arbeiten nicht bei starker Sonneneinstrahlung durchführen (Herkulesstaude).
Atemschutz (P2) verwenden (Beifuß-Ambrosie)
Abb. 18
Fachgerechte Ambrosiabekämpfung
Sonstige Gefährdungen in öffentlichen Grünanlagen
Bei der Möglichkeit der Verletzung durch Fixerbesteck:
Benutzung von Hilfsmitteln (Greifzangen) zum Aufsammeln.
Verwendung von stichhemmenden Schutzhandschuhen.
Spritzen, Kanülen usw. in durchstichsicheren Behältern (keine Plastikmüllsäcke) sammeln und sachgerecht entsorgen.
Nach Verletzungen direkt in ärztliche Behandlung begeben.
Bei der Möglichkeit des Kontaktes zu Tierkot, insbesondere Hundekot:
In besonders belasteten Bereichen solche Arbeitsverfahren auswählen, die das Aufwirbeln oder Umher-schleudern von Kot reduzieren oder vermeiden (möglichst nicht Laubbläser oder -sauger verwenden; Rasenmäher oder Freischneider mit Schutzkonstruktionen wie Prallschürzen o. ä. ausrüsten).
Bei der Reinigung kontaminierter Arbeitsmittel (Rasenmäher, Freischneider, etc.) den Kontakt zu Kot vermeiden.
Erste Hilfe
Auch kleinere Verletzungen - z. B. Dornenstiche, Insekten- und Zeckenstiche - konsequent in das Verbandbuch eintragen!
Diese Aufzeichnungen dienen als Nachweis, dass eine Verletzung bei einer beruflichen Tätigkeit entstanden ist. Sie können wichtig sein, wenn z. B. Spätfolgen eintreten sollten.