DGUV Regel 101-601 - Branche Rohbau

Online-Shop für Schriften

Jetzt bei uns im Shop bestellen

Jetzt bestellen

Abschnitt 3.11 - 3.11 Seilunterstützte Zugangs- und Positionierungsverfahren

Seilunterstützte Zugangs- und Positionierungsverfahren (SZP) sind Verfahren, bei denen die Anwender und Anwenderinnen sich an hochgelegenen Arbeitsplätzen an Seilen als Trag- und Sicherungssystem redundant gesichert fortbewegen und/oder positionieren.

ccc_3531_179.jpg

Abb. 144 Für SZP sind nur geprüfte und für die Tätigkeit zugelassene Arbeitsmittel zu verwenden

ccc_3531_180.jpg

Abb. 145 Endreinigung der Aussenfassade mit SZP

ccc_3531_181.jpg

Abb. 146 Kennzeichnung der Arbeitsstelle

ccc_3531_03.jpgRechtliche Grundlagen
  • Arbeitsschutzgesetz

  • Betriebssicherheitsverordnung

  • PSA-Benutzungsverordnung

  • DGUV Vorschrift 38 und 39 "Bauarbeiten" (bisher BGV C22 und GUV-V C22)

  • Technische Regel für Betriebssicherheit TRBS 2121- 3 "Gefährdung von Personen durch Absturz - Bereitstellung und Benutzung von Zugangs- und Positionierungsverfahren unter Zuhilfenahme von Seilen"

ccc_3531_04.jpgWeitere Informationen
  • DGUV Information 212-001 "Arbeiten unter Verwendung von seilunterstützten Zugangs- und Positionierungsverfahren"

  • DGUV Information 240-410 "Handlungsanleitung für die arbeitsmedizinische Vorsorge nach dem Berufsgenossenschaftlichen Grundsatz G 41 ‘Arbeiten mit Absturzgefahr‘" (bisher BGI/GUV-I 504-41)

  • DIN 361 "Persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz - Auffanggurte"

  • DIN EN 813 "Persönliche Absturzausrüstung - Sitzgurte"

  • DIN EN 12492 "Bergsteigerausrüstung - Bergsteigerhelme - Sicherheitstechnische Anforderungen und Prüfverfahren"

ccc_3531_32.jpgGefährdungen

Achten Sie bei Arbeiten mit Zugangs- und Positionierungsverfahren unter Zuhilfenahme von Seilen auf Baustellen insbesondere auf folgende Gefährdungen:

  • Absturz z.B.

    • durch ungenügende Organisation der Arbeitsabläufe und/oder unzureichender Qualifikation der Beschäftigten

    • beim Einstieg in das System bzw. Verlassen des Systems

    • durch Versagen der Seile (z.B. durch schneidende Geräte, scharfes Material und Kanten, Werkzeuge, aggressive Öle und Fette, unsachgemäße Knoten)

    • durch Versagen des Trag- und/oder Sicherungssystems bei Überbelastung, z.B. wenn das Gesamtgewicht der Person, einschließlich des mitgeführten Werkzeugs und Materials, die maximal zulässige Last des SZP bzw. des Rettungsverfahrens überschreitet

    • des Retters während der Rettung

  • Hängetrauma (lebensbedrohlicher Schockzustand) durch zu langes bewegungsloses Hängen im Auffanggurt)

  • Verletzungen durch Getroffen werden infolge pendelnder, umfallender, herabfallender, wegfliegender oder abrollender Gegenstände

ccc_3531_33.jpgMaßnahmen

Gegen diese und weitere Gefährdungen sind, abhängig von Ihrer einsatzbezogenen Gefährdungsbeurteilung, folgende Maßnahmen zu treffen:

Organisation/Qualifikation der Beschäftigten
Anhand einer einsatzbezogenen Gefährdungsbeurteilung müssen Sie unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Arbeitsumfeldes eine Arbeitsanweisung erstellen, die u.a. detaillierte Angaben zu den Notfall- und Rettungsmaßnahmen enthält. Dabei ist u.a. die Selbstrettung im Team sicherzustellen.

Führen Sie anhand der Arbeitsanweisung eine Unterweisung Ihrer Beschäftigten durch.

Für die Anwendung von SZP benötigen Sie eine(n) fachlich geeignete(n) Vorgesetzte(n). Er bzw. sie muss über eine entsprechende Sachkunde verfügen (aufsichtführende Höhenarbeiterinnen bzw. Höhenarbeiter Level 3, siehe TRBS 2121-3). Er bzw. sie darf in der Regel für höchstens fünf Höhenarbeiter bzw. Höhenarbeiterinnen verantwortlich sein und muss während des gesamten Einsatzes vor Ort sein. Setzen Sie für diese Arbeiten nur Personen ein, die das 18. Lebensjahr vollendet sowie ihre fachliche und gesundheitliche Eignung nachgewiesen haben, z.B. Höhenarbeiterinnen bzw. Höhenarbeiter Level 2.

ccc_3531_36.jpgIm Rahmen der Einstellung von Beschäftigten oder in individuell begründeten Fällen kann auf der Grundlage der Gefährdungsbeurteilung zum Nachweis der gesundheitlichen Eignung eine Untersuchung "Arbeiten mit Absturzgefahr" (G41) veranlasst werden.

Sorgen sie dafür, dass mindestens zwei Höhenarbeiterinnen bzw. Höhenarbeiter anwesend sind, die Sichtkontakt bzw. akustischen Kontakt untereinander haben.

Ergonomie
Zur Vermeidung physischer Belastungen und des Hängetraumas:

  • wählen Sie die Sitze und Auffanggurte individuell nach den ergonomischen Anforderungen der Beschäftigten. Die verwendeten Sitze müssen so konstruiert sein, dass ein Herunterrutschen der Benutzer oder Benutzerinnen verhindert wird. Gurte müssen DIN 361 sowie DIN EN 813 entsprechen.

  • beschränken Sie das freie Hängen im Gurt auf max. 6 h/Tag. Prüfen Sie, ob entlastende Komponenten, z.B. Sitzbrett, Entlastungsmöglichkeit des Nackens oder der Beine, eingesetzt werden können.

Absturzsicherung und geeignete Ausrüstung
Stellen Sie sicher, dass nur geprüfte und für die Tätigkeit zugelassene Arbeitsmittel, z.B. entsprechender Arbeitssitz, verwendet werden.

An Stellen, an denen z.B. durch Umlenkung über eine Kante ein Seil beschädigt werden könnte, müssen Sie einen entsprechenden Seilschutz einsetzen. Dies kann z.B. mit Kantenblechen oder Rollenmodulen geschehen.

Scharfe Gegenstände dürfen nur in geeigneten Futteralen mitgeführt werden. Beim Einsatz von trennenden Geräten (z.B. Trennschleifer) müssen Sie die Seile vor schädigenden Einwirkungen schützen, z.B. Einsatz von Stahlvorläufern im Bereich von mindestens 2 m.

Halten Sie die vom Hersteller für die Ausrüstung vorgegebenen zulässigen Lasten einschließlich der für den Rettungsfall ein.

ccc_3531_36.jpgZur Ausführung von SZP liefern Helme nach DIN EN 12492 mit Gabel-Kinnriemen und Seitenaufprallschutz die erforderliche Sicherheit.

Stellen Sie die Arbeiten ein, wenn die sichere Funktion der Einstellvorrichtungen, Auffangeräte und Rettungsgeräte beeinträchtigt wird, z.B. durch Umwelteinwirkungen wie Windsog oder Frost.

Erfassen Sie individuelle Rettungssituationen in Ihrer Einsatzplanung. Lagern Sie die Rettungsausrüstung gesondert, gepackt, zugänglich und gekennzeichnet an der Einsatzstelle. Die Sicherung der Person, die die Rettung vornehmen soll, hat immer Vorrang.

Beim Vorstieg besteht bis zur Zwischensicherung erhöhte Absturzgefahr. Wählen Sie die Abstände der Zwischensicherung im unteren Bereich entsprechend klein.

Empfohlene Abstände der Zwischensicherungen

AbständeVom BodenZum letzten Punkt
erster Sicherungspunkt+ 2,5 m/ Greifhöhe-
zweiter Sicherungspunkt+ 3,0 m0,5 m
dritter Sicherungspunkt+ 4,0 m0,5 m
vierter Sicherungspunkt+ 5,0 m1,0 m
folgende Sicherungspunkte-in Greifhöhe

Schutz vor herabfallenden Gegenständen
Sorgen sie dafür, dass keine Arbeiten durch Dritte oberhalb der SZP-Arbeiten durchgeführt werden, die Ihre Beschäftigten gefährden können.

Statten Sie Ihre Beschäftigten mit dem entsprechenden Zubehör aus, dass ein Herabfallen von Material oder Werkzeug verhindert.

Sorgen Sie dafür, dass die entsprechenden Arbeitsbereiche und zusätzlich die Anschlageinrichtungen der Seilstrecken entsprechend abgesperrt und gekennzeichnet sind.