Anhang 2 - Informationen zu PCB
Polychlorierte Biphenyle (PCB) bestehen aus zwei verknüpften Phenylringen (Biphenyl) als chemisches Grundgerüst, bei dem einzelne Wasserstoffatome durch Chlor substituiert sind. Sie unterscheiden sich durch die Anzahl und Position der Chloratome. Ballschmiter und Zell haben eine Nomenklatur erarbeitet, die alle Kongenere systematisch nach steigendem Chlorgehalt durchnummeriert (Ballschmiter-Nomenklatur).
Allgemeine Strukturformel: C12H10-(m+n)Clm+n
PCB, die an den ortho-Positionen (Positionen 2, 2', 6 oder 6') der Phenylringe kein oder jeweils nur ein Chloratom aufweisen (nicht-ortho- und mono-ortho-Substitution), sind koplanare (in einer Ebene liegende) PCB. Dadurch erhalten sie eine strukturelle Ähnlichkeit mit den polychlorierten Dibenzodioxinen (PCDD) sowie den polychlorierten Dibenzofuranen (PCDF), die sich derart auswirkt, dass diese PCB auch ähnlich wie PCDD und PCDF wirken.
PCB haben folgende physikalisch-chemische Eigenschaften:
Flammpunkt: | 170 - 380°C |
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Dichte: | 1,2 - 1,6 g/cm3 bei 20°C |
Wasserlöslichkeit: | 0,0013 - 7.000 µg/l |
Octanol-Wasser-Verteilungs- | |
koeffizient: | 5 × 103-108 |
Dampfdruck: | 10-5 bis 10 hPa |
(bei 20°C, 1.013 hPa) |
Da technische PCB-Produkte immer aus Gemischen von sehrvielen Kongeneren bestehen, wurden 6 PCB als Leit-Kongenere festgelegt, deren Gehalt in den Gemischen dominiert. Dadurch kann der analytische Aufwand verringert werden. Es handelt sich dabei um drei leichter flüchtige, niedrigchlorierte (PCB-28, -52, -101) und drei schwerer flüchtige, höherchlorierte PCB (PCB-138, -153, -180).
Nummer, Bezeichnung
28 | 2,4,4'-Trichlor-Biphenyl |
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52 | 2,2',5,5'-Tetrachlor-Biphenyl |
101 | 2,2',4,5,5'-Pentachlor-Biphenyl |
138 | 2,2',3,4,4',5-Hexachlor-Biphenyl |
153 | 2,2',4,4',5,5'-Hexachlor-Biphenyl |
180 | 2,2',3,4,4',5,5'-Heptachlor-Biphenyl |
Als Leitkomponente für die Gruppe der koplanaren PCB sollte PCB 118 herangezogen werden.
Nummer, Bezeichnung
118 | 2,3',4,4',5-Pentachlor-Biphenyl |
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Abb. 2 PCB 28 | Abb. 3 PCB 52 |
Abb. 4 PCB 101 | Abb. 5 PCB 118 |
Abb. 6 PCB 138 | Abb. 7 PCB 153 |
Abb. 8 PCB 180 | |
Abb. 9 Koplanare Anordnung bei PCB 118 in Vergleich zu PCB 138 | |
Abb. 10 PCB 138 |
Vertrieben wurden technische PCB-Gemische unter Handelsnamen wie CLOPHEN (BRD: Bayer) oder AROCLOR (GB, USA: Monsanto). Seit Beginn der industriellen Herstellung 1929 wurden nach verschiedenen Schätzungen weltweit 1 bis 1,5 Millionen Tonnen PCB produziert.
Auf Grund ihrer Beständigkeit haben sich PCB über Jahrzehnte nach ihrer Anwendung in der Umwelt verbreitet. Diese Stoffgruppe wird in Wasser, Boden, Luft, Sedimenten, Klärschlamm und in Lebensmitteln (vor allem Fisch, Fleisch, Milch) vorgefunden.
Bei Tätigkeiten mit PCB-haltigen Flüssigkeiten ist zu beachten, dass sowohl durch den Herstellungsprozess als auch durch eine mögliche Erhitzung (wie z. B. in Transformatoren, Kondensatoren) mit Verunreinigungen durch PCDF und in geringerem Ausmaß mit PCDD zu rechnen ist.
Alle PCB können als Dampf, Tröpfchen oder angelagert an Staubpartikel eingeatmet werden. In der Dampfphase liegen vorwiegend die leichter flüchtigen, niedrigchlorierten PCB (wie z. B. die Leit-Kongenere 28, 52, 101) vor. Eine dermale Aufnahme erfolgt immer dann, wenn direkter Kontakt der Haut zu PCB-haltigen Erzeugnissen besteht. Aus Erfahrungen an verschiedenen Arbeitsplätzen ist bekannt, dass Hautkontakt mit PCBhaltigen Erzeugnissen zu einer bedeutsamen inneren Belastung des Organismus führen kann. Mit PCB verschmutzte Hände können neben einer dermalen Aufnahme auch zu einer oralen Aufnahme (Hand-Mund-Kontakt; Essen, Trinken oder Rauchen) führen.
Historie der rechtlichen Situation
Bereits 1978 wurde in Deutschland die Verwendung von PCB in offenen Systemen verboten (10. Verordnung zum Bundes-Immissionsschutzgesetz). Die Herstellung von PCB wurde in Deutschland 1983 eingestellt. Das Herstellen und Inverkehrbringen PCB-haltiger Produkte ist in Deutschland seit dem 19. Juli 1989 (PCB-, PCT-, VC-Verbotsverordnung, ab 1993 Gefahrstoffverordnung und Chemikalienverbotsverordnung) verboten. Auf europäischer Ebene gilt seit 20. Mai 2004 die Verordnung 850/2004 über persistente organische Schadstoffe ("POP-Verordnung") mit dem Verbot des Inverkehrbringens und Verwendens von PCB, allerdings mit einer Bestandschutzklausel für PCB-haltige Produkte. In Deutschland wurden für die Weiterverwendung von PCB-haltigen Produkten über die Regelungen der POP-Verordnung hinaus verschiedene Übergangsregelungen in der Gefahrstoffverordnung getroffen. Die letzte ist am 31.12.2010 ausgelaufen. Seit dem 1.1.2011 ist in Deutschland nur noch die Weiterverwendung von PCB-haltigen Bauteilen mit bis zu 100 ml PCB-haltiger Flüssigkeit möglich. Die Dekontamination und Beseitigung von Geräten mit PCB-haltigen Flüssigkeiten regelt die PCB/PCT-Abfallverordnung vom 24.02.2012. Die PCB/PCT-Abfallverordnung enthält Vorgaben über die kontrollierte Beseitigung der PCB, die Dekontaminierung oder Beseitigung PCB-haltiger Geräte und die Beseitigung von PCB-Abfall.