DGUV Information 203-077 - Thermische Gefährdung durch Störlichtbögen Hilfe bei der Auswahl der persönlichen Schutzausrüstung

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Abschnitt 4.3 - 4.3 Abschätzungsverfahren für DC-Anlagen

4.3.1
Allgemeines Berechnungsverfahren

Die nachfolgenden Aussagen gelten für Niederspannungs-Gleichstromanlagen (LVDC).

Anmerkung:

Der Algorithmus gilt insbesondere für Gleichstromkreise, in denen sich quasistationäre Kurzschlussstromverhältnisse einstellen und/oder die Kurzschlussdauer deutlich größer als die Zeitkonstante des DC-Kreises τ = L/R ist. Fälle großer Zeitkonstanten und geringen Kurzschlussdauern sind durch die Berechnungsgrundlagen mit abgedeckt; die Ergebnisse besitzen dann jedoch u. U. größere Sicherheitsreserven.

Die Arbeitsumgebung ist in Gleichspannungsanlagen durch die elektrischen Parameter

UNnNennspannung des DC-Systems (Netzes)
RNohmscher Gesamtwiderstand des DC-Systems
PkKurzschlussleistung des DC-Systems (Fehlerstelle)

sowie

dElektrodenabstand in der DC-Anlage
tkAusschaltzeit der vorgeordneten Überstromschutzeinrichtung (Kurzschlussdauer)

gekennzeichnet. Der ohmsche Widerstand des DC-Netzes setzt sich aus dem Innenwiderstand der DC-Quelle (Gleichrichter mit vorgeordnetem AC-Netz, Wechselrichter, Batterie), den Leitungswiderständen und dem Widerstand weiterer Elemente des DC-Kreises (z. B. Drosseln etc.) zusammen.

Die Kurzschlussleistung des DC-Systems Pk ergibt sich aus der Nennspannung der DC-Quelle und dem Dauerkurzschlussstrom IkDC (stationärer Wert des Kurzschlussgleichstroms bei metallischem Kurzschluss an der Fehlerstelle):

Pk = UNn · IkDC = U2Nn / RN

Anmerkung:

Als Dauerkurzschlussstrom bei Gleichrichter gespeisten DC-Systemen ist der arithmetische Mittelwert des Stroms nach Abklingen des Ausgleichsvorgangs anzusehen.

Der Lichtbogenkurzschlussstrom IkLB, der Strombegrenzungsfaktor kB und die Lichtbogenleistung PLB werden iterativ aus der Approximation der Strom-Spannungs-Charakteristik

ccc_2046_as_60.jpg

Abb. 4-6
Zusammenfassung Abschätzungsverfahren für AC-Anlagen

ccc_2046_as_63.jpg

mit Hilfe des Elektrodenabstands d bestimmt (die Gleichung gilt für die Lichtbogenspannung in V, den Lichtbogenkurzschlussstrom IkLB in A und den Elektrodenabstand d in mm). Für die Iteration gilt allgemein die Rekursionsvorschrift (i und i+1 sind aufeinander folgende Iterationsschritte):

ccc_2046_as_64.jpg

Mit Vorgabe eines Anfangswerts mit IkLB (0) wird diese Iteration bis zu einem festgelegten Abbruchkriterium vorgenommen werden.

Für die Lichtbogenleistung gilt

ccc_2046_as_65.jpg

Anmerkung:

Zweckmäßigerweise geht man von einem Anfangswert IkLB (0)= 0,5 IkDCaus. Die Iteration wird abgebrochen, wenn eine festgelegte Abweichung der Ergebnisse zweier aufeinanderfolgender Iterationsschritte (z. B. 0,5 %) unterschritten wird.

Die bezogene Lichtbogenleistung lässt sich aus

ccc_2046_as_66.jpg

Ausgehend von der Lichtbogenleistung bzw. bezogenen Lichtbogenleistung wird der Erwartungswert der Lichtbogenenergie nach

WLB = PLB · tLB = kP · Pk · tLB

berechnet. Die Lichtbogendauer tLB bzw. Kurzschlussdauer tk wird aus den Schutzeinstellungen bzw. Schutzgeräte-Kennlinien in Analogie zum AC-Verfahren auf der Grundlage des Lichtbogenkurzschlussstroms IkLB bestimmt.

Anmerkung:

Bei der Bestimmung der Kurzschlussdauer aus Kennlinienangaben von Herstellern (z. B. Sicherungen) ist ggfs. die Zeitkonstante L/R des DC-Systems zu beachten.

Die Schutzpegel der PSAgS werden in Analogie zur Verfahrensweise für AC-Anlagen (Abschnitt 4.2.3) ermittelt und bewertet.

4.3.2
Grobabschätzung anhand von Richtwerten (Worst-Case-Betrachtung)

Für sehr grobe Einschätzungen der Lichtbogenleistung kann im DC-Bereich der Richtwert kP max = 0,25 angewendet werden:

PLB = kP max · Pk = 0,25 · Pk

Die Anwendung des Iterationsverfahrens ist dann nicht erforderlich.

Für den Niederspannungsbereich liegt man auch bei DC-Systemen meist auf der sicheren Seite, wenn man als Richtwert für den Strombegrenzungsfaktor kB = 0,5 ansetzt.