DGUV Information 250-426 - Handlungsanleitung für die arbeitsmedizinische Vorsorge nach dem Berufsgenossenschaftlichen Grundsatz G 23 "Obstruktive Atemwegserkrankungen, hier: Atemwegssensibilisierende Stoffe und Stoffgruppen"

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Abschnitt 2 - Arbeitsmedizinische Vorsorge

Im hier abgebildeten Anhang 2 der TRBA/TRGS 406 sind Stoffe bzw. Stoffgruppen mit arbeitsmedizinischer Relevanz, die bekanntermaßen zu Sensibilisierungen an den Atemwegen führen können, aufgelistet:

Anhang 2 der TRBA/TRGS 406:

Stoffe bzw. Stoffgruppen mit arbeitsmedizinischer Relevanz, die bekanntermaßen zu Sensibilisierungen an den Atemwegen führen können.

Der Anhang 2 ist unter präventiven arbeitsmedizinischen Gesichtspunkten erstellt und stellt den aktuellen Erkenntnisstand dar. Bei der Erstellung wurden nach Anhang I der Richtlinie 67/548/EWG mit "R42" oder "R42/43" eingestufte Stoffe oder entsprechend MAK- und BAT-Werte-Liste mit "Sa" oder "Sah" markierte Stoffe berücksichtigt. Stoffe mit geringer (beruflicher) Relevanz oder Stoffe bei denen die Datenlage trotz Kennzeichnung mit R42 oder R42/43 nicht eindeutig ist, sind nicht aufgeführt. Die TRGS 907 und die EG-Richtlinie 2000/54/EG wurden berücksichtigt. Begründungen für Bewertungen von Stoffen in der TRGS 907 sind unter:

http://www.baua.de/de/Themen-von-A-Z/Gefahrstoffe/TRGS/TRGS.html

zu finden. Es werden auch einige natürliche Stoffe und -gemische aufgeführt, die keiner Einstufungspflicht unterliegen, aber bei beruflichen Tätigkeiten zu Atemwegssensibilisierungen führen können.

Substanz/Stoff/Stoffgruppe in einatembarer Form (Aerosole, Dämpfe)Beispiele für das Vorkommen (Tätigkeit/Branche)Technische Regeln
Chemische Stoffe
AzodicarbonamidKunststoffindustrie (Treibmittel)
Beryllium1Röntgenfensterherstellung, Flug- und Raumfahrt, Leuchtstoffröhrenherstellung und -entsorgung, Herstellung und Bearbeitung nicht funkenreißender Werkzeuge
Chloramin T (Natriumsalz)Desinfektionsmittel
Cobalt und seine VerbindungenHartmetallherstellung und -bearbeitung, Glas, Keramik- und Emailleindustrie
Dicarbonsäureanhydride wie
  • Hexahydrophthalsäureanhydrid

  • Maleinsäureanhydrid

  • Methyltetrahydrophthalsäureanhydrid

  • Phthalsäureanhydrid

  • Pyromellitsäureanhydrid

  • Tetrachlorphthalsäureanhydrid

  • Tetrahydrophthalsäureanhydrid

  • Trimellitsäureanhydrid


Verarbeitung von anhydridhaltigen (heiß härtenden) Epoxidharz-Systemen, Elektro- und Elektronikindustrie
Enzyme wie
  • Bromelain

  • Cellulasen

  • Hemicellulasen

  • Papain

  • Pepsin

  • Subtilisine


Nahrungsmittel-, Futtermittel-, Arzneimittel und Waschmittelindustrie, Bäckereien, Landwirtschaft
Ethylendiamin (1,2-Diaminoethan)Kunstharzherstellung (Diaminhärter)
GlutardialdehydDesinfektionsmittel, Fixiermittel (Pathologie)
Isocyanate wie
  • Diisocyanattoluol (Toluylendiisocyanat, TDI)

  • Diphenylmethan-Diisocyanat (Methylendiphenylisocyanat, MDI)

  • Hexamethylen-Diisocyanat (HDI)

  • Dicyclohexylmethan-4,4'-Diisocyanat (HMDI)

  • Naphthylen-Diisocyanat (NDI)

  • Isophoron-Diisocyanat (IPDI)


Polyurethanherstellung und -verarbeitung, Herstellung und Verarbeitung von PUR-Schäumen und -Formteilen, PUR-Klebstoffe, Bergbau, Baugewerbe, Coldbox-Verfahren in Gießereien, Oberflächenbeschichtung (detaillierte Hinweise in der TRGS 430)

Nickel und seine VerbindungenGalvanik (Vernickeln), Verwendung nickelhaltiger Schweißzusätze
Persulfate wie
  • Alkalipersulfate

  • Diammoniumperoxodisulfat


Herstellung und Verwendung (Friseure) von Blondiermitteln

PiperazinPharmazeutische Industrie
Platinverbindungen
(vor allem Chloroplatinate)
Katalysatorherstellung, Platinscheidereien
Pflanzliche Stoffe
Getreide und Futtermittel
(verschiedene)
Landwirtschaftliche Berufe, Transport und Lagerung, Getreidemühlen

Hölzer (verschiedene, insbesondere Rotzeder (Thuja plicata), Abachi (Triplochiton scleroxylon), Limba (Terminalia superba)) Holzver- und -bearbeitung

Mehl
(Weizenmehl, Roggenmehl u.a.)
Bäckereien, Konditoreien, Getreidemühlen

NaturgummilatexTätigkeiten, bei denen latexhaltige Schutzhandschuhe getragen werden (z.B. Heil- und Pflegeberufe, Lebensmittelindustrie, Einzelhandel, Raumpflege), Herstellung von Latexprodukten

Zier- und Nutzpflanzen (bzw. Teile davon), insbesondere
  • Blumen, Obst, Gemüse; auch Pollen

  • Sojabohneninhaltsstoffe

  • Rizinusproteine

  • Gewürze und Kräuter, auch Pollen

  • Tee

  • Kaffeebohnen (unbehandelt und geröstet)

  • Unkräuter, z.B. Beifuß, Ambrosia


Gärtnereien, Einzelhandel (z.B. Floristen), Transport und Lagerung, Verpackung, Futter- und Lebensmittelherstellung und -verarbeitung, Landwirtschaft, Forschung

Tierische Stoffe
Haare, Borsten, Federn, Horn, Kot, UrinLand- und Forstwirtschaft, Tierversuchslaboratorien, Tierpflege, Veterinärwesen, Tierverarbeitung

Fische und SchalentiereVerarbeitung und -zubereitung, Futtermittelherstellung
Milben
(Vorrats-, Hausstaub-, Spinnmilben)
Landwirtschaft, Gärtnereien, Tierpflege, Transport und Lagerung von Naturstoffen

ZuckmückenlarvenZoofachhandel, Fischfutterindustrie, Fischzucht

Biologische Arbeitsstoffe2
Bakterien wie z.B.
  • Thermoactinomyces vulgaris Saccharopolyspora rectivirgula (= Micropolyspora faeni)



  • Landwirtschaft/Gartenbau2



  • TRBA 230 "Landwirtschaftliche Nutztierhaltung"


Schimmelpilze wie
  • Aspergillus spp.

  • Penicillium spp.

  • Cladosporium spp.

  • Alternaria spp.



  • Archive/Bibliotheken/Museen



  • TRBA 240 "Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten mit mikrobiell kontaminiertem Archivgut"



  • Abfallwirtschaft



  • TRBA 212 "Thermische Abfallbehandlung: Schutzmaßnahmen"

  • TRBA 213 "Abfallsammlung: Schutzmaßnahmen"

  • TRBA 214 "Abfallbehandlungsanlagen einschließlich Sortieranlagen in der Abfallwirtschaft"



  • Forschungslaboratorien



  • TRBA 100 "Schutzmaßnahmen für gezielte und nicht gezielte Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen in Laboratorien"



  • Raumlufttechnische (RLT) Anlagen

  • Holzwirtschaft

  • Papierherstellung

  • Lebensmittelindustrie

  • Bodensanierung

  • Transport und Lagerung

  • Gebäudesanierung

  • Spanabhebende Metallverarbeitung




Sonstige Stoffe
Antibiotika wie einige
  • Cephalosporine

  • Gyrasehemmer

  • Makrolide

  • Penicilline

  • Tetracycline


Pharmazeutische Industrie, Heil- und Pflegeberufe

1Im Unterschied zu den meisten anderen bekannten allergischen Reaktionen an den Atemwegen, beruht die durch Beryllium hervorgerufene Reaktion sehr wahrscheinlich auf einer zellvermittelten immunologischen Reaktion vom Spättyp.

2In Anhang III der EG-Richtlinie 2000/54/EG sind folgende Pilze mit "A - mögliche allergene Wirkungen" gekennzeichnet: Aspergillus fumigatus, Candida albicans, Coccidioides immitis, Cryptococcus neoformans, Epidermophyton floccosum, Microsporum spp., Penicillium marneffei

3Tätigkeiten (nicht abschließend), die in den entsprechenden Arbeitsbereichen/Branchen zu einer Sensibilisierung gegenüber biologischen Arbeitstoffen führen können:

  • Landwirtschaft/Gartenbau: Tätigkeiten mit mikrobiell befallenem Gut

  • Archive/Bibliotheken/Museen: Tätigkeiten mit mikrobiell befallenem Gut, Restaurierung, Entstauben und Reinigen der Bestände

  • Abfallwirtschaft: Abfallsortierung, Kompostierung, mechanisch-biologische Abfallbehandlung, thermische Müllverbrennungsanlagen, Straßenreinigung, Abfallsammlung

  • Forschungslaboratorien: Gezielte und nicht gezielte Tätigkeiten mit Pilzen oder Bakterien (v.a. Actinomyceten) (Forschungsarbeiten, Untersuchung von Proben)

  • Raumlufttechnische (RLT) Anlagen: Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten an/in RLT-Anlagen (s. VDI-Richtlinie 6022 "Hygiene-Anforderungen an Raumlufttechnische Anlagen und Geräte")

  • Spanabhebende Metallverarbeitung: Tätigkeiten mit keimbelasteten wassergemischten Kühlschmierstoffen

  • Holzwirtschaft: Arbeitsplätze mit Anfall oder Verarbeitung von Baumrinden, Sägespänen, Lagerung, Transport und Verarbeitung von verschimmeltem Holz

  • Papierherstellung: Erzeugung von Holzschnitzeln bei der Zellstoffherstellung

  • Lebensmittelindustrie: Käseerzeugung, -reifung und -verpackung (Waschen von Käselaiben, auch gezielter Einsatz von Edelschimmelkulturen), Entfernen von Schimmel auf geräucherten bzw. luftgetrockneten Fleischwaren

  • Bodensanierung: Eintrag organischer Substanzen (Rindenmulch, Stroh, Kompost), Transport/Umlage-rung von Bodenmaterial (siehe auch BGI 583 "Handlungsanleitung zur Gefährdungsbeurteilung nach Biostoffverordnung (BioStoffV) - Tätigkeiten mit Boden sowie bei Grundwasser- und Bodensanierungsarbeiten", Stand: April 2009)

  • Transport und Lagerung: Verschimmeltes Transportgut und verschimmelte Rohmaterialien

  • Gebäudesanierung: Sanierung schimmelpilzbefallener bzw. taubenkotverunreinigter Gebäude, siehe auch BG-Information "Handlungsanleitung Gesundheitsgefährdung durch biologische Arbeitsstoffe bei der Gebäudesanierung" (BGI 858).