TRBA 130 - TR Biologische Arbeitsstoffe 130

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Abschnitt 2 TRBA 130 - Begriffsbestimmungen

2.1 Biostoffe

Als Biostoffe werden in dieser TRBA Mikroorganismen und deren Toxine im Sinne von § 2 Absätze 1, 3 und 5 der Biostoffverordnung (BioStoffV) verstanden. Die BioStoffV unterteilt die Biostoffe entsprechend dem von ihnen ausgehenden Infektionsrisiko in vier Risikogruppen. Wesentliche Kriterien für die Zuordnung zu einer Risikogruppe sind die Eigenschaft, Krankheiten beim Menschen hervorzurufen, die Schwere dieser Erkrankung, das Behandlungspotenzial sowie die Gefahr der Ausbreitung in der Allgemeinbevölkerung. Biostoffe, die zu akuten biologischen Gefahrenlagen führen können, sind zumeist in die Risikogruppen 3 oder 4 nach BioStoffV eingestuft.

2.2 Biogene Toxine

Als biogene Toxine im Sinne dieser TRBA werden Toxine tierischen oder pflanzlichen Ursprungs wie z. B. Rizin oder Abrin verstanden, die nicht unter die Begriffsbestimmung nach § 2 Absatz 5 BioStoffV fallen. Solche biogenen Toxine haben bioterroristisches Potenzial und können an einer akuten biologischen Gefahrenlage mit bioterroristischem Hintergrund beteiligt sein. Für die Ersteinsatzkräfte ist im Regelfall anfangs nicht zu unterscheiden, ob es sich um eine akute biologische Gefahrenlage durch Biostoffe oder biogene Toxine handelt.

2.3 Akute biologische Gefahrenlage

Akute biologische Gefahrenlagen können entstehen durch:

  1. 1.

    die absichtliche Verbreitung von Biostoffen und biogenen Toxinen mit militärischer, terroristischer oder krimineller Absicht,

  2. 2.

    Schadensereignisse in Produktionsstätten oder Laboren, in denen Biostoffe und biogene Toxine hergestellt, verwendet, gelagert oder transportiert werden oder

  3. 3.

    Unfälle beim Transport von Biostoffen und biogenen Toxinen.

Von einer akuten biologischen Gefahrenlage mit bioterroristischem Hintergrund ist vornehmlich dann auszugehen, wenn eine Plausibilitätsprüfung durch die Sicherheitsbehörden dies nahelegt.

2.4 Tätigkeiten

Bei Tätigkeiten in akuten biologischen Gefahrenlagen handelt es sich gemäß § 6 Absatz 1 Satz 1 BioStoffV grundsätzlich um Tätigkeiten ohne Schutzstufenzuordnung sowie um nicht gezielte Tätigkeiten nach § 2 Absatz 8 Satz 2 BioStoffV. Tätigkeiten in einer akuten biologischen Gefahrenlage sind von ihrem Gefährdungspotenzial her mit Tätigkeiten mindestens der Schutzstufe 3 gleichzusetzen.

2.5 Gefährdungsbeurteilung

Der Arbeitgeber hat eine Gefährdungsbeurteilung nach § 5 Arbeitsschutzgesetz zu erstellen und die Gefährdung der Beschäftigten durch die Tätigkeiten mit Biostoffen vor Aufnahme der Tätigkeit zu beurteilen. Die Gefährdungsbeurteilung ist nach BioStoffV fachkundig durchzuführen. Verfügt der Arbeitgeber nicht selbst über die entsprechenden Kenntnisse, so hat er sich fachkundig beraten zu lassen. Die Gefährdungsbeurteilung ist bei Änderungen der Voraussetzungen unverzüglich zu aktualisieren und ansonsten mindestens jedes zweite Jahr zu überprüfen und bei Bedarf zu aktualisieren. Dies ist schriftlich zu dokumentieren. Die aus der Gefährdungsbeurteilung abzuleitenden Schutzmaßnahmen sind in akuten biologischen Gefahrenlagen im Rahmen der Lagebeurteilung vor Ort durch die Einsatzleitung während der Lage gegebenenfalls anzupassen.

2.6 Gefahrenbereich

Der Gefahrenbereich umschreibt den räumlichen Bereich, in dem im Falle einer Freisetzung von Biostoffen oder biogener Toxine diese aufgrund fachlicher Erfahrung vermutet werden oder vorhanden sind und die Gefahr einer Übertragung bestehen könnte. Die Bestimmung des Gefahrenbereichs erfolgt nach der FwDV 500 und ist deshalb bei den betroffenen Einsatzkräften etabliert. Der Gefahrenbereich wird manchmal auch als Kontaminationsbereich bezeichnet und darf nur von Einsatzkräften unter Verwendung von geeigneten persönlichen Schutzausrüstungen (PSA) betreten werden. Die Festlegung des Gefahrenbereichs durch die Einsatzleitung im Sinne dieser TRBA erfolgt durch Abschätzung bzw. anhand eines Sicherheitsradius (siehe Abb. 1). Topografische sowie meteorologische Gegebenheiten sind hierbei angemessen zu berücksichtigen. Bei genaueren Erkenntnissen im Rahmen der weiteren Lagebeurteilung sind Gefahren-, Absperr- und Übergangsbereich ggf. anzupassen.

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Abb. 1: Gefahren-, Absperr- und Übergangsbereich nach FwDV 500

2.7 Absperr- und Übergangsbereich

Angrenzend an den Gefahrenbereich ist ein Absperrbereich (siehe Abb. 1) einzurichten. In diesem Bereich ist keine Gefährdung durch Biostoffe oder biogene Toxine anzunehmen. Der Absperrbereich darf nur von Einsatz- und Unterstützungskräften betreten werden. Im Übergangsbereich (siehe Abb. 1) besteht die Möglichkeit, bei Bedarf eine Verletztensammelstelle einzurichten, bis alle Bedingungen für einen fachgerechten Transport zur weiteren Behandlung in Einrichtungen des Gesundheitswesens (insbesondere die Dekontamination) erfüllt sind.

2.8 Dekontaminationsplatz (Dekon-Platz)

Am Dekontaminationsplatz werden Dekontaminations- bzw. Desinfektionsmaßnahmen durchgeführt. Er wird im Übergangsbereich an der Grenze des Gefahrenbereichs eingerichtet. Sofern verletzte Kontaminierte vorliegen, grenzt der medizinische Behandlungsplatz an den Weißbereich des Dekon-Platzes. Der Dekontaminationsplatz folgt dem Einbahnstraßenprinzip und gliedert sich zur Verhinderung einer Kontaminationsverschleppung in den zur unreinen Seite hin befindlichen Schwarzbereich und den zur reinen Seite angelegten Weißbereich. Alle Personen, Materialien (wie z. B. Proben) und Geräte, die den Gefahrenbereich verlassen, müssen über den Dekontaminationsplatz ausgeschleust werden (siehe Abb. 2).

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Abb. 2: Lage des Dekontaminationsplatzes (Dekon-Platz), modifiziert nach FwDV 500

2.9 Fachkunde

(1) Der Begriff der Fachkunde wird in der BioStoffV (§ 2 Absatz 11) in allgemeiner Form definiert. Danach ist fachkundig, wer zur Ausübung einer in der Verordnung bestimmten Aufgabe befähigt ist. Die Anforderungen an die Fachkunde sind deshalb abhängig von der Art der Aufgabe und der Höhe der Gefährdung. Generell werden die Anforderungen an die Fachkunde in der TRBA 200 "Anforderungen an die Fachkunde nach Biostoffverordnung" konkretisiert; diese ist aber für den Geltungsbereich dieser TRBA für Einsatzkräfte nicht einschlägig. Für die Erstellung der Gefährdungsbeurteilung gelten hingegen die in der TRBA 200 beschriebenen Anforderungen an die Fachkunde.

(2) Fachkundeanforderungen im Sinne dieser TRBA sind daher insbesondere an die Einsatzleitung sowie an die für Tätigkeiten im Gefahrenbereich und am Dekontaminationsplatz vorgesehenen Einsatzkräfte zu stellen.

(3) Fachkundig im Sinne dieser TRBA ist, wer aufgrund seiner Ausbildung und aufgrund der beruflichen Erfahrung sowie speziell erworbener Kenntnisse mit den Gefährdungen durch Biostoffe und biogenen Toxinen und den erforderlichen Maßnahmen vertraut ist. Darüber hinaus ist für die Fachkunde Kompetenz im Arbeitsschutz Voraussetzung. Darunter versteht man die Kenntnisse und Fähigkeiten, Gefährdungen in Abhängigkeit von den durchgeführten Tätigkeiten und den vorhandenen oder vermuteten Biostoffen und biogenen Toxinen zu beurteilen, alle erforderlichen Schutzmaßnahmen festzulegen und sachgerecht und regelkonform anzuwenden.

(4) Tätigkeitsbezogene Unterweisungen sowie regelmäßige Übungen und Fortbildungen sind für Tätigkeiten im Rahmen dieser TRBA der beruflichen Erfahrung gleichzusetzen. Anforderungen an weitere notwendige Fachkenntnisse sind in Anhang 2 beschrieben.

2.10 Ansteckungsverdächtige Person

Ein Ansteckungsverdächtiger ist nach § 2 Absatz 7 Infektionsschutzgesetz eine Person, von der anzunehmen ist, dass sie Krankheitserreger aufgenommen hat, ohne krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider zu sein. Diese Person zeigt, z. B. aufgrund der Inkubationszeit, keine Krankheitssymptome.

2.11 Krankheitsverdächtige Person

Ein Krankheitsverdächtiger ist nach § 2 Absatz 5 Infektionsschutzgesetz eine Person, bei der Symptome bestehen, welche das Vorliegen einer bestimmten übertragbaren Krankheit vermuten lassen.

2.12 Desinfektion

Abtötung oder Inaktivierung von Biostoffen durch physikalische oder chemische Verfahren.

2.13 Dekontamination

Dekontamination ist die Grobreinigung von Personen, ihrer persönlichen Schutzausrüstungen (PSA) sowie von Gegenständen. Ziel der Dekontamination ist die weitgehende Zurückführung der Belastung mit Biostoffen auf eine möglichst gesundheitlich unbedenkliche Restmenge.