IFA-LSA 01-234 - Geräuschminderung in Fertigungshallen Grundlagen und Auswahlkriterien zur Schallabsorption Lärmschutz-Arbeitsblatt LSA 01-234

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Abschnitt 5.3 - 5.3 Planung der Maßnahmen

5.3.1
Allgemeine Hinweise für die Planung Da raumakustische Maßnahmen hohe Kosten verursachen können, empfiehlt es sich, das Material ganz gezielt und nur in den tatsächlich benötigten Mengen einzusetzen. Dabei ist die Ermittlung der notwendigen Menge davon abhängig, nach welchem Kennwert die Raumakustik ausgelegt wird.

Ob die Verwendung des mittleren Schallabsorptionsgrades oder der mittleren Schallpegelabnahme je Abstandsverdopplung DL2,TRLV zweckmäßig ist, hängt vor allem von den Abmessungen der Halle ab. Wie in Abschnitt 3.4 beschrieben eignet sich bei kleineren Hallen mit einem Volumen bis 1000 m3 am ehesten der mittlere Schallabsorptionsgrad zur Auslegung der Raumakustik, da die Anforderung an die Schallpegelabnahme pro Abstandsverdopplung (DL2,TRLV ≥ 4 dB) bei kleinen Hallen schwer erreichbar ist. Bei Hallen mit einem Volumen von mehr als 10.000 m3 ist eine Auslegung nach dem mittleren Schallabsorptionsgrad nicht mehr empfehlenswert, da sich dann das Kriterium DL2,TRLV ≥ 4 dB mit wesentlich geringerem Aufwand realisieren lässt.

Bei Auslegung anhand des mittleren Schallabsorptionsgrads würde bei Hallen dieser Größe unverhältnismäßig viel Absorptionsmaterial benötigt. Bei Nutzung des mittleren Schallabsorptionsgrades zur Auslegung der Raumakustik lässt sich die benötigte Menge des Absorptionsmaterials relativ einfach bestimmen. Der Rechenweg dazu ist im folgenden Abschnitt 5.3.2 beschrieben. Bei Auslegung nach der Schallpegelabnahme pro Abstandsverdopplung DL2,TRLV sind zur Ermittlung der benötigten Menge an Absorptionsmaterial deutlich aufwändigere Berechnungen notwendig, z. B. nach der VDI-Richtlinie 3760 [5, 13]. Für diese Zwecke werden verschiedene kommerzielle Programme angeboten. Ein Einblick in die Vorgehensweise zur Ermittlung der benötigten Menge an Absorptionsmaterial bei Auslegung der Raumakustik anhand der Schallpegelabnahme pro Abstandsverdopplung DL2,TRLV wird in Abschnitt 5.3.3 gegeben.

Nicht nur die Menge des Absorptionsmaterials, sondern auch dessen Positionierung hat einen Einfluss auf die mögliche Lärmminderung. Daher ist auch zu bedenken, dass Absorber immer dann am effektivsten sind, wenn sie möglichst nah an der Lärmquelle angebracht werden. Befinden sich z. B. in der Halle einzelne besonders laute Maschinen, wird eine größere Lärmminderung erreicht, wenn das Absorptionsmaterial in der Nähe dieser Maschinen konzentriert wird. Deshalb kann es z. B. sinnvoll sein, eine einzelne laute Maschine in einer Hallenecke zu positionieren und die benachbarten Wandbereiche zusätzlich zur Decke mit Schallabsorbern zu versehen.

Ist als Lärmminderungsmaßnahme die Verwendung von Schallschirmen geplant, so sollte auch die Raumakustik in der Umgebung des Schirms besondere Beachtung finden. Wird der Schall durch nahe Oberflächen oberhalb oder seitlich des Schallschirms in den abzuschirmenden Bereich reflektiert, ergibt sich eine deutlich reduzierte Wirksamkeit des Schirms. Deshalb hat die schallabsorbierende Gestaltung von Raumbegrenzungsflächen in der Umgebung eines Schirms eine große Bedeutung für die erreichbare Lärmminderung. Außerdem sollten die Schallschirme selbst zumindest auf der dem Lärm zugewandten Seite schallabsorbierend gestaltet sein.

In Einzelfällen kann es in kleinen Räumen durchaus sinnvoll sein, mittlere Schallabsorptionsgrade von > 0,3 zu realisieren, weil damit eine weitergehende Pegelreduktion zu erreichen ist (siehe auch Beispiel in Abschnitt 6.4).

5.3.2
Vorgehen bei Auslegung nach dem mittleren Schallabsorptionsgrad

Wird der mittlere Absorptionsgrad als Kriterium verwendet, so lässt sich der Aus- bzw. Nachrüstbedarf an Absorbern relativ einfach berechnen.

Im ersten Schritt empfiehlt es sich, die nach TRLV Lärm geforderte Sollabsorptionsfläche ASoll zu berechnen. Diese ergibt sich aus dem geforderten mittleren Absorptionsgrad und der Summe der Raumbegrenzungsflächen S nach Gleichung (3.5):

ccc_1624_as_30.jpg

Im nächsten Schritt kann dann die benötigte zusätzliche äquivalente Absorptionsfläche AZus berechnet werden, die in Form von Schallabsorbern einzubringen ist. AZus ergibt sich aus der Differenz zwischen der vorhandenen Absorptionsfläche AIst und der Sollabsorptionsfläche

ASoll:

ccc_1624_as_31.jpg

Die vorhandene Absorptionsfläche AIst lässt sich entweder durch eine Rechnung mit absorbierenden Teilflächen gemäß Abschnitt 4.1.1 ermitteln, oder bei bestehenden Hallen auch durch eine Nachhallzeitmessung nach Abschnitt 4.1.2.

Die benötigte zusätzliche Fläche an Absorptionsmaterial SZus ergibt sich aus dem Verhältnis von AZus zum Absorptionsgrad α des Materials:

ccc_1624_as_32.jpg

Nach den Technischen Regeln zur Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung (TRLV Lärm) ist die Anforderung ≥ 0,3 für jede der Oktaven mit den Mittenfrequenzen 500 Hz, 1000 Hz, 2000 Hz und 4000 Hz zu erfüllen. Deshalb ist die Rechnung für jede dieser Oktaven einzeln durchzuführen. Die größte der vier ermittelten Flächen SZus bestimmt die Menge des einzubringenden Absorptionsmaterials. In vielen Fällen ergibt sich diese Fläche aus der Rechnung für die tiefste betrachtete Frequenz, d. h. für 500 Hz, weil die bestehenden Räume und auch die einzusetzenden Materialien hier eine geringere Schallabsorption als bei höheren Frequenzen aufweisen. Dies ist im Einzelfall zu prüfen.

Beispiel:

Als Beispiel sei hier auf den in Abschnitt 4.1.1 betrachteten Raum zurückgegriffen. Die vereinfachte Rechnung mit über die Oktavbänder von 500 Hz bis 4000 Hz gemittelten Absorptionsgraden ergab hier einen mittleren Schallabsorptionsgrad von nur = 0,06, d. h. es besteht offensichlich ein deutlicher Nachrüstbedarf. Die Begrenzungsflächen dieses Raums ergaben zusammen eine Fläche von S = 2840 m2. Als vorhandene äquivalente Absorptionsfläche AIst wurden 165 m2 ermittelt.

Im ersten Schritt ist nun die nach TRLV Lärm geforderte äquivalente Absorptionsfläche ASoll nach Gleichung (5.1) zu berechnen:

ASoll = 0,3 · S = 0,3 · 2840 m2 = 852 m2

Damit ergibt sich die hinzuzufügende äquivalente Absorptionsfläche AZus nach Gleichung (5.2) zu

AZus = ASoll - AIst = 852 m2 - 165 m2 = 687 m2

Von den verschiedenen in der Tabelle 4.1 aufgelisten Materialien sei nun für die Nachrüstung die Mineralfaser-Kulissendecke ausgewählt, für die ein über die Oktavbänder von 500 Hz bis 4000 Hz gemittelter Absorptionsgrad von 0,91 angegeben ist. Damit errechnet sich die mit diesem Material zu belegende Fläche nach Gleichung (5.3):

ccc_1624_as_33.jpg

Nach dem vereinfachten Verfahren, d. h. auf der Basis von über die relevanten Oktavbänder gemittelten Absorptionsgraden, errechnet sich also für die nachzurüstende Mineralfaser-Kulissendecke eine erforderliche Fläche von 755 m2.

Bei genauerer Analyse der bestehenden raumakustischen Situation in den Oktavbändern von 500 Hz bis 4000 Hz sollten sich in Abhängigkeit von der Frequenz unterschiedliche nachzurüstende äquivalente Absorptionsflächen AZus errechnen. Nach Auswahl des einzusetzenden Absorptionsmaterials lässt sich dann die benötigte Materialmenge nach Gleichung (5.3) für jede Frequenz unter Berücksichtigung des jeweiligen Absorptionsgrades berechnen.

5.3.3
Vorgehen bei Auslegung nach der Schallpegelabnahme pro AbstandsverdopplungDL2,TRLV

Für die Ermittlung der benötigten Menge an Absorptionsmaterial auf der Grundlage der Vorgaben der TRLV Lärm zur Schallpegelabnahme pro Abstandsverdopplung DL2,TRLV sind Rechnungen erforderlich, die nicht mehr von Hand durchgeführt werden können. Die entsprechende Auslegung von Arbeitsräumen erfordert den Einsatz von spezieller Software, die die in Abschnitt 3.2 beschriebenen Schallausbreitungskurven von Räumen für die verschiedenen Oktaven berechnen können. Diese Programme erfordern zunächst die Eingabe der Raumabmessungen und der Absorptionsgrade der Begrenzungsflächen. Aus den berechneten Schallausbreitungskurven berechnen die Programme dann die Schallpegelabnahmen pro Abstandsverdopplung DL2 für verschiedene Abstandsbereiche. Falls das Programm keine Ergebnisse für den nach den Technischen Regeln TRLV Lärm zu betrachtenden Abstandsbereich von 0,75 m bis 6 m liefert, kann alternativ das Ergebnis für den in der VDI-Richtlinie 3760 definierten Nahbereich (1 m bis 5 m) benutzt werden, da damit näherungsweise die gleichen Ergebnisse zu erwarten sind [6].

Mit Hilfe solcher Berechnungen von DL2,TRLV lässt sich die benötigte Menge an Absorptionsmaterial schrittweise annähern, z. B. indem man das Absorptionsvermögen der Raumbegrenzungsflächen im Berechnungsmodell durch Hinzufügen von Absorbern so lange erhöht, bis die Rechnung für alle vier Oktaven von 500 Hz bis 4000 Hz mittlere Pegelabnahmen DL2,TRLV von mindestens 4 dB ergibt.