DGUV Information 201-004 - Fahrerkabinen mit Anlagen zur Atemluftversorgung auf Erdbaumaschinen und Spezialmaschinen des Tiefbaues

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Abschnitt 4.1 - 4 Betrieb
4.1 Gemeinsame Bestimmungen

Beim Einsatz einer Anlage zur Atemluftversorgung gilt, dass das Innere der Fahrerkabine wie ein von stofflichen Gefährdungen unbelasteter Bereich (Weiß-Bereich) zu werten ist. Daraus ergibt sich die allgemeine Anforderung an die Arbeitsorganisation, dass der Maschinenführer oder die Maschinenführerin grundsätzlich keine anderen Aufgaben in stofflich belasteten Bereichen (Schwarz-Bereich) wahrnehmen dürfen, bei denen sie die Fahrerkabine verlassen müssen.

Ist eine solches Vorgehen nicht möglich, besteht die Gefahr, dass Gefahr- oder Biostoffe in die Fahrerkabine gelangen. Für diesen Fall sind in der Gefährdungsbeurteilung weitere Maßnahmen festzulegen.

4.1.1
Die Entscheidung, ob im jeweiligen Einsatzfall eine Filteranlage oder eine Atem-Druckluft-Anlage einzusetzen ist, ist auf der Grundlage der Gefährdungsbeurteilung zu treffen. Im Hinblick auf den ermittelten Stoffbestand sind grundsätzlich die Bestimmungen der DGUV Regel 112-190 "Benutzung von Atemschutzgeräten" analog anzuwenden.

Das gilt auch für die Auswahl an die, vom Unternehmer oder der Unternehmerin zur Verfügung zu stellenden, Atemschutzgeräte zur Selbstrettung.

Das für Atemschutzgeräte zur Selbstrettung vom Hersteller vorgegebene Verfallsdatum ist zu beachten.

4.1.2
Durch die Montage einer Anlage zur Atemluftversorgung können sich aus europäischen Richtlinien und nationalen Vorschriften Herstellerpflichten ergeben (z. B. CE-Konformitätserklärung nach EG-Maschinenrichtlinie). Daher wird empfohlen, die Montage vom Hersteller oder seinem Beauftragten vornehmen zu lassen.

4.1.3
Die Bedienungsanleitung der Anlage zur Atemluftversorgung muss in der Fahrerkabine vorhanden sein.

4.1.4
In Bezug auf die im Zusammenhang mit dem Betrieb einer Anlage zur Atemluftversorgung auftretenden Gefährdungen hat der Unternehmer oder die Unternehmerin eine Betriebsanweisung zu erstellen. Die Grundlage ist die Gefährdungsbeurteilung.

Der Anhang B enthält ein Muster einer Betriebsanweisung.

4.1.5
Der Unternehmer oder die Unternehmerin hat dafür zu sorgen, dass der jeweilige Maschinenführer oder die jeweilige Maschinenführerin vor dem ersten Umgang mit einer Anlage zur Atemluftversorgung in deren Gebrauch unterwiesen wird. Die Unterweisung ist zu dokumentieren und regelmäßig zu wiederholen (mind. einmal jährlich).

Die Inhalte der Unterweisung setzen sich zusammen aus den Vorgaben zum Betrieb der Anlage (Bedienungsanleitung des Herstellers) und den Vorgaben der in Abschnitt 4.1.4 genannten Betriebsanweisung.

Dem Unternehmer bzw. der Unternehmerin wird empfohlen, sich bei der ersten Unterweisung zum Betrieb der Anlage durch den Hersteller oder dessen Beauftragte unterstützen zu lassen.

4.1.6
Bei Einsatz in Bereichen, die nicht durch Gefahr- oder Biostoffe kontaminiert sind, ist ein Betrieb der Anlage zur Atemluftversorgung i. d. R. nicht notwendig. Wird die Anlage nicht betrieben, besteht aufgrund der speziellen Abdichtung der Fahrerkabine die Gefahr der CO2-Anreicherung. Auch in diesem Fall hat der Unternehmer oder die Unternehmerin dafür zu sorgen, dass eine ausreichende Atemluftzufuhr in die Fahrerkabine oder eine ausreichende Belüftung der Kabine sichergestellt ist. Das kann bedeuten, dass die Anlage auch bei Einsätzen in diesen Bereichen betrieben werden muss.

4.1.7
Das Einfahren von selbstfahrenden Arbeitsmaschinen in kontaminierte Bereiche ist erst zulässig, wenn

  • die grüne Außenleuchte nach Anhang A 1.21 anzeigt, dass die Atemluftversorgung der Kabine in Betrieb ist,

    In besonderen Arbeitsbereichen kann die Verwendung der Farbe Grün problematisch sein (z. B. bei Tätigkeiten im Bereich von Schienenbahnen aufgrund von Verwechslungsgefahr mit Bahnsignalen). In diesen Fällen ist die Verwendung einer anderen, gut sichtbaren, Farbe der Außenleuchte mit dem Betreiber der Anlage (z. B. Bahnbetreiber) abzustimmen.

  • die Atemluft-Mindestfördermenge von 12 m3/h nach Anhang A 1.17 nicht unterschritten und die Atemluft-Höchstfördermenge von 120 m3/h nach Anhang A 1.18 nicht überschritten ist,

  • der Überdruck in der Fahrerkabine entsprechend Anhang A 1.19 den Mindestwert von 100 Pascal nicht unterschreitet und den Höchstwert von 300 Pascal nicht übersteigt,

  • bei Maschinen mit Filteranlagen die Kontrollanzeige nach Anhang A 2.5 die vollständige Filterbestückung anzeigt,

  • bei Maschinen mit Atem-Druckluft-Anlagen die Kontrollanzeige nach Anhang A 3.1 anzeigt, dass die Flaschen mit Atem-Druckluft noch ausreichend gefüllt sind,

  • ein, anhand der am Einsatzort zu erwartenden stofflichen Situation ausgewähltes, Atemschutzgerät für die Selbstrettung (Fluchtgerät) in der Kabine vorhanden ist.

4.1.8
Während des Betriebes im Schwarzbereich sind die Fenster und Kabinentüren geschlossen zu halten.

Für den Fall, dass eine Verständigung mit außenstehenden Personen möglich sein muss, sind in der Maschine geeignete Kommunikationsmittel (z. B. Sprechfunkgeräte) bereitzustellen.

Dem Maschinenführer oder der Maschinenführerin ist das Betreten und Verlassen der Maschine in einem nicht kontaminierten Bereich zu ermöglichen.

Dies kann zum Beispiel durch das Abstellen der Maschine außerhalb des Arbeitsbereichs erreicht werden, möglichst in unmittelbarer Nähe zu den Schwarz-Weiß-Einrichtungen. Ist das nicht möglich, sind in der Gefährdungsbeurteilung weitere Maßnahmen festzulegen.

Der Maschinenführer oder die Maschinenführerin hat die Arbeit so zu organisieren, dass beim Einsteigen möglichst wenig Verschmutzung in die Kabine eingetragen wird.

4.1.9
Eine Verständigung zwischen dem Maschinenführer oder der Maschinenführerin und dem Begleitpersonal außerhalb der Maschine muss gewährleistet sein.

Dies wird z. B. durch Sprechfunkverkehr erreicht.

4.1.10
Bei Druckluftabfall in der Fahrerkabine unter die Alarmschwellenwerte, zum Beispiel bei Havarie der Anlage, Scheibenbruch oder ähnlichen Ereignissen, hat der Maschinenführer oder die Maschinenführerin den kontaminierten Bereich mit der Maschine sofort zu verlassen. Ist das Herausfahren nicht möglich, ist das gemäß Abschnitt 4.1.7 in der Kabine vorhandene Atemschutzgerät für Selbstrettung aufzusetzen und der kontaminierte Bereich sofort zu verlassen.

Die Maschine darf erst dann wieder im kontaminierten Bereich eingesetzt werden, wenn die Mängel beseitigt sind.

Der erforderliche Einsatz von Atemschutzgeräten zur Selbstrettung ist auf der Grundlage der Gefährdungsbeurteilung in der Betriebsanweisung zu regeln. Bei der Auswahl der Haltezeit des Selbstretters sind folgende Faktoren zu berücksichtigen:

  • die zurückzulegende Strecke,

  • die erzielbare Geschwindigkeit (zu Fuß oder mit der Maschine).

4.1.11
Instandhaltungsarbeiten sollen grundsätzlich außerhalb des kontaminierten Bereichs durchgeführt werden. Müssen Instandhaltungsarbeiten im kontaminierten Bereich durchgeführt werden, sind auch die Schutzmaßnahmen entsprechend der Gefährdungsbeurteilung für das Arbeiten im kontaminierten Bereich umzusetzen.

Vor Instandhaltungsarbeiten ist die Anlage zur Atemluftversorgung und ggf. die Maschine zu reinigen. Dabei sind die in der Gefährdungsbeurteilung festzulegenden Dekontaminationsmaßnahmen anzuwenden.

Zu Dekontaminationsmaßnahmen siehe Abschnitt 11.3.7 der DGUV Regel 101-004 "Kontaminierte Bereiche".

Instandsetzungs- und Inspektionsarbeiten an Anlagen zur Atemluftversorgung dürfen nur von fachkundigen, beauftragten und in die speziellen Anforderungen unterwiesenen Personen durchgeführt werden.

Werden Wartungsarbeiten, wie z. B. Filterwechsel oder die Befüllung der Atem-Druckluftanlage, vom Maschinenführer oder der Maschinenführerin ausgeführt, muss dieser entsprechend unterwiesen sein.

4.1.12
Um eine Gefährdung des Maschinenführers oder der Maschinenführerin durch die Verschleppung von Kontaminationen zu vermeiden, ist die Fahrerkabine sauber zu halten. Dazu ist der Innenraum der Kabine regelmäßig gemäß den Vorgaben aus der Gefährdungsbeurteilung zu reinigen, spätestens nach jeder Arbeitsschicht. Dabei ist die Aufwirbelung von Staub zu vermeiden.

Dies wird z. B. erreicht, durch

  • Abwischen mit feuchten Tüchern,

  • Einsatz eines Staubsaugers mindestens Staubklasse M, ggf. nach Gefährdungsbeurteilung Staubklasse H.

Zur Vermeidung von Verschleppung von Gefahr- und Biostoffen sowie zur Vermeidung von Keimwachstum in Putztüchern sind Einwegtücher zu verwenden.

Der Unternehmer oder die Unternehmerin hat einen Reinigungs- und Hygieneplan schriftlich zu erstellen; dessen Einhaltung ist durch den Maschinenführer oder die Maschinenführerin nachzuweisen. Die Anforderungen der Technischen Regel für biologische Arbeitsstoffe "Grundlegende Maßnahmen bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen" (TRBA 500) sind zu beachten.