TRBA 100 - TR Biologische Arbeitsstoffe 100

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Abschnitt 6 TRBA 100 - Arbeitsmedizinische Prävention

(1) Arbeitsmedizinische Prävention beinhaltet die Durchführung einer allgemeinen arbeitsmedizinischen Beratung und die Durchführung der arbeitsmedizinischen Vorsorge entsprechend der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) [32].

(2) In der Gefährdungsbeurteilung sind je nach ermittelten spezifischen Gefährdungen arbeitsmedizinische Fragestellungen einzubeziehen und zu beurteilen. Arbeitsmedizinischer Sachverstand ist insbesondere hinzu zu ziehen bei

  1. 1.

    Tätigkeiten mit Infektionsgefahren, bei denen eine arbeitsmedizinische Pflicht- oder Angebotsvorsorge zu veranlassen bzw. anzubieten ist (siehe Abschnitt 6.2)

und

  1. 2.

    Tätigkeiten, bei denen

    • eine Exposition gegenüber sensibilisierenden, toxisch wirkenden oder sonstigen die Gesundheit schädigenden biologischen Arbeitsstoffen bestehen kann,

    • Hygienemaßnahmen und/oder spezielle Desinfektionsmaßnahmen erforderlich sind,

    • die Organisation spezieller Erste-Hilfe-Maßnahmen und einer postexpositionellen Prophylaxe notwendig ist,

    • persönliche Schutzausrüstung zu tragen ist (z. B. Schutzhandschuhe, Atemschutz) und

    • Belastungen der Haut auftreten können, die Maßnahmen zum Hautschutz erforderlich machen.

    • Vorrangig ist hierbei der bestellte Betriebsarzt zu beteiligen, welcher über die spezifischen Kenntnisse zu den Gefährdungen an den entsprechenden Arbeitsplätzen verfügt.

6.1 Allgemeine arbeitsmedizinische Beratung

(1) Im Rahmen der Unterweisung nach Nummer 5.1 Absatz 7 hat eine allgemeine arbeitsmedizinische Beratung der Beschäftigten zu erfolgen. Diese ist unter Beteiligung des mit der Durchführung der arbeitsmedizinischen Vorsorge nach Nummer 6.3 beauftragten Arztes durchzuführen. Eine Beteiligung ist z. B. auch durch die Schulung der Personen, die die Unterweisung durchführen oder durch die Mitwirkung an der Erstellung geeigneter Unterrichtsmaterialien zur arbeitsmedizinischen Prävention gegeben.

(2) Die Themenfelder, zu denen die Beschäftigten informiert und beraten werden müssen, sind in Abhängigkeit vom Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung festzulegen. Sie betreffen unter anderem:

  1. 1.

    mögliche tätigkeitsbedingte gesundheitliche Gefährdungen durch die verwendeten oder vorkommenden biologischen Arbeitsstoffe.

    Dabei sind insbesondere

  2. a.

    die typischen bzw. mit der Tätigkeit verbundenen Übertragungswege bzw. Aufnahmepfade,

  3. b.

    die möglichen Krankheitsbilder und Symptome,

  4. c.

    medizinische Faktoren, die zu einer Erhöhung des Risikos führen können, wie

    • eine verminderte Immunabwehr (z. B. aufgrund einer immunsuppressiven Behandlung oder einer Erkrankung wie Diabetes mellitus),

    • das Vorliegen chronisch obstruktiver Atemwegerkrankungen in Verbindung mit Tätigkeiten mit potenziell sensibilisierenden biologischen Arbeitsstoffen,

    • eine gestörte Barrierefunktion der Haut,

    • eine sonstige individuelle Disposition oder

    • Schwangerschaft und Stillzeit sowie

  5. d.

    die Möglichkeiten der Impfprophylaxe

    zu berücksichtigen.

  6. 2.

    die einzuhaltenden Verhaltensregeln, z. B. zu Hygieneanforderungen, Hautschutz und -pflege und deren konsequente Umsetzung.

  7. 3.

    die medizinischen Aspekte der Notwendigkeit, Geeignetheit und des Gebrauchs von persönlicher Schutzausrüstung (z. B. Schutzhandschuhe, Schutzkleidung Atemschutz), einschließlich Handhabung, maximale Tragzeiten, Wechselturnus sowie möglicher körperlicher und psychischer Belastungen.

  8. 4.

    die Maßnahmen der Ersten Hilfe und der Postexpositionsprophylaxe sowie das Vorgehen bei Schnitt- und Stichverletzungen.

  9. 5.

    die erforderliche arbeitsmedizinische Pflicht- bzw. Angebotsvorsorge einschließlich der Impfangebote, deren Umfang und Nutzen.

  10. 6.

    das Angebot einer arbeitsmedizinischen Vorsorge beim Auftreten einer Erkrankung, wenn der Verdacht eines ursächlichen Zusammenhangs mit der Tätigkeit besteht.

6.2 Arbeitsmedizinische Vorsorge

Arbeitsmedizinische Vorsorge dient der Früherkennung arbeitsbedingter Gesundheitsstörungen sowie der Feststellung, ob bei Ausübung einer bestimmten Tätigkeit eine erhöhte gesundheitliche Gefährdung besteht. Die arbeitsmedizinische Vorsorge kann sich auf ein Beratungsgespräch beschränken, wenn zur Beratung körperliche oder klinische Untersuchungen nicht erforderlich sind.

Arbeitsmedizinische Vorsorge umfasst Pflichtvorsorge, Angebots- und Wunschvorsorge.

6.2.1 Pflichtvorsorge

(1) Pflichtvorsorge im Anwendungsbereich dieser TRBA ist im Hinblick auf die Infektionsgefährdung nach Anhang Teil 2 Absatz 1 ArbMedVV bei gezielten und nicht gezielten Tätigkeiten mit den in der Tabelle genannten biologischen Arbeitsstoffen zu veranlassen. Die durchgeführte Pflichtvorsorge ist Voraussetzung für eine Beschäftigung mit den in Spalte 1 genannten biologischen Arbeitsstoffen. Für nicht gezielte Tätigkeiten sind die in Spalte 2 aufgeführten Bereiche mit den Expositionsbedingungen der Spalte 3 maßgeblich.

(2) Bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen, die in der Tabelle im Anhang Teil 2 Absatz 1 ArbMedVV als impfpräventabel *) gekennzeichnet sind, ist im Rahmen der Pflichtvorsorge eine Impfung mit entsprechender ärztlicher Beratung anzubieten. Der Beschäftigte muss das Impfangebot nicht annehmen, da keine Impfpflicht besteht.

(3) Wird bei einer Vorsorge festgestellt, dass der Beschäftigte über einen ausreichenden Immunschutz gegen den jeweiligen biologischen Arbeitsstoff (Vorsorgeanlass) verfügt, kann in Bezug auf diesen biologischen Arbeitsstoff eine nachfolgende Vorsorge solange entfallen, wie der Immunschutz vorhält.

(4) Daneben können sich in Abhängigkeit von der Gefährdungsbeurteilung weitere Anlässe für Pflichtvorsorge gemäß Anhang der ArbMedVV ergeben bei z. B.:

  • Tätigkeiten mit bestimmten Gefahrstoffen bei Grenzwertüberschreitung,

  • gesundheitsrelevante Exposition durch Labortierstaub in Tierhaltungsräumen und -anlagen,

  • Feuchtarbeit von regelmäßig vier Stunden oder mehr je Tag (z. B. Tragen flüssigkeitsdichter Handschuhe),

  • Tätigkeiten, die das Tragen von Atemschutzgeräten der Gruppe 2 (z. B. partikelfiltrierende Halbmaske FFP3) oder der Gruppe 3 erfordern.

Hinweis: Bei Tätigkeiten mit einer Exposition gegenüber Labortierstäuben siehe auch TRBA 120 Nummer 5.3.1 Absatz 3 [16].

6.2.2 Angebotsvorsorge

(1) Anlässe für Angebotsvorsorge nach Anhang Teil 2 Absatz 2 ArbMedVV besteht generell bei gezielten Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen der Risikogruppe 3 oder nicht gezielten Tätigkeiten der Schutzstufe 3, sofern sie nicht Inhalt des Anhangs Teil 2 Absatz 1 sind.

Dies gilt auch für gezielte Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen der Risikogruppe 2 und nicht gezielte Tätigkeiten der Schutzstufe 2 in Laboratorien.

Falls es sich um impfpräventable biologische Arbeitsstoffe handelt, schließt die Vorsorge ein Impfangebot nach ärztlicher Beratung mit ein.

(2) Anlässe für Angebotsvorsorge bestehen auch ereignisbezogen,

  1. 1.

    wenn als Folge einer Exposition gegenüber einem biologischen Arbeitsstoff mit einer schweren Infektion oder Erkrankung gerechnet werden muss und Maßnahmen der Postexpositionsprophylaxe möglich sind (z. B. nach Stich- oder Schnittverletzungen mit blutkontaminierten Instrumenten),

  2. 2.

    wenn eine Gesundheitsstörung (Infektion, Erkrankung, Sensibilisierung oder Vergiftung) eingetreten ist, bei der die Möglichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs mit der Tätigkeit besteht (s. § 5 Absatz 2 ArbMedVV). Wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass andere Beschäftigte mit vergleichbaren Tätigkeiten ebenfalls gefährdet sein können, sind auch diesen Beschäftigten Vorsorgeangebote zu unterbreiten,

  3. 3.

    am Ende einer Tätigkeit, für die Pflichtvorsorge nach Teil 2 Absatz 1 Anhang ArbMedVV zu veranlassen war. Dies gilt nicht für Tätigkeiten mit impfpräventablen biologischen Arbeitsstoffen, wenn zu diesem Zeitpunkt noch ein ausreichender Immunschutz besteht.

(3) Daneben können sich in Abhängigkeit von der Gefährdungsbeurteilung weitere Anlässe für Angebotsvorsorge gemäß Anhang der ArbMedVV ergeben, z. B. bei:

  • Tätigkeiten mit bestimmten Gefahrstoffen oder deren Gemischen (z. B. n-Hexan, n-Heptan, 2-Butanon, 2-Hexanon, Methanol, Ethanol, 2-Methoxyethanol, Benzol, Toluol, Xylol, Styrol, Dichlormethan, 1,1,1-Trichlorethan, Trichlorethen, Tetrachlorethen);

  • Tätigkeiten mit krebserzeugenden oder erbgutverändernden Stoffen oder Zubereitungen der Kategorie 1 oder 2 im Sinne der Gefahrstoffverordnung;

  • Feuchtarbeit von regelmäßig mehr als zwei Stunden je Tag (z. B. Tragen flüssigkeitsdichter Handschuhe);

  • Tätigkeiten, die das Tragen von Atemschutzgeräten der Gruppe 1 (z. B. partikelfiltrierende Halbmaske FFP2) erfordern;

  • Tätigkeiten an Bildschirmgeräten.

6.2.3 Wunschvorsorge

Der Arbeitgeber hat den Beschäftigten nach § 11 ArbSchG arbeitsmedizinische Vorsorge zu ermöglichen, sofern ein Gesundheitsschaden im Zusammenhang mit der Tätigkeit nicht ausgeschlossen werden kann. Im Anwendungsbereich dieser TRBA kann dies z. B. bei Exposition gegenüber Bioaerosolen mit sensibilisierenden und toxischen Eigenschaften, oder bei Feuchtarbeit unter zwei Stunden je Tag der Fall sein.

GMBl 2013, S. 1010