Abschnitt 12.13 - 12.13 Stäube
Abb. 12.24
Staubentwicklung beim Fräsen einer Modelloberfläche
In Betrieben des Modell- und Formenbaus können vielerlei Stäube auftreten. Sie können zum Beispiel bei der Be- und Verarbeitung von festen Materialien entstehen, wie der Oberflächenbearbeitung, dem Lackzwischenschliff oder der Blockbearbeitung. Stäube können aber auch aus pulverförmigen Materialien freigesetzt werden, die bei innerbetrieblichen Prozessen als Ausgangsprodukte dienen (Beispiele: Anmischvorgänge, Abwerfen und Fördern von Pulvern).
Schutzmaßnahmen für Stäube, die nicht anderweitig reguliert sind, werden in der TRGS 500, Nr. 9 beschrieben.
Weitere allgemeine Hinweise zu Gefährdungen und Schutzmaßnahmen siehe VBG-Informationsbroschüre "Gib dem Staub keine Chance ! - 10 goldene Regeln zur Staubbekämpfung" |
Von Stäuben können Brand- und Explosionsgefahren ausgehen. Als orientierende Grundlage zum sicheren Handhaben brennbarer Stäube und zum Projektieren von Schutzmaßnahmen gegen Staubexplosionen in stauberzeugenden und -verarbeitenden Anlagen sind in der Datenbank GESTIS-STAUB-EX wichtige Brenn- und Explosionskenngrößen von über 7.000 Staubproben aus nahezu allen Branchen zusammengestellt (www.dguv.de, Webcode: d6253).
12.13.1 Glas- und Kohlefaserstäube
Abb. 12.25
Bearbeitung der Oberfläche eines Werkstücks aus kohlefaserverstärktem Kunststoff (CFK) (links), Visualisierung von CFK-Staub mit Rastertunnelelektronenmikroskop (rechts)
Als Faserstäube werden luftgetragene Partikel aus anorganischen oder organischen Stoffen bezeichnet, die eine längliche Geometrie besitzen. Sie können im Modell- und Formenbau typischerweise beim Zuschnitt von Fasermatten oder bei der Bearbeitung von ausgehärtetem glas- oder kohlefaserverstärktem Kunststoff (GFK bzw. CFK) entstehen. Die Menge und die Form der freigesetzten Fasern ist vom Bearbeitungsverfahren und von den prozess- und werkstoffspezifischen Eigenschaften abhängig.
Die Höhe der resultierenden Gesundheitsgefährdung beim Einatmen ist neben der Menge besonders von der Geometrie und der Biobeständigkeit (Biopersistenz) der Fasern abhängig. So gelten laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) diejenigen Fasern als kritisch, die einen Durchmesser < 3 µm, eine Länge > 5 µm und ein Länge-zu-Durchmesser-Verhältnis von > 3:1 haben. Solche Fasern können tief in die Lunge eindringen und sich dort dauerhaft einlagern, was, sofern sie biobeständig sind, zu Gesundheitsschäden wie zum Beispiel Lungenkrebs führen kann.
Beim Hautkontakt mit GFK und CFK-Fasern können allergische Kontaktekzeme sowie Hautreizungen und Juckreiz auftreten.
Bei der Bearbeitung von GFK und CFK entstehen neben den Faserstäuben auch Partikelstäube. Diese sind entsprechend den Vorgaben der TRGS 500, Nr. 9 zu handhaben.
Treten bei der Bearbeitung von GFK und CFK höhere Temperaturen auf, kann es zur Zersetzung des Harz-/Härtersystems kommen. Dabei können (je nach Zusammensetzung des Systems) weitere Gefahrstoffe freigesetzt werden.
Neben den oben bereits genannten Gesundheitsgefahren ist zu beachten, dass CFK-Stäube brennbar sind, wodurch unter Umständen in Mischung mit Luftsauerstoff ein explosionsfähiges Gemisch entstehen kann. CFK-Stäube können zudem elektrisch leitend sein, was zum Beispiel zu Kurzschlüssen in elektronischen Bauteilen führen kann. |
Weitere Informationen zu Einstufungen, Bearbeitungsverfahren und den jeweils zu treffenden Schutzmaßnahmen finden Sie in: | |
• | Fachbereich Aktuell FB HM-074 "Bearbeitung von CFK Materialien - Orientierungshilfe für Schutzmaßnahmen" |
• | Fachbereich Aktuell FB HM-092 "Herstellung von CFK Bauteilen - Orientierungshilfe für die Gefährdungsbeurteilung bei der Serienfertigung" |
• | TRGS 905 "Verzeichnis krebserzeugender, keimzellmutagener oder reproduktionstoxischer Stoffe", Abschnitt 2.3 "Anorganische Faserstäube (außer Asbest)" |
12.13.2 Holzstaub
Informationen zu Gesundheitsgefahren durch Holzstaub und Schutzmaßnahmen finden Sie in der TRGS 553 und in der DGUV Information 209-044 "Holzstaub".
Informationen zu Brand- und Explosionsgefahren bei Tätigkeiten mit Holzstäuben enthält die DGUV Information 209-045 "Absauganlagen und Silos für Holzstaub und -späne".
12.13.3 Künstliche Mineralfasern (KMF)
Künstliche Mineralfasern (KMF) werden in Form von Dichtschnüren bei Formen und Modellen verwendet, die mit Hitze beaufschlagt werden (zum Beispiel im Kokillenbau oder bei der Herstellung von Modellplatten). Beim Bau oder bei der Reparatur der Kokillen oder Modellplatten ist mit der Freisetzung von KMF-Stäuben zu rechnen. Durch Kontakt mit diesen Faserstäuben kann es zu Gesundheitsgefährdungen kommen.
Der Hautkontakt mit gröberen KMF kann zu Juckreiz, Entzündungen oder Verstärkung bereits bestehender Hautprobleme führen. Die Zusatzstoffe sowie Binde- und Schmälzmittel von Glas- und Steinwollefasern können Allergien hervorrufen. Der KMF-Staub kann zu Reizungen der Augen und der Atemwege führen. Bei hohen Staubkonzentrationen kann eine Beeinträchtigung der Funktion der Atmungsorgane eintreten.
Die Faserstäube bestimmter Hochtemperaturwollen (Aluminium-Silikatwolle (ASW) und polykristalline Wolle (PCW)) gelten als krebserzeugend.
Werden Erdalkalisilikatwollen (AES) oder Aluminiumsilikatwollen (ASW) thermisch stark beansprucht (über 900° C), entsteht silikogener Staub. Er kann bei langfristiger inhalativer Exposition schwere Atemwegserkrankungen (u. a. Lungenkrebs) verursachen.
Liegen keine Informationen über die eingebauten Mineralwolle-Produkte vor, ist grundsätzlich von einer Krebsgefahr auszugehen. |
Schutzmaßnahmen
Die jeweils zu treffenden Schutzmaßnahmen hängen von der Art der KMF und der vorausgegangenen thermischen Belastung ab.
Schutzmaßnahmen für Tätigkeiten mitnicht als krebserzeugend eingestuften KMF siehe: | |
• | TRGS 500 "Schutzmaßnahmen" |
• | DGUV Information 213-031 "Tätigkeiten mit Mineralwolle-Dämmstoffen" |
Schutzmaßnahmen für Tätigkeiten mit als krebserzeugend eingestuften KMF (z. B. ASW, PCW) siehe: | |
• | TRGS 558 "Tätigkeiten mit Hochtemperaturwolle" |
• | DGUV Information 213-031 "Tätigkeiten mit Mineralwolle-Dämmstoffen" |
Schutzmaßnahmen gegen silikogenen Staub in Erdalkalisilikatwollen (AES) oder Aluminiumsilikatwollen (ASW), die thermisch stark beansprucht wurden siehe: | |
• | TRGS 559 "Quarzhaltiger Staub" |
12.13.4 Lackstäube
Beim Lackzwischenschliff ist mit dem Auftreten vergleichsweiser hoher Staubkonzentrationen zu rechnen. Bei Arbeiten größeren Umfangs und an Dauerschleifarbeitsplätzen sind deshalb technische Schutzmaßnahmen erforderlich, zum Beispiel abgesaugte Schleiftische.
Weitere Informationen zu Gefährdungen und Schutzmaßnahmen siehe DGUV Information 209-046 "Lackierräume und -einrichtungen für flüssige Beschichtungsstoffe"
12.13.5 Metallstaub
Beim Bearbeiten von Bauteilen und Vorrichtungen aus Metall (zum Beispiel Zerspanen, Schneiden, Schleifen und Polieren) werden metallhaltige Stäube freigesetzt. Dadurch kann es zu Gesundheitsgefährdungen und/oder zu Brand- und Explosionsgefährdungen kommen.
Aluminiumstaub
Aluminiumstäube entstehen bei der Bearbeitung von Aluminium (zum Beispiel durch Schleifen, Bürsten und Polieren). Auch bei Verfahren der additiven Fertigung (schmelzbasierte oder sinterbasierte Verfahren) können Aluminiumstäube über das eingesetzte Legierungspulver oder -granulat freigesetzt werden.
Aluminiumstäube sind brennbar und können im Gemisch mit Luft eine explosionsfähige Atmosphäre bilden. Die Entzündbarkeit des Staub/Luft-Gemischs und die Explosionswirkung sind unter anderem von der Korngröße, Feuchte und Zusammensetzung des Aluminiumstaubs abhängig.
Unter bestimmten Umständen (wenn z. B. im Abfall große Mengen frisch erzeugter feiner Aluminiumpartikel unter thermisch isolierenden Bedingungen gelagert werden) kann es durch die Reaktion mit der Umgebungsluft zur kontinuierlichen Wärmeentwicklung kommen. Das kann bis zur Selbstentzündung führen.
Bei Kontakt von Aluminiumstaub mit Wasser, zum Beispiel bei Nassbearbeitungsverfahren oder Staubabscheidung im Nassabscheider, kann Wasserstoffgas entstehen. Dieses Gas ist brennbar und kann im Gemisch mit Luft eine explosionsfähige Atmosphäre bilden.
Weitere Hinweise zu Brand- und Explosionsgefährdungen durch Aluminiumstäube sowie zu Schutzmaßnahmen finden Sie in der DGUV Regel 109-001 "Schleifen, Bürsten und Polieren von Aluminium". |
Magnesiumstaub
Gefährdungen und Schutzmaßnahmen zu Magnesium-stäuben siehe | |
• | DGUV Information 209-090 "Tätigkeiten mit Magnesium" |
• | Fachbereich Aktuell FBHM-051 "Trockenschleifen von Magnesium - Was ist zu beachten?" |
Edelstahlstaub
Die im Modell- und Formenbau typischerweise verwendeten Stähle haben einen Kohlenstoffgehalt von 0,2-0,6 %. Sie enthalten in der Regel Silizium, Schwefel und Phosphor sowie Chrom, Mangan, Molybdän und/oder Nickel. Die Metalle können elementar oder als Verbindungen enthalten sein.
Für alle zu bearbeitenden metallischen Werkstoffe muss die Zusammensetzung mit Hilfe des Sicherheitsdatenblatts und/oder der Werkstoffnummer ermittelt werden. Obwohl die Legierungen als eigene Stoffe eingestuft sind, sollte die Gefährdungsbeurteilung nach den Bestandteilen der Legierung durchgeführt werden.
Je nach Zusammensetzung der Werkstoffe können sich durch die entsprechenden Stäube unterschiedliche Gesundheitsgefährdungen ergeben. Die notwendigen Schutzmaßnahmen sind darauf spezifisch auszurichten.
Besonders beachtet werden müssen Tätigkeiten mit krebserzeugenden Metallen und ihren anorganischen Verbindungen (zum Beispiel Nickelverbindungen).
Weitere Informationen zu Grenzwerten, Gefährdungen und Schutzmaßnahmen siehe: | |
• | TRGS 500 "Schutzmaßnahmen" |
• | TRGS 561 "Tätigkeiten mit krebserzeugenden Metallen und ihren Verbindungen" |
• | TRGS 900 "Arbeitsplatzgrenzwerte" |
• | TRGS 910 "Risikobezogenes Maßnahmenkonzept für Tätigkeiten mit krebserzeugenden Gefahrstoffen" |
12.13.6 Quarzstaub
Im Gießereimodellbau werden zu Wartungszwecken Formkästen und Modellplatten gereinigt. In Sandform-Gießereien wird bei der Reinigung anhaftender Formsand, der zu einem überwiegenden Anteil aus Quarzsand besteht, in Form von Staub freigesetzt.
Quarzstaub reizt die Augen und Atemwege. Das längere oder wiederholte Einatmen kann die Lunge schädigen. Tätigkeiten mit alveolengängigem Quarzstaub (A-Staub) gelten als krebserzeugend.
Weitere Informationen zu Gesundheitsgefahren und Schutzmaßnahmen siehe: | |
• | TRGS 559 "Quarzhaltiger Staub" |
• | DGUV Information 209-055 "Gefahrstoffe in Gießereien" |
• | DGUV Information 209-095 "Quarzhaltiger Staub in der Gießerei-Industrie - Branchenlösungen gemäß TRGS 559" |
• | NepSi "Leitfaden über bewährte Praktiken zum Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer durch gute Handhabung und Verwendung von kristallinem Siliziumdioxid und dieses enthaltender Produkte",www.nepsi.eu |