Scheuermann, Praxishandbuch Brandschutz

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8.13.2 Schutzmaßnahmen

Allgemeines

Bei Instandhaltungsarbeiten hat der Arbeitgeber dafür zu sorgen, dass die hierdurch bedingte Bildung gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre vermieden wird.

Lässt sich die Bildung gefährlicher explosionsfähiger Atmosphären nicht vollständig ausschließen, sind Maßnahmen zur Vermeidung von Zündquellen zu treffen.

Werden die Instandhaltungsarbeiten in einem explosionsgefährdeten Bereich durchgeführt und können hierbei Zündquellen nicht vermieden werden, können die Instandhaltungsarbeiten unter lokaler Überwachung der Konzentration brennbarer Stoffe durchgeführt werden, sofern die Zündquellen bei Auftreten gefährlicher explosionsfähiger Atmosphären unwirksam gemacht werden.

Vermeidung gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre

Bei Instandhaltungsarbeiten ist die Bildung daraus resultierender gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre so weit wie möglich zu verhindern. Hierzu sind brennbare Stoffe in ausreichendem Maße zu beseitigen bzw. deren Auftreten ist im Instandhaltungsbereich zu vermeiden.

Geeignete Maßnahmen sind z.B.:

  1. 1.

    die Vermeidung des Versprühens oder Vernebelns brennbarer Flüssigkeiten und die Beseitigung von Ablagerungen brennbarer Stäube und

  2. 2.

    die ausreichende Verdünnung der Konzentration an brennbaren Stoffen. Dies ist der Fall, wenn die Konzentration an Gasen oder Dämpfen im Gemisch mit Luft 50 % der unteren Explosionsgrenze sicher unterschreitet, z.B. durch Einsatz einer technischen Lüftung.

In der Regel ist aufgrund der örtlichen Gegebenheiten mit einer ungleichmäßigen Verteilung der brennbaren Stoffe in dem gefährdeten Bereich zu rechnen (hierbei sind auch etwaige Toträume zu beachten). Es sind in Abhängigkeit von den örtlichen Randbedingungen geeignete Maßnahmen zur Überwachung der maximalen Konzentration zu treffen (z.B. Verifizierung an verschiedenen Messpunkten oder permanente Messung für die Dauer der Maßnahmen). Bereits bestehende Ex-Schutzeinrichtungen, z.B. gasdichte Durchführungen, sind hierbei auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen. Wird die Konzentration von brennbaren Stoffen in Luft mit Hilfe von geeigneten Konzentrationsmessgeräten überwacht, muss der Alarmpunkt in Abhängigkeit der vorliegenden Randbedingungen einen ausreichenden Abstand von der unteren Explosionsgrenze haben.

Die in dem Instandhaltungsbereich freigesetzten Mengen brennbarer Stoffe sind durch geeignete Maßnahmen so weit wie möglich zu reduzieren.

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Hierzu sind z.B.:

  • Zu- und Abgänge, durch die Stoffe eingeleitet werden können, die während der Instandhaltungsarbeiten gefährliche explosionsfähige Atmosphäre in dem Arbeitsbereich bilden können, wirksam zu unterbrechen (dies kann in Abhängigkeit von der Instandhaltungsmaßnahme z.B. durch Steckscheiben, Doppelabsperrung mit Zwischenentspannung, etc. erfolgen),

  • Apparate, Rohrleitungen oder Geräte vor Aufnahme der Arbeiten bei Anwesenheit von brennbaren Stoffen so weit wie möglich zu entleeren und zu reinigen. Toträume und Ablagerungen (bei brennbaren Stäuben) sowie die Möglichkeiten einer Nachverdampfung sind zu berücksichtigen.

Die Bildung gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre durch Aerosole ist bei Reinigungs- oder Beschichtungsvorgängen zu vermeiden.

• Beseitigung der Explosionsgefahr durch eingeschlossene brennbare Stoffe

Die Bildung gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre durch Instandhaltungsarbeiten kann vermieden werden, indem die in dem Anlagenteil befindlichen brennbaren Stoffe in ausreichendem Maße beseitigt werden, z.B. durch Freispülen (bei brennbaren Flüssigkeiten) oder Beseitigung von brennbaren Stäuben. Die Wirksamkeit der Maßnahmen ist zu kontrollieren, z.B. durch Messungen nach Freispülen. Bei Reinigungsarbeiten ist auf die Eignung des Reinigungsverfahrens und den Einsatz geeigneter Spülmittel zu achten (z.B. Entfernung von Staubablagerungen durch Absaugen mit geeigneten Staubsaugern statt mit Druckluft, Verwendung von Wasser als Spülmedium bei wasserlöslichen Stoffen).

Die Bildung gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre durch Dämpfe einer brennbaren Flüssigkeit kann vermieden werden, wenn die Verarbeitungstemperatur der Flüssigkeit unter ihrem unteren Explosionspunkt (UEP) liegt.

Es ist zu beachten, dass

  • die Umgebungstemperatur über den UEP ansteigen kann (z.B. durch Sonneneinstrahlung),

  • die brennbare Flüssigkeit über den UEP erwärmt werden kann (z.B. durch Tankheizeinrichtungen).

Die Bildung gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre kann im Innern von Apparaten, Rohrleitungen oder Geräten in besonderen Fällen durch Inertisierung (z.B. durch Einleitung von Stickstoff) verhindert werden. Die Inertisierung ist zu überwachen.

Bei Anwendung der Inertisierung müssen wirksame Maßnahmen zur Vermeidung der Gefährdung Beschäftigter durch Ersticken getroffen werden.

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• Lüftungsmaßnahmen

Die Bildung gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre kann durch geeignete Lüftungsmaßnahmen im Rahmen der Instandhaltungsmaßnahmen vermieden oder eingeschränkt werden. Die Wirksamkeit einer Lüftungsmaßnahme wird durch verschiedene Parameter, unter anderem Stärke, Verfügbarkeit und Art der Luftführung (Güte), bestimmt.

Die Wirksamkeit der Lüftung ist während der Arbeiten zu überwachen. Dies kann z.B. geschehen durch:

  • fortlaufende Konzentrationsmessungen mit Gaswarneinrichtungen

  • wiederholte Einzelmessungen der Konzentration brennbarer Stoffe

  • Kontrolle der Einhaltung der Zu- und Abluftleistung bei technischer Lüftung

Die unbeabsichtigte Abschaltung der technischen Lüftung ist durch geeignete technische oder organisatorische Maßnahmen auszuschließen.

Bei unwirksam gewordener Lüftung sind die Arbeiten sofort einzustellen und der Arbeitsbereich ist unverzüglich zu verlassen.

Nach Beendigung der Arbeiten muss die technische Lüftung so lange in Betrieb bleiben, bis mögliche zusätzliche Explosionsgefahren ausgeschlossen sind

Vermeidung von Zündquellen

Kann das Auftreten gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre nicht sicher verhindert werden, sind im gefährdeten Bereich geeignete Maßnahmen zur Vermeidung von Zündquellen zu treffen.

Maßnahmen zur Zündquellenvermeidung sind z.B.:

  • Vermeidung von Reib- und Schlagfunken

  • Vermeidung unzulässiger Erwärmung (z.B. durch Strahler oder Heißluft)

  • Vermeidung aluminiumhaltiger Teile (z.B. bei Leitern oder persönlicher Schutzausrüstung) in rostiger Umgebung

  • Vermeidung elektrostatischer Aufladung von Personen (z.B. durch Verwendung von ableitfähigem Schuhwerk), Arbeitsmitteln, persönlicher Schutzausrüstung (z.B. durch Auswahl geeigneter Schutzanzüge) und Einbauten

  • Vermeidung von Zündfunken infolge elektrischer Potenzialunterschiede (z.B. durch metallisch leitende Überbrückung der Trennstelle vor der Trennung von Anlagenteilen oder Rohrleitungen)

  • rechtzeitige Abschaltung der Stromquelle bei Anlagen für den kathodischen Korrosionsschutz (KKS-Anlagen), die mit Fremdstrom betrieben  8.13.2 Schutzmaßnahmen – Seite 4 – 01.10.2010<<werden, sodass Restspannungen auf ein unbedenkliches Maß abgebaut sind

  • Auswahl elektrischer und nichtelektrischer Geräte im Sinne der Richtlinie 2014/34/EU entsprechend der Gerätegruppe II, Kategorie 2 G bzw. D, soweit sich aus der Gefährdungsbeurteilung keine anderen Anforderungen ergeben. Dies gilt auch für Ventilatorlaufräder einschließlich Gehäuse und Lager, die außerhalb explosionsgefährdeter Bereiche betrieben werden, aber Abluft fördern, die explosionsfähige Atmosphäre enthalten kann.

  • Sicherstellung der Spannungsfreiheit nicht explosionsgeschützter elektrischer Geräte und Installationen, soweit diese nicht aus den gefährdeten Bereichen entfernt werden können. Das Eindringen explosionsfähiger Atmosphäre in unter Spannung stehende Geräte und Installationen muss verhindert sein.

Arbeiten mit Zündgefahr dürfen entsprechend der Gefährdungsbeurteilung nur mit einem Sicherheitsabstand zu gefährdeten Bereichen durchgeführt werden, solange gefährliche explosionsfähige Atmosphäre auftreten kann.

Arbeiten mit Zündgefahr können z.B. sein:

  • Schweiß-, Schleif- und Trennarbeiten

  • Arbeiten mit offenen Flammen

Bei Arbeiten mit Zündgefahr, die einen erweiterten Wirkungsbereich haben können, z.B. durch Schweißperlen oder Funkengarben, ist der erweiterte Wirkungsbereich zu berücksichtigen.