Scheuermann, Praxishandbuch Brandschutz

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12. Blitzschutz (Art. 44 BayBO oder Sonderbauverordnung)

Darstellung der Blitzschutzmaßnahmen im BS-Nachweis:

  • Festlegung unter Berücksichtigung der Nutzung und Lage des Gebäudes, ob eine Blitzschutzanlage erforderlich ist (Risikobeurteilung);

  • Aussage zur Art der Blitzschutzanlage und zur Wartung.

Erläuterung (in Anlehnung an Blitzplaner, 2. aktualisierte Auflage, Fa. Dehn und Söhne):

Durch Blitzeinschläge werden jährlich viele Brände verursacht. Eine Blitzschutzanlage hat die Aufgabe, Gebäude vor direkten Blitzeinschlägen oder den Auswirkungen zu schützen.

Für bestimmte Sonderbauten und für Gebäude, bei denen nach Lage, Bauart oder Nutzung Blitzeinschlag leicht eintreten oder zu schweren Folgen führen kann, sind mit dauernd wirksamen Blitzschutzanlagen zu versehen (Art. 44 BayBO).

Dass bedeutet, dass z.B. folgende Gebäude in der Regel mit Blitzschutzanlagen auszustatten sind:

  • Gebäude auf Anhöhen oder Gebäude, welche die benachbarten Gebäude und Bäume überragen

  • Krankenhäuser

     12. Blitzschutz (Art. 44 BayBO oder Sonderbauverordnung) – Seite 187 – 01.12.2014>>
  • Schulen

  • Kindereinrichtungen

  • Altenheime

  • Hochhäuser

  • Versammlungsstätten

  • Verkaufsstätten

  • Justizvollzugsanstalten

  • Bauliche Anlagen oder Räume und Industrieanlagen, deren Nutzung mit erhöhter Brand-, Explosions- und Gesundheitsgefahr verbunden ist

Stand der Technik

Seit 2006 gelten die neuen Blitzschutznormen DIN EN 62305-1 bis -4. Die VDE-Klassifizierung lautet VDE V 0185-305-1 bis -4. Diese neuen Normen ersetzen die Vornormen der Reihe VDE V 0185-1 bis -4. Seit dem 1.10.2008 dürfen neue Anlagen nur noch nach der neuen Normengeneration errichtet werden.

DIN EN 62305-1 (VDE V 0185-305-1) Allgemeine Grundsätze

Dieser Teil enthält Informationen über die Gefährdung durch Blitze, die Blitzkenndaten und Blitzwirkungen. Außerdem wird ein Gesamtüberblick über die Normung gegeben, dazu gehören auch die Vorgehensweise bei der Anwendung der Norm und die Schutzprinzipien.

DIN EN 62305-2 (VDE V 0185-305-2) Risiko-Management

Auf Grundlage einer Risikoanalyse wird die Notwendigkeit der Blitzschutzmaßnahmen ermittelt. Dazu gehört auch die Bestimmung des verbleibenden Restrisikos in Abhängigkeit des akzeptierbaren Risikos. Außerdem die Festlegung des Schutzsystems. Die Fa. Dehn (www.dehn.de) bietet ein Programm an, mit dem eine Risikoeinschätzung möglich ist.

DIN EN 62305-2 Beiblatt 1 (VDE V 0185-0305-2, Beiblatt 1)

Darstellung der Erdblitzdichte für Deutschland anhand einer Karte, welche als Grundlage für die Risikoanalyse benötigt wird.

DIN EN 62305-2 Beiblatt 2 (VDE V 0185-305-2, Beiblatt 2)

Berechnungshilfe für die Abschätzung des Schadenrisikos für bauliche Anlagen

DIN EN 62305-3 (VDE V 0185-305-3) Schutz von baulichen Anlagen und Personen

Als Schutzmaßnahme dient immer ein Blitzschutzsystem, bestehend aus Äußerem Blitzschutz (Fangeinrichtung, Ableitungseinrichtung, Erdungsanlage) und dem Inneren Blitzschutz (Potentialausgleich und Trennungsabstand). Das Blitzschutzsystem wird immer über die Schutzklasse definiert,  12. Blitzschutz (Art. 44 BayBO oder Sonderbauverordnung) – Seite 188 – 01.12.2014<<>>wobei die Wirksamkeit von Schutzklasse I zur Schutzklasse IV abnimmt. Die erforderlichen Schutzklassen werden mit Hilfe der Risikoanalyse ermittelt.

DIN EN 62305-3 Beiblatt 1 (VDE V 0185-305-3, Beiblatt 1) zusätzliche Informationen zur Anwendung

Hier wird neben anderen Informationen auf die Dimensionierung der Fangeinrichtungen, der Nutzung metallischer Komponenten, der Schutzbereiche eingegangen.

DIN EN 62305-3 Beiblatt 2 (VDE V 0185-305-3, Beiblatt 2) zusätzliche Informationen für besondere bauliche Anlagen

Informationen für Krankenhäuser, Sportanlagen, Silos mit explosionsgefährlichen Lagergütern, Hochregallager, Biogasanlagen usw., unter Berücksichtigung der technologischen Entwicklung der letzten Jahre.

DIN EN 62305-3 Beiblatt 3 (VDE V 0185-305-3, Beiblatt 3) zusätzliche Informationen für die Prüfung und Wartung von Blitzschutzsystemen

Festlegung von Begriffen und deren Bedeutung wie z.B. die Aufgaben der Blitzschutzfachkraft

DIN EN 62305-4 (VDE V 0185-305-4) Schutz elektrischer und elektronischer Systeme in baulichen Anlagen

Hier werden die Wirkungen des elektromagnetischen Blitzimpulses und von elektromagnetischen Feldern und induzierten Spannungen, Strömen und Feldern betrachtet, welche durch indirekte Blitzeinschläge hervorgerufen werden.

Blitzschutzsystem

Ein Blitzschutzsystem besteht aus dem Äußeren und dem Inneren Blitzschutz.

Die Funktionen des Äußeren Blitzschutzes sind:

  • Auffangen von Direkteinschlägen mit einer Fangeinrichtung

  • Sicheres Ableiten des Blitzstromes mit einer Ableitungseinrichtung

  • Verteilen des Blitzstromes in der Erde über eine Erdungseinrichtung

Die Funktionen des Inneren Blitzschutzes sind:

  • Verhinderung gefährlicher Funkenbildung innerhalb von baulichen Anlagen durch Potentialausgleich oder eine Trennstrecke zwischen den Bauteilen des Blitzschutzsystems und anderen elektrischen Bauteilen innerhalb von Gebäuden

 12. Blitzschutz (Art. 44 BayBO oder Sonderbauverordnung) – Seite 189 – 01.12.2014<<>>

Weitere Hinweise zum Bestandsschutz

Die Installationen und Prüfungen von Blitzschutzanlagen sind seit 2002 nach der DIN VDE V 0185 durchzuführen. Das bedeutet vollständige Prüfung (inklusive Erdungsanlage) alle 6 Jahre, alle 3 Jahre zusätzliche Sichtprüfung z.B. der Fanganlagen.

Seit Oktober 2006 gilt in Deutschland die Blitzschutznormreihe DIN EN 62305 (VDE 0185-305).

Die VDE V 0185 durfte für Neuanlagen nur noch in der Übergangsfrist bis zum 01.10.2008 angewendet werden. Bestehende Blitzschutzanlagen haben Bestandsschutz. Die Wartung ist nach der Normengeneration durchzuführen, nach der sie errichtet wurde.

Nachfolgend eine Aussage zu Blitzschutz für Kindereinrichtungen (interne Festlegung einer bayerischen Großstadt)

Gemäß Art. 44 BayBO sind bauliche Anlagen, bei denen nach Lage, Bauart oder Nutzung Blitzschlag leicht eintreten oder zu schweren Folgen führen kann, mit dauerwirksamen Blitzschutzanlagen zu versehen.

Kindertageseinrichtungen gehören zu den Anlagen, bei denen wegen ihrer Nutzung ein Blitzeinschlag zu schweren Folgen führen kann, wenn keine geeigneten Blitzschutzmaßnahmen getroffen werden.

Dieser Sachverhalt wurde bereits im Jahre 1984 vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in der Verwaltungsstreitsache Nr. 2 B 84 A.624 festgestellt und detailliert erläutert.

Laut der Urteilsbegründung ist nicht davon auszugehen, dass Kinder in einem Brandfall vernünftig reagieren und das Gebäude gegebenenfalls sicher verlassen können.

Unabhängig von der Einstufung als Sonderbau wird deshalb von der BayBO und dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof der Einbau von dauerwirksamen Blitzschutzanlagen bei Kindertageseinrichtungen gefordert.

Im Einzelfall kann jedoch auf den Einbau einer äußeren Blitzschutzanlage verzichtet werden, wenn ausgeschlossen ist, dass ein direkter Blitzeinschlag in das Gebäude erfolgen kann. Dieser Umstand muss von einem Sachverständigen (Blitzschutzexperten) geprüft und bestätigt werden.

Unabhängig davon kann jedoch in keinem Fall auf den Inneren Blitzschutz (Blitzschutzpotenzialausgleich) verzichtet werden.

Um die Problematik Blitzschutz zu umgehen, empfehlen wir, bei der Suche nach geeigneten Räumlichkeiten für Kindertageseinrichtungen Immobilien zu wählen, die die baulichen Anforderungen bereits erfüllen. Die Nutzung eines Gebäudes mit bereits vorhandener Blitzschutzanlage vermeidet die Kosten der nachträglichen Installation.

 12. Blitzschutz (Art. 44 BayBO oder Sonderbauverordnung) – Seite 190 – 01.12.2014<<

Falls auf Immobilien zurückgegriffen wird, die noch keine derartige technische Einrichtung besitzen, ist eine Nachrüstung in der Regel unvermeidbar. In weitläufigen Gebäudekomplexen ist nur der betroffene Brandabschnitt zu schützen.

Durch frühzeitige Einbindung von Blitzschutzexperten bei der Planung von Neubauten oder bei der Nachrüstung von Bauwerken sind Blitzschutzanlagen mit geringen Kosten realisierbar.