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3.3.3 Musterbauordnung – Grundlagen

Die Musterbauordnung soll die dem Landesrecht unterliegenden Landesbauordnungen vereinheitlichen. Sie wird durch die Vertreter aller Bundesländer, der Bauministerkonferenz (ARGE BAU), ständig aktualisiert. Auf diese Musterbauordnung gehen die Bauordnungen sämtlicher Länder zurück. Die Länderbauordnungen weisen deshalb im Wesentlichen übereinstimmende Vorschriften auf. Sie unterscheiden sich lediglich in Details. Die aktuelle Fassung der Musterbauordnung stammt aus dem Jahr 2002 und wurde im Oktober 2008 zuletzt geändert. Welche Definition für ein Bauvorhaben gilt, muss der jeweils gültigen LBO entnommen werden.

Zur Umsetzung der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (Dienstleistungsrichtlinie) sind Änderungen der MBO 2002 erforderlich. Die vorgeschlagenen Änderungen beschränken sich auf das Notwendige. Die Vorschriften der MBO unterfallen ohnehin nur zum Teil dem Anwendungsbereich der Dienstleistungsrichtlinie. Auf »Baunormen« und sogenannte Jedermann-Vorschriften findet die Dienstleistungsrichtlinie nach ihrem Erwägungsgrund 9 keine Anwendung. Zur Abgrenzung der »dienstleistungsbezogenen« von den »Jedermann-Anforderungen« kann auf die mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) vorgenommene Abstimmung zurückgegriffen werden:

»Da die Richtlinie nur für speziell dienstleistungsbezogene Anforderungen gelten soll, sind ›Jedermann-Anforderungen‹, die nicht die Aufnahme oder Ausübung einer Dienstleistung als solche regeln oder betreffen, sondern von Dienstleistern bei Aufnahme oder Ausübung ihrer Wirtschaftstätigkeit in gleicher Weise wie von Privatleuten zu beachten sind, nicht zu prüfen.

Zum Beispiel für den Bereich des öffentliche Baurechts bedeutet dies, dass in den Anwendungsbereich der Richtlinie solche Vorschriften des öffentlichen Baurechts fallen, die die Aufnahme oder Ausübung von Dienstleistungstätigkeiten durch Personen oder Stellen regeln (z.B. Planungs-, Entwurfs-, Prüf-, Überwachungs- und Zertifizierungstätigkeiten) und die die Aufnahme oder Ausübung solcher Tätigkeiten von Anerkennungsvoraussetzungen, Anerkennungsverfahren oder Anforderungen an Personen oder Stellen abhängig machen.

Vorschriften des öffentlichen Baurechts wie Regelungen, die grundstücks- und gebäudebezogen die bauplanungs- und bauordnungsrechtliche Zulässigkeit eines Bauvorhabens oder die Verwendung von Bauprodukten regeln, sind ›Jedermann-Anforderungen‹, es sei denn, dass sie die Aufnahme oder Ausübung einer Dienstleistung als solche regeln oder betreffen.«

 3.3.3 Musterbauordnung – Grundlagen – Seite 2 – 01.10.2010>>

Zur Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie sind folgende Vorschriften der MBO zu ändern:

  1. 1.

    § 25 Prüf-, Zertifizierungs-, Überwachungsstellen

  2. 2.

    § 65 Bauvorlageberechtigung

  3. 3.

    § 66 Bautechnische Nachweise

  4. 4.

    § 87 Inkrafttreten, Übergangsvorschriften

1. Zu § 25

§ 25 Abs. 1 MBO regelt, welche Funktionen Prüf-, Zertifizierungs- und Überwachungsstellen ausüben und unter welchen Voraussetzungen die Anerkennung als PÜZ-Stelle erfolgen kann. Die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit nach dem EG-Vertrag wird nur natürlichen und juristischen Personen gewährt. Die Änderungen in § 25 Abs. 1 und Abs. 3 (sowie die Folgeänderungen in § 1 Abs. 1 Satz 1 PÜZAVO) dienen der Angleichung an diesen Sprachgebrauch.

Künftig können nur noch »natürliche und juristische Personen« als PÜZ-Stelle anerkannt werden. Die gesonderte Erwähnung von Überwachungsgemeinschaften und Stellen wird gestrichen. Die ursprünglich rechtlich nicht selbstständigen Überwachungsgemeinschaften sind mittlerweile als juristische Personen, in der Regel als eingetragene Vereine, organisiert.

Die in Kapitel IV (Dienstleistungsfreiheit) RL 2006/123/EG vorgesehenen Bestimmungen gelten für den Fall, dass ein Dienstleistungserbringer keine Niederlassung in dem Mitgliedstaat einrichtet, in dem er die Dienstleistung erbringen will. Übertragen auf die PÜZ-Stellen betrifft dies die Fälle, in denen im EU-Ausland ansässige PÜZ-Stellen ohne Niederlassung in Deutschland Tätigkeiten im Rahmen der nach den Landesbauordnungen vorgesehenen Verfahren anbieten wollen. Diese Konstellation wird derzeit noch durch das in Art. 16 Abs. 2 der Bauproduktenrichtlinie vorgesehene Sonderverfahren erfasst. Damit liegt eine Bestimmung eines anderen Gemeinschaftsrechtsakts mit spezifischen Aspekten im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Satz 1 RL 2006/123/EG vor, die insoweit vorrangig zur Anwendung kommt.

2. Zu § 65

Zur Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie müssen für Personen aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder einem nach dem Recht der Europäischen Gemeinschaften gleichgestellten Staat die Regelungen über die Bauvorlageberechtigung der Ingenieure so verändert werden, dass unter anderem Mehrfachprüfungen entbehrlich sind. Daneben enthält die Dienstleistungsrichtlinie Anforderungen an das Verfahren, von dem ein Mitgliedstaat die Aufnahme einer Dienstleistungserbringung abhängig machen will.

 3.3.3 Musterbauordnung – Grundlagen – Seite 3 – 01.10.2010<<>>

Die Umsetzung der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (ABl. EU Nr. L 255 S. 22), geändert durch die Richtlinie 2006/100/EG des Rates vom 20. November 2006 (ABl. EU Nr. L 363 S. 141), erfordert keine besonderen Regelungen, da es sich bei der Tätigkeit als Bauvorlageberechtigter nicht um einen Beruf im Sinne der Berufsanerkennungsrichtlinie handelt. Ein Beruf in diesem Sinn liegt vor, wenn es eine zielgerichtete Ausbildung für eine bestimmte Berufsausübung/ein bestimmtes Berufsbild gibt, die ggf. noch durch eine bestimmte Praxiserfahrung oder praktische Ausbildung ergänzt wird. Das Studium der Architekten und der Bauingenieure ist jedoch nicht speziell auf die Erstellung von Bauvorlagen ausgerichtet, sondern hat eine andere Zielrichtung.

Bauvorlageberechtigte müssen wegen ihrer hohen Verantwortung ausreichend qualifiziert sein. Die Bauvorlageberechtigung soll daher wie bisher davon abhängig sein, dass ein erfolgreiches Studium bestimmter Fachrichtungen und eine Berufserfahrung auf den Gebieten, die für die Bauvorlageberechtigung von Bedeutung sind, nachgewiesen werden.

Nach der Richtlinie 2005/36/EG vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (Berufsqualifikationsanerkennungsrichtlinie) dürfen Personen, die in einem Mitgliedstaat die Berufsbezeichnung Architekt führen dürfen, diese auch in Deutschland führen und sind den deutschen Architekten – auch hinsichtlich der Bauvorlageberechtigung – gleichgestellt. Da für die Bauvorlageberechtigung der Architekten die Berechtigung zur Führung der Berufsbezeichnung in einem Land reicht und die Voraussetzungen zum Führen der Berufsbezeichnung im Musterarchitektengesetz abschließend geregelt sind, sind zusätzliche Regelungen in der MBO entbehrlich.

Weiter ist ein (erneuter) Nachweis der Eignung als Bauvorlageberechtigter bei Personen entbehrlich, die in anderen Mitgliedstaaten Bauvorlagen erstellen und einreichen dürfen und dort mindestens vergleichbare Anforderungen nachweisen mussten. Diese Personen haben das erstmalige Tätigwerden als Bauvorlageberechtigter lediglich anzuzeigen und dabei nachzuweisen, dass sie in dem anderen Staat bereits vergleichbare Anforderungen erfüllen mussten.

Personen, die in anderen Mitgliedstaaten zwar bauvorlageberechtigt sind, hierzu aber geringere Anforderungen erfüllen mussten, sind bauvorlageberechtigt, wenn sie tatsächlich die in § 65 MBO vorgesehenen Anforderungen erfüllen. Diese Personen müssen ebenfalls das erstmalige Tätigwerden unter Vorlage der entsprechenden Unterlagen anzeigen, dürfen aber erst tätig werden, wenn die zuständige Stelle ihnen bestätigt hat, dass sie die Anforderungen der Bauvorlageberechtigung erfüllen. Zur Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie werden für dieses Verfahren bestimmte Regelungen getroffen werden, die unter anderem sicherstellen, dass innerhalb vorhersehbarer Fristen entschieden wird.

 3.3.3 Musterbauordnung – Grundlagen – Seite 4 – 01.10.2010<<

3. Zu § 66 Abs. 2

Die Änderung des Satzes 1 trägt dem Umstand Rechnung, dass infolge der Umstellung der Studiengänge der akademische Grad »Ingenieur« zukünftig nicht mehr verliehen wird und nicht vorhersehbar ist, dass bzw. welche einheitlichen Voraussetzungen für die Führung dieser Berufsbezeichnung in den Ländern zu erfüllen sind.

Die Erstellung und Einreichung von Standsicherheits- und Brandschutznachweisen, die keiner bauaufsichtlichen Prüfung oder Bescheinigungspflicht unterliegen, ist eine besondere Dienstleistung, für die die Bestimmungen der Dienstleistungsrichtlinie gelten. Wie bei der Bauvorlageberechtigung sind Regelungen für Personen zu schaffen, die zur Erbringung einer vergleichbaren Dienstleistung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem nach dem Recht der Europäischen Gemeinschaften gleichgestellten Staat rechtmäßig niedergelassen sind. Dabei ist ebenfalls zu unterscheiden zwischen Personen, die in dem Mitgliedsstaat mindestens vergleichbare Anforderungen erfüllen mussten, und Personen, die die Erfüllung geringerer Anforderungen nachweisen mussten, tatsächlich aber die Anforderungen des § 66 Abs. 2 erfüllen. Für diese Personengruppen werden wegen des vergleichbaren Sachverhalts die entsprechenden Regelungen des § 65 mit der Maßgabe für anwendbar erklärt, dass die erforderlichen Anzeigen und Anträge nicht bei der Ingenieurkammer, sondern der nach Abs. 2 Satz 1 oder Satz 3 zuständigen Stelle einzureichen sind.

4. Zu § 87

Die Änderung ist erforderlich, weil nach der Neuregelung in § 25 zukünftig nur noch (selbstständige) natürliche und juristische Personen als PÜZ-Stellen anerkannt werden. Im Falle der Stellen, die nach bisherigem Recht als rechtlich nicht selbstständige Einheiten, z.B. als Labor einer Universität, anerkannt worden sind, sollen künftig deren Rechtsträger in den Anerkennungsbescheid aufgenommen werden, wobei auch weiterhin lediglich die betreffende Einheit des Rechtsträgers berechtigt ist, praktisch die PÜZ-Tätigkeiten auszuüben. Für die nicht selbstständigen Stellen ist durch eine Übergangsregelung zu regeln, dass deren Anerkennung nach bisherigem Recht am 31.12.2012 endet. Dadurch soll bewirkt werden, dass die Anerkennungsbescheide innerhalb einer bestimmten Frist umgestellt werden. Dafür bedarf es eines Antrags seitens der Stelle. Alle Stellen sollen daher entsprechend informiert werden. Werden die Anträge nicht gestellt, gelten die Anerkennungen lediglich noch bis zu dem in der Übergangsregelung genannten Zeitpunkt. Die Übergangsregelung ermöglicht eine Umstellung innerhalb von drei Jahren ab dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung.

Ausgehend davon, dass die RL 2006/123/EG bis Ende 2009 umgesetzt sein muss, wird als Datum, bis zu dem die Umstellung erfolgen muss, der 31.12.2012 bestimmt.