Scheuermann, Praxishandbuch Brandschutz

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2.4.1 Grundlagen

Die Brandlehre ist ein brandschutzspezifisches Lehrfach, das von den ingenieurmäßig gelehrten Disziplinen Heizungstechnik, Feuerungstechnik, Energieversorgung usw. insofern abweicht, als es sich nicht mit der Nutzanwendung der Verbrennung – also dem bestimmungsmäßigen Brennen – beschäftigt, sondern mit dem Brand – also dem nicht bestimmungsgemäßen Brennen. Nach DIN 14011 »Begriffe aus dem Feuerwehrwesen« versteht man unter dem Begriff »Brand« ein nicht bestimmungsgemäßes Brennen, das sich unkontrolliert ausbreiten kann. Es ist durchaus sinnvoll, zwischen dem bestimmungsgemäßen Brennen, also einem Nutzfeuer bzw. Zweckfeuer, und dem nicht bestimmungsgemäßen Brennen, also einem Schadenfeuer, zu unterscheiden, jedoch sind die chemischen und physikalischen Voraussetzungen und Begleiterscheinungen für beide Arten des Brennens die gleichen.

Aufgabe der Brandlehre ist die Beschreibung der stofflichen Umwandlungen, die sich bei der Verbrennung vollziehen. Es handelt sich um chemische Vorgänge, nämlich die Oxidation im Sinne einer Verbindung eines Stoffes mit Sauerstoff und ihre elektronentheoretische Deutung. Weiterhin wird die Chemie der Brandstoffe, des Sauerstoffs und der Sauerstoffträger sowie der Verbrennungsprodukte beschrieben.

Der mit der Verbrennung einhergehende Energieaustausch berührt die Thermodynamik und gehört damit in den Bereich der Physik. Die physikalischen Gesetzmäßigkeiten sind in der Brandlehre so weit zu behandeln, wie es zum Verständnis der Einleitung und des Fortschreitens einer Verbrennung sowie der Wirkungen und Ausbreitungsmöglichkeiten der Wärme notwendig ist.

Die eigentliche Verbrennung als chemisch-physikalischer Vorgang wird durch die Beschreibung der Zündung, der Ausbreitungs- und Verbrennungsgeschwindigkeit sowie der sicherheitstechnischen Daten erläutert. Ebenso werden die brennbaren Stoffe, ihr unterschiedliches Brandverhalten und ihre besonderen Gefahren und Eigenschaften im Hinblick auf die Brandbekämpfung beschrieben.

Ausgehend von dem Satz:

»Die Verbrennung ist ein chemisch-physikalischer Vorgang, bei dem sich ein brennbarer Stoff unter Wärmeentwicklung und Feuererscheinung mit Sauerstoff verbindet«,

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lässt sich die Brandlehre in drei Teilabschnitten abhandeln:

  1. 1.

    die chemischen Grundlagen der Verbrennung

  2. 2.

    die physikalischen Grundlagen der Verbrennung

  3. 3.

    der Verbrennungsvorgang

Erläuterung der Begriffe

Zu den Naturwissenschaften gehören Physik, Chemie und Biologie.

Hinweis:

Die Physik ist die Lehre von den Zuständen und den Zustandsänderungen der Materie.

Die Chemie ist die Lehre von den stofflichen Eigenschaften der Materie und den Stoffänderungen.

Die Biologie beschreibt die lebenden Systeme (Mensch, Tier, Pflanze), ihre Beziehungen zueinander und zu der Umwelt sowie die Vorgänge, die sich in ihnen abspielen.

Der Unterschied zwischen physikalischen und chemischen Vorgängen lässt sich am Beispiel des Verhaltens von Wasser (H2O) leicht deutlich machen.

  1. a)

    Je nach Temperatur gibt es Wasser bekanntlich in drei Erscheinungsformen (Aggregatzuständen). Bei Normaldruck ist es unterhalb von 0 ˚C fest (Eis), im Bereich von 0–100 ˚C flüssig (Wasser) und oberhalb von 100 ˚C gasförmig (Wasserdampf). Die Änderung des Aggregatzustandes ist ein rein physikalischer Vorgang. Es ändert sich nur der Zustand des Stoffes, nicht der Stoff selbst. In allen drei Aggregatzuständen ist Wasser (H2O) chemisch der gleiche Stoff.

  2. b)

    Anders verhält es sich bei der Wasserelektrolyse.

  3. c)

    Aus dem Molekül H2O entstehen nach der Gleichung 1

2 H2O → 2 H2 + O2

(1)

zwei Wasserstoffmoleküle und ein Sauerstoffmolekül.

Das ist ebenso ein chemischer Vorgang wie die Umkehrung dieser Gleichung und es ist nach Gleichung 2

H2 + O2 → 2 H2O

(2)

die für die Verbrennung des Wasserstoffes mit Sauerstoff zum Wasser gültig ist.

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In beiden Fällen sind also stoffliche Umwandlungen eingetreten. Aus der Flüssigkeit Wasser sind zwei Gase, nämlich Wasserstoff und Sauerstoff, entstanden bzw. umgekehrt, aus den Gasen Wasserstoff und Sauerstoff ist durch Verbrennung Wasser entstanden (s. Abbildung 1).

Die biologischen Vorgänge, die weitaus komplexer ablaufen und in denen auch chemische und physikalische Abläufe eine Rolle spielen, brauchen nicht weiter erwähnt zu werden. Biologische Vorgänge sind in der Brandlehre ausschließlich bei bestimmten Selbstentzündungsvorgängen von Bedeutung. Soweit es erforderlich ist, werden diese in dem entsprechenden Abschnitt erläutert.

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Abb. 1: Darstellung der physikalischen und chemischen Vorgänge am Beispiel Wasser
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