DGUV Information 205-014 - Auswahl von persönlicher Schutzausrüstung für Einsätze bei der Feuerwehr Basierend auf einer Gefährdungsbeurteilung

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Anhang 06 - Schutzanzüge gegen Infektionserreger

In diesem Anhang 06 wird folgende Auswahl von Schutzanzügen gegen Infektionserreger beschrieben:

Schutzanzüge gegen Infektionserreger

PSA 43, PSA 44, PSA 51, PSA 52, PSA 55

Zusatz AKombinierter Schutzanzug gegen atomare, biologische und chemische Gefahren

1
Grundlagen

1.1
Durch diese Information wird berücksichtigt, dass die Organisationsstruktur der deutschen Feuerwehren zur Absicherung des Grundschutzes häufig die Zusammenarbeit von Feuerwehren unterschiedlicher Hoheitsträger erforderlich macht.

1.2
Aufgrund einer vom vfdb-Referat 8 durchgeführten Bewertung der Risiken bei Einsätzen der deutschen Feuerwehren in Verbindung mit Schutzkleidung gegen Infektionserreger wurde eine Geräteauswahl getroffen, die diese Risiken berücksichtigt.

Ergeben sich aus der örtlichen Risikoanalyse - unter Berücksichtigung der Biostoffverordnung (BioStoffV) und der FwDV 500 - oder aus den spezifischen Einsatzverantwortlichkeiten der deutschen Feuerwehren - besondere Anforderungen an Schutzkleidung gegen Infektionserreger (z. B. Beständigkeit gegen Flammeneinwirkung, Wiederverwendbarkeit), sind diese bei der Auswahl zu berücksichtigen. Nach FwDV 500 ist ab Risikogruppe II geeignete Schutzausrüstung zu definieren. Dies erfolgt in Zusammenarbeit mit den zuständigen Stellen (z. B. Gesundheitsämter, Veterinärämter, Forstämter).

1.3
Aufgrund der Heterogenität der Mikroorganismen ist es nicht möglich, Leistungskriterien auf der Grundlage von Risikogruppen oder der Art des Mikroorganismus zu definieren. Es lässt sich möglicherweise auch nicht genau bestimmen, welche Organismen am Einsatzort vorliegen. Daher konzentrieren sich die in der DIN EN 14126 festgelegten Prüfverfahren auf das Medium, in dem die Mikroorganismen enthalten sind, wie z. B. Flüssigkeiten, Aerosole oder feste Staubpartikel.

1.4
Die Schutzanzüge gegen Infektionserreger müssen der PSA-Richtlinie 89/686/EWG und, soweit anwendbar, den entsprechenden Normen entsprechen.

Es sind nur Schutzanzüge gegen Infektionserreger nach PSA-Richtlinie 89/686/EWG und nach DIN EN 14126 "Schutzkleidung - Leistungsanforderungen und Prüfverfahren für Schutzkleidung gegen Infektionserreger" auszuwählen.

1.5
Für die Einsatzdauer von Schutzanzügen gegen Infektionserreger sind die entsprechenden Tragezeitbegrenzungen den Informationsbroschüren der jeweiligen Hersteller sowie der DGUV Regel 112-190 zu berücksichtigen.

1.6
Die Schutzanzüge gegen Infektionserreger müssen das Tragen von Atemschutzgeräten nach Anhang 02 zusammen mit einem Feuerwehrhelm Anhang 04 ermöglichen.

1.7
Schutzanzüge, die in Verbindung mit Gebläsefiltergeräten mit Vollmasken (entsprechend Anhang 02) entsprechend DIN EN 12942, Klasse TM3 oder in Verbindung mit Gebläsefiltergeräten mit einem Helm oder einer Haube entsprechend DIN EN 12941, Klasse TH3 getragen werden sollen, müssen in Kombination mit dem jeweiligen Gebläsefiltergerät geprüft sein.

1.8
Schutzanzüge, die in Verbindung mit Druckluft-Schlauchgerät mit Lungenautomat und Vollmaske (entsprechend Anhang 02) entsprechend DIN EN 14593-1 oder aus einem Druckluft-Schlauchgerät mit kontinuierlichem Luftstrom entsprechend DIN EN 14594, Klasse 4A oder 4B, getragen werden sollen, müssen in Kombination mit dem jeweiligen Druckluft-Schlauchgerät geprüft sein.

1.9
Beim Tragen von Schutzanzügen gegen Infektionserreger muss eine Kommunikation über Einsatzstellenfunk möglich sein.

1.10
Die Schutzanzüge gegen Infektionserreger müssen das Tragen eines für den Feuerwehrdienst geeigneten Funkgerätes mit Hör-Sprechgarnitur ermöglichen.

1.11
Die Schutzanzüge gegen Infektionserreger müssen die Erreichbarkeit der Regeleinrichtung bzw. die Ablesemöglichkeit des Manometers für den Atemschutzgeräteträger gewährleisten.

1.12
Die zu den Schutzanzügen zu verwendenden zusätzlichen Schutzausrüstungen, wie z. B. zum Schutz von Händen, Füßen, Gesicht, Kopf und/oder der Atemwege, müssen alle entsprechenden Anforderungen der jeweils zutreffenden Normen erfüllen.

1.13
Die zu den Schutzanzügen zu verwendenden zusätzlichen Schutzausrüstungen, wie z. B. zum Schutz von Händen, Füßen, Gesicht, Kopf und/oder der Atemwege, müssen nach der Information des Herstellers kombiniert und als kompletter Schutzanzug - einschließlich der Festigkeit ihrer Verbindungen (falls erforderlich) - geprüft werden.

1.14
Schutzanzüge des Typs 3 können (vorbehaltlich der örtlichen Risikoanalyse) mit Socken und Handschuhen ausgerüstet sein.

In diesem Fall muss das Komplettsystem die entsprechenden Anforderungen dieser Information erfüllen.

1.15
Ergeben sich aus der örtlichen Risikoanalyse oder aus den spezifischen Einsatzverantwortlichkeiten der deutschen Feuerwehren besondere Anforderungen bezüglich elektrostatischer Aufladung, so sollte dies bei der Auswahl entsprechend berücksichtigt werden (siehe auch DGUV Information 213-060, DIN EN 1149).

1.16
Biologische Arbeitsstoffe werden entsprechend dem von ihnen ausgehenden Infektionsrisiko in vier Risikogruppen eingeteilt (s. BioStoffV):

1. Risikogruppe I:Biologische Arbeitsstoffe, bei denen es unwahrscheinlich ist, dass sie beim Menschen eine Krankheit verursachen (entspricht Gefahrengruppe I gem. FwDV 500).
2. Risikogruppe II:Biologische Arbeitsstoffe, die eine Krankheit beim Menschen hervorrufen können und eine Gefahr für Beschäftigte darstellen können; eine Verbreitung des Stoffes in der Bevölkerung ist unwahrscheinlich; eine wirksame Vorbeugung oder Behandlung ist normalerweise möglich (entspricht Gefahrengruppe II gem. FwDV 500).
3. Risikogruppe III:Biologische Arbeitsstoffe, die eine schwere Krankheit beim Menschen hervorrufen können und eine ernste Gefahr für Beschäftigte darstellen können; die Gefahr einer Verbreitung in der Bevölkerung kann bestehen, doch ist normalerweise eine wirksame Vorbeugung oder Behandlung möglich (entspricht Gefahrengruppe III gem. FwDV 500).
4. Risikogruppe IV:Biologische Arbeitsstoffe, die eine schwere Krankheit beim Menschen hervorrufen und eine ernste Gefahr für Beschäftigte darstellen; die Gefahr einer Verbreitung in der Bevölkerung ist unter Umständen groß; normalerweise ist eine wirksame Vorbeugung oder Behandlung nicht möglich (entspricht Gefahrengruppe III gem. FwDV 500).

Eine weitere Einteilung kann nach dem "Europäischen Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Stoffe und Güter", kurz ADR, der Klasse 6.2 vorgenommen werden:

Hier findet man unter Gefahrnummer 606

Stoffnummer 2814:

ansteckungsgefährlicher Stoff, gefährlich für Menschen

Stoffnummer 2900:

ansteckungsgefährlicher Stoff, gefährlich für Tiere

Stoffnummer 3291:

klinischer Abfall, unspezifiziert

Gefahrnummer 90

Stoffnummer 3245:

genetisch veränderte Mikroorganismen

Hinweis:

Schutzanzüge gemäß vorliegender Information können ohne Weiteres auch als Kontaminationsschutz für radioaktive (entspr. DIN EN 1073-2) und chemische Stoffe (entspr. DIN EN 14605) verwendet werden, wenn die Materialauswahl einen definierten Widerstand gegen Permeation von Chemikalien aufweist. Die Verwendung bei Brandeinsätzen als Schutz vor radioaktiver Kontamination ist jedoch nur eingeschränkt möglich, es sei denn, dass der Infektionsschutzanzug unter der Kleidung gem. DIN EN 469 getragen wird (s. Zusatz 06 ZA).

2
Bauart und Beschreibung

2.1
Typ 1a-ET- Schutzanzug gegen flüssige und gasförmige Chemikalien ("gasdichter" Chemikalienschutzanzug)

Gasdichter Chemikalienschutzanzug für die Verwendung durch Notfallteams, nach DIN EN 943-2 mit einem innerhalb des Chemikalienschutzanzuges getragenen Pressluftatmer nach Anhang 02.

Der Chemikalienschutzanzug Typ 1a-ET hat sich für Grundschutzaufgaben bei ABC-Einsätzen bei den deutschen Feuerwehren bewährt.

Anmerkung:

Die Verwendung einer Luftzuführungsvorrichtung ist nur bei Reinigungs- und Dekontaminationsarbeiten vorgesehen. Die unterschiedlichen PSA (Pressluftatmer, Chemikalienschutzanzug und Druckluft-Schlauchgerät) müssen untereinander kompatibel und als eine Einheit geprüft und zertifiziert sein. Eine generelle Austauschbarkeit der unterschiedlichen PSA verschiedener Hersteller ist hierbei - sofern diese nichtzertifiziert sind -nichtgegeben.

2.2
Typ 1b-ET- Schutzanzug gegen flüssige und gasförmige Chemikalien ("gasdichter" Chemikalienschutzanzug)

Gasdichter Chemikalienschutzanzug für die Verwendung durch Notfallteams, nach DIN EN 943-2 mit außerhalb des Chemikalienschutzanzuges getragenem Atemschutzgerät, entsprechend Abschnitt 1.6, 1.7 oder 1.8 dieses Anhangs.

Anmerkung:

Es ist zu beachten, dass bei der Verwendung des Chemikalienschutzanzuges Typ 1b-ET die verwendete Atemluftversorgung nicht gegen die Einwirkung von Chemikalien und Infektionserregern geschützt ist.

2.3
Typ 1c Schutzanzug gegen flüssige und gasförmige Chemikalien ("gasdichter" Chemikalienschutzanzug)

Gasdichter Chemikalienschutzanzug nach DIN EN 943-1 mit einer außerhalb des Chemikalienschutzanzuges getragenen Atemluftversorgung mit Überdruck, entsprechend Abschnitt 1.6, 1.7 oder 1.8 dieses Anhangs.

Anmerkung:

Es ist zu beachten, dass bei der Verwendung des Schutzanzuges Typ 1c die verwendete Atemluftversorgung nicht gegen die Einwirkung von Chemikalien und Infektionserregern geschützt ist.

2.4
Typ 2 Schutzanzug gegen flüssige und gasförmige Chemikalien ("nicht gasdichter" Chemikalienschutzanzug)

Nicht gasdichter Chemikalienschutzanzug nach DIN EN 943-1 mit einer außerhalb des Chemikalienschutzanzuges getragenen Atemluftversorgung mit Überdruck, entsprechend Abschnitt 1.6, 1.7 oder 1.8 dieses Anhangs.

Anmerkung:

Es ist zu beachten, dass bei der Verwendung des Schutzanzuges Typ 2 die verwendete Atemluftversorgung nicht gegen die Einwirkung von Chemikalien und Infektionserregern geschützt ist.

2.5
Typ 3 Schutzanzug gegen flüssige Chemikalien ("flüssigkeitsdichte" Schutzkleidung)

Flüssigkeitsdichte Schutzkleidung nach DIN EN 14605 mit einer außerhalb des Chemikalienschutzanzuges getragenen Atemluftversorgung, entsprechend Abschnitt 1.6, 1.7 oder 1.8 dieses Anhangs.

Anmerkung:

Es ist zu beachten, dass bei der Verwendung des Schutzanzuges Typ 3 die verwendete Atemluftversorgung nicht gegen die Einwirkung von Chemikalien und Infektionserregern geschützt ist.

2.6
Typ 4 Schutzkleidung gegen flüssige Chemikalien ("spraydichte" Schutzkleidung)

Spraydichte Schutzkleidung nach DIN EN 14605 mit einer außerhalb des Schutzanzuges getragenen Atemluftversorgung, entsprechend Abschnitt 1.6, 1.7 oder 1.8 dieses Anhangs.

Anmerkung:

Es ist zu beachten, dass bei der Verwendung des Schutzanzuges Typ 4 das verwendete Atemschutzgerät nicht gegen die Einwirkung von aggressiven Chemikalien geschützt ist.

3
Einteilung der Schutzanzüge gegen Infektionserreger

Einteilung der Schutzanzüge gegen Infektionserreger (Basis FwDV 500 und BioStoffV)

Risikogruppe
(BioStoffV)
Gefahrengruppe
(FwDV 500)
Schutzkleidung
(Mindestanforderungen)
IIohne Sonderausrüstung, Atemschutz nach Anhang 02
IIIITyp 4
IIIIIITyp 3
IVIIITyp 3

Einteilung der Schutzanzüge gegen Infektionserreger (Basis ADR Gefahrnummer 606 bzw. 90)

StoffnummerSchutzkleidung
(Mindestanforderungen)
2814Typ 3
2900Typ 4
3291Typ 3
3245Typ 3

4
Schutzanzug gegen Infektionserreger

4.1
Allgemeines

Schutzanzüge, die für den Mehrfacheinsatz vorgesehen sind, müssen gegen die eingesetzten Reinigungs- und Desinfektionsmittel beständig sein.

4.2
Anforderungen

Die Materialien der Schutzanzüge gegen Infektionserreger müssen nach den Prüfverfahren in den entsprechenden Abschnitten der DIN EN 14126 geprüft und entsprechend eingestuft sein. In örtlichen Risikoanalysen müssen die Eigenschaften, wie beispielsweise Abriebfestigkeit, Biegerissfestigkeit, Berstfestigkeit betrachtet und die Qualität der Einzelstufen festgelegt werden. Es empfiehlt sich jeweils mindestens den mittleren Schutzstufenbereich zu wählen.

5
Informationen des Herstellers

In der Informationsbroschüre des Herstellers sind alle bei den Prüfungen erreichten Leistungsstufen, vorzugsweise in Form einer Leistungstabelle, anzugeben.

6
Auswahl

Hinsichtlich der Auswahl können die Kriterien aus Abschnitt 3 dieser DGUV Information, herangezogen werden.

7
Eignungsnachweis

Die Übereinstimmung und Eignung von Schutzanzügen gegen Infektionserreger für die deutschen Feuerwehren entsprechend dieser DGUV Information, insbesondere bezüglich der Kompatibilität, wird durch eine vom vfdb-Referat 8 benannte Fachstelle entsprechend vfdb-Richtlinie 0800 bestätigt.

Zusatz AKombinierter Schutzanzug gegen atomare, biologische und chemische Gefahren

Mittlerweile sind Schutzanzüge verfügbar, die neben der Prüfung nach DIN EN 14126 gegen Infektionserreger ebenfalls über eine Zertifizierung als Schutzkleidung gegen flüssige Chemikalien und gegen radioaktive Kontamination verfügen.

Sofern die Schutzanzüge neben der geforderten Zertifizierung nach

  • DIN EN 14126 "Schutzkleidung - Leistungsanforderungen und Prüfverfahren für Schutzkleidung gegen Infektionserreger"

über Zertifizierungen nach

  • DIN EN 14605 "Schutzkleidung gegen flüssige Chemikalien - Leistungsanforderungen an Chemikalienschutzanzüge mit flüssigkeitsdichten (Typ 3) oder spraydichten (Typ 4) Verbindungen zwischen den Teilen der Kleidung",

  • DIN EN 1073-2 "Schutzkleidung gegen radioaktive Kontamination, Teil 2: Anforderungen und Prüfverfahren für unbelüftete Schutzkleidung gegen radioaktive Kontamination durch feste Partikel"

verfügen, können diese Schutzanzüge, vorbehaltlich der örtlichen Risikoanalyse, als einheitliche Schutzkleidung gemäß Form 2 nach FwDV 500 bei A-, B- und C-Gefahren eingesetzt werden. Die Einschränkung einer fehlenden Schutzwirkung bei thermischen Gefährdungen (Flammen, konvektive Wärme, Kontaktwärme etc.) ist dabei zu berücksichtigen.