DGUV Information 213-030 - Gefahrstoffe auf Bauhöfen

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Abschnitt 2.2 - 2.2. Gefahrstoffe im Außeneinsatz

2.2.1
Bitumen, Bitumenmassen, Bitumenanstriche und Kaltbitumen

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Abb. 7
Straßenausbesserungsarbeiten mit bitumenhaltigem Reparaturasphalt

Bitumen sind schwarz bis dunkelbraun gefärbte, bei Raumtemperatur feste bis flüssige Stoffgemische. Sie bestehen hauptsächlich aus hochsiedenden Kohlenwasserstoffen. Bitumen werden für die vielfältigsten Anwendungsfälle, z. B. in Anstrichstoffen und Vergussmassen im Bautenschutz, aber zum weitaus überwiegenden Anteil als Bindemittel im Asphalt als Straßenbaumaterial eingesetzt. Auf Grund der unterschiedlichsten Anwendungsfälle existiert eine sehr große Produktpalette. Feste Bitumenprodukte benötigen je nach Bitumensorte eine Verarbeitungstemperatur von etwa 150 bis 230 °C.

Bitumenanstriche, Bitumenmassen und sogenannte Kaltbitumenmischungen bestehen aus Bitumen und anderen Komponenten, z. B. Wasser ("Bitumenemulsionen") oder organischen Lösemitteln, wobei der Lösemittelanteil zwischen 20 % und 70 % variieren kann.

Unterschied zwischen Bitumen und Teer

Bitumen und Teer unterscheiden sich wesentlich durch ihre Herkunft. Teer wird aus Steinkohle, Bitumen aus Erdöl gewonnen. Ausgangsmaterial und Herstellung bewirken stark unterschiedliche Gehalte an polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK). Für die Beurteilung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes am Arbeitsplatz wird das krebserzeugende Benzo(a)pyren als Leitkomponente der PAK herangezogen. Im Bitumen liegen die Gehalte an Benzo(a)pyren um etwa den Faktor 1000 niedriger als in Teer. Deshalb werden heute nur noch Bitumenprodukte verwendet, auch wenn diese umgangssprachlich häufig noch als "Teer" bezeichnet werden.

Bei Tätigkeiten mit heißem Bitumen besteht vor allem Verbrennungsgefahr. Werden Dämpfe und Aerosole beim Verarbeiten eingeatmet, können diese bei entsprechender Konzentration zu Reizungen der Atemwege und der Augen führen.

Beim Einsatz von Kaltbitumen geht die Gefährdung in erster Linie vom Lösemittelanteil aus. Kaltbitumenmischungen sind überwiegend entzündbar.

Es sollten nach Möglichkeit Bitumenemulsionen eingesetzt werden. Falls lösemittelhaltige Produkte erforderlich sein sollten, dann sollten solche mit möglichst geringem Lösemittelanteil verwendet werden. Das Lösemittel sollte dabei wiederum einen möglichst geringen Aromatenanteil aufweisen. In der Praxis werden inzwischen meistens lösemittelarme Produkte (bis max. 25 % Lösemittelanteil) verwendet.

Kaltverarbeitbare Produkte für die Bauwerksabdichtung lassen sich anhand von GISCODEs klassifizieren, dies erleichtert die Produktauswahl durch einfache Vergleichbarkeit der Gefährdungseinstufungen. Anhang 7 enthält eine Liste der zugehörigen Produktgruppen (BBP10 bis BBP70).

Unabhängig vom gewählten Produkt reduziert eine gute Belüftung des Arbeitsplatzes die Konzentration an Dämpfen in der Atemluft. Da Lösemitteldämpfe schwerer sind als Luft, muss bei Arbeiten in Gruben und Schächten für ausreichende Lüftung gesorgt werden!

Bei der Verarbeitung von lösemittelhaltigen Bitumenmassen sind Zündquellen fernzuhalten!

Je nach dem zu verarbeitenden Produkt und den örtlichen Verhältnissen ist persönliche Schutzausrüstung zu tragen. Dies kann Augenschutz, Handschutz, Atemschutz sowie Körperschutz und Fußschutz sein.

Zum Beispiel muss beim Verarbeiten von lösemittelhaltigen Bitumenanstrichen unter Erdgleiche bei ungenügender Lüftung ein Atemschutzgerät mit einem Filter der Filterklasse A1P2 (braun/weiß) getragen werden. Bei Sauerstoffmangel (< 19 %) ist ein umgebungsluftunabhängiger Atemschutz erforderlich. Beim Umfüllen sind immer eine Schutzbrille und Handschuhe aus Nitrilkautschuk zu tragen.

Welche Schutzmaßnahmen erforderlich sind, enthält das Sicherheitsdatenblatt, das der Lieferant zur Verfügung stellen muss oder aus dem Gefahrstoff-Informationssystem WINGIS online.

ccc_1972_as_9.jpgTIPP
  • Möglichst Bitumenemulsionen verwenden.

  • Heiß zu verarbeitende Bitumenprodukte mit möglichst niedriger Verarbeitungstemperatur einsetzen, dabei vorgeschriebene Temperatur einhalten.

  • Für gute Lüftung sorgen.

  • Hautkontakt vermeiden.

Reparaturasphalt

Zum Verfüllen und Beseitigen von Schadflächen in Straßen ("Schlaglöchern") werden häufig Reparaturasphalte eingesetzt. Viele dieser "Kaltmischgüter" enthalten geringe Mengen Lösemittel, die bei der Verarbeitung zumindest zu einer Belästigung der Beschäftigten führen können. Die inhalativen Expositionen der Beschäftigten beim Verarbeiten dieser Produkte werden im Rahmen eines Messprogramms der Unfallversicherungsträger untersucht.

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Abb.8
Kleinflächige Straßenausbesserungsarbeiten mit Reparaturasphalt

Vorwiegend aus Umweltschutzgedanken wird in vielen Fällen der Einsatz von lösemittelfreien Reparaturasphalten bevorzugt. In den "Hinweisen für Reparaturasphalt zur Schadstellenbeseitigung HRepA" der FGSV (Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen) gibt es eine Einteilung der Reparaturasphalte hinsichtlich des Lösemittelgehaltes. Orientierend an dieser Einteilung wurde ein GISCODE für Reparaturasphalte erstellt (siehe Anhang 7), der insbesondere eine neutrale Ausschreibung von lösemittelfreien Reparaturasphalten erleichtern soll. Die GISBAU-Informationen und Betriebsanweisungsentwürfe für Reparaturasphalte sind in Vorbereitung.

2.2.2
Kaltfräsen von Verkehrsflächen

Beim Fräsen von Verkehrsflächen (aus Asphalt oder Beton) können Asbestfasern, quarzhaltige mineralische Feinstäube und andere Feinstäube freigesetzt werden.

Solange Fräsen mit nachgewiesener wirksamer Staubminimierung (z. B. durch Staubabsaugung) nicht oder in nicht ausreichendem Umfang zur Verfügung stehen, ist das Tragen von Atemschutz zwingend erforderlich (siehe auch Abschnitt 2.2.6.3 "Staubbelastete Tätigkeiten" sowie TRGS 517 "Tätigkeiten mit potenziell asbesthaltigen mineralischen Rohstoffen und daraus hergestellten Gemischen und Erzeugnissen" und TRGS 559 "Quarzhaltiger Staub").

2.2.3
Straßenmarkierungsfarben

Auf dem Markt befinden sich eine Vielzahl von Produkten mit unterschiedlichen Zusammensetzungen und Bindemittelsystemen. Unterschieden werden kann zwischen lösemittelhaltigen und lösemittelarmen sowie -freien Ein- oder Mehrkomponentensystemen.

Je nach Produkt und Bindemittelsystem resultieren verschiedene Gefährdungen bei der Verarbeitung.

Bei stark lösemittelhaltigen Straßenmarkierungsfarben gehen die Gefährdungen hauptsächlich vom Lösemittel, z. B. Aceton, Ethylacetat oder Toluol aus. Diese Stoffe sind leichtentzündlbar und bilden Dämpfe, die im Gemisch mit Luft explosionsfähig sind. Außerdem können diese Stoffe akute Rauschzustände verursachen und bei längerer Einwirkung das Nervensystem sowie Leber und Nieren schädigen.

Zweikomponentenprodukte bestehen aus einer stechend riechenden Flüssigkeit (z. B. Methylmethacrylat, 2-Ethyl-hexylacrylat, n-Butylacrylat) und dem Härter (z. B. Dibenzoylperoxid). Die Gesundheitsgefahren gehen überwiegend von den Acrylaten aus, die zu Allergien der Haut und der Atemwege führen können. Darüber hinaus sind auch diese Produkte leichtentzündbar.

Bei den lösemittelarmen Straßenmarkierungsfarben geht die Gesundheitsgefährdung vom Bindemittel aus.

Einkomponentensysteme auf wässriger Basis haben sich nicht nur hinsichtlich ihres geringen Gefährdungspotentials, sondern auch in der praktischen Anwendung bewährt. Der frühere Nachteil des vergleichsweise langsamen Trocknens besteht nicht mehr. Durch eine Nachbehandlung im gleichen Arbeitsgang liegen die Trocknungszeiten unter denen der lösemittelhaltigen Produkte. Die Abhängigkeit von der Witterung ist daher ähnlich wie bei den lösemittelhaltigen Produkten. Produkte auf wässriger Basis sind nicht entzündbar.

Der Zulieferer ist daraufhin anzusprechen, welche Gesundheitsgefährdung beim Verarbeiten des ausgewählten Produkts besteht. Sicherheitsdatenblätter liefern Informationen dazu. Dem Produkt mit der geringsten Gefährdung ist aus sicherheitstechnischer Sicht der Vorzug zu geben. So sollten z. B. möglichst lösemittelfreie Produkte verwendet werden, da die Produktqualität inzwischen mit der der lösemittelhaltigen Produkte vergleichbar ist.

Aus dem Sicherheitsdatenblatt kann das geeignete Material für die Schutzhandschuhe entnommen werden. Bei den genannten Lösemitteln wird in der Regel ein Nitrilhandschuh empfohlen.

ccc_1972_as_9.jpgTIPP
  • Lösemittelfreie Einkomponenten-Markierungsfarben verwenden.

  • Hautkontakt vermeiden.

  • Hautschutz betreiben.

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Abb.9
Streuguthalle mit Salzladeförderbandlt

2.2.4
Streustoffe

Als Streustoffe werden Splitt, Granulat oder Sand ("abstumpfende Streustoffe") sowie Salze - Natrium-, Calcium-, Magnesiumchlorid - und deren Lösungen ("auftauende Streustoffe") eingesetzt. Gesundheitliche Beschwerden sind dabei insbesondere durch Salzstäube und Solenebel aufgetreten.

Die belästigende bis reizende Wirkung der Salze und ihrer konzentrierten Lösungen, die sich in Brennen der Haut, Schleimhäute und Augen äußern kann, beruht dabei hauptsächlich auf ihrer austrocknenden Wirkung. "Wasserfreies" Calciumchlorid kann darüber hinaus basische Anteile enthalten, welche die reizende Wirkung verstärken (konzentrierte Lösungen weisen einen pH-Wert von ca. 11,5 auf ). Dies kommt insbesondere dann zum Tragen, wenn Calciumchloridsole im Bauhof durch Lösen wasserfreien Calciumchlorids hergestellt wird, wobei unter Umständen erhebliche Salzstaubmengen freigesetzt werden.

ccc_1972_as_9.jpgTIPP
Fertige Solelösungen beziehen und einsetzen.

Eine Gefährdung der Haut oder der Augen durch die Solelösungen kann auch beim Betanken der Fahrzeuge auftreten. Daher ist die wichtigste Schutzmaßnahme beim Umgang mit Salzen und deren Lösungen das Tragen von Schutzhandschuhen, z. B. aus Nitril- oder Butylkautschuk und das Betreiben von intensivem Hautschutz (siehe Kapitel 1.7.4). Lederhandschuhe sind nicht geeignet, da diese durch das Salz verhärten.

Bei starker Staubentwicklung - insbesondere beim Einsatz von "wasserfreiem" Calciumchlorid, aber auch beim Betanken mit Solelösung - ist gegebenenfalls eine Korbbrille zu tragen.

2.2.5
Zemente und zementhaltige Produkte

Zement und zementhaltige Produkte finden in der Bauunterhaltung vielfältigen Einsatz. Hierzu gehören Mörtel, Kleber- und Spachtelmassen. Zement und zementhaltige Gemische waren früher Auslöser für eine der häufigsten Berufskrankheiten in der Bauwirtschaft, die Maurerkrätze, auch als Zementekzem bekannt. Diese Ekzeme wurden im Wesentlichen durch das Chromat im Zement ausgelöst.

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Abb. 10
Lager für Zement und zementhaltige Produkte

Inzwischen enthalten Zemente Reduktionsmittel zur Minderung des Chromatgehaltes. Dadurch besteht nahezu kein Risiko mehr, an einem allergischen Hautekzem zu erkranken. Die Reduktionsmittel verlieren mit der Zeit ihre Wirkung. Daher wird auf den Säcken ein Haltbarkeitsdatum aufgedruckt. Bei Verwendung von Zementen, deren Haltbarkeit noch nicht überschritten ist, sollte bei den Verarbeitern keine Allergie gegen lösliche Chrom(VI)Verbindungen auftreten.

Allerdings sind auch chromatarme Zemente und zementhaltige Produkte nicht ungefährlich. Beim Zusatz von Wasser zum Zement bildet sich eine stark alkalische Lösung. Diese führt bei Hautkontakt zu Reizungen und in einigen Fällen auch zu Verätzungen. Daher müssen immer Schutzhandschuhe (Nitrilkautschuk) getragen werden. Problematisch sind auch Spritzer in die Augen, die zu Hornhautschäden führen.

Hautschutz und Hautpflege schützen gegen Austrocknung und mechanische Beanspruchung.

ccc_1972_as_9.jpgTIPP
  • Haltbarkeitsdatum beachten.

  • Hautkontakt vermeiden.

  • Hautschutz und Hautpflege betreiben.

2.2.6
Gefahrstoffe bei funktionaler Instandhaltung, Abbruch- und Isolierarbeiten

2.2.6.1 Asbest

Bis 1993 wurde Asbest wegen seiner hervorragenden chemischen und physikalischen Eigenschaften in einer Vielzahl von Produkten, insbesondere im Bau, eingesetzt. Man unterscheidet zwischen fest gebundenen und schwach gebundenen Asbestprodukten.

Fest gebundene Asbestprodukte zeichnen sich aus durch einen hohen Anteil an Bindemitteln und einen Asbestanteil von 10-15 %. Fest gebundene Asbestprodukte wurden im Baubereich wie folgt eingesetzt:

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Abb. 11
Ausbau von asbesthaltigen Flexplatten

  • Dacheindeckungen

  • Fassadenverkleidungen

  • Wasser-, Abwasserrohre

  • Lüftungsrohre

  • Fensterbänke

  • Fußbodenbeläge (z. B. Floor-Flex-Platten)

  • Asbesthaltige Magnesiaestriche

Schwach gebundene Asbestprodukte zeichnen sich aus durch einen geringen Anteil an Bindemitteln und einen Asbestanteil von > 60 %. Da in diesen Produkten Asbest nicht ausreichend gebunden ist, ist durch äußere Einflüsse, z. B. Erschütterungen oder Alterung der Produkte, eine Freisetzung möglich. Schwach gebundene Asbestprodukte wurden eingesetzt in:

  • Spritzasbest und asbesthaltiger Spritzputz, z. B. als Hitzeschutz bei Bauwerken in Stahlskelettbauweise

  • Asbesthaltige Leichtbauplatten

  • Asbesthaltige Fußbodenbeläge (PVC-Beläge mit asbesthaltiger Trägerschicht = Cushioned Vinyl (CV)Bodenbeläge)

  • Asbestpappen, Asbestmatten

  • Brandschutzklappen und Füllungen von Brandschutztüren

  • Flachdichtungen in Heizungsanlagen, Dichtungsschnüre

  • Nachtstromspeichergeräte

Eher unbekannt ist die Anwendung von Asbest als Füllstoff in:

  • Farben

  • Klebern

  • Mörtel/Putz

  • Fugenmassen

  • Spachtelmassen

  • Isolierungen

Asbest ist eindeutig als für den Menschen krebserzeugend eingestuft. Wegen seiner erheblichen Gesundheitsgefährdung darf Asbest nicht mehr verwendet werden. Tätigkeiten mit Asbest sind nur noch zulässig, wenn es sich um Abbruch-, Sanierungs- oder Instandhaltungsarbeiten (ASI-Arbeiten) handelt. Gerade bei diesen Arbeiten kann es bei einer sorglosen Tätigkeit zu erheblichen Asbestfaserfreisetzungen kommen, so dass Beschäftigte und Dritte gefährdet werden können.

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Abb. 12
CV-Belag

Müssen ASI-Arbeiten durchgeführt werden, so sind die Vorgaben der TRGS 519 "Asbest - Abbruch-, Sanierungs- oder Instandhaltungsarbeiten" strikt zu befolgen. Diese Technische Regel enthält Schutzmaßnahmen nach einem Stufenkonzept, wobei folgende Gefährdungsstufen zu unterscheiden sind:

  1. 1.

    Arbeiten mit geringer Exposition (VgE) = emissionsarme Arbeitsverfahren

  2. 2.

    Arbeiten geringen Umfangs

  3. 3.

    Umfangreiche Arbeiten mit und ohne Begrenzung der Konzentration

ASI-Arbeiten sind der zuständigen Behörde anzuzeigen, wobei auch die Sachkunde nachzuweisen ist. ASI-Arbeiten dürfen nur von Fachbetrieben durchgeführt werden, deren personelle und sicherheitstechnische Ausstattung für diese Tätigkeiten geeignet ist.

Bauhofmitarbeitende dürfen allenfalls Arbeiten mit geringer Exposition durchführen. Bei Arbeiten mit geringer Exposition handelt es sich um Arbeitsverfahren, die aufgrund repräsentativer Messergebnisse geprüft und bewertet worden sind. Bei Anwendung dieser geprüften (standardisierten) Verfahren geringer Exposition ist sichergestellt, dass bei strikter Einhaltung der Arbeitsanweisungen die Exposition der Beschäftigte unter 10.000 Fasern(F)/m3 liegt und bei Arbeiten in Innenräumen die Räume nach Abschluss der Arbeiten nicht kontaminiert sind.

Die Arbeitsausführung darf nur durch fachkundige und besonders eingewiesene Personen erfolgen. Im Betrieb muss eine sachkundige verantwortliche Person vorhanden sein (siehe Qualifikationsanforderungen nach TRGS 519, Anlagen 3, 4 und 10). Zur Unterweisung müssen Gefährdungsbeurteilung und Betriebsanweisung vorliegen.

Der oder die Sachkundige kann für räumlich voneinander getrennte Arbeitsbereiche zuständig sein und diese beaufsichtigen. Dies bedeutet aber, dass eine sachkundige, weisungsbefugte und Aufsicht führende Person vor Ort sein muss.

Geprüfte Verfahren werden in Form einer Arbeitsvorschrift in der DGUV Information 201-012 im Internet veröffentlicht ( ccc_1972_as_25.jpgwww.dguv.de/ifa/de/pra/asbest/index.jsp).

Einige Beispiele sind:

  • BT 12 - Anbohren von Asbestzementfassadenplatten - Anbohrverfahren

  • BT 20 - Ausbau von asbesthaltigem Fugenkitt (Morinol)

  • BT 21 - Asbestzement (AZ)-Wasserrohrleitungen - Hilfsrohrverfahren

  • BT 23 - Bohren von Löchern in Fußböden mit asbesthaltigem Estrich unter Verwendung einer speziellen Absaugvorrichtung

  • BT 28 - Bohren durch Außenwandkonstruktionen mit Asbestzementplatten

  • BT 30 - Bohren von Bohrlöchern in Wände und Decken mit asbesthaltiger Bekleidung ("Bohrverfahren mit Direktabsaugung")

  • BT 31 - Ausstanzen von asbesthaltigen Wand- und Deckenbekleidungen in einen Kunststoffbeutel als Schleuse ("Stanzverfahren")

  • BT 32 - Abstemmen asbesthaltiger Wand- und Decken bekleidungen in einen Kunststoffbeutel als Schleuse ("Stemmverfahren")

  • BT 34 - Ausbau von Vinyl-Asbestwandplatten (auch Floor-Flex- oder Flexplatten) auf asbestfreiem und asbesthaltigem Kleber mittels Handspachtel

  • BT 39 - Bohren mit Kernbohrgerät auf metallischen Oberflächen mit asbesthaltigen Oberflächen-versiegelungen und Anstrichstoffen (Bohr-Verfahren)

  • BT 42 - Ausbau von asbesthaltigem Kitt im Glasfalz durch Aushauen und Schneiden mit und ohne Erwärmung

  • BT 45 - Lösen von Schrauben und Gewindestangen sowie kleinflächige Entschichtungen von Rohrleitungen und Anlagenteilen mit asbesthaltigem Farbanstrich bei Asbestgehalten bis 5 % im Rohrleitungsnetz von Wasserversorgern

Die anerkannten emissionsarmen Verfahren gelten jeweils nur für den beschriebenen Anwendungsfall und bei konsequenter Einhaltung der jeweiligen Verfahrensbeschreibung. So ist z. B. das geprüfte Verfahren zum "Ausbau von Vinyl-Asbestwandplatten (auch "Floor-Flexplatten" genannt) nur anwendbar, wenn die Platten auf Bitumenkleber geklebt sind.

Bei Anwendung anerkannter emissionsarmer Verfahren können Erleichterungen in Anspruch genommen werden. So ist eine einmalige Mitteilung des Bauhofes spätestens sieben Tage vor Aufnahme der Arbeiten gemäß Anhang I Nr. 2.4.2 GefStoffV/TRGS 519 Nr. 3.2 an die zuständige Behörde und den Träger der gesetzlichen Unfallversicherung zu richten. Außerdem kann von Forderungen nach

  • dem Tragen von Atemschutzgeräten bzw. Chemikalienschutzanzügen,

  • der Bereitstellung einer Dusche,

  • arbeitsmedizinischen Pflichtvorsorge,

  • der Errichtung einer Abschottung des Arbeitsbereichs,

  • der Durchführung von Freigabemessungen

abgesehen werden.

Vom Arbeitgeber ist Atemschutz bereitzustellen, um bei Notfällen umgehend und angemessen reagieren zu können. Außerdem soll den Beschäftigten die Möglichkeit gegeben werden, sich individuell zu schützen.

ccc_1972_as_9.jpgTIPP
  • ASI-Arbeiten von Fachfirmen mit Sachkundenachweis durchführen lassen.

  • Funktionale Instandhaltungsarbeiten nur mit emissionsarmen Verfahren durchführen.

2.2.6.2 Künstliche Mineralfasern

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Im Bereich der Wärmedämmung werden Mineralwolle-Dämmstoffe als Ersatz für Asbestprodukte eingesetzt. Mineralwolle-Dämmstoffe enthalten zu mind. 90 % künstliche Mineralfasern (KMF). Beim Verarbeiten von Mineralwolle-Dämmstoffen im Zuge von Demontage-, Abbruch-, Instandhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten können Fasern freigesetzt werden, die in die Lunge gelangen können. Ebenso können durch die Fasern mechanische Hautreizungen auftreten, die einen unangenehmen Juckreiz hervorrufen.

Bei den sog. "alten" Mineralwolle-Dämmstoffen, die vor 1996 eingebaut wurden, muss von einem Krebsverdacht ausgegangen werden. Der Verdacht kann nur durch den Einzelnachweis des Herstellers widerlegt werden. "Neue" Mineralwolle-Dämmstoffe müssen den "Freizeichnungskriterien" der Gefahrstoffverordnung entsprechen und gelten somit als "frei von Krebsverdacht". Der Hersteller von Mineralwolle-Dämmstoffen muss dazu Angaben im Sicherheitsdatenblatt machen. Seit 01. Juni 2000 dürfen nur noch "neue" Mineralwolle-Dämmstoffe verarbeitet werden, die nach Gefahrstoffverordnung als unbedenklich gelten. Diese Produkte sind aus Gründen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes mit dem "RAL-Gütezeichen" gekennzeichnet.

Müssen von Beschäftigten auf Bauhöfen "alte" Mineralwolle-Dämmstoffe ausgebaut werden, sind die Schutzmaßnahmen nach der TRGS 521 "Faserstäube" zu ergreifen. Ausgebaute "alte" Mineralwolle darf nicht wieder eingebaut werden.

Auf eine detaillierte Beschreibung der Schutzmaßnahmen wird wegen des Umfangs an dieser Stelle verzichtet. Weitere Informationen hierzu sind in der DGUV Information 213-031 "Tätigkeiten mit Mineralwolle-Dämmstoffen (Glaswolle, Steinwolle)" enthalten.

Bei Tätigkeiten mit "neuen" Mineralwolle-Dämmstoffen sind folgende Mindestmaßnahmen zu ergreifen:

  • Vorkonfektionierte Produkte verwenden

  • Verpackte Produkte erst am Einbau-Ort auspacken. Material nicht werfen

  • Keine schnell laufenden Maschinen (Sägen) ohne Absaugung verwenden

  • Auf fester Unterlage mit einem Messer schneiden, nicht reißen

  • Nicht mit Druckluft abblasen. Staubsaugen statt kehren

  • Körperbedeckende Arbeitskleidung tragen (vor allem Nacken schützen)

  • Schutzhandschuhe aus chromatfreiem Leder oder nitrilgetränkter Baumwolle verwenden

  • Bei starker Staubentwicklung Atemschutz mit P1-Filter oder FFP1-Maske tragen

  • Bei Überkopfarbeiten und starker Staubentwicklung Korbbrille tragen

  • Hautschutz betreiben

  • Abfälle in geschlossenen Behältnissen (Tonnen, Plastiksäcken) einsammeln

  • Für gute Durchlüftung sorgen; Staubaufwirbeln vermeiden.

2.2.6.3 Staubbelastete Tätigkeiten

Beim mechanischen Bearbeiten von z. B. Asphalt, Beton, Mauerwerk und mineralischen Putzen wird Staub freigesetzt.

Wird der Staub eingeatmet, kann er in Abhängigkeit von der Teilchengröße bis zu den Lungenbläschen (Alveolen) gelangen. Der feine "Staub" wird als "alveolengängiger Staub" oder auch als "A-Staub" bezeichnet. Eingeatmete gröbere Staubpartikel lagern sich in der Nase, dem Rachen und den Bronchien ab und werden z. T. wieder ausgeschieden oder verschluckt. Der gesamte atembare Staub wird als "einatembarer Staub" oder auch als "E-Staub" bezeichnet.

Jeder Staub setzt sich immer aus einem einatembaren und einem alveolengängigen Partikelanteil zusammen. Welcher Anteil dabei überwiegt, hängt von der Art der mechanischen Bearbeitung ab.

Wird Staub in hohen Konzentrationen über einen längeren Zeitraum eingeatmet, kann jeder Staub zu einer erheblichen Schädigung der Atemwege und der Lunge führen. Besonders gefährlich sind quarz- oder asbesthaltige Feinstäube. Sie können Krebserkrankungen verursachen. Während die Verwendung von asbesthaltigen Produkten und Erzeugnissen seit 1993 nicht mehr zulässig ist, sind mineralische Baustoffe und Bauhilfsstoffe auf Baustellen nicht wegzudenken. Sie finden sich u. a. als künstliche und natürliche Werksteine, als Trockenmörtel, als Fliesenkleber und als Füll- und Zuschlagsstoffe. Bei Tätigkeiten mit mineralischen Materialien wird in Abhängigkeit von der Art der mechanischen Bearbeitung fast immer quarzhaltiger Feinstaub in der Atemluft auftreten.

Tätigkeiten mit quarzhaltigem Feinstaub sind als krebserzeugend eingestuft. Neben den allgemeinen Staubschutzmaßnahmen für partikelförmige Gefahrstoffe nach GefStoffV - Anhang I Nr. 2 sind zusätzlich die "besonderen Schutzmaßnahmen" des Gefahrstoffrechts für krebserzeugende Gefahrstoffe zu beachten. Dabei muss vornehmlich versucht werden, durch technische Maßnahmen die Grenzwerte für partikelförmige Gefahrstoffe (A-/E-Staub, 1,25 und 10 mg/m3) und den Beurteilungsmaßstab von Quarzfeinstaub von 0,05 mg/m3 einzuhalten. Reichen die technischen Maßnahmen nicht aus, sind zusätzlich persönliche Schutzmaßnahmen zu ergreifen.

Hohe Staubkonzentrationen entstehen z. B.

  • bei Abbrucharbeiten und beim Abschlagen von Putzen in Innenräumen,

  • bei Schleif-, Trenn-, Bohr- und Fräsarbeiten,

  • bei Reinigungsarbeiten (Kehrarbeiten),

  • Tätigkeiten mit Mauernutfräsen und Putzfräsen in Innenräumen,

  • bei Elektroarbeiten beim Dosensetzen,

  • bei Verdichtungsarbeiten handgeführter Maschinen in Abhängigkeit von der Feuchte, des zu verdichtenden Materials,

  • beim Aufschneiden oder Abfräsen von Asphaltdecken,

  • beim Anrühren von mineralischen pulverförmigen Massen.

Unzulässige Tätigkeiten:

Unzulässig sind grundsätzlich alle staubintensiven Tätigkeiten ohne wirksame Staubschutzmaßnahmen, dazu zählen z. B.

  • Trennen von Natur- oder Kunststeinen mit dem Winkelschleifer im Trockenschnitt,

  • Trockenes Aufschneiden/Abfräsen von Asphaltdecken,

  • Reinigungsarbeiten durch trockenes Kehren oder Abblasen.

Wie kann man sich schützen?

Staub ist durch richtiges Verhalten und Beachtung folgender Regeln weitgehend vermeidbar:

  1. 1.

    Staub unmittelbar an der Entstehungsstelle wirksam absaugen!

    Bei Trennschleifern, Schlitz- und Putzfräsen oder Schleifgeräten nur abgestimmte Systeme verwenden, siehe "Staubarme Bearbeitungssysteme" in Anhang 8ccc_1972_as_25.jpgwww.bgbau.de/themen/sicherheit-und-gesundheit/staub/staubarme-bearbeitungssysteme/

    Hinweise zu Maschinen und Geräten mit geringer Staubentwicklung sind auf der Homepage der BG BAU (ccc_1972_as_25.jpgwww.bgbau.de) unter dem Stichwort "Staub" enthalten.

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Abb. 13 und 14
Verwendung geprüfter, abgesaugter Bearbeitungssysteme

  1. 2.

    Vorabscheider einsetzen

    Im Vorabscheider werden über 90 % des Staubes abgeschieden. Dadurch werden der Entstauber und dessen Filter entlastet und deren Gebrauchsdauer verlängert sich erheblich.

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Abb. 15
Einsatz von Vorabscheidern

  1. 3.

    Nass- oder Feuchtverfahren anwenden!

    Ist eine Stauberfassung durch Absaugen nicht möglich, ist der Staub z. B. bei Schneid- oder Trennvorgängen durch Wasser niederzuschlagen. Dabei ist vornehmlich Frischwasser zuzuführen und Wasser im Umlaufverfahren zu vermeiden.

    Bei Abbrucharbeiten muss versucht werden, den Staub durch eine intensive Wasserbedüsung niederzuschlagen. Bei Verdichtungsarbeiten oder auch bei Fahrstraßen ist zur Staubminderung das Erdreich anzufeuchten.

  2. 4.

    Staubarme Materialien verwenden!

    Beim Anmischen von pulvrigen Massen Granulate oder bereits fertig angemischte Mörtel / Spachtelmassen auswählen, siehe "Staubarme Produkte" in Anhang 8ccc_1972_as_25.jpgwww.bgbau.de/staubarme-produkte

  3. 5.

    Maschinen und Geräte zur Stauberfassung regelmäßig prüfen und warten!

    Filter und Absaugleistung kontrollieren.

  4. 6.

    Arbeitsplätze, Arbeitsräume regelmäßig reinigen!

    Staubsauger oder Kehrsaugmaschinen benutzen, nicht trocken kehren oder abblasen.

  5. 7.

    Staubaufwirbelung oder Staubausbreitung verhindern!

    Staubablagerungen oder Schutt sofort beseitigen.

  6. 8.

    Verwendung persönlicher Schutzausrüstung

    Lassen sich aus arbeitstechnischen Gründen die oben aufgeführten Maßnahmen nicht realisieren, sind bei staubintensiven Tätigkeiten persönliche Schutzausrüstungen zu benutzen:

    • Schutzkleidung, Overalls (z. B. partikeldichter Schutzanzug Typ 5/6) tragen. Die Schutzkleidung ist getrennt von der Arbeits- und Straßenkleidung aufzubewahren.

    • Atemschutz (z. B. gebläseunterstützter Atemschutz mit Partikelfilter P2 oder partikelfiltrierende Halbmasken FFP2)

Der Anhang 9 enthält eine Expositions-Matrix bei staubbelasteten Tätigkeiten, in der gute Arbeitspraxis ("grüner" Bereich = niedrige Staubexposition) und schlechte Arbeitspraxis ("roter Bereich" = hohe Staubexposition) gegenübergestellt werden. Eine aktuelle Version ist auf der Internetseite der BG BAU zu finden.

ccc_1972_as_25.jpgwww.bgbau.de/fileadmin/Themen/Arbeitsschutz/ExpoMatrixAundQuarz.pdf

  1. 9.

    Information der Beschäftigten

    Für eine erfolgreiche und bereitwillige Umsetzung der Schutzmaßnahmen müssen die Beschäftigten über die Gesundheitsgefahren medizinisch beraten und über die notwendigen technischen und organisatorischen Maßnahmen anhand der Betriebsanweisung sorgfältig unterwiesen und eingewiesen werden. Falls möglich, ist bei der medizinischen Beratung ein Arbeits- oder Betriebsmediziner oder eine Arbeits- oder Betriebsmedizinerin einzubeziehen.

  2. 10.

    Arbeitsmedizinische Vorsorge

    Bei staubgefährdenden Tätigkeiten hat der Arbeitgeber den Beschäftigten arbeitsmedizinische Vorsorge anzubieten. Die Vorsorge ist als Pflichtvorsorge zu veranlassen, wenn die Einhaltung der allgemeinen Staubgrenzwerte (A-/E-Staub) nicht gewährleistet ist. Die Vorsorge ist dringlich geboten, wenn silikogener Staub vorliegt.

    Die arbeitsmedizinische Vorsorge ist auch anzubieten bei Verwendung von Filtergeräten der Partikelfilterklasse P1 oder P2 oder filtrierenden Halbmasken.

ccc_1972_as_9.jpgTIPP
  • Staubfreisetzung minimieren.

  • Staubarme Materialien verwenden.