DGUV Information 203-034 - Errichten und Betreiben von elektrischen Prüfanlagen

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Abschnitt 4.4 - Durchführen von Prüfungen

4.4.1
Aufenthalt im Gefährdungsbereich

Die gleichzeitige Durchführung von Montagearbeiten und Prüfungen ist nicht zulässig, wenn dadurch Gefährdungen auftreten können. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass Prüfungen nicht begonnen werden dürfen, solange noch Montagearbeiten stattfinden. Dies gilt auch, wenn sich Personen außerhalb des Prüfbereiches (in der Nähe) aufhalten und dort bei der Durchführung von Prüfungen Gefährdungen auftreten können.

Gefährdungsbereich ist in der Norm nicht definiert, er liegt dann vor, wenn Gefährdungen bereichsabhängig auftreten können. Dies kann innerhalb und/oder außerhalb des Prüfbereiches sein.

4.4.2
Betreten des Prüfbereiches in Ausnahmefällen

Das Betreten des Prüfbereiches in den Betriebszuständen "Einschaltbereit" oder "In Betrieb" darf nur in Ausnahmefällen durch eine Elektrofachkraft geschehen, wenn

  • Maßnahmen getroffen sind, die sicherstellen, dass die Verbotszone nicht erreicht werden kann,

  • weitere Maßnahmen im Sinne von DIN VDE 0105-100 getroffen werden, z.B. zur Sicherheit eine weitere mindestens elektrotechnisch unterwiesene Person, die mit der Beobachtung der Handlungen der Elektrofachkraft, und der Möglichkeit zum Eingreifen (NOT-AUS) bei Auftreten von Gefahr beauftragt wird. Der Fall "Eingreifen erforderlich muss eindeutig geregelt und angewiesen werden.

  • Arbeiten in der Verbotszone sind als "Arbeiten unter Spannung" anzusehen, sie müssen unter Berücksichtigung der DIN VDE 0105-100 Ziff. 6.3 (Arbeiten unter Spannung) durchgeführt werden.

4.4.3
Beachtung der Möglichkeit des Auftretens von Fehlern

Bei Prüfungen können im Fehlerfall auch betriebsmäßig nicht unter Spannung stehende Teile des Prüfobjektes oder der Prüfanlage gefährliche Spannungen annehmen. Treten hierdurch Gefährdungen auf, z.B. bei Aufenthalt im Prüfbereich, müssen geeignete Schutz- und Hilfsmittel verwendet (DIN VDE 0105-100) werden.

Hier sei noch einmal an die allgemeinen Anforderungen an die Gestaltung des Prüfaufbaues erinnert, die verlangen, dass eine Schutzmaßnahme zum Schutz im Fehlerfall (Schutz bei indirektem Berühren) zur Anwendung kommt. Hierbei sind auch fremde leitfähige Teile, bis hin zu leitfähigen Abgrenzungen, in die Maßnahme zum Schutz im Fehlerfall einzubeziehen.

Diese Forderung wurde aufgenommen, um der nahe liegenden Möglichkeit eines ungewissen Ablaufes einer elektrischen Prüfung, mit Gefährdungen auch im Bereich der nichtaktiven Teile eines Prüfaufbaues und dessen Umgebung, Rechnung zu tragen.

Das Betreten eines Prüfbereiches ist bereits als Ausnahmefall mit dem Hinweis auf die Anwendung von Maßnahmen gemäß DIN VDE 0105-100 geregelt.

Sollen darüber hinaus Arbeiten an nichtaktiven Teilen eines Prüfaufbaues, d.h. eben innerhalb des Prüfbereiches durchgeführt werden, kann dies nur mit erneutem Hinweis auf die Beachtung von Fehlerquellen und die Berücksichtigung der Norm DIN VDE 0105-100 geschehen.

Vor der Auswahl der gegebenenfalls vorzusehenden Schutz- und Hilfsmittel muss eine Gefährdungsermittlung durchgeführt werden.

4.4.4
Prüfplatz ohne zwangläufigen Berührungsschutz, 2. Person

An einem Prüfplatz ohne zwangläufigen Berührungsschutz muss während der Betriebszustände "Einschaltbereit" und "In Betrieb", zur Sicherheit wenigstens eine weitere Person mit Sicht- und Hörverbindung zum Prüfenden anwesend und in der Lage sein, etwaige Gefahrenzustände am Prüfplatz unverzüglich zu erkennen und die Gefahr durch Betätigen der NOT-AUS-Einrichtung zu beseitigen.

Die Forderung nach Anwesenheit einer weiteren Person lässt nach berufsgenossenschaftlicher Auffassung zu, dass diese 2. Person mit anderen Aufgaben beschäftigt ist. Es sind allerdings gewisse qualitative Anforderungen (fachliche und persönliche Eignung) an diese 2. Person zu stellen, dass diese in die Lage versetzt wird, Gefahrenzustände (unverzüglich) zu erkennen und unverzüglich zu beseitigen

Immerhin erfordert dies neben einer entsprechenden allgemeinen Unterweisung auch konkrete Absprachen bezüglich des Vorliegens eines "Eingreifsachverhaltes" vor Beginn der Durchführung der Prüfarbeiten, z.B. auch unter Anwendung technischer Maßnahmen (ortsveränderliche NOT-AUS-Betätigungseinrichtungen, Reißleine usw.).

Die Möglichkeit, dass eine 2. Person anwesend ist, bietet sich nicht in allen Fällen. Bei einem allein arbeitenden Unternehmer, der in seinem Handwerksbetrieb gelegentlich oder auch regelmäßig einen Prüfplatz ohne zwangläufigen Berührungsschutz betreibt, ist diese Forderung nicht umsetzbar. Sobald dieser Handwerker jedoch einen Mitarbeiter beschäftigt, der örtlich anwesend ist, kann die Regelung angewendet werden, z.B.:

der Unternehmer ist PrüfpersonAnwesenheit der 2. Person
zu seinem eigenen Schutz
der Mitarbeiter ist PrüfpersonErfüllung der unternehmerischen Fürsorgepflichten zum Schutz des Mitarbeiters erfordert die Anwesenheit
einer 2. Person

4.4.5
Maßnahmen bei nichtstationären Prüfanlagen

Befinden sich nichtstationäre Prüfanlagen neben allgemein zugänglichen Bereichen und sind von diesen nur mit Seilen, Ketten oder Leisten abgegrenzt, so erfordert dies zusätzliche Maßnahmen:

  • Der gesamte Prüfaufbau muss während der Prüfung überwacht werden. Wenn dies durch den Prüfenden allein nicht möglich ist, ist eine ausreichende Anzahl von mindesten elektrotechnisch unterwiesenen Personen, zur Überwachung des gesamten Prüfbereiches erforderlich. Diese müssen bei Gefahr sofort eingreifen (NOT-AUS) können.

  • Bei Prüfaufbauten mit mehreren örtlich getrennten Prüfbereichen, z.B. bei der Prüfung verlegter Kabel, sind für jeden Prüfbereich Warnposten erforderlich. Die Verständigung mit dem Arbeitsverantwortlichen ist sicherzustellen.

4.4.6
Maßnahmen nach Beendigung von Prüfungen

Nach Beendigung von Prüfungen ist vor dem Berühren der abgeschalteten Prüfobjekte dafür zu sorgen, dass an berührbaren Teilen keine gefährlichen Spannungen vorhanden sind (Sicherstellen des spannungsfreien Zustandes, Erden und Kurzschließen, ggf. technische Maßnahmen mit Entladeschaltungen und Zuhaltungen).

  1. Anmerkung:

    Bei Erdungsmaßnahmen ist zu beachten, dass diese wirksam sein müssen.

    Bei Erdungseinrichtungen mit Hubmagnet, die bei eingeschaltetem Stromkreis einen entsprechenden Kontaktbügel heben und bei ausgeschaltetem Stromkreis diesen Kontaktbügel absenken, bis sich dieser infolge seines Eigengewichtes auf einen Erdungskontakt legt, kann nicht von sicher wirkender Erdung/ Entladung ausgegangen werden.