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Abschnitt 8.2 - 8.2 Allgemeine Auswahlkriterien

Die Auswahl erfolgt in den meisten Arbeitssituationen nach dem Tages-Lärmexpositionspegel am Arbeitsplatz sowie dem Tragekomfort und der Akzeptanz des Gehörschützers.

Grundsatz:

Gehörschützer, die schmerzen, sind falsch ausgewählt oder eingesetzt!

Der Tragekomfort wird individuell empfunden und beurteilt. Deshalb gibt es nicht den für jeden geeigneten Gehörschutz.

Aber es gibt allgemeine Ratschläge:

  • Bei Kapselgehörschützern auf geringes Gewicht achten.

  • An Hitzearbeitsplätzen möglichst keine Kapselgehörschützer einsetzen.

  • Gehörschutzstöpsel entsprechend der Gehörganggröße auswählen.

  • Die Benutzer in die richtige Handhabung einweisen, die Gebrauchsanleitung beachten.

  • Hochwertige und geeignete Otoplastiken können einen hohen Tragekomfort bieten.

  • Harte Otoplastiken können bei Verformung des Gehörgangs, z. B. durch starke Drehungen des Kopfes, Druckgefühle erzeugen.

  • Auf rechts/links-Anwendung achten.

  • Vor dem Einkauf größerer Stückzahlen Trageversuche mit wenigen Mitarbeitern im Betrieb durchführen.

So ausgewählte Gehörschützer werden von den Beschäftigten im Lärmbereich schnell akzeptiert und gern benutzt.

Der Tages-Lärmexpositionspegel bedingt die erforderliche Schalldämmung des Gehörschützers. Die Schalldämmung muss ausreichend sein, damit sie das Gehör sicher schützt.

Kontrollen der tatsächlichen Schutzwirkung von Gehörschützern haben ergeben, dass die bei der Baumusterprüfung erzielten Dämmwerte in der Praxis meist nicht erreicht werden.

Entsprechend der Regel "Benutzung von Gehörschutz" (BGR/GUV-R 194) sind deshalb folgende Korrekturwerte zu berücksichtigen:

vor Gebrauch zu formende StöpselKS = 9 dB
mehrfach verwendbare StöpselKS = 5 dB
BügelstöpselKS = 5 dB
KapselgehörschutzKS = 5 dB
Otoplastiken mit FunktionskontrolleKS = 3 dB

Die Schalldämmung eines Gehörschützers ist optimal, wenn der unter dem Gehörschutz verbleibende Tages-Lärmexpositionspegel zwischen 70 und 80 dB(A) liegt. Wird ein zu stark dämmender Gehörschützer seitens der Mitarbeiter verwendet, können darunter die Sprachverständigung sowie das Erkennungsvermögen von akustischen Warnsignalen und informationshaltigen Arbeitsgeräuschen leiden.

Deshalb sollte bei Restpegeln von weniger als 70 dB(A) die Verständigung und das Warnsignalhören geprüft und das Isolationsgefühl hinterfragt werden.

Ein Beispiel:

Bleche werden geschweißt und die Schweißnähte mit einer Winkelschleifmaschine nachbearbeitet.

1. Angabe zum Lärm

Tages-Lärmexpositionspegel

LEX,8h= 97 dB(A) hochfrequentes Geräusch (Geräuschklasse HM)

2. Angabe zum Gehörschützer

Im Betrieb bereits vorhanden ist ein vor Gebrauch zu formender

Gehörschutzstöpsel zum einmaligen Gebrauch:

Der M-Wert beträgt laut Packungsbeschriftung 29 dB.

Der Korrekturfaktor für Gehörschutzstöpsel lautet: KS= 9 dB.

3. Berechnung

L'EX,8h:am Ohr wirksamer Restexpositionspegel

L'EX,8h= LEX,8h(M-Wert-KS)

L'EX,8h= 97 dB(A) - (29 dB - 9dB)

L'EX,8h= 77 dB(A)

Nach der Tabelle "Schutzwirkung" ist der Gehörschutz für diesen Einsatzzweck "empfehlenswert". Hätte sich ein am Ohr wirksamer Restexpositionspegel von weniger als 70 dB(A) ergeben, sollte der Gehörschutz erst nach individueller Prüfung, ob die Kommunikation des Mitarbeiters nicht eingeschränkt ist und bei ihm kein Isolationsgefühl aufkommt, angewendet werden.

am Ohr wirksamer Restexpositionspegel in dB(A)Beurteilung
> 85nicht zulässig
> 80nicht empfehlenswert
70-80empfehlenswert
< 70Verständigung und Isolationsgefühl prüfen

Bild 8-6: Schutzwirkung

Auf die Praxisabschläge der Schalldämmung kann verzichtet werden, wenn die Mitarbeiter zu einer qualifizierten Benutzung unterwiesen werden. Dazu muss die Unterweisung mindestens viermal jährlich mit praktischen Übungen durchgeführt und dokumentiert werden (Anhang 6, BGR/GUV-R 194).

Inhalte der praktischen Übungen sind z. B.:

  • Vorbereitung von zu formenden Gehörschutzstöpseln

  • Gehörgangsformung durch Halten des Ohres

  • Einsetztiefe bei Gehörschutzstöpseln

  • Haltedauer von zu formenden Gehörschutzstöpseln bis zum Erreichen des ausgedehnten Zustandes

Weitere Einzelheiten zur qualifizierten Unterweisung enthält der Anhang 6 der BGR/GUV-R 194 "Benutzung von Gehörschutz".

Früher wurde empfohlen, bei sehr hohen Lärmpegeln Kapselgehörschützer, sonst Gehörschutzstöpsel, zu benutzen. Stöpsel und Kapseln erreichen heute annähernd die gleiche Schalldämmung. Grundsätzlich sollte man zunächst den Mitarbeitern die Entscheidung überlassen, welche Art von Gehörschutz sie benutzen möchten. Danach kann die Eignung des Modells überprüft werden.

An Arbeitsplätzen, an denen Kommunikation oder Signalerkennung erforderlich ist, sollte der Gehörschützer einen möglichst flachen Frequenzgang haben.

Kapselgehörschützer haben im Allgemeinen bei tiefen Frequenzen eine geringere Schalldämmung als Gehörschutzstöpsel. Die ungleiche Dämmung von tiefen und hohen Frequenzen führt meist zur schlechteren Sprach- und Signalverständlichkeit.

Gehörschützer mit gleichmäßiger Dämmung über alle Frequenzbereiche (= "flache Schalldämmkurve") sind daher zu empfehlen. Dies betrifft insbesondere Personen mit Hörminderung.

Geräuschklasse des Lärms

Die Entscheidung, welcher Geräuschklasse (hoch-/mitteloder tieffrequent) das Arbeitsgeräusch zuzuordnen ist, kann nach dem subjektiven Klangeindruck oder nach der BG-Regel "Benutzung von Gehörschutz" (BGR/GUV-R 194) direkt oder in Anlehnung an die darin aufgeführten Maschinen oder Tätigkeiten erfolgen.

Messungen mit Oktavanalysen sind nur in Sonderfällen erforderlich, zumal etwa 85 % aller Industriegeräusche hoch- bis mittelfrequent sind.

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Bild 8-7: Schalldämmkurven typischer Gehörschützer (BG-Information "Gehörschutz-Informationen" [BGI 5024])

Arbeiten Beschäftigte in Bereichen, die verschiedenen Geräuschklassen zuzuordnen sind, wird zunächst ein Gehörschützer der Geräuschklasse HM (hoch-/mittelfrequent) ausgewählt und anschließend geprüft, ob der Tages-Lärmexpositionspegel auch im empfohlenen Pegelbereich für die Geräuschklasse L (tieffrequent) enthalten ist.

Dafür müssen lediglich bekannt sein:

  • Einsatzbereich/Geräuschklasse (hoch-/mittelfrequent "HM" oder tieffrequent "L")

  • Tages-Lärmexpositionspegel am Arbeitsplatz

Beispiel:

Geräusch: Schleif- und Richtarbeiten Geräuschklasse: hoch- bis mittelfrequent also Geräuschklasse HM Tages-Lärmexpositionspegel: LEX,8h= 97 dB(A)

Gehörschützer:

Es soll Gehörschutz"Bilsom 303 L" ausgewählt werden, mit einem in der IFA-Liste der geprüften Gehörschützer (die IFA-Liste befindet sich im Anhang) genannten Einsatzbereich für Geräuschklasse HM von 90 bis 100 dB(A).

Beurteilung:

Der Gehörschützer "Bilsom 303 L" ist für den Beschäftigten an diesem Arbeitsplatz geeignet, weil der Tages-Lärmexpositionspegel unterhalb der Einsatzgrenze von 105 dB(A) in der Tabelle liegt. Damit wird der maximal zulässige Tages-Lärmexpositionspegel nicht erreicht. Der empfohlene Einsatzbereich für diesen Gehörschutzstöpsel liegt zwischen 90 und 100 dB(A). Der Tages-Lärmexpositionspegel im Beispiel liegt mit 97 dB(A) sicher innerhalb dieses Bereiches.

In Einzelfällen kann es erforderlich sein, dass der am Ohr des Beschäftigten tatsächlich wirksame Tages-Lärmexpositionspegel ermittelt werden muss.

Geräuschklasse HM
hoch- bis mittelfrequent LC- LA≤ 5 dB
Geräuschklasse L
überwiegend tieffrequent LC- LA> 5 dB
BrennschneiderBagger
DragiertrommelnElektro-Umformersatz
DruckluftdüsenElektro-Schmelzöfen
ElektronaglerVerbrennungsöfen
GussputzarbeitenFeuerungen
HolzbearbeitungsmaschinenHochofenanlagen
HonmaschinenKollergänge
HydraulikpumpenKompressor-Anlagen
RüttelformmaschinenKonverter-Anlagen
SchlagschrauberKupolöfen
SchleifmaschinenMetall-Druckgießmaschinen
SchmiedehämmerPlanierraupen
TrennschleifmaschinenStrahlanlagen
Zentrifugen

Bild 8-8: Einteilung von Arbeitsgeräuschen nach Geräuschen (BG-Regel "Einsatz von Gehörschützern" [BGR/GUV-R 194])

Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn

  • der Tages-Lärmexpositionspegel oberhalb des empfohlenen Pegelbereiches liegt oder

  • aufgrund einer arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchung besondere Anforderungen an den Gehörschützer gestellt werden.

Einzelheiten zu diesem Auswahlverfahren sind in der BG-Regel "Benutzung von Gehörschutz" (BGR/GUV-R 194) beschrieben.

Aus den bisherigen Ausführungen ergibt sich, dass nur Gehörschützer ausgewählt werden sollten, die in der IFA-Liste der geprüften Gehörschützer aufgeführt sind. Diese Gehörschützer gewährleisten eine ausreichende Schalldämmung und die Erfüllung sicherheitstechnischer Anforderungen gemäß EG-Richtlinie 89/686/EWG und liefern die notwendigen Angaben der Hersteller oder Lieferanten.

Für diese Gehörschützer liegt ein Prüfzeugnis einer anerkannten Prüfstelle mit positiver Beurteilung vor. Diese Gehörschützer sind mit dem CE-Zeichen versehen.

In der Positivliste sind auch pegelabhängig dämmende Kapselgehörschützer enthalten. Bei abgeschalteter Elektronik wirken diese Gehörschützer wie herkömmliche Kapselgehörschützer. Bei eingeschalteter Elektronik werden Schallpegel unter 80 dB(A) verstärkt und über 80 dB(A), insbesondere Impulsspitzen, gedämmt.

So kann die Sprachverständigung bei ungleichförmigen Geräuschen gegenüber herkömmlichen Gehörschützern in den meisten Fällen verbessert werden.

Ähnlich positiv werden diese Gehörschützer von Beschäftigten bei Überwachungsaufgaben an Maschinen beurteilt, weil Störungen mit diesem Gehörschützer besser wahrgenommen werden.