Industriereinigung
Schutzmaßnahmen und arbeitsmedizinische Vorsorge
(bisher: BGI 5063-1)
Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen
Stand der Vorschrift: 1. Auflage 2007
Vorbemerkung
Für den sicheren und störungsfreien Betrieb von Industrieanlagen sowie zur Sicherstellung der Qualitätsanforderungen an Produkte und Verfahren sind Reinigungsarbeiten unerlässlich.
Diese Arbeiten erfordern neben besonderen Technologien auch einen hohen organisatorischen Aufwand zur Koordination dieser Arbeiten um die Stillstandzeiten der Anlage möglichst gering zu halten (z.B. bei Außerbetriebnahme von Anlagen der Erdölverarbeitenden Industrie, von Kraftwerken und Betrieben der Montan-Industrie).
Mit der Durchführung solcher Arbeiten werden spezialisierte Industriereinigungsunternehmen beauftragt, die über entsprechendes Fachwissen für die unterschiedlichen Reinigungsverfahren verfügen. Die dabei vorliegenden Arbeitsplätze an den Reinigungsstellen vor Ort zeichnen sich durch eine Vielzahl von möglichen Gefährdungen aus, die z.T. sehr unterschiedlich, in Abhängigkeit der vorliegenden Randbedingungen ausfallen.
So stellt beispielsweise die Reinigung eines Maschinenteils mittels Hochdruckwasserstrahltechnik auf Grund der Schneidkraft des Wasserstrahls bereits eine hohe Gefährdung für den Industriereiniger dar; werden solche Arbeiten jedoch in Tanks oder Behältern ausgeführt, erhöht sich zwangsweise das Gefährdungspotential der Mitarbeiter, z.B. durch: Arbeiten in engen Räumen, Aerosolbildung mit Beeinträchtigung der Sicht, Freisetzen von Gefahrstoffen durch das Ablösen von Produktresten, Rutsch- und Absturzgefahr etc.
Die wichtigsten dieser BGI zugrunde liegenden Schriften sind die
BGR 117-1: Arbeiten in Behältern, Silos und engen Räumen
BGR 128: Arbeiten in kontaminierten Bereichen
BGR 189-194: Persönliche Schutzausrüstungen
BGR 500 (Kap. 2.36): Flüssigkeitsstrahler
Obgleich die vorhandenen Gefährdungen und Schutzmaßnahmen in diesen Schriften praktisch vollständig beschrieben sind, wurde nicht zuletzt in der Industrie-Reinigungs-Branche der Wunsch nach einer eigens zugeschnittenen Schrift mit ausgewählten Lösungen geäußert. Das Umsetzen der Maßnahmen dieser BG-Information ersetzt nicht die Arbeit mit den v. g. Schriften; diese BG-Information ist als Bindeglied und Wegweiser, nicht als Ersatz zu verstehen. Sie soll Hinweise für die Vorbereitung, die Koordination und die sichere Durchführung von Industriereinigungsarbeiten geben. Sie enthält weiterhin Angaben über persönliche Schutzausrüstungen und arbeitsmedizinische Vorsorge. Ein weiterer Schwerpunkt sind die Praxishilfen im Anhang. Diese BG-Information ist verzahnt mit der BGF-Handlungshilfe zur Gefährdungsbeurteilung für Industriereinigungsarbeiten (BGI 5063-2), die Muster-Checklisten für die systematische Informationsgewinnung bereits bei der Auftragannahme und für die sichere Durchführung des Reinigungseinsatzes beinhaltet.
Anwendungsbereich
Industriereinigungsarbeiten im Sinne dieser BG-Information umfassen alle Tätigkeiten, die im Zusammenhang mit der Reinigung bzw. Entfernung von Produkt- und Prozessrückständen in Industrieanlagen stehen.
Hierunter fallen
Manuelle Reinigung von Industrieanlagen (Fördereinrichtungen, Siebe, Laufstege, Kranbahnen etc.)
Hochdruckwasserstrahlreinigung
Absaugarbeiten mittels Luftfördertechnik (Vakuum oder Volumenstrom)
Reinigung von industriellen abwassertechnischen Anlagen
Tank-, Behälter- und Rohrreinigung
Sonderverfahren (Chemische Reinigungsverfahren, sonstige Strahlverfahren)
Diese BG-Information findet keine Anwendung auf
klassische Gebäudereinigung (Fenster-, Fassaden- sowie Innenreinigung)
Altlastsanierung
Brandschadensanierung
Städtereinigung
Entwässerungsarbeiten
kommunale Abwasserbeseitigung
Gesundheitliche Gefährdungen und Berufskrankheiten
Bei Industriereinigungstätigkeiten liegen einige der Gefährdungen bei der Durchführung der Gefährdungsanalyse auf der Hand. Schutzmaßnahmen sind dem Mitarbeiter in diesen Fällen einfach zu vermitteln, da die Einwirkungen unmittelbar erfahrbar oder leicht absehbar sind. Beispiele sind Hitze und Kälte, Sturz-, Absturz-, Stolper-, Versink- oder Rutschgefahr. Es handelt sich hierbei vorwiegend um Unfallgefahren.
Weniger einsichtig ist meist die Gefährdung durch Einwirkungen, die im Einzelfall kaum eine - oder gar keine - spürbare Wirkung hinterlassen, nach vielfacher Exposition jedoch zu chronischen Erkrankungen führen können. Die Gemeinsamkeit einiger dieser Gefährdungen ist, dass sie für die fünf menschlichen Sinne nicht erfassbar sind. Ein Auszug aus der Liste der anerkennungsfähigen Berufskrankheiten (BK) soll hier einen Eindruck ermöglichen, um welche Faktoren es sich dabei handeln kann:
BK.-Nr. | Berufskrankheit |
---|---|
1102 | Erkrankungen durch Quecksilber oder seine Verbindungen |
1301 | Schleimhautveränderung, Krebs oder andere Neubildungen der Harnwege durch aromatische Amine |
1303 | Erkrankungen durch Benzol, seine Homologe oder durch Styrol |
1315 | Erkrankungen durch Isocyanate [...] |
2104 | Vibrationsbedingte Durchblutungsstörungen an den Händen [...] |
2108 | Bandscheibenbedingte Erkrankungen [...] |
2301 | Lärmschwerhörigkeit |
4301 | Durch allergisierende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen [...] |
5101 | Schwere oder wiederholt rückfällige Hauterkrankungen [...] |
Die Liste ist nicht abschließend. Sie soll deutlich machen, wie bedeutend die Sensibilisierung der Beschäftigten für langfristige Gefahren durch Lärm, Gefahrstoffe und Vibrationen ist. Die Unterweisung spielt dabei eine große Rolle.
Es handelt sich zum Teil um bleibende Schäden. Die Vermeidung ist bei Einhaltung adäquater Schutzmaßnahmen und Wahrnehmung der arbeitsmedizinischen Vorsorge kein Problem.
Redaktionelle Inhaltsübersicht | Abschnitt |
---|---|
Gefährdungsbeurteilung | 1 |
Notwendigkeit der Gefährdungsermittlung | 1.1 |
Sicherheitschecks | 1.2 |
Projektorganisation und Koordination | 2 |
Projektorganisation | 2.1 |
Koordinator | 2.2 |
Gefährdungen durch Reinigungstechniken und -verfahren | 3 |
Hochdruckwasserstrahlreinigung | 3.1 |
Strahlarbeiten | 3.2 |
Absaugarbeiten im Vakuum und Volumenstrom | 3.3 |
Kanalreinigung/-inspektion/-instandsetzung | 3.4 |
Tank-/Behälterreinigung | 3.5 |
Hilfsstoffe | 3.6 |
Gefahrstoffe | 4 |
Gesundheitsgefahren | 4.1 |
Gefahrstoffermittlung | 4.2 |
Gemische von Gefahrstoffen - Leitkomponente | 4.3 |
Biologische Arbeitsstoffe | 5 |
Was sind Biologische Arbeitsstoffe? | 5.1 |
Biologische Arbeitsstoffe bei Tätigkeiten der Industriereinigung | 5.2 |
Tätigkeit - Schutzstufe - Schutzmaßnahmen | 5.3 |
Brand- und Explosionsschutz | 6 |
Einwirkung heißen Wassers auf explosive Stoffe | 6.1 |
Zündquellen | 6.2 |
Inertisierung | 6.3 |
Explosionsgefährliche Stoffe | 6.4 |
Explosionsgefahr durch Erschütterung und Wasser | 6.5 |
Physikalische Einwirkungen | 7 |
Lärm | 7.1 |
Vibrationen | 7.2 |
Schutzmaßnahmen | 8 |
"Goldene Regeln" der Industriereinigung | 8.1 |
Organisatorische Schutzmaßnahmen | 8.2 |
Persönliche Schutzausrüstungen - PSA | 8.3 |
Messen und Überwachen | 8.4 |
Arbeitsmedizin und Erste Hilfe | 9 |
Arbeitsmedizinische Vorsorge | 9.1 |
Erste Hilfe | 9.2 |
Gefahrstoff-Symbole | Anhang 1 |
Vorschriften und Regeln, Literatur | Anhang 2 |
Unterweisung | Anhang 3 |
Befahrerlaubnis für enge Räume und Behälter gemäß BGR 117-1 | Anhang 4 |
Kategorisierung von Persönlichen Schutzausrüstungen | Anhang 5 |
Muster-Betriebsanweisungen | Anhang 6 |
Formblatt zur Einsetzung eines Koordinators | Anhang 7 |
Stoffe, die bei rauem Umgang, Erwärmung oder Kontakt mit Wasser brand- oder explosionsgefährlich sind | Anhang 8 |
Stoffe, die bei Kontakt mit Wasser oder Säuren giftige Gase entwickeln | Anhang 9 |
Einsatz-Karte für Chemikalienschutzanzüge (Muster) | Anhang 10 |
Lebenslauf-Blatt für Chemikalienschutzanzüge (Muster) | Anhang 11 |