Abschnitt 4.2 - 4.2 Niveaustufe Grundfertigkeiten
Die Aneignung der sieben Grundfertigkeiten ist elementare Voraussetzung für das Erlernen des Sicheren Schwimmen Könnens.
Abb. 11
Grundfertigkeiten des Schwimmens
4.2.1
Ziele zur Entwicklung der Grundfertigkeiten
Ziel dieses Unterrichtsabschnittes ist es, die Schülerinnen und Schüler zu befähigen, die Widerstands- und Umgebungsbedingungen im Wasser für eine kontrollierte eigene Bewegungskoordination zu erleben und zu nutzen. Die Beherrschung der Grundfertigkeiten ermöglicht eine zielgerichtete Vorbereitung der Bewegungsausführungen durch zweckmäßige Extremitäteneinsätze und Körperverhalten in Bezug zur angestrebten Technik einer beliebigen Schwimmart.
Der Ausprägungsgrad der Grundfertigkeiten des Schwimmens bestimmt grundlegend die weitere Entwicklung zielgerichteter und vortriebswirksamer Bewegungen im Wasser, insbesondere der Techniken der Schwimmarten. Als didaktisch begründete Lernziele sind die Grundfertigkeiten nicht austauschbar. Im weiteren Kompetenzerwerb erfolgt eine immer wieder notwendige Rückbesinnung auf diese elementaren Bewegungsabläufe, die methodisch abwechslungsreich und freudbetont das Unterrichtsgeschehen bestimmen sollen.
Tabelle 1
Beschreibung der Grundfertigkeiten des Schwimmens
ATMEN | ||
---|---|---|
Bewusstes, regelmäßiges, kurzzeitiges und kräftiges Einatmen durch Mund sowie andauerndes Ausatmen durch Mund und Nase ins Wasser (Beachte: diese Atemtechnik unterscheidet sich von der an Land und muss gelernt werden) | ||
TAUCHEN | ||
Untertauchen des gesamten Körpers unter der Wasseroberfläche mit geöffneten Augen und Orientierung sowie in Verbindung mit Abstoß-, Gleit- und Sprungübungen | ||
SPRINGEN | ||
Schnellkräftiger Abstoß von einer erhöhten Position und fuß- oder kopfwärtiges Eintauchen in hinreichend tiefes Wasser | ||
DREHEN | ||
Hand, Kopf, Rumpf und Fuß gesteuerte verschiedenartige Bewegungen im Wasser um die Längs- und Tiefenachse | ||
ROLLEN | ||
Hand, Kopf, Rumpf und Fuß gesteuerte verschiedenartige Bewegungen im Wasser um die Breitenachse | ||
GLEITEN | ||
Nach kräftigem Abstoß von der Beckenwand in gestreckter, strömungsgünstiger und stabiler Körperposition in Bauch- und Rückenlage ohne Einsatz der Extremitäten | ||
FORTBEWEGEN | ||
Bewusstes und kontrolliertes Körperverhalten bei der Einnahme und Änderung der Position bzw. Koordination von Körperteilen (Kopf, Rumpf, Extremitäten) im Tiefwasser; Kontrollierte Bewegungskoordination durch Einsatz der Extremitäten in Bauch- und Rückenlage in Verbindung mit rhythmischem Atmen im Tiefwasser |
4.2.2
Übungen zur Entwicklung der Grundfertigkeiten
Um die o. g. Zielsetzungen zu erreichen, sind vielfältige Übungen zur Entwicklung der Grundfertigkeiten geeignet.
Bedingungen, unter denen die Vielfalt der auszuwählenden Übungen eine Anwendung finden kann:
im Flach- bzw. und / oder vorzugsweise Tiefwasser,
individuell gestaltet,
vorzugsweise gruppendynamisch und spielerisch,
mit und gegen den Wasserwiderstand,
unter Nutzung des Auftriebs,
mit und ohne Hilfsmittel.
Tabelle 2
Übungen zur Entwicklung der Grundfertigkeiten
ATMEN | |
---|---|
Übungen:
| |
TAUCHEN | |
In der Hock- oder Streckposition stufenweise tiefer (bis Mund / Nase / Stirn) abtauchen, mit / ohne Umklammerung der Unterschenkel, mit geöffneten / ohne geöffnete Augen. Übungen:
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SPRINGEN | |
Übungen:
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ROLLEN | |
Übungen:
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DREHEN | |
Übungen:
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GLEITEN | |
Übungen:
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FORTBEWEGEN | |
Übungen:
|
Ausführliche Beschreibungen, Illustrationen, methodische Aufbereitungen von Übungen zur Entwicklung der Grundfertigkeiten des Schwimmens (u. a.): → Handkarten-Set für die Schwimmlehrkraft (2019) |
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4.2.3
Methodische Hinweise zur Entwicklung der Grundfertigkeiten
Traditionell wird die Wassergewöhnung bevorzugt unter Flachwasserbedingungen durchgeführt. Mit dem konzeptionellen Ansatz des Sicheren Schwimmen Könnens wird jedoch empfohlen, so frühzeitig wie möglich die Vermittlung des Schwimmens unter Tiefwasser-Bedingungen vorzunehmen. Das heißt, dass bereits Wassergewöhnung und Entwicklung der Grundfertigkeiten im tiefen Wasser erfolgen sollten. Das erfordert eine entsprechende methodisch durchdachte Auswahl und Aufbereitung von Übungen, besitzt jedoch den Vorteil, dass für die Schülerinnen und Schüler keine (psychomotorische) Barriere eines späteren erforderlichen Übergangs vom Flach- zum Tiefwasser überwunden werden muss. Diese Barriere ist erfahrungsgemäß größer, je länger die Gewöhnung ans Flachwasser bestand. Die Einbeziehung der Flachwasserbedingungen mit der Möglichkeit, dass die Schülerinnen und Schüler beim Aufenthalt, Spielen und Üben mit den Füßen stehend Kontakt zum Beckengrund besitzen, sollte dennoch, wenn vorhanden, genutzt werden, weil sich hierdurch die Vielfalt der Bewegungsarten erhöht.
Die Aneignung der Grundfertigkeiten des Schwimmens im oben charakterisierten Sinne stellt sowohl für die Schülerinnen und Schüler als auch für das methodische Vorgehen durch die Schwimmlehrkräfte eine Herausforderung dar. Die Grundfertigkeiten sind aus motorischer und lernpsychologischer Sicht fundamental für den Lernerfolg im Schwimmunterricht. Zielgerichtete und vortriebswirksame Bewegungen im Wasser werden erst durch das Beherrschen der Grundfertigkeiten ermöglicht. Versäumnisse bei der Entwicklung der Grundfertigkeiten lassen sich im weiteren Unterrichtsgeschehen nur schwer kompensieren und führen zur Verzögerung des Lernprozesses.
Für die qualitative Entwicklung der Grundfertigkeiten im Schwimmunterricht ist den Schülerinnen und Schülern die zunehmende kognitive Durchdringung und Reflexivität zu ermöglichen.
Das verlangt von der Schwimmlehrkraft differenzierte Aufgaben zur Entwicklung der Grundfertigkeiten zu stellen. Schülerinnen und Schüler
demonstrieren die Grundfertigkeiten,
beschreiben ihre Bewegungsvorstellungen,
verhalten sich zweckmäßig und situationsangemessen.
Das verlangt vom Schwimmanfänger bzw. von der Schwimmanfängerin neben Demonstrationen der Grundfertigkeiten auch einfache Verbalisierung von Bewegungsvorstellungen und deren Umsetzung.
4.2.4
Komplexübung zur Überprüfung der Grundfertigkeiten
Die Beherrschung der Grundfertigkeiten des Schwimmens kann durch eine Komplexübung erfasst, kontrolliert, bewertet und dokumentiert werden. Die Komplexübung stellt ein standardisiertes Verfahren dar und besteht aus einer Kombination folgender sieben Phasen:
- 1.
Abstoß von der Beckenwand und Gleiten in Bauchlage
- 2.
Rolle vorwärts und Einnahme einer senkrechten Körperposition
- 3.
Drehen und Orientieren
- 4.
Fortbewegen und Verlassen des Beckens ohne Hilfsmittel
- 5.
Fußsprung und widerstandsarmes Eintauchen
- 6.
Einnahme der Sitzposition am Beckengrund und Ausatmen
- 7.
Aufnahme eines Tauchrings und Auftauchen
Die einzelnen Phasen der Komplexübung dienen sowohl der Entwicklung als auch der Kontrolle und Bewertung der Grundfertigkeiten. Sie können sowohl in der Rücken- als auch Bauchlage vielfältig variiert und kombiniert werden. Beispielsweise können der Abstoß und das Gleiten sowohl in Rücken- als auch in Bauchlage und die anschließende Rolle rückwärts statt vorwärts erfolgen. Der Sprung vom Beckenrand und das Eintauchen können sowohl fußals auch kopfwärts realisiert werden. Die Körperlagen am Beckengrund können variiert werden.
Der standardisierte Kontroll- und Bewertungsmodus für die Komplexübung wird in Kapitel 6 beschrieben.
Die Komplexübung reflektiert die Ziele und Ergebnisse der Vermittlung der Grundfertigkeiten des Schwimmen Könnens, die in einem engen Zusammenhang mit der Entwicklung des Wassergefühls stehen. Dadurch kann der Schwimmunterricht effizienter, kontrollierbarer und transparenter gestaltet werden. In der Komplexübung kommt sowohl das Niveau der erlernten Grundfertigkeiten als auch das individuell erworbene Wassergefühl zum Ausdruck.
Information zu Medien (u. a.): | |
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→ | Vgl. Anlage 1: Verfahren zur Entwicklung, Erfassung, Kontrolle, Bewertung und Dokumentation der Grundfertigkeiten des Schwimmens sowie |
→ | Handkarten-Set für die Schwimmlehrkraft (2019) |