Beschluss 605 - Beschluss des Ausschusses für Biologische Arbeitsstoffe (ABAS) 605

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Abschnitt 1 Beschluss 605 - Allgemeines

1988 verabschiedete die WHO eine Resolution, die zur weltweiten Eradikation der Poliomyelitis bis zum Jahre 2000 aufrief, inzwischen wurde diese Zeitvorstellung auf 2005 korrigiert.

Das WHO-Regionalbüro für Europa hat einen globalen Aktionsplan für die Lagerung von Poliowildviren im Labor (WHO global action plan for laboratory containmant of wild polioviruses, www.who.dk) aufgestellt, um sicherzustellen, dass zukünftig alles poliowildvirus-infizierte und/oder potentiell poliowildvirus-infektiöse Material vernichtet oder nachweislich sicher gelagert wird.

Nach den WHO-Leitlinien soll dieses Ziel in 3 Phasen erreicht werden:

1. Phase: "Nach der Zertifizierung einer Region als poliofrei"

  • Umfasst den Zeitraum, in dem in der Region keine Poliowildviren mehr zirkulieren. Es wird davon ausgegangen, dass die Region Europa diese Phase im Jahr 2002 erreichen wird.

  • In der 1. Phase bestehen folgende Aufgaben:

    1. 1.

      Die Länder der WHO-Region Europa müssen ein Verzeichnis der Laboratorien anlegen, die poliowildvirus-infiziertes und/oder potentiell poliowildvirusinfektiöses Material lagern.

      Hierzu hat die Nationale Kommission für die Polioeradikation in der Bundesrepublik Deutschland eine Checkliste (Anlage 2) erarbeitet und alle Laboratorien angeschrieben, um bundesweit die betroffenen Laboratorien zu erfassen und um ein nationales Register zu erstellen.

    2. 2.

      Die Labore müssen Verfahren für eine erweiterte Biosicherheits-Stufe 2 (BSL-2/Polio) 1 (entspricht Schutzstufe 2 nach Biostoffverordnung) zur gefahrlosen Handhabung von allem poliowildvirus-infizierten und/oder potentiell poliowildvirus-infektiösen Materials einführen

    3. 3.

      Die Länder der WHO-Region Europa müssen beschließen, wie jedes registrierte Labor die Umsetzung der Biosicherheitsanforderungen für die Zeit nach der Polio-Eradikation angehen muss.

2. Phase: "Nach der globalen Polio-Eradikation"

  • Beginnt innerhalb eines Jahres nach der letztmaligen Feststellung von Poliowildviren auf der Welt. Biomedizinische Laboratorien stellen dann die wesentliche potentielle Quelle von Polioviren dar.

  • Alle Laboratorien, die poliovirusinfiziertes und/oder potentiell poliovirusinfektiöses Material besitzen, müssen sich für eine oder mehrere der folgenden 3 Möglichkeiten entscheiden:

    1. 1.

      Umsetzung von Verfahren für die Laborlagerung (BSL-3/Polio) (entspricht Schutzstufe 3 nach Biostoffverordnung) oder

    2. 2.

      Überführung des poliowildvirus-infizierten und/oder potentiell poliowildvirusinfektiösen Materials an einen von der WHO designierten Verwahrungsort oder

    3. 3.

      Unschädlichmachung bzw. Vernichtung solchen Materials unter sachgerechten Bedingungen.

3. Phase: "Nach der Immunisierung mit oraler Poliovakzine (OPV)"

  • Beginnt mit der weltweiten Einstellung der OPV-Gabe und führt nachfolgend zu einem raschen Anstieg der Zahl nicht immuner empfänglicher Kinder.

  • Nach den WHO-Leitlinien sind damit folgende Maßnahmen verbunden:

    1. 1.

      Erhöhung der Anforderungen für die Lagerung von poliowildvirus-infiziertem und potentiell poliowildvirus-infektiösem Material von BSL-3/Polio (entspricht Schutzstufe 3 nach Biostoffverordnung) auf BSL-4 (entspricht Schutzstufe 4 nach Biostoffverordnung) aufgrund der schwerwiegenden Konsequenzen einer unabsichtlichen Übertragung von Poliowildvirus aus dem Labor auf die Bevölkerung.

    2. 2.

      Erhöhung der Anforderungen für OPV und OPV-abstammende Viren von BSL-2/Polio (entspricht Schutzstufe 2 nach Biostoffverordnung) auf BSL-3/Polio (entspricht Schutzstufe 3 nach Biostoffverordnung), um das Wiedereindringen und das potenzielle Zirkulieren dieser Viren in nicht immunisierten Populationen zu verhindern.

BSL-2/Polio = Biosafety level 2/Polio-Anforderungen

Außer Kraft am 11. Dezember 2023 durch die Bek. vom 11. Dezember 2023 (GMBl S. 1092)