DGUV Information 207-206 - Tätigkeiten mit Desinfektionsmitteln im Gesundheitsdienst

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Abschnitt 9.2 - 9.2 Manuelle Desinfektion von Betten

Bei der manuellen Bettendesinfektion handelt es sich um eine Wischdesinfektion, die der Desinfektion großer Flächen entspricht. Ein Patientenbett hat ungefähr eine Fläche von 2 m2 und oft desinfizieren Beschäftigte mehrere Betten in einem Raum hintereinander.

Die zentral-manuelle Bettendesinfektion erfolgt in den eigens dafür eingerichteten Räumlichkeiten an einer zentralen Stelle der Einrichtung. Diese Arbeitsbereiche gliedern sich in unrein und rein. Dazwischen liegt der Bereich für die Durchführung der Desinfektion und gegebenenfalls Reinigung. Die dezentral-manuelle Bettendesinfektion erfolgt hingegen auf jeder Station in einem gesonderten und ausreichend großen Raum.

Die Schritte beim Ablauf der Bettendesinfektion umfassen:

  • das Bereitstellen der Desinfektionsmittellösung (z. B. Ansetzen von Anwendungslösungen aus einem Desinfektionsmittelkonzentrat),

  • bei sichtbaren Verschmutzungen eine vorgeschaltete Reinigung,

  • die Desinfektion der Handkontaktflächen am Kopf- und Fußende und an den Seitengittern des Bettes,

  • die Desinfektion des Encasings,

  • die Desinfektion des Lattenrostes,

  • die Desinfektion aller Bedienungshandteile,

  • die Desinfektion des gesamten Bettgestells.

In einigen Einrichtungen des Gesundheitsdienstes werden für die vorgeschaltete Reinigung bei sichtbaren Verschmutzungen vereinzelt Dampfstrahler eingesetzt und es wird nicht manuell vorgegangen. Dies wird aus Sicht der Hygiene und des Arbeitsschutzes nicht empfohlen.

Die möglichen Gefährdungen und erforderlichen Schutzmaßnahmen, die bei Verdünnung (manuell oder maschinell) des Desinfektionsmittelkonzentrats zur Anwendungslösung beachtet werden sollten, sind in Kapitel 5 beschrieben.

9.2.1 Gefährdungen

Bei den üblichen Verdünnungen der Anwendungslösungen (überwiegend 0,5-1 %) sind häufig Wirkstoffe in Konzentrationen unter 0,2 g pro 1 l Anwendungslösung enthalten. Quartäre Ammoniumverbindungen (z. B. Didecyldimethylammoniumchlorid oder Benzyl-C12-C16-alklyldimethylammoniumchlorid) sind die häufigste Wirkstoffgruppe, aber auch Alkylamine (z. B. N-(3-Aminopropyl)-N-dodecylpropan-1,3-diamin) oder Peroxidverbindungen (z. B. Wasserstoffperoxid) gehören zu den eingesetzten Wirkstoffgruppen.

Im Unterschied zu der üblichen Desinfektion großer Flächen desinfizieren die Beschäftigten oft viele Betten in einem Raum hintereinander. Sie wechseln nicht die Räumlichkeiten wie bei der täglichen manuellen Desinfektion der Betten ohne Patientenwechsel oder anderer großer Flächen in verschiedenen Behandlungsräumen. Dabei werden mehrere Liter an verdünnter Anwendungslösung verbraucht und teilweise auch die Produkte in diesem Raum bereitgehalten.

Akute inhalative und dermale Gefährdung

Eine akute inhalative Gefährdung mit reizender oder ätzender Wirkung ist üblicherweise bei Tätigkeiten mit Anwendungslösungen (die z. B. quartäre Ammoniumverbindungen mit einem geringen Dampfdruck enthalten) bei ausreichender Lüftung (z. B. mittels Fenster oder raumlufttechnischer Anlage) nicht gegeben. Bei der Verwendung von Anwendungslösungen mit Peroxiden ist eine erhöhte inhalative Gefährdung gegeben, wenn mehrere Betten in einem Raum nacheinander desinfiziert werden und die Lüftungsbedingungen unzureichend sind. Überschreitungen der Arbeitsplatzgrenzwerte sind dabei möglich. Die akute dermale Gefährdung ist bei diesen Produkten in der üblichen Verdünnung gering. Bei höher konzentrierten Anwendungslösungen können die Hände durch Chemikalienschutzhandschuhe geschützt werden. Die Beschäftigten arbeiten aber oft regelmäßig und langzeitig mit diesen Anwendungslösungen. Wenn zum Schutz feuchtigkeitsdichte Handschuhe getragen werden, kann im häufigen Wechsel mit Hände waschen eine Belastung durch Feuchtarbeit resultieren.

Langfristige inhalative und dermale Gefährdung

Langfristige inhalative oder dermale Gefährdungen können hingegen bei verdünnten Anwendungslösungen, die Stoffe mit sensibilisierenden oder CMR-Eigenschaften (wie Aldehyde) enthalten, nicht ausgeschlossen werden (weiterführende Informationen siehe Kapitel 6.3.1).

Brand- und Explosionsgefahr

Entzündbare Alkohole, vor allem der Wirkstoff 2-Propanol, sind zusätzlich oft in Desinfektionsmittelkonzentraten mit den primären Wirkstoffgruppen quartäre Ammoniumverbindungen und Alkylamine enthalten. Rein alkoholhaltige Desinfektionsmittelkonzentrate spielen keine Rolle. Bei alkoholhaltigen Desinfektionsmittelkonzentraten mit maximaler Konzentration von 10-15 g/100 g und bei Anwendung der üblichen 0,5-1-prozentigen Anwendungslösung (entspricht 0,5-1,5 g Alkohol/1 l Anwendungslösung) ist die inhalative Alkoholexposition vernachlässigbar. Die üblichen Anwendungslösungen mit den genannten Alkoholgehalten sind nicht entzündbar, somit sind Brand- und Explosionsgefahren vernachlässigbar. Bei Anwendung hochkonzentrierter alkoholischer Desinfektionsmittel bei der Desinfektion mehrerer Betten in einem Raum ist von einer Überschreitung der Arbeitsplatzgrenzwerte auszugehen und es erhöht sich die Brand- und Explosionsgefährdung.

Kennzeichnung der selbst hergestellten Anwendungslösung

Die Kennzeichnung der selbst hergestellten Anwendungslösungen kann in der Regel entfallen. Je nach Konzentration und Stoffeigenschaften kann allerdings auch von diesen eine nicht vernachlässigbare Gefährdung ausgehen. Hierzu müssen die Beschäftigten gemäß § 14 GefStoffV unterwiesen werden. Empfehlenswert ist die Aufnahme der gefährlichen Eigenschaften von selbst hergestellten Anwendungslösungen in die Betriebsanweisung, z. B. Kennzeichnung mit Piktogrammen.

9.2.2 Schutzmaßnahmen

Die Schutzmaßnahmen in Kapitel 3.5 gelten grundsätzlich. Nachfolgend sind weitere Schutzmaßnahmen für die manuelle Bettendesinfektion genannt.

Substitution

  • Keine hochkonzentrierten alkoholischen Desinfektionsmittel verwenden.

  • Wischdesinfektion anstelle von Sprühverfahren anwenden (Sprühverfahren sind nur in begründeten Ausnahmefällen zulässig - Begründung dokumentieren).

Technische Schutzmaßnahmen

  • Gesonderte Räumlichkeiten für die dezentral-manuelle Bettendesinfektion einrichten. Die Fußböden sollen leicht zu reinigen und beständig gegen die verwendeten Desinfektionsmittel sein. Dies können auch ungenutzte Stationsbäder mit gefliesten Boden- und Wandbelägen sein, die in der Regel über eine ausreichende Belüftung (z. B. natürliche Lüftung mit geöffneten Fenstern und Türen (Querlüftung) oder Lüftung mittels RLT) verfügen.

Organisatorische Schutzmaßnahmen

  • Tätigkeiten mit Stoffen und Gemischen mit bestimmten Eigenschaften wie akut toxisch Kategorie 3, atemwegssensibilisierend (z. B. Glutaraldehyd) oder krebserzeugend Kategorie 1B (z. B. Formaldehyd) dürfen gemäß GefStoffV nur von fachkundigem oder besonders unterwiesenem Personal ausgeführt werden. Zudem gelten weitere besondere Anforderungen an die Qualifikation der Verwender und Verwenderinnen dieser Biozidprodukte (siehe Kapitel 3.1 und 3.3.2).

  • Arbeitsanweisungen für ein standardisiertes Desinfektionsverfahren erstellen.

  • Einsatz von speziell geschulten und unterwiesenen Teams ist zu bevorzugen.

  • Keine Desinfektion der Betten auf dem Stationsflur oder an den Knotenpunkten vor den Aufzügen, auch wegen der Einengung der Verkehrs- und Rettungswege ist dies nicht zulässig.

  • Desinfektion in Anwesenheit möglichst weniger unbeteiligter Personen durchführen.

  • Expositionszeit der Beschäftigten gegebenenfalls durch Arbeitszeitbeschränkungen regeln.

  • Desinfektionswischtücher in geschlossenen Behältnissen (Abfalleimer mit Deckel oder Müllbeutel mit Deckel am Reinigungswagen) entsorgen.

Persönliche Schutzausrüstung

Bei dezentraler Organisation und im unreinen Arbeitsbereich bei zentraler Organisation:

  • Geeignete Chemikalienschutzhandschuhe der Kategorie III verwenden, die den Anforderungen der Norm DIN EN ISO 374 (Schutzhandschuhe gegen gefährliche Chemikalien und Mikroorganismen) entsprechen. Bei Einsatz gebrauchsfertiger Desinfektionsmittelwischtücher oder Tuchspendersysteme können kurzstulpige Handschuhe verwendet werden. Bei längeren Tragezeiten sind Baumwoll-Unterziehhandschuhe sinnvoll (siehe Kapitel 3.5.4 für weitere Informationen).

  • Geeignete Schutzkleidung wie flüssigkeitsdichte Schürzen und Schuhe mit rutschhemmender Sohle tragen.

  • Atemschutz muss bei erhöhter inhalativer Exposition durch Überschreitung der Arbeitsplatzgrenzwerte einzelner Desinfektionsmittelkomponenten (z. B. Aldehyde und Peroxide) verwendet werden (siehe § 7 und § 9 GefStoffV). Dies ist z. B. bei der Desinfektion mehrerer Betten hintereinander in einem unzureichend belüfteten Raum zu erwarten. Bei Grenzwertüberschreitungen sollen gemäß DGUV Regel 112-190 "Benutzung von Atemschutzgeräten" Kombinationsfilter des Typs A2B2-P3 (Aldehyde) bzw. Kombinationsfilter des Typs A2B2E2K2-P3 (Peroxide) getragen werden. Weitere Informationen finden sich in den Informationsmaterialien der Produkthersteller (z. B. Angaben im Sicherheitsdatenblatt) oder Anbieterfirmen von Atemschutzgeräten.